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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 15, v. 8-10.
[Spaltenumbruch] 15, 40. welcher ein Schwester Sohn der Jung-
frauen Marien war, und daher ein Bruder
des HErrn
genennet wird. Gal. 1, 10. Die-
ser stunde sonderlich der Kirche zu Jerusalem vor
Apost. Gesch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. u. f. Gal.
1, 19. 2, 9. Und dieser ist es, von dem wir die
Epistel haben.
2. Welchem aber von den beyden die Er-
scheinung Christi, welche die neunte in der
Ordnung gewesen, besonders wiederfahren,
das läßt sich nicht sagen: sintemal die Evange-
listen derselben nicht gedencken; damals muß es
aus der glaubwürdigen Erzehlung Jacobi be-
kannt genug gewesen seyn. Jsts der erste, so
mag ihm unser Heiland vielleicht seinen vor an-
dern zuerst bevorstehenden Tod mit einer Auf-
munterung angekündiget haben. Jst es aber
der letzte, so kan es seyn, daß er ihm die Aufsicht
über die Jerusalemsche Kirche besonders aufge-
tragen, und daneben geoffenbaret hat, wie es
daselbst mit der Jüdischen Kirche bald nach sei-
nem Tode, als der zur Zeit des Landpflegers
Albini kurtz vor der Verstörung, nach Josephi
und Eusebii Zeugniß, erfolget ist, für ein er-
schreckliches Ende nehmen würde.
3. Die zehnte und letzte Erscheinung ist
denn endlich diese, welcher Paulus alhier geden-
cket, und davon auch zeuget Marcus c. 16, 14.
sqq. da denn gar wohl seyn kan, daß der HErr,
nach dem Zeugnisse Marci, erst zu Jerusalem mit
seinen Jüngern zu Tische gesessen, und die schon
in Galiläa gegebene Instruction: gehet hin etc.
wiederholet hat: darauf er sie denn mit der
Gabe Wunder zu thun aufs neue ausgerüstet,
sie hinaus nach Bethanien geführet, ihnen die
Verheissung gegeben von der nechst zu empfan-
genden Wunder-vollen Salbung des H. Gei-
stes, ihnen auch mit Auflegung der Hände den
hohenpriesterlichen Segen ertheilet, und vor ih-
ren Augen sichtbar gen Himmel gefahren. Luc. 24,
49. sqq. Act. 1, 4.
V. 8.

Am letzten nach allen ist er auch von
mir, als einer unzeitigen Geburt, gesehen
worden.

Anmerckungen.

1. An einer unzeitigen Geburt findet
man diese Eigenschaften, daß sie gantz ausseror-
dentlich, früh, unvermuthet, und als unreif,
gemeiniglich auch todt, ans Licht kommt. Und
damit vergleichet sich der Apostel in Ansehung
dessen, daß er nicht vorher, ehe er zum Apostel-
Amt bestellet worden, wie die andern Apostel
dazu erst in der Schul und Disciplin Christi zu-
bereitet worden; als welche erstlich nur zu Jün-
gern, und aus Jüngern, derer der HErr 70
hatte, zu Aposteln berufen sind. Er hingegen
kam dazu gantz unvermuthet, als eine von der
Jüdischen Christum verfolgenden Synagoge
gekommene noch ungestalte und todte Frucht.
Wie ihn denn der HErr auf dem Wege nach
Damascus, als er ihn gantz ausserordentlicher
Weise von seiner Jüdischen Mutter, oder Kir-
che, brachte, als einen geistlich Todten, und
[Spaltenumbruch] dazu bisher gleichsam recht grimmigen Bären
und Löwen fand.

