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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 5-8.
[Spaltenumbruch] Vernunft selbst sich durch das Licht des göttlichen
Worts, so wie dieses, nicht allein in buchstäbli-
cher Erkäntniß, sondern auch aus der Salbung,
oder kräftigen Wirckung, des Heiligen Geistes
in ihm angezündet wird, recht erleuchten und
heiligen läßt. Da sie denn befindet, wie die gan-
tze Christliche Religion in ihren Glaubens-Ge-
heimnissen, Heils-Gütern und Lebens-Pflich-
ten höchst weise sey: und ob gleich die Geheimnis-
se über den Begrif der Vernunft gehen, also, daß
sie von derselben nicht haben erdacht und erfun-
den werden können, sie dennoch keines weges
wider die Vernunft streiten, sondern von der Be-
schaffenheit sind, daß die Vernunft Ursache fin-
det, sich so wol über ein iedes insonderheit, als
auch über ihren gantzen so vortreflichen Zusam-
menhang ehrerbietigst zu verwundern.
6. Und also ist auch der Gehorsam Chri-
sti,
oder der Gehorsam, welchen wir ihm im
Glauben erweisen, und dadurch wir uns ihm zu
eigen ergeben, keines weges ein blinder, son-
dern ein sehr weiser, wohlgegründeter und recht
wohlgeordneter, und dazu ein höchst freyer Ge-
horsam: sintemal nicht allein der Wille dazu
aufs kräftigste geheiliget und gelencket, sondern
auch der Verstand durch die Vorstellung der Leh-
re von CHristo dergestalt überzeuget wird, daß
die Seele sich willigst an CHristum zum Gehor-
sam ergiebet.
7. Wie kräftig und nachdrücklich alle fal-
sche Höhen und Bevestungen menschlicher An-
schläge und verkehrter Vernunft-Schlüsse, wel-
che sich wider das seligmachende Erkäntniß GOt-
tes erheben, durch das Evangelium von CHristo
verstöret werden, hat Paulus selbst zuvorderst an
seinem eigenen Exempel erfahren; und daher kon-
te er auch desto gewisser und freudiger davon zeu-
gen. So ist auch alle Frucht seines Amts, so sich
in der Bekehrung so vieler tausend Menschen von
allerhand Völckern zeigete, ein unfehlbarer Be-
weis davon.
8. Sich mit seinen verkehrten Vernunfts-
Schlüssen unter den Gehorsam CHristi ge-
fangen geben,
ist, sich aus der härtesten und un-
seligsten Dienstbarkeit in die weiseste und seligste
Freyheit begeben: sintemal keine Freyheit edler
und seliger gewünschet werden kan, als die man
bey CHristo in seinem Dienste findet.
9. Auch ist dieser einer von den vornehmsten
Characteribus eines rechtschafnen Lehrers, wenn
er allen Gehorsam, den er von seinen Zuhörern
fordert, nicht auf sich, sondern auf CHristum
weiset, um von ihm allein zu dependiren. Wel-
cher CHristo geleistete Gehorsam von sich selbst
auch eine gehörige Folgsamkeit gegen den Lehrer
mit sich führet, der von der blinden Unterwerfung
unterschieden ist, wie die Tugend von der Untu-
gend.
V. 6.

Und sind bereit (mit der apostolischen
1 Cor. 4, 21. angedräueten, und wider den, der
das Aergerniß mit der Blut-Schande gegeben
hatte, vollzognen Censur) zu rächen (zu bestra-
sen) allen Ungehorsam (und Widersetzlichkeit,
welche die falschen Apostel nicht so wol wider
[Spaltenumbruch] mich, als wider CHristum selbst beweisen) wenn
euer Gehorsam erfüllet ist
(wenn ihr nur erst
von ihrer Anhänglichkeit völlig abgezogen seyd, u.
das von allen und ieden erst insonderheit kan ge-
saget werden, was ich von der gantzen Gemeine
c. 7. überhaupt bezeuget habe.)

