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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Historische und exegetische Einleitung
[Spaltenumbruch] cas anzeiget Act. 18, 23. Daß aber diese Ge-
meinen nicht lange in solchem gesegneten Zu-
stande geblieben, werden wir bald mit mehrern
vernehmen.

§. III. Die Zeit und der Ort,
da dieser Brief geschrieben, kan so gar genaue
nicht angezeiget werden. Doch ist es allem
Ansehen nach zu Ephesus geschehen, als sich
der Apostel daselbst, nachdem er auf der gedach-
ten andern Reise von Galatien dahin gekommen
war, bey drey Jahre aufhielte Act. 19, 1. seqq.
und also ohngefähr im Jahr CHristi 56. oder
57. nachdem die Kirche in Galatien vorher im
Jahr 51. war gepflantzet worden. Daß es nicht
gar lange nach dieser Pflantzung und sonderlich
der Act. 18, 23. bemeldeten und im Jahr 54 ge-
schehenen Besuchung geschehen seyn muß, ist
daraus abzunehmen, weil der Apostel c. 1, 6.
schreibet: Jch wundere mich, daß ihr euch
so bald abwenden lasset etc.
Und da der
Apostel auf dieser gantzen Reise, wie sonderlich
aus den Briefen an die Corinthier zu ersehen 1
Cor. 16, 1. seqq. 2 Cor. 8. 9. sich der Armen zu
Jerusalem mit Sammlung einer Beysteuer an-
genommen, und diese auch in Galatien besor-
get hatte: so hat er ohne Zweifel darauf mit ge-
sehen, wenn er Gal. 6, 10. schreibet: Lasset
uns gutes thun an iedermann, allermeist
aber an des Glaubens Genossen.

§. IV. Die Veranlassung zu die-
sem Briefe war folgende:

1. Der falschen Apostel, oder solcher trügli-
chen Lehrer, die sich für wahre Apostel Chri-
sti ausgaben, ihre irrige Lehre, wodurch
sie die glaubige Seelen von CHristo, ob sie
gleich desselben Namen, ja auch wol man-
ches von seinem Mittler-Amte, beybehalten,
und für Diener CHristi angesehen seyn wol-
ten, auf Mosen, oder auf die Mosaischen
Satzungen, sonderlich auf die Nothwendig-
keit
der Beschneidung geführet haben, um
dadurch selig zu werden: wodurch denn die
Evangelische Haupt-Lehre von der Person und
von dem Amte CHristi sehr verdunckelt, ja
gantz vernichtet worden. Man sehe hievon c.
1, 7-9. 3, 1. 4, 17. 5, 8-12. 6, 12. 13. Und
also sind es solche Leute gewesen, die vom Jü-
dischen Volcke und den falschen Gesetz-Eife-
rern, welche die Antiochische Gemeine zerrüt-
teten Ap. Gesch. 15, 1. seqq. gleich waren.
Wie denn auch der zu Jerusalem wider sie son-
derlich den bekehrten Heiden zum Besten ge-
machte Ausspruch der Apostel von dem, wie
es in Ansehung des Gesetzes gehalten werden
solte, allen Gemeinen in Asien und also auch
denen in Galatien, zu deren besondern Freu-
de kund gemacht wurde. Ap. Gesch. 15, 23.
seqq. c. 15, 4. 5. 6. Man siehet aber aus dem
Briefe an die Galater, daß die Jrr-Geister sich
nicht viel an die apostolische Vorschrift gekeh-
ret haben, noch die Galater sich genugsam wi-
der sie warnen und verwahren lassen.
2. Der Galater ihre Unbeständigkeit: als
die sich dergestalt durch die verführische Vor-
stellung der falschen Lehrer hatten hinreissen
lassen, daß sie fäst gar von CHristo und dem
[Spaltenumbruch] Evangelio abgezogen waren, und von beyden
mehr den Namen und die Bekäntniß, als die
Kraft behalten hatten; also, daß Paulus sa-
gen mußte: Jhr habet CHristum verloh-
ren, die ihr durch das Gesetz gerecht
werden wollet, und seyd von der Gna-
de gefallen
c. 5, 4. und er nöthig funde, sie
aufs neue zum Stande der Gnade zu bringen,
und c. 4, 19. zu schreiben: Meine lieben
Kinder, welche ich abermal mit Aeng-
sten gebäre, bis daß CHristus in euch
eine Gestalt gewinne.
Siehe von ihrer
Zerrüttung ein mehrers c. 1, 6. seqq. 3, 1. 2. 4,
10. 11. 5, 1. seqq.
3. Der Mißbrauch der Christlichen Frey-
heit,
welcher bey einigen von denen, die bey
der Lehre des Evangelii, der Bekäntniß nach,
geblieben waren, unter der Hand eingerissen.
Wie denn sich allemal diese zweene Abwege
befunden haben und noch befinden, daß so man-
che Seelen entweder auf eigne Gerechtig-
keit
fallen; oder, wenn sie allein bey der Ge-
rechtigkeit Christi bleiben, sie diese auf Muth-
willen ziehen
und zur Sicherheit des Flei-
sches mißbrauchen. Da nun dieses Letztere
auch von einigen Galatern geschehen seyn
mochte, und zu besorgen stunde, daß es nach
diesem noch mehr geschehen und Pauli Ab-
führung vom Gesetze dazu gemißbrauchet wer-
den möchte; so warnet er sie dagegen: wie zu
schen c. 5, 13. 15. 26. 6, 3. 6. 7.