2. Gleichwie nun dieses der Apostel zu sei-
ner Demüthigung selbst anführet: also geden-
cket er doch dabey auch nicht weniger der grossen
und ausserordentlichen Gnade, welche ihm zur
Bekehrung und Berufung wiederfahren war.
Denn da es die Eigenschaft eines Apostels war,
von Christo selbst unmittelbar berufen zu
seyn,
so konte er dieses auch mit aller Wahrheit
von sich sagen, daß auch ihm der HErr erschie-
nen, zwar dazumal noch als einem geistlich
todten, aber doch mit solcher Gnaden-Kraft,
daß er ihn zum geistlichen Leben gebracht, und
nach seinem Sinne gebildet, und auf einmal,
wie zu seinem Schafe, also auch zugleich zum
Hirten der Schafe, ja zum Aufseher der Hirten
gemachet habe.

V. 9.

Denn ich bin (in Ansehung dessen, daß ich
so spät, so unbereitet und bey meinem so feindse-
ligen Sinne, unwürdig dazu gekommen) der
geringste unter den Aposteln, als der ich
nicht werth bin, daß ich ein Apostel heisse,
darum, daß ich die Gemeine GOttes ver-
folget habe.
(Welches Lucas erzehlet Apost.
Gesch. 8, 3. 9, 1. sqq. und Paulus selbst mit
sonderlicher Wehmuth mehrmal anführet; als
Ap. Gesch. 22, 4. sqq. 26, 9. sq. Gal. 1, 13.
1 Tim. 1, 13. dahin auch gehöret, wenn er Eph.
3, 8. spricht: Mir, dem allergeringsten un-
ter allen Heiligen ist gegeben diese Gnade,
unter die Heiden zu verkündigen den un-
ausforschlichen Reichthum Christi
etc.)

Anmerckungen.

1. Die vor der Bekehrung begangene
Sünden werden zwar vergeben, also, daß man
wegen der Gewißheit der geschehenen Verge-
bung zur grossen Glaubens-Freudigkeit mit
Paulo gelangen kan: allein sie lassen dabey
doch noch immer ein betrübtes Andencken zur
besondern Demüthigung zurück: wie wir an
Paulo sehen: zumal wenn sie von solcher Be-
schaffenheit gewesen, daß damit andere sehr ge-
ärgert worden sind.

2. Man hat sich demnach vor solchen Ver-
gehungen auch im Stande der Sünde zu hüten:
und wo man sich derselben schuldig weiß, die Be-
kehrung so viel weniger aufzuschieben, und nach
Pauli Exempel die gegebene Aergernisse mit ei-
nem desto erbaulichern Exempel desto mehr wie-
der abzuthun.

V. 10.

Aber von GOttes Gnaden bin ich,
das ich bin,
(aus einem reissenden Wolfe
nicht allein ein Schaf, sondern auch ein Hirte
der Schafe, und dazu ein solcher, der hie und da
die Heerden anleget, und die Hirten darinnen
setzet) und seine Gnade (die Gnade der Be-
rufung, Bekehrung, Gerechtmachung und Hei-
ligung samt den vielen zum Amte geschenckten
Gnaden-Gaben) an mir ist nicht vergeblich
(ohne Frucht) gewesen; sondern ich habe