V. 7.

Richtet ihr nach dem Ansehen? (sind
eurer etliche deßwegen auf die falschen Apostel
gefallen, weil sie sich mit ihrer gekünstelten Elo-
quen
tz und anderm falschen Schein ein Ansehen,
mich aber und mein Amt dagegen verächtlich ge-
machet und herunter gesetzet haben?) Verläs-
set sich iemand darauf, daß er CHristum
angehöre, der dencke solches auch wieder-
um bey ihm
(aph' eautou~, von sich selbst, ohne
meine Schutz-Rede,) daß, wie er CHristum
angehöret, also gehören auch wir CHri-
stum an.

Anmerckungen.

1. Es fraget sich alhier, von wem der Apo-
stel rede? Der gantze Context zeiget es an, daß
er die falschen Apostel, wie er sie c. 11, 13. nennet,
verstehe. Nun scheinet zwar dieses dagegen zu
streiten, daß er ihnen zugiebt, als gehöreten sie
CHristum an, und daß er sich mit ihnen verglei-
chet, und spricht: kathos, ou`'to, gleichwie er
CHristum angehöret,
also gehören wir (ich
und Timotheus) auch CHristum an. Allein
dagegen ist folgendes zu mercken: a. Der Apostel
gestehet ihnen nicht zu, daß sie CHristum auf-
richtig angehören, sondern er redet nur aus der
hypothesi, oder nach der falschen Meinung sol-
cher Leute. Und diese falsche Einbildung zeiget
er nicht undeutlich an mit den Worten: pepoi-
then eauto, machet das Vertrauen auf oder
bey sich selbst.
b. Paulus redet alhier mit
grosser Bescheidenheit, und will so viel sagen:
Wenn denn iemand so vermessen ist, sich ohne
Grund von CHristo zu nennen, und auf CHri-
stum sich zu berufen, der solte doch bedencken,
daß, wenn er mich auch meinem Amte nach für
nichts mehr achten wolte, als er selbst seiner Mei-
nung nach ist, er doch mich auch nicht geringer
achten, noch mich gegen sich verachten, und bey
euch verunglimpfen solte. c. Auf gleiche Art
spricht er c. 11, 23. Sie sind Diener CHristi,
ich bin wohl mehr
etc. d. Daß sie es aber kei-
nes weges gewesen, zeiget er v. 13. 14. 15- deutlich
genug an, wenn er spricht: Solche falsche A-
postel und trügliche Arbeiter verstellen
sich zu CHristi Aposteln
u. f. Oben c. 5, 12.
hat der Apostel diese Leute genannt solche, die
sich nach dem Ansehen rühmen, und nicht
nach dem Hertzen,
dagegen die Corinthier sei-
ne Unschuld zu vertreten hätten.

2. Der Character aber derer, die CHristum
angehören, ist, sein Fleisch creutzigen samt
den Lüsten und Begierden,
und also sich selbst
verläugnen Gal. 5, 24. da hingegen diese Leute
in allen Dingen sich nur selbst suchten.

