Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 2, v. 4-8. an die Philipper. [Spaltenumbruch]
ren Adel allein in der Kindschaft GOttes, und inder Anrichtung des göttlichen Ebenbildes; als wodurch man recht wird endoxos, verkläret. 2 Cor. 3, 18. Man hat im übrigen bey diesem Ort folgende Parallel-Oerter zu erwegen: Rom. 12, 10. 16. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. 2 Cor. 13, 11. Gal. 5, 26. 1 Pet. 3, 5. 5, 5. u. s. w. V. 4. Und ein ieglicher sehe nicht auf das Anmerckungen. 1. Es muß aber ein ieder zuvorderst auf sich selbst sehen in dem Verstande, daß er am al- lerersten seines Heils wohl wahrnehme: wie man denn daher auch sich selbst lieben und die wohlge- ordnete Liebe gegen uns selbst die Richt-Schnur unserer Liebe gegen den Nächsten seyn soll. Und dieses, das zuvorderst auf sich selbst sehen, gehet vornehmlich die Lehrer an, als welche ohne diese Ordnung, nach welcher sie vor allen Dingen ih- rer selbst und der Jhrigen wohl wahrnehmen, un- möglich ihr Amt recht und getreulich führen kön- nen, nach Ap. Gesch. 20, 28. 1 Tim. 3, 2. u. f. 4, 16. Da nun alhier das Aufsehen auf sich selbst verboten wird, so wird ein unordentliches ver- standen, welches in eigner Ehre mit lauter eignen Nutzen also geschiehet, das man des andern dabey vergisset. Davon man auch sehe 1 Cor. 10, 24. 2. Gleichwie nun hiermit das wohlgeord- nete Aufsehen auf andere geboten wird, so ist hingegen das unordentliche verboten, da man mit Vergessung seiner selbst nur immer auf andere siehet, ihre Fehler ungütig beurtheilet, und da- mit allerley Zerrüttung machet. 3. Wie getreulich Paulus diese Erinnerung, mit Verläugnung seiner selbst auf andere zu sehen, geübet habe, sehe man 1 Cor. 9. und an andern Orten mehr. Siehe auch c. 13, 6. V. 5. Ein ieglicher sey gesinnet, wie JEsus Anmerckungen. 1. Paulus führet die Philipper zwar auf sein Exempel, wenn er c. 3, 17. spricht: Folget mir, lieben Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns (mich und Timo- theum) habet zum Fürbilde: aber zuvorderst weiset er sie doch auf das allervollkommneste Exempel CHristi. 2. Es ist aber bey der Connexion dieses Verses mit dem vorhergehenden die particula causalis denn, welche der sel. Lutherus ausgelas- sen hat, nicht zu vergessen. Denn die Worte lauten im Griechischen eigentlich also: Denn dieser oder eben der Sinn soll sich in euch befin- den, welcher auch in CHristo war. Und also führet er eine sehr wichtige Ursache an, warum die Christen demüthig seyn, und mit Verläugnung [Spaltenumbruch] ihrer selbst das Heil anderer zu befördern suchen sollen; weil nemlich CHristus dieses gethan ha- be, welches er darauf vorstellet. 3. Hat und behält CHristus gleich vieles dergestalt voraus, daß wir es ihm gar nicht nach- thun können, als da überhaupt ist die Unsterb- lichkeit, oder vollkommenste Heiligkeit, und was dazu gehöret: so können und sollen wir ihm doch folgen in dem, darinnen er uns vorgegangen ist. 4. Es kömmt aber bey der Nachfolge CHristi zuvorderst auf den Sinn CHristi an, daß man den recht an und in sich nehme. Wel- ches nicht anders geschiehet, als in der Wieder- geburt, dadurch wir nach GOTT gesinnet wer- den. Wohl dem, der da kan sagen mit Paulo: Wir haben CHristi Sinn 1 Cor. 2, 16. und mit Johanne: Wir wissen, daß der Sohn GOttes kommen ist, und hat uns einen Sinn gegeben, daß wir erkennen den Wahrhaftigen, und sind in dem Wahrhaf- tigen, in seinem Sohne JESU CHristo. 