§. V. Der Jnnhalt des Briefs erhel-
let aus dieser dreyfachen Veranlassung: nemlich
der Apostel suchet die wanckenden Galater in der
Lehre des Evangelii von der durch CHristum ge-
schehenen und zur Heiligung anzuwendenden
Lehre von der Erlösung und daher entstehenden
Rechtfertigung durch den Glauben u. der Christ-
lichen Freyheit von dem Joche des Gesetzes zu be-
vestigen, von dem Jrrwege wieder herum zu ho-
len, und wider künftige und noch mehrere Ver-
führung zu verwahren, und dabey zum heiligen
Leben anzumahnen. Und dieses thut er also, daß
er die Galater ihrer Untreue wegen gar ernstlich,
iedoch aber dabey liebreich, bestrafet, und einen
heiligen Eifer gegen die irrigen Lehrer bezeu-
get.

§. VI. Die vornehmsten Materien
sind:

1. Von der Wahrheit des Evangelii c. 1, 6. seqq.
c. 2, 4. 5.
2. Von der Rechtfertigung durch den Glauben.
c. 2, 16. seqq. 3, 5. seqq. 22. 5, 5.
3. Von dem Geschäfte und Zwecke des Gesetzes.
c. 3, 2. 10. 11. 12. 13. 17. 18. 19. 21. 23. 24. 25.
c. 4, 3.
4. Von der Erlösung CHristi. Conf. c. 1, 4. 2,
20. 21. 4, 5. 9. 10. 21. seqq.
5. Vom Unterscheide des alten und neuen Testa-
ments. c. 3, 15. seqq. 4, 1. seqq. 24. seqq.
6. Von der Kindschaft GOttes. c. 3, 26. 4, 5. 6.
7. 28-31.
7. Von der Christlichen Freyheit. c. 5, 1. seqq.
13.
8. Vom Kampfe des Fleisches und des Geistes.
c. 5, 16. 17. 18.
9. Von

Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung
[Spaltenumbruch] cas anzeiget Act. 18, 23. Daß aber dieſe Ge-
meinen nicht lange in ſolchem geſegneten Zu-
ſtande geblieben, werden wir bald mit mehrern
vernehmen.

