Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 12, v. 1-3. [Spaltenumbruch]
2. Gesichte und Offenbarungen sind al- so unterschieden, daß man das, was man im Ge- sichte bey Tage, oder Nacht, von sonderbarer Vorstellung siehet, zugleich durch eine innere Offenbarung oder auch äusserliche Stimme, als durch ein göttliches Licht erkennet, was es sey, und worauf es gehe. Also sahe Petrus, als er zu dem heydnischen Hauptmann Cornelio geru- fen werden solte, in der Entzückung ein Gesicht, wie sich der Himmel aufgethan, und ein Gefäß, wie ein groß leinen Tuch, an vier Zipfeln gebun- den hernieder gefahren, und sich nieder gelassen auf die Erden u. s. w. Und dazu kam die Offen- barung. Denn es geschach eine Stimme zu ihm: Stehe auf Petre, schlachte und iß. Welches zum dritten mal noch mit einigem Zu- satze wiederholet wurde. Hingegen hatte Pha- rao und Nebucadnezar zwar Gesichte; aber kei- ne Offenbarungen dabey, sondern diese muste jener erst von GOtt durch den Joseph, und die- ser durch den Daniel empfangen. 3. Es führet aber der Apostel in dem fol- genden nicht alle Gesichter und Offenbarungen an, sondern nur eine einzige und sehr hohe oder vortrefliche. Daß er mehrere gehabt, als die angeführte, erhellet nicht allein aus seinen Wor- ten, da er in der Zahl von vielen redet, sondern auch aus seinem von Luca beschriebenen Lebens- Laufe. Denn da hatte er erstlich auf dem We- ge nach Damascus das grosse Gesicht, da ihm ein Licht vom Himmel umleuchtete, nebst der Stimme des HErrn zur Bekehrung, da es hieß: Saul! Saul! was verfolgest du mich! u. s. w. Als Paulus nach drey Jahren nach Jerusalem kam, hatte er daselbst auch ein Gesicht, wie davon Ap. Ges. 22, 17. u. f. seine eigene Worte also angeführet werden: Es ge- schah, da ich wieder gen Jerusalem kam, und betete im Tempel, daß ich entzücket ward, und sahe ihn (den HErrn.) Da sprach er zu mir: Eile und mache dich be- hend von Jerusalem hinaus. Denn sie werden nicht aufnehmen dein Zeugniß von mir. u. f. Ferner, als er aus Galatien nach Troada kam, c. 16, 9. erschien ihm ein Gesicht bey der Nacht, nemlich ein Mann aus Macedonia, der stund und bat ihn und sprach: Komm her- nieder in Macedonien und hilf uns. Wel- ches Gesichte die Offenbarung oder Uberzeugung von dem Willen GOttes so gleich mit sich gefüh- ret. Daher es heißt: Als er aber das Gesicht gesehen hatte, da trachteten wir alsobald zu rei- sen in Macedoniam, gewiß, daß uns der HErr dahin berufen hätte, ihnen das Evangelium zu predigen. Siehe auch v. 6. wie Paulo von dem Heiligen Geiste gewehret worden zu reden das Wort in Asia; welches auch vielleicht durch ein gewisses Gesicht, oder doch besondere Offen- barung geschehen ist. Als er zu Corinthus war, sprach der HErr durch ein Gesicht in der Nacht zu ihm: Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht. Denn ich bin mit dir, und niemand soll sich unterstehen dir zu schaden. Denn ich habe ein grosses Volck in dieser Stadt. c. 18, 9. 10. Und in der gefährlichen Schiffahrt aus dem Jüdischen Lande nach Rom [Spaltenumbruch] wiederfuhr ihm auch die Gnade einer besondern Offenbarung, davon er sprach: Diese Nacht ist bey mir gestanden der Engel GOttes, dessen ich bin, und dem ich diene, und sprach: Fürchte dich nicht Paule, du wirst vor den Käyser gestellet werden, und siehe, GOtt hat dir geschencket alle die mit dir schiffen. c. 27, 23. 24. 