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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Historische und Exegetische Einleitung
[Spaltenumbruch] lonicher und an die Corinthier zween, zusam-
men 4 Briefe geschrieben, war zum andern mal
nach Corinthus gekommen, und stunde im Be-
griff die Beysteuer nach Jerusalem zu bringen,
und von da nach Rom zu gehen. Act. 16. 17. 18.
19. seqq.
Und also war der Brief vier Jahre
vorher geschrieben, ehe der Apostel nach Rom
gekommen.

§. IV. Die Veranlassung zu diesem
Briefe ist mehr als einfach gewesen.

1. Paulus hatte von der Gemeine zu Rom so
viel gutes gehöret, und das hatte ihn zum
sonderbaren Verlangen entzündet, sie zu be-
suchen. Weil er aber daran eine Zeit nach der
andern verhindert wurde, so schrieb er indessen
diesen Brief, um sich damit zum voraus ei-
nen gesegneten Eingang bey ihnen zu machen.
c. 1, 8. 9. 13. 15, 22. seqq. Zumal da eine
christliche Matrone, Namens Phöbe, ge-
wisser Geschäfte wegen nach Rom reisete,
und der Brief durch sie richtig bestellet werden
konte; sie auch in jenen der Römer Beyhül-
fe bedurfte, und daher ihnen zu recommendi-
ren war. c. 16, 1. 2.
2. Demnach die Juden wider die Christen zu
Rom viel Unruhe erreget hatten, und sie mit
ihnen von dannen auf eine kurtze Zeit waren
vertrieben worden, die Römer aber daher von
den Christen, als einer neuen Jüdischen Se-
cte, bösen Argwohn gefasset haben mochten,
als wäre ihre Religion dem Staat zuwi-
der;
und Paulus dieses etwa von Aquila und
Priscilla vernommen hatte, Act. 18, 1. 2. so
veranlasset ihn auch dieses mit an sie zu schrei-
ben, nebst der Lehre aber von der Obrigkeit,
die daraus derselben schon kund werden wür-
de, ihnen überhaupt eine ausführlichere
Vorstellung von dem Christlichen Glauben
und Leben zu thun.
3. So mochte Paulus auch von den gedachten
Personen, und noch sonst gehöret haben, wel-
cher gestalt eine grosse Mißhelligkeit in der
Gemeine zu Rom zwischen denen aus den
Juden und Heyden zu CHristo bekehrten,
auch sonst zwischen den Stärckern und Schwä-
chern über dem Gebrauch der Christlichen
Freyheit
in Beybehaltung, oder Hindanse-
tzung der Jüdischen Ceremonien entstanden.
Daher hat ihm dieses wol die meiste Veran-
lassung zu diesem Briefe gegeben; wie man
siehet aus dem gantzen 14ten Capitel, auch
aus dem 15ten v. 1. seqq. zumal da manche
aus den bekehrten Juden die Evangelische
Haupt-Wahrheit von der Rechtfertigung ei-
nes Sünders vor GOTT durch CHristum
noch nicht recht einsahen, und eben daher noch
in dem Jrrthum von der Christlichen Frey-
heit stunden, sich auch wol weder in der Ju-
den Verwerfung
noch in der Heyden An-
nehmung,
ihrer alten Vorurtheile wegen,
recht zu finden wusten: Daher der Apostel
Gelegenheit genommen zu der c. 9. 10. 11.
abgehandelten Materie, und folglich auch
zur Schreibung des gantzen Briefes. Und
weil Rom der Haupt-Ort unter den Heyden
war, und dazumal, wie zum theil auch noch
[Spaltenumbruch] ietzo, fast einen Auszug von allen Nationen
in der Welt hatte, so nimmt Paulus daher
Gelegenheit, c. 3. vom grossen Verfall des
Heydenthums, auch zugleich des Judenthums,
zu handeln. Und da unter denen, die von
beyden eine Kundschaft von der Christlichen
Religion einzuziehen sich bemühet haben moch-
ten, einige Spötter, wie auch Cap. 3, 5.
seqq. 6, 1. zu ersehen, sich gefunden, und
Paulus davon gehöret, so gehet er auch de-
nen entgegen.
4. So hatte Paulus auch gehöret, daß sich zu
Rom einige Jrrgeister gefunden, welche
nur Zertrennung und Aergernisse anrichteten,
nebst der reinen Lehre, die sie empfangen
hatten; und die da zugleich ihrem Bauche
dieneten
und durch süsse und prächtige Re-
den die unschuldigen Seelen verführten. c.
16, 17. 18. Wider diese warnet er demnach
und ermahnet die Römer, daß sie von ihnen
weichen solten, und da ihre Verleitung wol
am meisten in der Verfälschung der Christli-
chen Haupt-Lehren von der Erlösung Chri-
sti,
von der Rechtfertigung, Heiligung
und Christlichen Freyheit bestanden; so war
auch dieses eine Ursache, an die Römer zu
schreiben, und den Brief also einzurichten,
daß die Schwächern und geärgerten in ge-
dachten Lehr-Puncten recht unterrichtet, und
die Stärckern noch mehr bevestiget werden
könten.