1 Joh. 5, 20. 5. Dieser Sinn CHristi ist auch der Sinn des Geistes, welcher ist Leben und Friede, dem irdischen Sinne der Welt und des Fleisches entgegen gesetzet. Rom. 8, 7. 8. Dieser Sinn CHristi ist der Grund der wahren Einigkeit bey seinen Gliedern. 6. Es ist und bleibet zwar eine theure Wahr- heit, daß uns CHristus zum Exempel der Nach- folge dienen soll; wie er uns denn ausdrücklich darauf führet, wenn er spricht: Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir: denn ich bin sanftmüthig und von Hertzen demü- thig u. f. Matth. 11, 29. auch vorher c. 10, 38. Wer nicht sein Creutz auf sich nimmt, und folget mir nach, der ist mein nicht werth. Joh. 13, 15. 1 Pet. 2, 21. 1 Joh. 2, 6. Aber dabey muß nicht aus den Augen gesetzet werden, daß CHristus, als das rechte Versöhn-Opfer, uns zum Löse-Geld, zur Gabe, und zur Gerech- tigkeit dienet. Denn eben hiedurch, als durch die evangelische Haupt-Wohlthat, wird die Nachfolge recht befördert, und nicht allein mög- lich, sondern auch leicht und angenehm gemacht. Paulus verbindet beydes in diesem Briefe gar genau mit einander. Denn wie sehr er unserm Glauben die evangelische Gerechtigkeit CHristi anpreiset, das werden wir hernach im dritten Capitel vernehmen. V. 6. 7. 8. Welcher, ob er wol in göttlicher Ge- Anmerckungen. 1. Zuvorderst ist alhier zu mercken, daß al- hier die Rede fey von CHristo, wie er nach seiner Mensch- U u u u 2
Cap. 2, v. 4-8. an die Philipper. [Spaltenumbruch]
ren Adel allein in der Kindſchaft GOttes, und inder Anrichtung des goͤttlichen Ebenbildes; als wodurch man recht wird ἔνδοξος, verklaͤret. 2 Cor. 3, 18. Man hat im uͤbrigen bey dieſem Ort folgende Parallel-Oerter zu erwegen: Rom. 12, 10. 16. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. 2 Cor. 13, 11. Gal. 5, 26. 1 Pet. 3, 5. 5, 5. u. ſ. w. V. 4. Und ein ieglicher ſehe nicht auf das Anmerckungen. 1. Es muß aber ein ieder zuvorderſt auf ſich ſelbſt ſehen in dem Verſtande, daß er am al- lererſten ſeines Heils wohl wahrnehme: wie man denn daher auch ſich ſelbſt lieben und die wohlge- ordnete Liebe gegen uns ſelbſt die Richt-Schnur unſerer Liebe gegen den Naͤchſten ſeyn ſoll. Und dieſes, das zuvorderſt auf ſich ſelbſt ſehen, gehet vornehmlich die Lehrer an, als welche ohne dieſe Ordnung, nach welcher ſie vor allen Dingen ih- rer ſelbſt und der Jhrigen wohl wahrnehmen, un- moͤglich ihr Amt recht und getreulich fuͤhren koͤn- nen, nach Ap. Geſch. 20, 28. 1 Tim. 3, 2. u. f. 4, 16. Da nun alhier das Aufſehen auf ſich ſelbſt verboten wird, ſo wird ein unordentliches ver- ſtanden, welches in eigner Ehre mit lauter eignen Nutzen alſo geſchiehet, das man des andern dabey vergiſſet. Davon man auch ſehe 1 Cor. 10, 24. 2. Gleichwie nun hiermit das wohlgeord- nete Aufſehen auf andere geboten wird, ſo iſt hingegen das unordentliche verboten, da man mit Vergeſſung ſeiner ſelbſt nur immer auf andere ſiehet, ihre Fehler unguͤtig beurtheilet, und da- mit allerley Zerruͤttung machet. 3. Wie getreulich Paulus dieſe Erinnerung, mit Verlaͤugnung ſeiner ſelbſt auf andere zu ſehen, geuͤbet habe, ſehe man 1 Cor. 9. und an andern Orten mehr. Siehe auch c. 13, 6. V. 5. Ein ieglicher ſey geſinnet, wie JEſus Anmerckungen. 