Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 3, v. 18. 19. an die Galater. [Spaltenumbruch]
schencket (und damit am Abraham, als dem Va-ter oder Muster aller Gläubigen, Rom. 4, 12. seqq. bezeuget, wie er diese alle wolte selig ma- chen, nemlich aus lauter Gnade, in der Ordnung des wahren Glaubens an den Meßiam. Anmerckungen. 1. Unter dem Namen der Verheissungen wird das Evangelium verstanden, weil es vor der Erfüllung nebst den Vorbildern in den Verheis- sungen bestunde. Nachdem aber die Erfüllung geschehen, ist an statt der Verheissungen das würckliche Evangelium verkündiget: zwar mit neuen Verheissungen, aber die doch nur auf die völlige Ausführung und Application der schon erworbenen und geschenckten Seligkeit gehen. 2. Es suchten die damaligen falschen Leh- rer das Gesetz also zu verbinden mit dem Evan- gelio, daß so wol aus jenem, als aus diesem die Gerechtigkeit zur Seligkeit gesuchet werden mü- ste: wodurch denn das Evangelium gar verdun- ckelt und der Mensch zur Erhebung seiner selbst nur auf eigene Gerechtigkeit geführet ward: gleichwie noch heute zu Tage im Papstthum auf eine so gar grobe Art, die noch ärger ist, als jene, geschiehet. Allein Paulus bezeuget hiemit, daß sich im Geschäfte unserer Seligkeit, was dersel- ben verdienstliche Ursache betrift, das Gesetz mit dem Evangelio nicht also verbinden lasse, daß man der Gerechtigkeit CHristi, zu dero Verdun- ckelung, die eigene Gerechtigkeit des Menschen, mit desselben ungöttlicher Erhebung, könne und müsse zur Seite setzen. Es ist hier alles und in allen CHristus gar allein. Und also heißt es alhier auch nach Rom. 11, 6. Jsts aus Gna- den, so ist es nicht aus Verdienst der Wer- cke, sonst würde Gnade nicht Gnade seyn. Jsts aber aus Verdienst der Wercke, so ist die Gnade nichts; sonst wäre Verdienst nicht Verdienst. 3. Man hat sich im gantzen Wandel der Erneuerung wohl in acht zu nehmen, daß nicht aus unserer verderbten eigenliebigen und stoltzen Natur auf eine verborgene Art unsere eigene Würdigkeit und Gerechtigkeit auf eine verdienst- liche Weise sich in das Geschäfte unserer Selig- keit mit einmische. Denn es kan leichtlich ge- schehen, daß, wenn der Mensch auch würcklich viel Gutes aus den Gnaden-Kräften des Heili- gen Geistes theils selbst in sich hat, theils im Wer- cke des HERRN bewiesen, er sich darinnen selbst wohlgefällt, und ein Vertrauen darauf se- tzet, dadurch denn der Glaube an CHristum, als das Auge, unlauter wird, und der Mensch man- cherley Schaden nimmt an seiner Seele. 4. Jndessen aber ist doch leichtlich zu erach- ten, daß der Apostel damit der Heiligung an sich selbst nicht zu nahe tritt, noch dem Gesetze seine Würdigkeit und seine Kraft abspricht, sondern daß das Gesetz aller dinge in gehöriger Ordnung bey dem Evangelio seinen Platz behält, ja durch dasselbe aufgerichtet und ins Hertz geschrieben wird Jer. 31, 33. Rom. 4, 31. wie es denn auch an sich selbst mit demselben so wohl harmoniret, [Spaltenumbruch] als die Gerechtigkeit und Heiligkeit GOttes mit der Gnade und Barmhertzigkeit. 5. Das Wort Erbe, Erbschaft, stehet auch in diesem Texte dem Mißbrauche des Evangelii entgegen. Denn so wie es eines Theils die Leh- re von der lautern Gnade erläutert, daß die Se- ligkeit nemlich nicht durch Verdienst gegeben werde, sondern ein Geschencke sey; als welches die Eigenschaft eines Erbes ist, welches einem oh- ne Verdienst umsonst zu Theil wird: so zeiget es doch auch nicht weniger andern Theils die Ord- nung an, in welcher man zur Erbschaft gelangen soll: nemlich die Kindschaft, dazu eine neue Geburt aus GOTT gehöret, und die sich auch im kindlichen Gehorsam gegen GOTT, von dem man das Erbe hat, erweisen muß. Wer dem- nach kein Kind GOttes wird, sondern ein Welt- Kind, ja ein Kind des Teufels ist und bleibet 1 Joh. 3, 9. 