§. III. Die Zeit und der Ort,
da dieſer Brief geſchrieben, kan ſo gar genaue
nicht angezeiget werden. Doch iſt es allem
Anſehen nach zu Epheſus geſchehen, als ſich
der Apoſtel daſelbſt, nachdem er auf der gedach-
ten andern Reiſe von Galatien dahin gekommen
war, bey drey Jahre aufhielte Act. 19, 1. ſeqq.
und alſo ohngefaͤhr im Jahr CHriſti 56. oder
57. nachdem die Kirche in Galatien vorher im
Jahr 51. war gepflantzet worden. Daß es nicht
gar lange nach dieſer Pflantzung und ſonderlich
der Act. 18, 23. bemeldeten und im Jahr 54 ge-
ſchehenen Beſuchung geſchehen ſeyn muß, iſt
daraus abzunehmen, weil der Apoſtel c. 1, 6.
ſchreibet: Jch wundere mich, daß ihr euch
ſo bald abwenden laſſet ꝛc.
Und da der
Apoſtel auf dieſer gantzen Reiſe, wie ſonderlich
aus den Briefen an die Corinthier zu erſehen 1
Cor. 16, 1. ſeqq. 2 Cor. 8. 9. ſich der Armen zu
Jeruſalem mit Sammlung einer Beyſteuer an-
genommen, und dieſe auch in Galatien beſor-
get hatte: ſo hat er ohne Zweifel darauf mit ge-
ſehen, wenn er Gal. 6, 10. ſchreibet: Laſſet
uns gutes thun an iedermann, allermeiſt
aber an des Glaubens Genoſſen.

§. IV. Die Veranlaſſung zu die-
ſem Briefe war folgende:

1. Der falſchen Apoſtel, oder ſolcher truͤgli-
chen Lehrer, die ſich fuͤr wahre Apoſtel Chri-
ſti ausgaben, ihre irrige Lehre, wodurch
ſie die glaubige Seelen von CHriſto, ob ſie
gleich deſſelben Namen, ja auch wol man-
ches von ſeinem Mittler-Amte, beybehalten,
und fuͤr Diener CHriſti angeſehen ſeyn wol-
ten, auf Moſen, oder auf die Moſaiſchen
Satzungen, ſonderlich auf die Nothwendig-
keit
der Beſchneidung gefuͤhret haben, um
dadurch ſelig zu werden: wodurch denn die
Evangeliſche Haupt-Lehre von der Perſon und
von dem Amte CHriſti ſehr verdunckelt, ja
gantz vernichtet worden. Man ſehe hievon c.
1, 7-9. 3, 1. 4, 17. 5, 8-12. 6, 12. 13. Und
alſo ſind es ſolche Leute geweſen, die vom Juͤ-
diſchen Volcke und den falſchen Geſetz-Eife-
rern, welche die Antiochiſche Gemeine zerruͤt-
teten Ap. Geſch. 15, 1. ſeqq. gleich waren.
Wie denn auch der zu Jeruſalem wider ſie ſon-
derlich den bekehrten Heiden zum Beſten ge-
machte Ausſpruch der Apoſtel von dem, wie
es in Anſehung des Geſetzes gehalten werden
ſolte, allen Gemeinen in Aſien und alſo auch
denen in Galatien, zu deren beſondern Freu-
de kund gemacht wurde. Ap. Geſch. 15, 23.
ſeqq. c. 15, 4. 5. 6. Man ſiehet aber aus dem
Briefe an die Galater, daß die Jrr-Geiſter ſich
nicht viel an die apoſtoliſche Vorſchrift gekeh-
ret haben, noch die Galater ſich genugſam wi-
der ſie warnen und verwahren laſſen.
2. Der Galater ihre Unbeſtaͤndigkeit: als
die ſich dergeſtalt durch die verfuͤhriſche Vor-
ſtellung der falſchen Lehrer hatten hinreiſſen
laſſen, daß ſie faͤſt gar von CHriſto und dem
[Spaltenumbruch] Evangelio abgezogen waren, und von beyden
mehr den Namen und die Bekaͤntniß, als die
Kraft behalten hatten; alſo, daß Paulus ſa-
gen mußte: Jhr habet CHriſtum verloh-
ren, die ihr durch das Geſetz gerecht
werden wollet, und ſeyd von der Gna-
de gefallen
c. 5, 4. und er noͤthig funde, ſie
aufs neue zum Stande der Gnade zu bringen,
und c. 4, 19. zu ſchreiben: Meine lieben
Kinder, welche ich abermal mit Aeng-
ſten gebaͤre, bis daß CHriſtus in euch
eine Geſtalt gewinne.
Siehe von ihrer
Zerruͤttung ein mehrers c. 1, 6. ſeqq. 3, 1. 2. 4,
10. 11. 5, 1. ſeqq.
3. Der Mißbrauch der Chriſtlichen Frey-
heit,
welcher bey einigen von denen, die bey
der Lehre des Evangelii, der Bekaͤntniß nach,
geblieben waren, unter der Hand eingeriſſen.
Wie denn ſich allemal dieſe zweene Abwege
befunden haben und noch befinden, daß ſo man-
che Seelen entweder auf eigne Gerechtig-
keit
fallen; oder, wenn ſie allein bey der Ge-
rechtigkeit Chriſti bleiben, ſie dieſe auf Muth-
willen ziehen
und zur Sicherheit des Flei-
ſches mißbrauchen. Da nun dieſes Letztere
auch von einigen Galatern geſchehen ſeyn
mochte, und zu beſorgen ſtunde, daß es nach
dieſem noch mehr geſchehen und Pauli Ab-
fuͤhrung vom Geſetze dazu gemißbrauchet wer-
den moͤchte; ſo warnet er ſie dagegen: wie zu
ſchen c. 5, 13. 15. 26. 6, 3. 6. 7.