1. Paulus fuͤhret die Philipper zwar auf ſein Exempel, wenn er c. 3, 17. ſpricht: Folget mir, lieben Bruͤder, und ſehet auf die, die alſo wandeln, wie ihr uns (mich und Timo- theum) habet zum Fuͤrbilde: aber zuvorderſt weiſet er ſie doch auf das allervollkommneſte Exempel CHriſti. 2. Es iſt aber bey der Connexion dieſes Verſes mit dem vorhergehenden die particula cauſalis denn, welche der ſel. Lutherus ausgelaſ- ſen hat, nicht zu vergeſſen. Denn die Worte lauten im Griechiſchen eigentlich alſo: Denn dieſer oder eben der Sinn ſoll ſich in euch befin- den, welcher auch in CHriſto war. Und alſo fuͤhret er eine ſehr wichtige Urſache an, warum die Chriſten demuͤthig ſeyn, und mit Verlaͤugnung [Spaltenumbruch] ihrer ſelbſt das Heil anderer zu befoͤrdern ſuchen ſollen; weil nemlich CHriſtus dieſes gethan ha- be, welches er darauf vorſtellet. 3. Hat und behaͤlt CHriſtus gleich vieles dergeſtalt voraus, daß wir es ihm gar nicht nach- thun koͤnnen, als da uͤberhaupt iſt die Unſterb- lichkeit, oder vollkommenſte Heiligkeit, und was dazu gehoͤret: ſo koͤnnen und ſollen wir ihm doch folgen in dem, darinnen er uns vorgegangen iſt. 4. Es koͤmmt aber bey der Nachfolge CHriſti zuvorderſt auf den Sinn CHriſti an, daß man den recht an und in ſich nehme. Wel- ches nicht anders geſchiehet, als in der Wieder- geburt, dadurch wir nach GOTT geſinnet wer- den. Wohl dem, der da kan ſagen mit Paulo: Wir haben CHriſti Sinn 1 Cor. 2, 16. und mit Johanne: Wir wiſſen, daß der Sohn GOttes kommen iſt, und hat uns einen Sinn gegeben, daß wir erkennen den Wahrhaftigen, und ſind in dem Wahrhaf- tigen, in ſeinem Sohne JESU CHriſto. 1 Joh. 5, 20. 5. Dieſer Sinn CHriſti iſt auch der Sinn des Geiſtes, welcher iſt Leben und Friede, dem irdiſchen Sinne der Welt und des Fleiſches entgegen geſetzet. Rom. 8, 7. 8. Dieſer Sinn CHriſti iſt der Grund der wahren Einigkeit bey ſeinen Gliedern. 6. Es iſt und bleibet zwar eine theure Wahr- heit, daß uns CHriſtus zum Exempel der Nach- folge dienen ſoll; wie er uns denn ausdruͤcklich darauf fuͤhret, wenn er ſpricht: Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir: denn ich bin ſanftmuͤthig und von Hertzen demuͤ- thig u. f. Matth. 11, 29. auch vorher c. 10, 38. Wer nicht ſein Creutz auf ſich nimmt, und folget mir nach, der iſt mein nicht werth. Joh. 13, 15. 1 Pet. 2, 21. 1 Joh. 2, 6. Aber dabey muß nicht aus den Augen geſetzet werden, daß CHriſtus, als das rechte Verſoͤhn-Opfer, uns zum Loͤſe-Geld, zur Gabe, und zur Gerech- tigkeit dienet. Denn eben hiedurch, als durch die evangeliſche Haupt-Wohlthat, wird die Nachfolge recht befoͤrdert, und nicht allein moͤg- lich, ſondern auch leicht und angenehm gemacht. Paulus verbindet beydes in dieſem Briefe gar genau mit einander. Denn wie ſehr er unſerm Glauben die evangeliſche Gerechtigkeit CHriſti anpreiſet, das werden wir hernach im dritten Capitel vernehmen. V. 6. 7. 8. Welcher, ob er wol in goͤttlicher Ge- Anmerckungen. 1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß al- hier die Rede fey von CHriſto, wie er nach ſeiner Menſch- U u u u 2
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Cap. 2, v. 4-8. an die Philipper.