V. 8.

Und so ich auch etwas weiter mich
rühmete unserer Gewalt, welche uns der

HERR
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 5-8.
[Spaltenumbruch] Vernunft ſelbſt ſich durch das Licht des goͤttlichen
Worts, ſo wie dieſes, nicht allein in buchſtaͤbli-
cher Erkaͤntniß, ſondern auch aus der Salbung,
oder kraͤftigen Wirckung, des Heiligen Geiſtes
in ihm angezuͤndet wird, recht erleuchten und
heiligen laͤßt. Da ſie denn befindet, wie die gan-
tze Chriſtliche Religion in ihren Glaubens-Ge-
heimniſſen, Heils-Guͤtern und Lebens-Pflich-
ten hoͤchſt weiſe ſey: und ob gleich die Geheimniſ-
ſe uͤber den Begrif der Vernunft gehen, alſo, daß
ſie von derſelben nicht haben erdacht und erfun-
den werden koͤnnen, ſie dennoch keines weges
wider die Vernunft ſtreiten, ſondern von der Be-
ſchaffenheit ſind, daß die Vernunft Urſache fin-
det, ſich ſo wol uͤber ein iedes inſonderheit, als
auch uͤber ihren gantzen ſo vortreflichen Zuſam-
menhang ehrerbietigſt zu verwundern.
6. Und alſo iſt auch der Gehorſam Chri-
ſti,
oder der Gehorſam, welchen wir ihm im
Glauben erweiſen, und dadurch wir uns ihm zu
eigen ergeben, keines weges ein blinder, ſon-
dern ein ſehr weiſer, wohlgegruͤndeter und recht
wohlgeordneter, und dazu ein hoͤchſt freyer Ge-
horſam: ſintemal nicht allein der Wille dazu
aufs kraͤftigſte geheiliget und gelencket, ſondern
auch der Verſtand durch die Vorſtellung der Leh-
re von CHriſto dergeſtalt uͤberzeuget wird, daß
die Seele ſich willigſt an CHriſtum zum Gehor-
ſam ergiebet.
7. Wie kraͤftig und nachdruͤcklich alle fal-
ſche Hoͤhen und Beveſtungen menſchlicher An-
ſchlaͤge und verkehrter Vernunft-Schluͤſſe, wel-
che ſich wider das ſeligmachende Erkaͤntniß GOt-
tes erheben, durch das Evangelium von CHriſto
verſtoͤret werden, hat Paulus ſelbſt zuvorderſt an
ſeinem eigenen Exempel erfahren; und daher kon-
te er auch deſto gewiſſer und freudiger davon zeu-
gen. So iſt auch alle Frucht ſeines Amts, ſo ſich
in der Bekehrung ſo vieler tauſend Menſchen von
allerhand Voͤlckern zeigete, ein unfehlbarer Be-
weis davon.
8. Sich mit ſeinen verkehrten Vernunfts-
Schluͤſſen unter den Gehorſam CHriſti ge-
fangen geben,
iſt, ſich aus der haͤrteſten und un-
ſeligſten Dienſtbarkeit in die weiſeſte und ſeligſte
Freyheit begeben: ſintemal keine Freyheit edler
und ſeliger gewuͤnſchet werden kan, als die man
bey CHriſto in ſeinem Dienſte findet.
9. Auch iſt dieſer einer von den vornehmſten
Characteribus eines rechtſchafnen Lehrers, wenn
er allen Gehorſam, den er von ſeinen Zuhoͤrern
fordert, nicht auf ſich, ſondern auf CHriſtum
weiſet, um von ihm allein zu dependiren. Wel-
cher CHriſto geleiſtete Gehorſam von ſich ſelbſt
auch eine gehoͤrige Folgſamkeit gegen den Lehrer
mit ſich fuͤhret, der von der blinden Unterwerfung
unterſchieden iſt, wie die Tugend von der Untu-
gend.
V. 6.

Und ſind bereit (mit der apoſtoliſchen
1 Cor. 4, 21. angedraͤueten, und wider den, der
das Aergerniß mit der Blut-Schande gegeben
hatte, vollzognen Cenſur) zu raͤchen (zu beſtra-
ſen) allen Ungehorſam (und Widerſetzlichkeit,
welche die falſchen Apoſtel nicht ſo wol wider
[Spaltenumbruch] mich, als wider CHriſtum ſelbſt beweiſen) wenn
euer Gehorſam erfuͤllet iſt
(wenn ihr nur erſt
von ihrer Anhaͤnglichkeit voͤllig abgezogen ſeyd, u.
das von allen und ieden erſt inſonderheit kan ge-
ſaget werden, was ich von der gantzen Gemeine
c. 7. uͤberhaupt bezeuget habe.)