§. V. Der Jnnhalt des Briefs erhel-
let aus dieſer dreyfachen Veranlaſſung: nemlich
der Apoſtel ſuchet die wanckenden Galater in der
Lehre des Evangelii von der durch CHriſtum ge-
ſchehenen und zur Heiligung anzuwendenden
Lehre von der Erloͤſung und daher entſtehenden
Rechtfertigung durch den Glauben u. der Chriſt-
lichen Freyheit von dem Joche des Geſetzes zu be-
veſtigen, von dem Jrrwege wieder herum zu ho-
len, und wider kuͤnftige und noch mehrere Ver-
fuͤhrung zu verwahren, und dabey zum heiligen
Leben anzumahnen. Und dieſes thut er alſo, daß
er die Galater ihrer Untreue wegen gar ernſtlich,
iedoch aber dabey liebreich, beſtrafet, und einen
heiligen Eifer gegen die irrigen Lehrer bezeu-
get.

§. VI. Die vornehmſten Materien
ſind:

1. Von der Wahrheit des Evangelii c. 1, 6. ſeqq.
c. 2, 4. 5.
2. Von der Rechtfertigung durch den Glauben.
c. 2, 16. ſeqq. 3, 5. ſeqq. 22. 5, 5.
3. Von dem Geſchaͤfte und Zwecke des Geſetzes.
c. 3, 2. 10. 11. 12. 13. 17. 18. 19. 21. 23. 24. 25.
c. 4, 3.
4. Von der Erloͤſung CHriſti. Conf. c. 1, 4. 2,
20. 21. 4, 5. 9. 10. 21. ſeqq.
5. Vom Unterſcheide des alten und neuen Teſta-
ments. c. 3, 15. ſeqq. 4, 1. ſeqq. 24. ſeqq.
6. Von der Kindſchaft GOttes. c. 3, 26. 4, 5. 6.
7. 28-31.
7. Von der Chriſtlichen Freyheit. c. 5, 1. ſeqq.
13.
8. Vom Kampfe des Fleiſches und des Geiſtes.
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              <item>1. Von der Wahrheit des Evangelii c. 1, 6. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi><lb/>
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              <item>4. Von der Erlo&#x0364;&#x017F;ung CHri&#x017F;ti. <hi rendition="#aq">Conf.</hi> c. 1, 4. 2,<lb/>
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              <item>5. Vom Unter&#x017F;cheide des alten und neuen Te&#x017F;ta-<lb/>
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              <item>6. Von der Kind&#x017F;chaft GOttes. c. 3, 26. 4, 5. 6.<lb/>
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              <item>7. Von der Chri&#x017F;tlichen Freyheit. c. 5, 1. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi><lb/>
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              <item>8. Vom Kampfe des Flei&#x017F;ches und des Gei&#x017F;tes.<lb/>