4. Es ist wohl vermuthlich, daß der Apo- stel noch viel mehrmal der Gnade einer beson- dern Offenbarung gewürdiget worden. Denn da von seinen Leiden das wenigste aufgezeichnet ist, so ist dergleichen auch wol von den ausseror- dentlichen Gnaden-Heimsuchungen zu vermu- then. Und welch eine tiefe Einsicht er aus der besondern Offenbarung GOttes in die Bege- benheiten des Reichs GOttes auf Erden, wel- che es sonderlich in den letzten Zeiten haben wür- de, gehabt hat, kan man unter andern daraus erkennen, daß er das, was dem Johanni in dem Buch der geheimen Offenbarungen von dem An- tichrist, von dessen Ankunft und Ende oder Ge- richte, und von der Ordnung der Posaunen GOttes in dem letztern Periodo der Zeiten die- ser gegenwärtigen argen Welt gegen das Ende des ersten Seculi ausführlich eröffnet worden, aus einerley Grund göttlicher Entdeckung schon lange vorher eingesehen hat: wie unter andern sonderlich aus dem zu erkennen, was wir davon 2 Thess. 2. und 1 Cor. 15. lesen. 5. Von den zuvor angeführten fünf Offen- barungen ist diejenige noch unterschieden, welche der Apostel an diesem Orte dieses Briefes be- meldet, wenn er davon also schreibet: V. 2. 3. Jch kenne einen Menschen in Christo Anmerckungen. 1. Daß der Apostel alhier von sich selbst re- de, zeiget der vorhergehende und nachfolgende Context gantz deutlich an. Daß er aber von sich, als einer andern Person spricht, das thut er aus Demuth, da er nicht so fort mit dem ich von sich selbst heraus rücken wolte. Wir fin- den, daß auch Johannes also von sich, als einer andern Person, schreibet, denn er spricht c. 13, 23. 24. Es war einer unter seinen Jün- gern, der zu Tische saß an der Brust JE- su, welchen JEsus lieb hatte, dem win- ckete Simon Petrus u. s. w. Also auch c. 19, 26. Da nun JEsus seine Mutter sahe, und den Jünger dabey stehen, den er lieb hat- te u. s. w. Jmgleichen c. 21, 21. 2. Da nun diese Offenbarung zu der Zeit, als Paulus diesen andern Brief an die Corinthier geschrieben, vor 14 Jahren geschehen seyn
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 12, v. 1-3. [Spaltenumbruch]
2. Geſichte und Offenbarungen ſind al- ſo unterſchieden, daß man das, was man im Ge- ſichte bey Tage, oder Nacht, von ſonderbarer Vorſtellung ſiehet, zugleich durch eine innere Offenbarung oder auch aͤuſſerliche Stimme, als durch ein goͤttliches Licht erkennet, was es ſey, und worauf es gehe. Alſo ſahe Petrus, als er zu dem heydniſchen Hauptmann Cornelio geru- fen werden ſolte, in der Entzuͤckung ein Geſicht, wie ſich der Himmel aufgethan, und ein Gefaͤß, wie ein groß leinen Tuch, an vier Zipfeln gebun- den hernieder gefahren, und ſich nieder gelaſſen auf die Erden u. ſ. w. Und dazu kam die Offen- barung. Denn es geſchach eine Stimme zu ihm: Stehe auf Petre, ſchlachte und iß. Welches zum dritten mal noch mit einigem Zu- ſatze wiederholet wurde. Hingegen hatte Pha- rao und Nebucadnezar zwar Geſichte; aber kei- ne Offenbarungen dabey, ſondern dieſe muſte jener erſt von GOtt durch den Joſeph, und die- ſer durch den Daniel empfangen. 3. Es fuͤhret aber der Apoſtel in dem fol- genden nicht alle Geſichter und Offenbarungen an, ſondern nur eine einzige und ſehr hohe oder vortrefliche. Daß er mehrere gehabt, als die angefuͤhrte, erhellet nicht allein aus ſeinen Wor- ten, da er in der Zahl von vielen redet, ſondern auch aus ſeinem von Luca beſchriebenen Lebens- Laufe. Denn da hatte er erſtlich auf dem We- ge nach Damaſcus das groſſe Geſicht, da ihm ein Licht vom Himmel umleuchtete, nebſt der Stimme des HErrn zur Bekehrung, da es hieß: Saul! Saul! was verfolgeſt du mich! u. ſ. w. Als Paulus nach drey Jahren nach Jeruſalem kam, hatte er daſelbſt auch ein Geſicht, wie davon Ap. Geſ. 22, 17. u. f. ſeine eigene Worte alſo angefuͤhret werden: Es ge- ſchah, da ich wieder gen Jeruſalem kam, und betete im Tempel, daß ich entzuͤcket ward, und ſahe ihn (den HErrn.) Da ſprach er zu mir: Eile und mache dich be- hend von Jeruſalem hinaus. Denn ſie werden nicht aufnehmen dein Zeugniß von mir. u. f. Ferner, als er aus Galatien nach Troada kam, c. 16, 9. erſchien ihm ein Geſicht bey der Nacht, nemlich ein Mann aus Macedonia, der ſtund und bat ihn und ſprach: Komm her- nieder in Macedonien und hilf uns. Wel- ches Geſichte die Offenbarung oder Uberzeugung von dem Willen GOttes ſo gleich mit ſich gefuͤh- ret. Daher es heißt: Als er aber das Geſicht geſehen hatte, da trachteten wir alſobald zu rei- ſen in Macedoniam, gewiß, daß uns der HErr dahin berufen haͤtte, ihnen das Evangelium zu predigen. Siehe auch v. 6. wie Paulo von dem Heiligen Geiſte gewehret worden zu reden das Wort in Aſia; welches auch vielleicht durch ein gewiſſes Geſicht, oder doch beſondere Offen- barung geſchehen iſt. Als er zu Corinthus war, ſprach der HErr durch ein Geſicht in der Nacht zu ihm: Fuͤrchte dich nicht, ſondern rede und ſchweige nicht. Denn ich bin mit dir, und niemand ſoll ſich unterſtehen dir zu ſchaden. Denn ich habe ein groſſes Volck in dieſer Stadt. c. 18, 9. 10. Und in der gefaͤhrlichen Schiffahrt aus dem Juͤdiſchen Lande nach Rom [Spaltenumbruch] wiederfuhr ihm auch die Gnade einer beſondern Offenbarung, davon er ſprach: Dieſe Nacht iſt bey mir geſtanden der Engel GOttes, deſſen ich bin, und dem ich diene, und ſprach: Fuͤrchte dich nicht Paule, du wirſt vor den Kaͤyſer geſtellet werden, und ſiehe, GOtt hat dir geſchencket alle die mit dir ſchiffen. c. 27, 23. 24. 4. Es iſt wohl vermuthlich, daß der Apo- ſtel noch viel mehrmal der Gnade einer beſon- dern Offenbarung gewuͤrdiget worden. Denn da von ſeinen Leiden das wenigſte aufgezeichnet iſt, ſo iſt dergleichen auch wol von den auſſeror- dentlichen Gnaden-Heimſuchungen zu vermu- then. Und welch eine tiefe Einſicht er aus der beſondern Offenbarung GOttes in die Bege- benheiten des Reichs GOttes auf Erden, wel- che es ſonderlich in den letzten Zeiten haben wuͤr- de, gehabt hat, kan man unter andern daraus erkennen, daß er das, was dem Johanni in dem Buch der geheimen Offenbarungen von dem An- tichriſt, von deſſen Ankunft und Ende oder Ge- richte, und von der Ordnung der Poſaunen GOttes in dem letztern Periodo der Zeiten die- ſer gegenwaͤrtigen argen Welt gegen das Ende des erſten Seculi ausfuͤhrlich eroͤffnet worden, aus einerley Grund goͤttlicher Entdeckung ſchon lange vorher eingeſehen hat: wie unter andern ſonderlich aus dem zu erkennen, was wir davon 2 Theſſ. 2. und 1 Cor. 15. leſen. 5. Von den zuvor angefuͤhrten fuͤnf Offen- barungen iſt diejenige noch unterſchieden, welche der Apoſtel an dieſem Orte dieſes Briefes be- meldet, wenn er davon alſo ſchreibet: V. 2. 3. Jch kenne einen Menſchen in Chriſto Anmerckungen. 1. Daß der Apoſtel alhier von ſich ſelbſt re- de, zeiget der vorhergehende und nachfolgende Context gantz deutlich an. Daß er aber von ſich, als einer andern Perſon ſpricht, das thut er aus Demuth, da er nicht ſo fort mit dem ich von ſich ſelbſt heraus ruͤcken wolte. Wir fin- den, daß auch Johannes alſo von ſich, als einer andern Perſon, ſchreibet, denn er ſpricht c. 13, 23. 24. Es war einer unter ſeinen Juͤn- gern, der zu Tiſche ſaß an der Bruſt JE- ſu, welchen JEſus lieb hatte, dem win- ckete Simon Petrus u. ſ. w. Alſo auch c. 19, 26. Da nun JEſus ſeine Mutter ſahe, und den Juͤnger dabey ſtehen, den er lieb hat- te u. ſ. w. Jmgleichen c. 21, 21. 2. Da nun dieſe Offenbarung zu der Zeit, als Paulus dieſen andern Brief an die Corinthier geſchrieben, vor 14 Jahren geſchehen ſeyn
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Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 12, v. 1-3.