ren Adel allein in der Kindſchaft GOttes, und in
der Anrichtung des goͤttlichen Ebenbildes; als
wodurch man recht wird ἔνδοξος, verklaͤret.
2 Cor. 3, 18. Man hat im uͤbrigen bey dieſem
Ort folgende Parallel-Oerter zu erwegen: Rom.
12, 10. 16. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. 2 Cor. 13, 11.
Gal. 5, 26. 1 Pet. 3, 5. 5, 5. u. ſ. w.
V. 4.
Und ein ieglicher ſehe nicht auf das
Seine (auf eine eigennuͤtzige Art) ſondern auf
das, was des andern iſt (mit Verlaͤugnung
ſeines eigenen Nutzens, ſeiner ſuͤndlichen eignen
Luſt, und ſeiner eignen Ehre.)
Anmerckungen.
1. Es muß aber ein ieder zuvorderſt auf
ſich ſelbſt ſehen in dem Verſtande, daß er am al-
lererſten ſeines Heils wohl wahrnehme: wie man
denn daher auch ſich ſelbſt lieben und die wohlge-
ordnete Liebe gegen uns ſelbſt die Richt-Schnur
unſerer Liebe gegen den Naͤchſten ſeyn ſoll. Und
dieſes, das zuvorderſt auf ſich ſelbſt ſehen, gehet
vornehmlich die Lehrer an, als welche ohne dieſe
Ordnung, nach welcher ſie vor allen Dingen ih-
rer ſelbſt und der Jhrigen wohl wahrnehmen, un-
moͤglich ihr Amt recht und getreulich fuͤhren koͤn-
nen, nach Ap. Geſch. 20, 28. 1 Tim. 3, 2. u. f.
4, 16. Da nun alhier das Aufſehen auf ſich ſelbſt
verboten wird, ſo wird ein unordentliches ver-
ſtanden, welches in eigner Ehre mit lauter eignen
Nutzen alſo geſchiehet, das man des andern dabey
vergiſſet. Davon man auch ſehe 1 Cor. 10,
24.
2. Gleichwie nun hiermit das wohlgeord-
nete Aufſehen auf andere geboten wird, ſo iſt
hingegen das unordentliche verboten, da man mit
Vergeſſung ſeiner ſelbſt nur immer auf andere
ſiehet, ihre Fehler unguͤtig beurtheilet, und da-
mit allerley Zerruͤttung machet.
3. Wie getreulich Paulus dieſe Erinnerung,
mit Verlaͤugnung ſeiner ſelbſt auf andere zu ſehen,
geuͤbet habe, ſehe man 1 Cor. 9. und an andern
Orten mehr. Siehe auch c. 13, 6.
V. 5.
Ein ieglicher ſey geſinnet, wie JEſus
CHriſtus auch war.
Anmerckungen.
1. Paulus fuͤhret die Philipper zwar auf
ſein Exempel, wenn er c. 3, 17. ſpricht: Folget
mir, lieben Bruͤder, und ſehet auf die, die
alſo wandeln, wie ihr uns (mich und Timo-
theum) habet zum Fuͤrbilde: aber zuvorderſt
weiſet er ſie doch auf das allervollkommneſte
Exempel CHriſti.