V. 7.

Richtet ihr nach dem Anſehen? (ſind
eurer etliche deßwegen auf die falſchen Apoſtel
gefallen, weil ſie ſich mit ihrer gekuͤnſtelten Elo-
quen
tz und anderm falſchen Schein ein Anſehen,
mich aber und mein Amt dagegen veraͤchtlich ge-
machet und herunter geſetzet haben?) Verlaͤſ-
ſet ſich iemand darauf, daß er CHriſtum
angehoͤre, der dencke ſolches auch wieder-
um bey ihm
(ἀφ᾽ ἑαυτου῀, von ſich ſelbſt, ohne
meine Schutz-Rede,) daß, wie er CHriſtum
angehoͤret, alſo gehoͤren auch wir CHri-
ſtum an.

Anmerckungen.

1. Es fraget ſich alhier, von wem der Apo-
ſtel rede? Der gantze Context zeiget es an, daß
er die falſchen Apoſtel, wie er ſie c. 11, 13. nennet,
verſtehe. Nun ſcheinet zwar dieſes dagegen zu
ſtreiten, daß er ihnen zugiebt, als gehoͤreten ſie
CHriſtum an, und daß er ſich mit ihnen verglei-
chet, und ſpricht: καϑὼς, ου῞τω, gleichwie er
CHriſtum angehoͤret,
alſo gehoͤren wir (ich
und Timotheus) auch CHriſtum an. Allein
dagegen iſt folgendes zu mercken: a. Der Apoſtel
geſtehet ihnen nicht zu, daß ſie CHriſtum auf-
richtig angehoͤren, ſondern er redet nur aus der
hypotheſi, oder nach der falſchen Meinung ſol-
cher Leute. Und dieſe falſche Einbildung zeiget
er nicht undeutlich an mit den Worten: πέποι-
ϑεν ἑαυτῷ, machet das Vertrauen auf oder
bey ſich ſelbſt.
b. Paulus redet alhier mit
groſſer Beſcheidenheit, und will ſo viel ſagen:
Wenn denn iemand ſo vermeſſen iſt, ſich ohne
Grund von CHriſto zu nennen, und auf CHri-
ſtum ſich zu berufen, der ſolte doch bedencken,
daß, wenn er mich auch meinem Amte nach fuͤr
nichts mehr achten wolte, als er ſelbſt ſeiner Mei-
nung nach iſt, er doch mich auch nicht geringer
achten, noch mich gegen ſich verachten, und bey
euch verunglimpfen ſolte. c. Auf gleiche Art
ſpricht er c. 11, 23. Sie ſind Diener CHriſti,
ich bin wohl mehr
ꝛc. d. Daß ſie es aber kei-
nes weges geweſen, zeiget er v. 13. 14. 15- deutlich
genug an, wenn er ſpricht: Solche falſche A-
poſtel und truͤgliche Arbeiter verſtellen
ſich zu CHriſti Apoſteln
u. f. Oben c. 5, 12.
hat der Apoſtel dieſe Leute genannt ſolche, die
ſich nach dem Anſehen ruͤhmen, und nicht
nach dem Hertzen,
dagegen die Corinthier ſei-
ne Unſchuld zu vertreten haͤtten.

2. Der Character aber derer, die CHriſtum
angehoͤren, iſt, ſein Fleiſch creutzigen ſamt
den Luͤſten und Begierden,
und alſo ſich ſelbſt
verlaͤugnen Gal. 5, 24. da hingegen dieſe Leute
in allen Dingen ſich nur ſelbſt ſuchten.