§. V. Der Jnnhalt des Briefes ist nun
aus dieser vielfachen Veranlassung leichtlich zu
erkennen, dabey auch schon angezeiget: nem-
lich Paulus setzet den gedachten Jrrungen und
Anstössen die denselben abhelfende Lehre und Er-
mahnung entgegen, also daß er nach dem ge-
zeigten Verderben, worinnen Heyden und Ju-
den von Ratur, auch durch den Mißbrauch des
natürlichen und geoffenbarten Gesetzes liegen,
sie auf die Erlösung Christi und der durch den
Glauben daher zu erlangenden Gerechtigkeit
führet, und darthut, wie sich dieselbe in der
Heiligung hervorthue; auch was für ein gros-
ser Unterscheid sey zwischen dem Zustande unter
dem Gesetze und unter der Gnade: und wie die
Jüden an ihrer Verwerfung selbst Schuld wä-
ren, auch dermaleins würden wieder zum Glau-
ben gelangen und wieder angenommen werden.
Darauf er denn in dem vom 12ten Capitel an-
gehenden andern Theil des Briefes allerhand
Pflichten des thätigen Christenthums ein-
schärfet, sonderlich die von der Unterthänigkeit
gegen die Obrigkeit, und vom guten Ver-
ständniß unter einander in dem rechten Gebrauch
der Christlichen Freyheit: im übrigen den
Römern gewisse Hoffnung machet von seiner Zu-
kunft, vor verführischen Geistern warnet, und
den Brief sonderlich mit vielen Grüssen und ei-
nem Segens-Wunsche beschließt.

§. VI. Die vornehmsten Materien,
welche vor andern in diesem Briefe ihren rech-
ten Sitz haben, sind nun aus diesem nach ange-
führter vielfachen Veranlassung eingerichteten
Jnnhalt leichtlich zu erkennen: nemlich folgen-
de:

1. Die

Hiſtoriſche und Exegetiſche Einleitung
[Spaltenumbruch] lonicher und an die Corinthier zween, zuſam-
men 4 Briefe geſchrieben, war zum andern mal
nach Corinthus gekommen, und ſtunde im Be-
griff die Beyſteuer nach Jeruſalem zu bringen,
und von da nach Rom zu gehen. Act. 16. 17. 18.
19. ſeqq.
Und alſo war der Brief vier Jahre
vorher geſchrieben, ehe der Apoſtel nach Rom
gekommen.

§. IV. Die Veranlaſſung zu dieſem
Briefe iſt mehr als einfach geweſen.