10. der hat auch kein Antheil an der Erbschaft GOttes. Von dieser Verbindung der Erbschaft mit der Kindschaft sehe man son- derlich Rom. 8, 17. Gal. 4, 7. Ferner Matth. 25, 34. Eph. 1, 14. 18. Col. 1, 12. Wozu aber das Gesetz vornehmlich gegeben sey, zeiget der Apostel nun in dem folgenden an, also, daß er ei- nem Vorwurf, als wenn das Gesetz daher, weil es nicht selig macht, unnützlich wäre, be- gegnet. V. 19. Was soll denn das Gesetz? (möchte du T t t 3
Cap. 3, v. 18. 19. an die Galater. [Spaltenumbruch]
ſchencket (und damit am Abraham, als dem Va-ter oder Muſter aller Glaͤubigen, Rom. 4, 12. ſeqq. bezeuget, wie er dieſe alle wolte ſelig ma- chen, nemlich aus lauter Gnade, in der Ordnung des wahren Glaubens an den Meßiam. Anmerckungen. 1. Unter dem Namen der Verheiſſungen wird das Evangelium verſtanden, weil es vor der Erfuͤllung nebſt den Vorbildern in den Verheiſ- ſungen beſtunde. Nachdem aber die Erfuͤllung geſchehen, iſt an ſtatt der Verheiſſungen das wuͤrckliche Evangelium verkuͤndiget: zwar mit neuen Verheiſſungen, aber die doch nur auf die voͤllige Ausfuͤhrung und Application der ſchon erworbenen und geſchenckten Seligkeit gehen. 2. Es ſuchten die damaligen falſchen Leh- rer das Geſetz alſo zu verbinden mit dem Evan- gelio, daß ſo wol aus jenem, als aus dieſem die Gerechtigkeit zur Seligkeit geſuchet werden muͤ- ſte: wodurch denn das Evangelium gar verdun- ckelt und der Menſch zur Erhebung ſeiner ſelbſt nur auf eigene Gerechtigkeit gefuͤhret ward: gleichwie noch heute zu Tage im Papſtthum auf eine ſo gar grobe Art, die noch aͤrger iſt, als jene, geſchiehet. Allein Paulus bezeuget hiemit, daß ſich im Geſchaͤfte unſerer Seligkeit, was derſel- ben verdienſtliche Urſache betrift, das Geſetz mit dem Evangelio nicht alſo verbinden laſſe, daß man der Gerechtigkeit CHriſti, zu dero Verdun- ckelung, die eigene Gerechtigkeit des Menſchen, mit deſſelben ungoͤttlicher Erhebung, koͤnne und muͤſſe zur Seite ſetzen. Es iſt hier alles und in allen CHriſtus gar allein. Und alſo heißt es alhier auch nach Rom. 11, 6. Jſts aus Gna- den, ſo iſt es nicht aus Verdienſt der Wer- cke, ſonſt wuͤrde Gnade nicht Gnade ſeyn. Jſts aber aus Verdienſt der Wercke, ſo iſt die Gnade nichts; ſonſt waͤre Verdienſt nicht Verdienſt. 3. Man hat ſich im gantzen Wandel der Erneuerung wohl in acht zu nehmen, daß nicht aus unſerer verderbten eigenliebigen und ſtoltzen Natur auf eine verborgene Art unſere eigene Wuͤrdigkeit und Gerechtigkeit auf eine verdienſt- liche Weiſe ſich in das Geſchaͤfte unſerer Selig- keit mit einmiſche. Denn es kan leichtlich ge- ſchehen, daß, wenn der Menſch auch wuͤrcklich viel Gutes aus den Gnaden-Kraͤften des Heili- gen Geiſtes theils ſelbſt in ſich hat, theils im Wer- cke des HERRN bewieſen, er ſich darinnen ſelbſt wohlgefaͤllt, und ein Vertrauen darauf ſe- tzet, dadurch denn der Glaube an CHriſtum, als das Auge, unlauter wird, und der Menſch man- cherley Schaden nimmt an ſeiner Seele. 4. Jndeſſen aber iſt doch leichtlich zu erach- ten, daß der Apoſtel damit der Heiligung an ſich ſelbſt nicht zu nahe tritt, noch dem Geſetze ſeine Wuͤrdigkeit und ſeine Kraft abſpricht, ſondern daß das Geſetz aller dinge in gehoͤriger Ordnung bey dem Evangelio ſeinen Platz behaͤlt, ja durch daſſelbe aufgerichtet und ins Hertz geſchrieben wird Jer. 31, 33. Rom. 4, 31. wie es denn auch an ſich ſelbſt mit demſelben ſo wohl harmoniret, [Spaltenumbruch] als die Gerechtigkeit und Heiligkeit GOttes mit der Gnade und Barmhertzigkeit. 