V. 8.

Und ſo ich auch etwas weiter mich
ruͤhmete unſerer Gewalt, welche uns der

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[436/0464] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 5-8. Vernunft ſelbſt ſich durch das Licht des goͤttlichen Worts, ſo wie dieſes, nicht allein in buchſtaͤbli- cher Erkaͤntniß, ſondern auch aus der Salbung, oder kraͤftigen Wirckung, des Heiligen Geiſtes in ihm angezuͤndet wird, recht erleuchten und heiligen laͤßt. Da ſie denn befindet, wie die gan- tze Chriſtliche Religion in ihren Glaubens-Ge- heimniſſen, Heils-Guͤtern und Lebens-Pflich- ten hoͤchſt weiſe ſey: und ob gleich die Geheimniſ- ſe uͤber den Begrif der Vernunft gehen, alſo, daß ſie von derſelben nicht haben erdacht und erfun- den werden koͤnnen, ſie dennoch keines weges wider die Vernunft ſtreiten, ſondern von der Be- ſchaffenheit ſind, daß die Vernunft Urſache fin- det, ſich ſo wol uͤber ein iedes inſonderheit, als auch uͤber ihren gantzen ſo vortreflichen Zuſam- menhang ehrerbietigſt zu verwundern. 6. Und alſo iſt auch der Gehorſam Chri- ſti, oder der Gehorſam, welchen wir ihm im Glauben erweiſen, und dadurch wir uns ihm zu eigen ergeben, keines weges ein blinder, ſon- dern ein ſehr weiſer, wohlgegruͤndeter und recht wohlgeordneter, und dazu ein hoͤchſt freyer Ge- horſam: ſintemal nicht allein der Wille dazu aufs kraͤftigſte geheiliget und gelencket, ſondern auch der Verſtand durch die Vorſtellung der Leh- re von CHriſto dergeſtalt uͤberzeuget wird, daß die Seele ſich willigſt an CHriſtum zum Gehor- ſam ergiebet. 7. Wie kraͤftig und nachdruͤcklich alle fal- ſche Hoͤhen und Beveſtungen menſchlicher An- ſchlaͤge und verkehrter Vernunft-Schluͤſſe, wel- che ſich wider das ſeligmachende Erkaͤntniß GOt- tes erheben, durch das Evangelium von CHriſto verſtoͤret werden, hat Paulus ſelbſt zuvorderſt an ſeinem eigenen Exempel erfahren; und daher kon- te er auch deſto gewiſſer und freudiger davon zeu- gen. So iſt auch alle Frucht ſeines Amts, ſo ſich in der Bekehrung ſo vieler tauſend Menſchen von allerhand Voͤlckern zeigete, ein unfehlbarer Be- weis davon. 8. Sich mit ſeinen verkehrten Vernunfts- Schluͤſſen unter den Gehorſam CHriſti ge- fangen geben, iſt, ſich aus der haͤrteſten und un- ſeligſten Dienſtbarkeit in die weiſeſte und ſeligſte Freyheit begeben: ſintemal keine Freyheit edler und ſeliger gewuͤnſchet werden kan, als die man bey CHriſto in ſeinem Dienſte findet. 9. Auch iſt dieſer einer von den vornehmſten Characteribus eines rechtſchafnen Lehrers, wenn er allen Gehorſam, den er von ſeinen Zuhoͤrern fordert, nicht auf ſich, ſondern auf CHriſtum weiſet, um von ihm allein zu dependiren. Wel- cher CHriſto geleiſtete Gehorſam von ſich ſelbſt auch eine gehoͤrige Folgſamkeit gegen den Lehrer mit ſich fuͤhret, der von der blinden Unterwerfung unterſchieden iſt, wie die Tugend von der Untu- gend. V. 6. Und ſind bereit (mit der apoſtoliſchen 1 Cor. 4, 21. angedraͤueten, und wider den, der das Aergerniß mit der Blut-Schande gegeben