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[482/0510] Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung cas anzeiget Act. 18, 23. Daß aber dieſe Ge- meinen nicht lange in ſolchem geſegneten Zu- ſtande geblieben, werden wir bald mit mehrern vernehmen. §. III. Die Zeit und der Ort, da dieſer Brief geſchrieben, kan ſo gar genaue nicht angezeiget werden. Doch iſt es allem Anſehen nach zu Epheſus geſchehen, als ſich der Apoſtel daſelbſt, nachdem er auf der gedach- ten andern Reiſe von Galatien dahin gekommen war, bey drey Jahre aufhielte Act. 19, 1. ſeqq. und alſo ohngefaͤhr im Jahr CHriſti 56. oder 57. nachdem die Kirche in Galatien vorher im Jahr 51. war gepflantzet worden. Daß es nicht gar lange nach dieſer Pflantzung und ſonderlich der Act. 18, 23. bemeldeten und im Jahr 54 ge- ſchehenen Beſuchung geſchehen ſeyn muß, iſt daraus abzunehmen, weil der Apoſtel c. 1, 6. ſchreibet: Jch wundere mich, daß ihr euch ſo bald abwenden laſſet ꝛc. Und da der Apoſtel auf dieſer gantzen Reiſe, wie ſonderlich aus den Briefen an die Corinthier zu erſehen 1 Cor. 16, 1. ſeqq. 2 Cor. 8. 9. ſich der Armen zu Jeruſalem mit Sammlung einer Beyſteuer an- genommen, und dieſe auch in Galatien beſor- get hatte: ſo hat er ohne Zweifel darauf mit ge- ſehen, wenn er Gal. 6, 10. ſchreibet: Laſſet uns gutes thun an iedermann, allermeiſt aber an des Glaubens Genoſſen. §. IV. Die Veranlaſſung zu die- ſem Briefe war folgende: 1. Der falſchen Apoſtel, oder ſolcher truͤgli- chen Lehrer, die ſich fuͤr wahre Apoſtel Chri- ſti ausgaben, ihre irrige Lehre, wodurch ſie die glaubige Seelen von CHriſto, ob ſie gleich deſſelben Namen, ja auch wol man- ches von ſeinem Mittler-Amte, beybehalten, und fuͤr Diener CHriſti angeſehen ſeyn wol- ten, auf Moſen, oder auf die Moſaiſchen Satzungen, ſonderlich auf die Nothwendig- keit der Beſchneidung gefuͤhret haben, um dadurch ſelig zu werden: wodurch denn die Evangeliſche Haupt-Lehre von der Perſon und von dem Amte CHriſti ſehr verdunckelt, ja gantz vernichtet worden. Man ſehe hievon c. 1, 7-9. 3, 1. 4, 17. 5, 8-12. 6, 12. 13. Und alſo ſind es ſolche Leute geweſen, die vom Juͤ- diſchen Volcke und den falſchen Geſetz-Eife- rern, welche die Antiochiſche Gemeine zerruͤt- teten Ap. Geſch. 15, 1. ſeqq. gleich waren. Wie denn auch der zu Jeruſalem wider ſie ſon- derlich den bekehrten Heiden zum Beſten ge- machte Ausſpruch der Apoſtel von dem, wie es in Anſehung des Geſetzes gehalten werden ſolte, allen Gemeinen in Aſien und alſo auch denen in Galatien, zu deren beſondern Freu- de kund gemacht wurde. Ap. Geſch. 15, 23. ſeqq. c. 15, 4. 5. 6. Man ſiehet aber aus dem Briefe an die Galater, daß die Jrr-Geiſter ſich nicht viel an die apoſtoliſche Vorſchrift gekeh- ret haben, noch die Galater ſich genugſam wi- der ſie warnen und verwahren laſſen. 