2. Es iſt aber bey der Connexion dieſes
Verſes mit dem vorhergehenden die particula
cauſalis denn, welche der ſel. Lutherus ausgelaſ-
ſen hat, nicht zu vergeſſen. Denn die Worte
lauten im Griechiſchen eigentlich alſo: Denn
dieſer oder eben der Sinn ſoll ſich in euch befin-
den, welcher auch in CHriſto war. Und alſo
fuͤhret er eine ſehr wichtige Urſache an, warum die
Chriſten demuͤthig ſeyn, und mit Verlaͤugnung
ihrer ſelbſt das Heil anderer zu befoͤrdern ſuchen
ſollen; weil nemlich CHriſtus dieſes gethan ha-
be, welches er darauf vorſtellet.
3. Hat und behaͤlt CHriſtus gleich vieles
dergeſtalt voraus, daß wir es ihm gar nicht nach-
thun koͤnnen, als da uͤberhaupt iſt die Unſterb-
lichkeit, oder vollkommenſte Heiligkeit, und was
dazu gehoͤret: ſo koͤnnen und ſollen wir ihm doch
folgen in dem, darinnen er uns vorgegangen
iſt.
4. Es koͤmmt aber bey der Nachfolge
CHriſti zuvorderſt auf den Sinn CHriſti an,
daß man den recht an und in ſich nehme. Wel-
ches nicht anders geſchiehet, als in der Wieder-
geburt, dadurch wir nach GOTT geſinnet wer-
den. Wohl dem, der da kan ſagen mit Paulo:
Wir haben CHriſti Sinn 1 Cor. 2, 16. und
mit Johanne: Wir wiſſen, daß der Sohn
GOttes kommen iſt, und hat uns einen
Sinn gegeben, daß wir erkennen den
Wahrhaftigen, und ſind in dem Wahrhaf-
tigen, in ſeinem Sohne JESU CHriſto.
1 Joh. 5, 20.
5. Dieſer Sinn CHriſti iſt auch der Sinn
des Geiſtes, welcher iſt Leben und Friede,
dem irdiſchen Sinne der Welt und des Fleiſches
entgegen geſetzet. Rom. 8, 7. 8. Dieſer Sinn
CHriſti iſt der Grund der wahren Einigkeit bey
ſeinen Gliedern.
6. Es iſt und bleibet zwar eine theure Wahr-
heit, daß uns CHriſtus zum Exempel der Nach-
folge dienen ſoll; wie er uns denn ausdruͤcklich
darauf fuͤhret, wenn er ſpricht: Nehmet auf
euch mein Joch und lernet von mir: denn
ich bin ſanftmuͤthig und von Hertzen demuͤ-
thig u. f. Matth. 11, 29. auch vorher c. 10, 38.
Wer nicht ſein Creutz auf ſich nimmt, und
folget mir nach, der iſt mein nicht werth.
Joh. 13, 15. 1 Pet. 2, 21. 1 Joh. 2, 6. Aber
dabey muß nicht aus den Augen geſetzet werden,
daß CHriſtus, als das rechte Verſoͤhn-Opfer,
uns zum Loͤſe-Geld, zur Gabe, und zur Gerech-
tigkeit dienet. Denn eben hiedurch, als durch
die evangeliſche Haupt-Wohlthat, wird die
Nachfolge recht befoͤrdert, und nicht allein moͤg-
lich, ſondern auch leicht und angenehm gemacht.
Paulus verbindet beydes in dieſem Briefe gar
genau mit einander. Denn wie ſehr er unſerm
Glauben die evangeliſche Gerechtigkeit CHriſti
anpreiſet, das werden wir hernach im dritten
Capitel vernehmen.
V. 6. 7. 8.
Welcher, ob er wol in goͤttlicher Ge-
ſtalt war, hielte er es nicht fuͤr einen Raub,
GOTT gleich ſeyn; V. 7. ſondern aͤuſſerte
ſich ſelbſt, und nahm Knechts Geſtalt an,
ward gleich wie ein ander Menſch, und an
Geberden, als ein Menſch erfunden. V. 8.
Er niedrigte ſich ſelbſt, und ward ge-
horſam bis zum Tode, ja zum Tode am
Creutz.
Anmerckungen.
1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß al-
hier die Rede fey von CHriſto, wie er nach ſeiner
Menſch-
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