hatte, vollzognen Cenſur) zu raͤchen (zu beſtra- ſen) allen Ungehorſam (und Widerſetzlichkeit, welche die falſchen Apoſtel nicht ſo wol wider mich, als wider CHriſtum ſelbſt beweiſen) wenn euer Gehorſam erfuͤllet iſt (wenn ihr nur erſt von ihrer Anhaͤnglichkeit voͤllig abgezogen ſeyd, u. das von allen und ieden erſt inſonderheit kan ge- ſaget werden, was ich von der gantzen Gemeine c. 7. uͤberhaupt bezeuget habe.) V. 7. Richtet ihr nach dem Anſehen? (ſind eurer etliche deßwegen auf die falſchen Apoſtel gefallen, weil ſie ſich mit ihrer gekuͤnſtelten Elo- quentz und anderm falſchen Schein ein Anſehen, mich aber und mein Amt dagegen veraͤchtlich ge- machet und herunter geſetzet haben?) Verlaͤſ- ſet ſich iemand darauf, daß er CHriſtum angehoͤre, der dencke ſolches auch wieder- um bey ihm (ἀφ᾽ ἑαυτου῀, von ſich ſelbſt, ohne meine Schutz-Rede,) daß, wie er CHriſtum angehoͤret, alſo gehoͤren auch wir CHri- ſtum an. Anmerckungen. 1. Es fraget ſich alhier, von wem der Apo- ſtel rede? Der gantze Context zeiget es an, daß er die falſchen Apoſtel, wie er ſie c. 11, 13. nennet, verſtehe. Nun ſcheinet zwar dieſes dagegen zu ſtreiten, daß er ihnen zugiebt, als gehoͤreten ſie CHriſtum an, und daß er ſich mit ihnen verglei- chet, und ſpricht: καϑὼς, ου῞τω, gleichwie er CHriſtum angehoͤret, alſo gehoͤren wir (ich und Timotheus) auch CHriſtum an. Allein dagegen iſt folgendes zu mercken: a. Der Apoſtel geſtehet ihnen nicht zu, daß ſie CHriſtum auf- richtig angehoͤren, ſondern er redet nur aus der hypotheſi, oder nach der falſchen Meinung ſol- cher Leute. Und dieſe falſche Einbildung zeiget er nicht undeutlich an mit den Worten: πέποι- ϑεν ἑαυτῷ, machet das Vertrauen auf oder bey ſich ſelbſt. b. Paulus redet alhier mit groſſer Beſcheidenheit, und will ſo viel ſagen: Wenn denn iemand ſo vermeſſen iſt, ſich ohne Grund von CHriſto zu nennen, und auf CHri- ſtum ſich zu berufen, der ſolte doch bedencken, daß, wenn er mich auch meinem Amte nach fuͤr nichts mehr achten wolte, als er ſelbſt ſeiner Mei- nung nach iſt, er doch mich auch nicht geringer achten, noch mich gegen ſich verachten, und bey euch verunglimpfen ſolte. c. Auf gleiche Art ſpricht er c. 11, 23. Sie ſind Diener CHriſti, ich bin wohl mehr ꝛc. d. Daß ſie es aber kei- nes weges geweſen, zeiget er v. 13. 14. 15- deutlich genug an, wenn er ſpricht: Solche falſche A- poſtel und truͤgliche Arbeiter verſtellen ſich zu CHriſti Apoſteln u. f. Oben c. 5, 12. hat der Apoſtel dieſe Leute genannt ſolche, die ſich nach dem Anſehen ruͤhmen, und nicht nach dem Hertzen, dagegen die Corinthier ſei- ne Unſchuld zu vertreten haͤtten. 2. Der Character aber derer, die CHriſtum angehoͤren, iſt, ſein Fleiſch creutzigen ſamt den Luͤſten und Begierden, und alſo ſich ſelbſt verlaͤugnen Gal. 5, 24. da hingegen dieſe Leute in allen Dingen ſich nur ſelbſt ſuchten. V. 8. Und ſo ich auch etwas weiter mich ruͤhmete unſerer Gewalt, welche uns der HERR

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/464>, abgerufen am 24.11.2024.