5. Das Wort Erbe, Erbſchaft, ſtehet auch in dieſem Texte dem Mißbrauche des Evangelii entgegen. Denn ſo wie es eines Theils die Leh- re von der lautern Gnade erlaͤutert, daß die Se- ligkeit nemlich nicht durch Verdienſt gegeben werde, ſondern ein Geſchencke ſey; als welches die Eigenſchaft eines Erbes iſt, welches einem oh- ne Verdienſt umſonſt zu Theil wird: ſo zeiget es doch auch nicht weniger andern Theils die Ord- nung an, in welcher man zur Erbſchaft gelangen ſoll: nemlich die Kindſchaft, dazu eine neue Geburt aus GOTT gehoͤret, und die ſich auch im kindlichen Gehorſam gegen GOTT, von dem man das Erbe hat, erweiſen muß. Wer dem- nach kein Kind GOttes wird, ſondern ein Welt- Kind, ja ein Kind des Teufels iſt und bleibet 1 Joh. 3, 9. 10. der hat auch kein Antheil an der Erbſchaft GOttes. Von dieſer Verbindung der Erbſchaft mit der Kindſchaft ſehe man ſon- derlich Rom. 8, 17. Gal. 4, 7. Ferner Matth. 25, 34. Eph. 1, 14. 18. Col. 1, 12. Wozu aber das Geſetz vornehmlich gegeben ſey, zeiget der Apoſtel nun in dem folgenden an, alſo, daß er ei- nem Vorwurf, als wenn das Geſetz daher, weil es nicht ſelig macht, unnuͤtzlich waͤre, be- gegnet. V. 19. Was ſoll denn das Geſetz? (moͤchte du T t t 3
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Cap. 3, v. 18. 19. an die Galater.
ſchencket (und damit am Abraham, als dem Va-
ter oder Muſter aller Glaͤubigen, Rom. 4, 12.
ſeqq. bezeuget, wie er dieſe alle wolte ſelig ma-
chen, nemlich aus lauter Gnade, in der Ordnung
des wahren Glaubens an den Meßiam.
Anmerckungen.
1. Unter dem Namen der Verheiſſungen
wird das Evangelium verſtanden, weil es vor der
Erfuͤllung nebſt den Vorbildern in den Verheiſ-
ſungen beſtunde. Nachdem aber die Erfuͤllung
geſchehen, iſt an ſtatt der Verheiſſungen das
wuͤrckliche Evangelium verkuͤndiget: zwar
mit neuen Verheiſſungen, aber die doch nur auf
die voͤllige Ausfuͤhrung und Application der
ſchon erworbenen und geſchenckten Seligkeit
gehen.
2. Es ſuchten die damaligen falſchen Leh-
rer das Geſetz alſo zu verbinden mit dem Evan-
gelio, daß ſo wol aus jenem, als aus dieſem die
Gerechtigkeit zur Seligkeit geſuchet werden muͤ-
ſte: wodurch denn das Evangelium gar verdun-
ckelt und der Menſch zur Erhebung ſeiner ſelbſt
nur auf eigene Gerechtigkeit gefuͤhret ward:
gleichwie noch heute zu Tage im Papſtthum auf
eine ſo gar grobe Art, die noch aͤrger iſt, als jene,
geſchiehet. Allein Paulus bezeuget hiemit, daß
ſich im Geſchaͤfte unſerer Seligkeit, was derſel-
ben verdienſtliche Urſache betrift, das Geſetz mit
dem Evangelio nicht alſo verbinden laſſe, daß
man der Gerechtigkeit CHriſti, zu dero Verdun-
ckelung, die eigene Gerechtigkeit des Menſchen,
mit deſſelben ungoͤttlicher Erhebung, koͤnne und
muͤſſe zur Seite ſetzen. Es iſt hier alles und
in allen CHriſtus gar allein. Und alſo heißt
es alhier auch nach Rom. 11, 6. Jſts aus Gna-
den, ſo iſt es nicht aus Verdienſt der Wer-
cke, ſonſt wuͤrde Gnade nicht Gnade ſeyn.
Jſts aber aus Verdienſt der Wercke, ſo iſt
die Gnade nichts; ſonſt waͤre Verdienſt
nicht Verdienſt.
3. Man hat ſich im gantzen Wandel der
Erneuerung wohl in acht zu nehmen, daß nicht
aus unſerer verderbten eigenliebigen und ſtoltzen
Natur auf eine verborgene Art unſere eigene
Wuͤrdigkeit und Gerechtigkeit auf eine verdienſt-
liche Weiſe ſich in das Geſchaͤfte unſerer Selig-
keit mit einmiſche. Denn es kan leichtlich ge-
ſchehen, daß, wenn der Menſch auch wuͤrcklich
viel Gutes aus den Gnaden-Kraͤften des Heili-
gen Geiſtes theils ſelbſt in ſich hat, theils im Wer-
cke des HERRN bewieſen, er ſich darinnen
ſelbſt wohlgefaͤllt, und ein Vertrauen darauf ſe-
tzet, dadurch denn der Glaube an CHriſtum, als
das Auge, unlauter wird, und der Menſch man-
cherley Schaden nimmt an ſeiner Seele.