2. Der Galater ihre Unbeſtaͤndigkeit: als die ſich dergeſtalt durch die verfuͤhriſche Vor- ſtellung der falſchen Lehrer hatten hinreiſſen laſſen, daß ſie faͤſt gar von CHriſto und dem Evangelio abgezogen waren, und von beyden mehr den Namen und die Bekaͤntniß, als die Kraft behalten hatten; alſo, daß Paulus ſa- gen mußte: Jhr habet CHriſtum verloh- ren, die ihr durch das Geſetz gerecht werden wollet, und ſeyd von der Gna- de gefallen c. 5, 4. und er noͤthig funde, ſie aufs neue zum Stande der Gnade zu bringen, und c. 4, 19. zu ſchreiben: Meine lieben Kinder, welche ich abermal mit Aeng- ſten gebaͤre, bis daß CHriſtus in euch eine Geſtalt gewinne. Siehe von ihrer Zerruͤttung ein mehrers c. 1, 6. ſeqq. 3, 1. 2. 4, 10. 11. 5, 1. ſeqq. 3. Der Mißbrauch der Chriſtlichen Frey- heit, welcher bey einigen von denen, die bey der Lehre des Evangelii, der Bekaͤntniß nach, geblieben waren, unter der Hand eingeriſſen. Wie denn ſich allemal dieſe zweene Abwege befunden haben und noch befinden, daß ſo man- che Seelen entweder auf eigne Gerechtig- keit fallen; oder, wenn ſie allein bey der Ge- rechtigkeit Chriſti bleiben, ſie dieſe auf Muth- willen ziehen und zur Sicherheit des Flei- ſches mißbrauchen. Da nun dieſes Letztere auch von einigen Galatern geſchehen ſeyn mochte, und zu beſorgen ſtunde, daß es nach dieſem noch mehr geſchehen und Pauli Ab- fuͤhrung vom Geſetze dazu gemißbrauchet wer- den moͤchte; ſo warnet er ſie dagegen: wie zu ſchen c. 5, 13. 15. 26. 6, 3. 6. 7. §. V. Der Jnnhalt des Briefs erhel- let aus dieſer dreyfachen Veranlaſſung: nemlich der Apoſtel ſuchet die wanckenden Galater in der Lehre des Evangelii von der durch CHriſtum ge- ſchehenen und zur Heiligung anzuwendenden Lehre von der Erloͤſung und daher entſtehenden Rechtfertigung durch den Glauben u. der Chriſt- lichen Freyheit von dem Joche des Geſetzes zu be- veſtigen, von dem Jrrwege wieder herum zu ho- len, und wider kuͤnftige und noch mehrere Ver- fuͤhrung zu verwahren, und dabey zum heiligen Leben anzumahnen. Und dieſes thut er alſo, daß er die Galater ihrer Untreue wegen gar ernſtlich, iedoch aber dabey liebreich, beſtrafet, und einen heiligen Eifer gegen die irrigen Lehrer bezeu- get. §. VI. Die vornehmſten Materien ſind: 1. Von der Wahrheit des Evangelii c. 1, 6. ſeqq. c. 2, 4. 5. 2. Von der Rechtfertigung durch den Glauben. c. 2, 16. ſeqq. 3, 5. ſeqq. 22. 5, 5. 3. Von dem Geſchaͤfte und Zwecke des Geſetzes. c. 3, 2. 10. 11. 12. 13. 17. 18. 19. 21. 23. 24. 25. c. 4, 3. 4. Von der Erloͤſung CHriſti. Conf. c. 1, 4. 2, 20. 21. 4, 5. 9. 10. 21. ſeqq. 5. Vom Unterſcheide des alten und neuen Teſta- ments. c. 3, 15. ſeqq. 4, 1. ſeqq. 24. ſeqq. 6. Von der Kindſchaft GOttes. c. 3, 26. 4, 5. 6. 7. 28-31. 7. Von der Chriſtlichen Freyheit. c. 5, 1. ſeqq. 13. 8. Vom Kampfe des Fleiſches und des Geiſtes. c. 5, 16. 17. 18. 9. Von

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/510>, abgerufen am 24.11.2024.