1. Paulus hatte von der Gemeine zu Rom ſo
viel gutes gehoͤret, und das hatte ihn zum
ſonderbaren Verlangen entzuͤndet, ſie zu be-
ſuchen. Weil er aber daran eine Zeit nach der
andern verhindert wurde, ſo ſchrieb er indeſſen
dieſen Brief, um ſich damit zum voraus ei-
nen geſegneten Eingang bey ihnen zu machen.
c. 1, 8. 9. 13. 15, 22. ſeqq. Zumal da eine
chriſtliche Matrone, Namens Phoͤbe, ge-
wiſſer Geſchaͤfte wegen nach Rom reiſete,
und der Brief durch ſie richtig beſtellet werden
konte; ſie auch in jenen der Roͤmer Beyhuͤl-
fe bedurfte, und daher ihnen zu recommendi-
ren war. c. 16, 1. 2.
2. Demnach die Juden wider die Chriſten zu
Rom viel Unruhe erreget hatten, und ſie mit
ihnen von dannen auf eine kurtze Zeit waren
vertrieben worden, die Roͤmer aber daher von
den Chriſten, als einer neuen Juͤdiſchen Se-
cte, boͤſen Argwohn gefaſſet haben mochten,
als waͤre ihre Religion dem Staat zuwi-
der;
und Paulus dieſes etwa von Aquila und
Priſcilla vernommen hatte, Act. 18, 1. 2. ſo
veranlaſſet ihn auch dieſes mit an ſie zu ſchrei-
ben, nebſt der Lehre aber von der Obrigkeit,
die daraus derſelben ſchon kund werden wuͤr-
de, ihnen uͤberhaupt eine ausfuͤhrlichere
Vorſtellung von dem Chriſtlichen Glauben
und Leben zu thun.
3. So mochte Paulus auch von den gedachten
Perſonen, und noch ſonſt gehoͤret haben, wel-
cher geſtalt eine groſſe Mißhelligkeit in der
Gemeine zu Rom zwiſchen denen aus den
Juden und Heyden zu CHriſto bekehrten,
auch ſonſt zwiſchen den Staͤrckern und Schwaͤ-
chern uͤber dem Gebrauch der Chriſtlichen
Freyheit
in Beybehaltung, oder Hindanſe-
tzung der Juͤdiſchen Ceremonien entſtanden.
Daher hat ihm dieſes wol die meiſte Veran-
laſſung zu dieſem Briefe gegeben; wie man
ſiehet aus dem gantzen 14ten Capitel, auch
aus dem 15ten v. 1. ſeqq. zumal da manche
aus den bekehrten Juden die Evangeliſche
Haupt-Wahrheit von der Rechtfertigung ei-
nes Suͤnders vor GOTT durch CHriſtum
noch nicht recht einſahen, und eben daher noch
in dem Jrrthum von der Chriſtlichen Frey-
heit ſtunden, ſich auch wol weder in der Ju-
den Verwerfung
noch in der Heyden An-
nehmung,
ihrer alten Vorurtheile wegen,
recht zu finden wuſten: Daher der Apoſtel
Gelegenheit genommen zu der c. 9. 10. 11.
abgehandelten Materie, und folglich auch
zur Schreibung des gantzen Briefes. Und
weil Rom der Haupt-Ort unter den Heyden
war, und dazumal, wie zum theil auch noch
[Spaltenumbruch] ietzo, faſt einen Auszug von allen Nationen
in der Welt hatte, ſo nimmt Paulus daher
Gelegenheit, c. 3. vom groſſen Verfall des
Heydenthums, auch zugleich des Judenthums,
zu handeln. Und da unter denen, die von
beyden eine Kundſchaft von der Chriſtlichen
Religion einzuziehen ſich bemuͤhet haben moch-
ten, einige Spoͤtter, wie auch Cap. 3, 5.
ſeqq. 6, 1. zu erſehen, ſich gefunden, und
Paulus davon gehoͤret, ſo gehet er auch de-
nen entgegen.
4. So hatte Paulus auch gehoͤret, daß ſich zu
Rom einige Jrrgeiſter gefunden, welche
nur Zertrennung und Aergerniſſe anrichteten,
nebſt der reinen Lehre, die ſie empfangen
hatten; und die da zugleich ihrem Bauche
dieneten
und durch ſuͤſſe und praͤchtige Re-
den die unſchuldigen Seelen verfuͤhrten. c.
16, 17. 18. Wider dieſe warnet er demnach
und ermahnet die Roͤmer, daß ſie von ihnen
weichen ſolten, und da ihre Verleitung wol
am meiſten in der Verfaͤlſchung der Chriſtli-
chen Haupt-Lehren von der Erloͤſung Chri-
ſti,
von der Rechtfertigung, Heiligung
und Chriſtlichen Freyheit beſtanden; ſo war
auch dieſes eine Urſache, an die Roͤmer zu
ſchreiben, und den Brief alſo einzurichten,
daß die Schwaͤchern und geaͤrgerten in ge-
dachten Lehr-Puncten recht unterrichtet, und
die Staͤrckern noch mehr beveſtiget werden
koͤnten.