4. Jndeſſen aber iſt doch leichtlich zu erach-
ten, daß der Apoſtel damit der Heiligung an ſich
ſelbſt nicht zu nahe tritt, noch dem Geſetze ſeine
Wuͤrdigkeit und ſeine Kraft abſpricht, ſondern
daß das Geſetz aller dinge in gehoͤriger Ordnung
bey dem Evangelio ſeinen Platz behaͤlt, ja durch
daſſelbe aufgerichtet und ins Hertz geſchrieben
wird Jer. 31, 33. Rom. 4, 31. wie es denn auch
an ſich ſelbſt mit demſelben ſo wohl harmoniret,
als die Gerechtigkeit und Heiligkeit GOttes
mit der Gnade und Barmhertzigkeit.
5. Das Wort Erbe, Erbſchaft, ſtehet auch
in dieſem Texte dem Mißbrauche des Evangelii
entgegen. Denn ſo wie es eines Theils die Leh-
re von der lautern Gnade erlaͤutert, daß die Se-
ligkeit nemlich nicht durch Verdienſt gegeben
werde, ſondern ein Geſchencke ſey; als welches
die Eigenſchaft eines Erbes iſt, welches einem oh-
ne Verdienſt umſonſt zu Theil wird: ſo zeiget es
doch auch nicht weniger andern Theils die Ord-
nung an, in welcher man zur Erbſchaft gelangen
ſoll: nemlich die Kindſchaft, dazu eine neue
Geburt aus GOTT gehoͤret, und die ſich auch
im kindlichen Gehorſam gegen GOTT, von dem
man das Erbe hat, erweiſen muß. Wer dem-
nach kein Kind GOttes wird, ſondern ein Welt-
Kind, ja ein Kind des Teufels iſt und bleibet
1 Joh. 3, 9. 10. der hat auch kein Antheil an der
Erbſchaft GOttes. Von dieſer Verbindung der
Erbſchaft mit der Kindſchaft ſehe man ſon-
derlich Rom. 8, 17. Gal. 4, 7. Ferner Matth.
25, 34. Eph. 1, 14. 18. Col. 1, 12. Wozu aber
das Geſetz vornehmlich gegeben ſey, zeiget der
Apoſtel nun in dem folgenden an, alſo, daß er ei-
nem Vorwurf, als wenn das Geſetz daher,
weil es nicht ſelig macht, unnuͤtzlich waͤre, be-
gegnet.
V. 19.
Was ſoll denn das Geſetz? (moͤchte
iemand ſagen: wenn es uns nicht zur Seligkeit
hilft, ſo iſt es ja vergeblich gegeben: aber das
ſey ferne!) Es iſt dazu kommen (durch die oͤf-
fentliche Promulgation auf dem Berge Sinai)
um der Suͤnde willen, (dieſe recht zu entdecken
und als recht ſuͤndlich und verdammlich vorzu-
ſtellen, damit die Nothwendigkeit des Mittlers,
der Gnade und des Evangelii ſo viel mehr erkant,
deſto hoͤher gehalten, und deſto lieber angenom-
men wuͤrde: ſiehe Rom. 3, 20. 4, 15. 5, 21. 7,
7. ſeqq. 1 Cor. 15, 56.) bis der Same kaͤme
(CHriſtus v. 16. Da zwar auch nach deſſen An-
kunft das Geſetz dieſe ſeine Kraft behalten und ge-
gen des Suͤnders Gewiſſen beweiſen wuͤrde, aber
doch alſo, daß, da die neue Oeconomie des Gna-
den-Bundes eingetreten, der erſchrockene Suͤn-
der von dem Geſetze ſich ſo viel eher, leichter und
freudiger im Evangelio zum Gnaden-Thron na-
hen und ſeines Heils verſichert werden koͤnte)
deme (fuͤr die Menſchen) die Verheiſſung ge-
ſchehen iſt (daß nemlich durch ihn der Fluch des
Geſetzes ſolte abgethan, der Segen aber erwor-
ben, und durch die Predigt des Evangelii in aller
Welt verkuͤndiget werden) und iſt (das Geſetz)
geſtellet (oͤffentlich auf dem Berge Sinai pro-
mulgiret) von den Engeln (unter der ſolennen
Bedienung der Engel) durch die Hand (den
Dienſt) des Mittlers (zwiſchen GOtt und dem
juͤdiſchen Volcke, das iſt Moſis: wie es denn da-
von 2 B. Moſ. 20, 18. ſeqq. heißt: Alles Volck
ſahe den Donner und Blitz, und den Ton
der Poſaunen, und den Berg rauchen. Da
ſie aber ſolches ſahen, flohen ſie und traten
von ferne, und ſprachen zu Moſe: Rede
du
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