2. Geſichte und Offenbarungen ſind al-
ſo unterſchieden, daß man das, was man im Ge-
ſichte bey Tage, oder Nacht, von ſonderbarer
Vorſtellung ſiehet, zugleich durch eine innere
Offenbarung oder auch aͤuſſerliche Stimme, als
durch ein goͤttliches Licht erkennet, was es ſey,
und worauf es gehe. Alſo ſahe Petrus, als er
zu dem heydniſchen Hauptmann Cornelio geru-
fen werden ſolte, in der Entzuͤckung ein Geſicht,
wie ſich der Himmel aufgethan, und ein Gefaͤß,
wie ein groß leinen Tuch, an vier Zipfeln gebun-
den hernieder gefahren, und ſich nieder gelaſſen
auf die Erden u. ſ. w. Und dazu kam die Offen-
barung. Denn es geſchach eine Stimme zu
ihm: Stehe auf Petre, ſchlachte und iß.
Welches zum dritten mal noch mit einigem Zu-
ſatze wiederholet wurde. Hingegen hatte Pha-
rao und Nebucadnezar zwar Geſichte; aber kei-
ne Offenbarungen dabey, ſondern dieſe muſte
jener erſt von GOtt durch den Joſeph, und die-
ſer durch den Daniel empfangen.
3. Es fuͤhret aber der Apoſtel in dem fol-
genden nicht alle Geſichter und Offenbarungen
an, ſondern nur eine einzige und ſehr hohe oder
vortrefliche. Daß er mehrere gehabt, als die
angefuͤhrte, erhellet nicht allein aus ſeinen Wor-
ten, da er in der Zahl von vielen redet, ſondern
auch aus ſeinem von Luca beſchriebenen Lebens-
Laufe. Denn da hatte er erſtlich auf dem We-
ge nach Damaſcus das groſſe Geſicht, da ihm
ein Licht vom Himmel umleuchtete, nebſt der
Stimme des HErrn zur Bekehrung, da es
hieß: Saul! Saul! was verfolgeſt du
mich! u. ſ. w. Als Paulus nach drey Jahren
nach Jeruſalem kam, hatte er daſelbſt auch ein
Geſicht, wie davon Ap. Geſ. 22, 17. u. f. ſeine
eigene Worte alſo angefuͤhret werden: Es ge-
ſchah, da ich wieder gen Jeruſalem kam,
und betete im Tempel, daß ich entzuͤcket
ward, und ſahe ihn (den HErrn.) Da
ſprach er zu mir: Eile und mache dich be-
hend von Jeruſalem hinaus. Denn ſie
werden nicht aufnehmen dein Zeugniß
von mir. u. f. Ferner, als er aus Galatien nach
Troada kam, c. 16, 9. erſchien ihm ein Geſicht bey
der Nacht, nemlich ein Mann aus Macedonia,
der ſtund und bat ihn und ſprach: Komm her-
nieder in Macedonien und hilf uns. Wel-
ches Geſichte die Offenbarung oder Uberzeugung
von dem Willen GOttes ſo gleich mit ſich gefuͤh-
ret. Daher es heißt: Als er aber das Geſicht
geſehen hatte, da trachteten wir alſobald zu rei-
ſen in Macedoniam, gewiß, daß uns der HErr
dahin berufen haͤtte, ihnen das Evangelium zu
predigen. Siehe auch v. 6. wie Paulo von
dem Heiligen Geiſte gewehret worden zu reden
das Wort in Aſia; welches auch vielleicht durch
ein gewiſſes Geſicht, oder doch beſondere Offen-
barung geſchehen iſt. Als er zu Corinthus war,
ſprach der HErr durch ein Geſicht in der Nacht
zu ihm: Fuͤrchte dich nicht, ſondern rede
und ſchweige nicht. Denn ich bin mit dir,
und niemand ſoll ſich unterſtehen dir zu
ſchaden. Denn ich habe ein groſſes Volck in
dieſer Stadt. c. 18, 9. 10. Und in der gefaͤhrlichen
Schiffahrt aus dem Juͤdiſchen Lande nach Rom
wiederfuhr ihm auch die Gnade einer beſondern
Offenbarung, davon er ſprach: Dieſe Nacht
iſt bey mir geſtanden der Engel GOttes,
deſſen ich bin, und dem ich diene, und
ſprach: Fuͤrchte dich nicht Paule, du wirſt
vor den Kaͤyſer geſtellet werden, und ſiehe,
GOtt hat dir geſchencket alle die mit dir
ſchiffen. c. 27, 23. 24.