§. V. Der Jnnhalt des Briefes iſt nun
aus dieſer vielfachen Veranlaſſung leichtlich zu
erkennen, dabey auch ſchon angezeiget: nem-
lich Paulus ſetzet den gedachten Jrrungen und
Anſtoͤſſen die denſelben abhelfende Lehre und Er-
mahnung entgegen, alſo daß er nach dem ge-
zeigten Verderben, worinnen Heyden und Ju-
den von Ratur, auch durch den Mißbrauch des
natuͤrlichen und geoffenbarten Geſetzes liegen,
ſie auf die Erloͤſung Chriſti und der durch den
Glauben daher zu erlangenden Gerechtigkeit
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Heiligung hervorthue; auch was fuͤr ein groſ-
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dem Geſetze und unter der Gnade: und wie die
Juͤden an ihrer Verwerfung ſelbſt Schuld waͤ-
ren, auch dermaleins wuͤrden wieder zum Glau-
ben gelangen und wieder angenommen werden.
Darauf er denn in dem vom 12ten Capitel an-
gehenden andern Theil des Briefes allerhand
Pflichten des thaͤtigen Chriſtenthums ein-
ſchaͤrfet, ſonderlich die von der Unterthaͤnigkeit
gegen die Obrigkeit, und vom guten Ver-
ſtaͤndniß unter einander in dem rechten Gebrauch
der Chriſtlichen Freyheit: im uͤbrigen den
Roͤmern gewiſſe Hoffnung machet von ſeiner Zu-
kunft, vor verfuͤhriſchen Geiſtern warnet, und
den Brief ſonderlich mit vielen Gruͤſſen und ei-
nem Segens-Wunſche beſchließt.

§. VI. Die vornehmſten Materien,
welche vor andern in dieſem Briefe ihren rech-
ten Sitz haben, ſind nun aus dieſem nach ange-
fuͤhrter vielfachen Veranlaſſung eingerichteten
Jnnhalt leichtlich zu erkennen: nemlich folgen-
de:

1. Die
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[18/0046] Hiſtoriſche und Exegetiſche Einleitung lonicher und an die Corinthier zween, zuſam- men 4 Briefe geſchrieben, war zum andern mal nach Corinthus gekommen, und ſtunde im Be- griff die Beyſteuer nach Jeruſalem zu bringen, und von da nach Rom zu gehen. Act. 16. 17. 18. 19. ſeqq. Und alſo war der Brief vier Jahre vorher geſchrieben, ehe der Apoſtel nach Rom gekommen. §. IV. Die Veranlaſſung zu dieſem Briefe iſt mehr als einfach geweſen. 1. Paulus hatte von der Gemeine zu Rom ſo viel gutes gehoͤret, und das hatte ihn zum ſonderbaren Verlangen entzuͤndet, ſie zu be- ſuchen. Weil er aber daran eine Zeit nach der andern verhindert wurde, ſo ſchrieb er indeſſen dieſen Brief, um ſich damit zum voraus ei- nen geſegneten Eingang bey ihnen zu machen. c. 1, 8. 9. 13. 15, 22. ſeqq. Zumal da eine chriſtliche Matrone, Namens Phoͤbe, ge- wiſſer Geſchaͤfte wegen nach Rom reiſete, und der Brief durch ſie richtig beſtellet werden konte; ſie auch in jenen der Roͤmer Beyhuͤl- fe bedurfte, und daher ihnen zu recommendi- ren war. c. 16, 1. 2. 2. Demnach die Juden wider die Chriſten zu Rom viel Unruhe erreget hatten, und ſie mit ihnen von dannen auf eine kurtze Zeit waren vertrieben worden, die Roͤmer aber daher von den Chriſten, als einer neuen Juͤdiſchen Se- cte, boͤſen Argwohn gefaſſet haben mochten, als waͤre ihre Religion dem Staat zuwi- der; und Paulus dieſes etwa von Aquila und Priſcilla vernommen hatte, Act. 18, 1. 2. ſo veranlaſſet ihn auch dieſes mit an ſie zu ſchrei- ben, nebſt der Lehre aber von der Obrigkeit, die daraus derſelben ſchon kund werden wuͤr- de, ihnen uͤberhaupt eine ausfuͤhrlichere Vorſtellung von dem Chriſtlichen Glauben und Leben zu thun. 3. So mochte Paulus auch von den gedachten Perſonen, und noch ſonſt gehoͤret haben, wel- cher geſtalt eine groſſe Mißhelligkeit in der Gemeine zu Rom zwiſchen denen aus den Juden und Heyden zu CHriſto bekehrten, auch ſonſt zwiſchen den Staͤrckern und Schwaͤ- chern uͤber dem Gebrauch der Chriſtlichen Freyheit in Beybehaltung, oder Hindanſe- tzung der Juͤdiſchen Ceremonien entſtanden. Daher hat ihm dieſes wol die meiſte Veran- laſſung zu dieſem Briefe gegeben; wie man ſiehet aus dem gantzen 14ten Capitel, auch aus dem 15ten v. 1. ſeqq. zumal da manche aus den bekehrten Juden die Evangeliſche Haupt-Wahrheit von der Rechtfertigung ei- nes Suͤnders vor GOTT durch CHriſtum noch nicht recht einſahen, und eben daher noch in dem Jrrthum von der Chriſtlichen Frey- heit ſtunden, ſich auch wol weder in der Ju- den Verwerfung noch in der Heyden An- nehmung, ihrer alten Vorurtheile wegen, recht zu finden wuſten: Daher der Apoſtel Gelegenheit genommen zu der c. 9. 10. 11. abgehandelten Materie, und folglich auch zur Schreibung des gantzen Briefes. Und weil Rom der Haupt-Ort unter den Heyden war, und dazumal, wie zum theil auch noch ietzo, faſt einen Auszug von allen Nationen in der Welt hatte, ſo nimmt Paulus daher Gelegenheit, c. 3. vom groſſen Verfall des Heydenthums, auch zugleich des Judenthums, zu handeln. Und da unter denen, die von beyden eine Kundſchaft von der Chriſtlichen Religion einzuziehen ſich bemuͤhet haben moch- ten, einige Spoͤtter, wie auch Cap. 3, 5. ſeqq. 6, 1. zu erſehen, ſich gefunden, und Paulus davon gehoͤret, ſo gehet er auch de- nen entgegen. 4. So hatte Paulus auch gehoͤret, daß ſich zu Rom einige Jrrgeiſter gefunden, welche nur Zertrennung und Aergerniſſe anrichteten, nebſt der reinen Lehre, die ſie empfangen hatten; und die da zugleich ihrem Bauche dieneten und durch ſuͤſſe und praͤchtige Re- den die unſchuldigen Seelen verfuͤhrten. c. 16, 17. 18. Wider dieſe warnet er demnach und ermahnet die Roͤmer, daß ſie von ihnen weichen ſolten, und da ihre Verleitung wol am meiſten in der Verfaͤlſchung der Chriſtli- chen Haupt-Lehren von der Erloͤſung Chri- ſti, von der Rechtfertigung, Heiligung und Chriſtlichen Freyheit beſtanden; ſo war auch dieſes eine Urſache, an die Roͤmer zu ſchreiben, und den Brief alſo einzurichten, daß die Schwaͤchern und geaͤrgerten in ge- dachten Lehr-Puncten recht unterrichtet, und die Staͤrckern noch mehr beveſtiget werden koͤnten. §. V. Der Jnnhalt des Briefes iſt nun aus dieſer vielfachen Veranlaſſung leichtlich zu erkennen, dabey auch ſchon angezeiget: nem- lich Paulus ſetzet den gedachten Jrrungen und Anſtoͤſſen die denſelben abhelfende Lehre und Er- mahnung entgegen, alſo daß er nach dem ge- zeigten Verderben, worinnen Heyden und Ju- den von Ratur, auch durch den Mißbrauch des natuͤrlichen und geoffenbarten Geſetzes liegen, ſie auf die Erloͤſung Chriſti und der durch den Glauben daher zu erlangenden Gerechtigkeit fuͤhret, und darthut, wie ſich dieſelbe in der Heiligung hervorthue; auch was fuͤr ein groſ- ſer Unterſcheid ſey zwiſchen dem Zuſtande unter dem Geſetze und unter der Gnade: und wie die Juͤden an ihrer Verwerfung ſelbſt Schuld waͤ- ren, auch dermaleins wuͤrden wieder zum Glau- ben gelangen und wieder angenommen werden. Darauf er denn in dem vom 12ten Capitel an- gehenden andern Theil des Briefes allerhand Pflichten des thaͤtigen Chriſtenthums ein- ſchaͤrfet, ſonderlich die von der Unterthaͤnigkeit gegen die Obrigkeit, und vom guten Ver- ſtaͤndniß unter einander in dem rechten Gebrauch der Chriſtlichen Freyheit: im uͤbrigen den Roͤmern gewiſſe Hoffnung machet von ſeiner Zu- kunft, vor verfuͤhriſchen Geiſtern warnet, und den Brief ſonderlich mit vielen Gruͤſſen und ei- nem Segens-Wunſche beſchließt. §. VI. Die vornehmſten Materien, welche vor andern in dieſem Briefe ihren rech- ten Sitz haben, ſind nun aus dieſem nach ange- fuͤhrter vielfachen Veranlaſſung eingerichteten Jnnhalt leichtlich zu erkennen: nemlich folgen- de: 1. Die

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/46>, abgerufen am 29.03.2024.