4. Es iſt wohl vermuthlich, daß der Apo-
ſtel noch viel mehrmal der Gnade einer beſon-
dern Offenbarung gewuͤrdiget worden. Denn
da von ſeinen Leiden das wenigſte aufgezeichnet
iſt, ſo iſt dergleichen auch wol von den auſſeror-
dentlichen Gnaden-Heimſuchungen zu vermu-
then. Und welch eine tiefe Einſicht er aus der
beſondern Offenbarung GOttes in die Bege-
benheiten des Reichs GOttes auf Erden, wel-
che es ſonderlich in den letzten Zeiten haben wuͤr-
de, gehabt hat, kan man unter andern daraus
erkennen, daß er das, was dem Johanni in dem
Buch der geheimen Offenbarungen von dem An-
tichriſt, von deſſen Ankunft und Ende oder Ge-
richte, und von der Ordnung der Poſaunen
GOttes in dem letztern Periodo der Zeiten die-
ſer gegenwaͤrtigen argen Welt gegen das Ende
des erſten Seculi ausfuͤhrlich eroͤffnet worden,
aus einerley Grund goͤttlicher Entdeckung ſchon
lange vorher eingeſehen hat: wie unter andern
ſonderlich aus dem zu erkennen, was wir davon
2 Theſſ. 2. und 1 Cor. 15. leſen.
5. Von den zuvor angefuͤhrten fuͤnf Offen-
barungen iſt diejenige noch unterſchieden, welche
der Apoſtel an dieſem Orte dieſes Briefes be-
meldet, wenn er davon alſo ſchreibet:
V. 2. 3.
Jch kenne einen Menſchen in Chriſto
vor 14 Jahren, (iſt er im Leibe geweſen,
ſo weiß ichs nicht; oder iſt er auſſer dem
Leibe geweſen, ſo weiß ichs auch nicht,
GOtt weiß es derſelbe ward entzuͤcket bis
in den dritten Himmel. v. 3. Und ich ken-
ne denſelben Menſchen, ob er in dem Lei-
be, oder auſſer dem Leibe geweſen iſt, weiß
ich nicht, GOtt weiß es.
Anmerckungen.
1. Daß der Apoſtel alhier von ſich ſelbſt re-
de, zeiget der vorhergehende und nachfolgende
Context gantz deutlich an. Daß er aber von
ſich, als einer andern Perſon ſpricht, das thut er
aus Demuth, da er nicht ſo fort mit dem ich
von ſich ſelbſt heraus ruͤcken wolte. Wir fin-
den, daß auch Johannes alſo von ſich, als einer
andern Perſon, ſchreibet, denn er ſpricht c. 13,
23. 24. Es war einer unter ſeinen Juͤn-
gern, der zu Tiſche ſaß an der Bruſt JE-
ſu, welchen JEſus lieb hatte, dem win-
ckete Simon Petrus u. ſ. w. Alſo auch c. 19,
26. Da nun JEſus ſeine Mutter ſahe, und
den Juͤnger dabey ſtehen, den er lieb hat-
te u. ſ. w. Jmgleichen c. 21, 21.
2. Da nun dieſe Offenbarung zu der
Zeit, als Paulus dieſen andern Brief an die
Corinthier geſchrieben, vor 14 Jahren geſchehen
ſeyn
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