viel-
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 15, v. 8-10.
[Spaltenumbruch] 15, 40. welcher ein Schweſter Sohn der Jung-
frauen Marien war, und daher ein Bruder
des HErrn
genennet wird. Gal. 1, 10. Die-
ſer ſtunde ſonderlich der Kirche zu Jeruſalem vor
Apoſt. Geſch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. u. f. Gal.
1, 19. 2, 9. Und dieſer iſt es, von dem wir die
Epiſtel haben.
2. Welchem aber von den beyden die Er-
ſcheinung Chriſti, welche die neunte in der
Ordnung geweſen, beſonders wiederfahren,
das laͤßt ſich nicht ſagen: ſintemal die Evange-
liſten derſelben nicht gedencken; damals muß es
aus der glaubwuͤrdigen Erzehlung Jacobi be-
kannt genug geweſen ſeyn. Jſts der erſte, ſo
mag ihm unſer Heiland vielleicht ſeinen vor an-
dern zuerſt bevorſtehenden Tod mit einer Auf-
munterung angekuͤndiget haben. Jſt es aber
der letzte, ſo kan es ſeyn, daß er ihm die Aufſicht
uͤber die Jeruſalemſche Kirche beſonders aufge-
tragen, und daneben geoffenbaret hat, wie es
daſelbſt mit der Juͤdiſchen Kirche bald nach ſei-
nem Tode, als der zur Zeit des Landpflegers
Albini kurtz vor der Verſtoͤrung, nach Joſephi
und Euſebii Zeugniß, erfolget iſt, fuͤr ein er-
ſchreckliches Ende nehmen wuͤrde.
3. Die zehnte und letzte Erſcheinung iſt
denn endlich dieſe, welcher Paulus alhier geden-
cket, und davon auch zeuget Marcus c. 16, 14.
ſqq. da denn gar wohl ſeyn kan, daß der HErr,
nach dem Zeugniſſe Marci, erſt zu Jeruſalem mit
ſeinen Juͤngern zu Tiſche geſeſſen, und die ſchon
in Galilaͤa gegebene Inſtruction: gehet hin ꝛc.
wiederholet hat: darauf er ſie denn mit der
Gabe Wunder zu thun aufs neue ausgeruͤſtet,
ſie hinaus nach Bethanien gefuͤhret, ihnen die
Verheiſſung gegeben von der nechſt zu empfan-
genden Wunder-vollen Salbung des H. Gei-
ſtes, ihnen auch mit Auflegung der Haͤnde den
hohenprieſterlichen Segen ertheilet, und vor ih-
ren Augen ſichtbar gen Himmel gefahren. Luc. 24,
49. ſqq. Act. 1, 4.
V. 8.

Am letzten nach allen iſt er auch von
mir, als einer unzeitigen Geburt, geſehen
worden.

Anmerckungen.

1. An einer unzeitigen Geburt findet
man dieſe Eigenſchaften, daß ſie gantz auſſeror-
dentlich, fruͤh, unvermuthet, und als unreif,
gemeiniglich auch todt, ans Licht kommt. Und
damit vergleichet ſich der Apoſtel in Anſehung
deſſen, daß er nicht vorher, ehe er zum Apoſtel-
Amt beſtellet worden, wie die andern Apoſtel
dazu erſt in der Schul und Diſciplin Chriſti zu-
bereitet worden; als welche erſtlich nur zu Juͤn-
gern, und aus Juͤngern, derer der HErr 70
hatte, zu Apoſteln berufen ſind. Er hingegen
kam dazu gantz unvermuthet, als eine von der
Juͤdiſchen Chriſtum verfolgenden Synagoge
gekommene noch ungeſtalte und todte Frucht.
Wie ihn denn der HErr auf dem Wege nach
Damaſcus, als er ihn gantz auſſerordentlicher
Weiſe von ſeiner Juͤdiſchen Mutter, oder Kir-
che, brachte, als einen geiſtlich Todten, und
[Spaltenumbruch] dazu bisher gleichſam recht grimmigen Baͤren
und Loͤwen fand.

2. Gleichwie nun dieſes der Apoſtel zu ſei-
ner Demuͤthigung ſelbſt anfuͤhret: alſo geden-
cket er doch dabey auch nicht weniger der groſſen
und auſſerordentlichen Gnade, welche ihm zur
Bekehrung und Berufung wiederfahren war.
Denn da es die Eigenſchaft eines Apoſtels war,
von Chriſto ſelbſt unmittelbar berufen zu
ſeyn,
ſo konte er dieſes auch mit aller Wahrheit
von ſich ſagen, daß auch ihm der HErr erſchie-
nen, zwar dazumal noch als einem geiſtlich
todten, aber doch mit ſolcher Gnaden-Kraft,
daß er ihn zum geiſtlichen Leben gebracht, und
nach ſeinem Sinne gebildet, und auf einmal,
wie zu ſeinem Schafe, alſo auch zugleich zum
Hirten der Schafe, ja zum Aufſeher der Hirten
gemachet habe.

V. 9.

Denn ich bin (in Anſehung deſſen, daß ich
ſo ſpaͤt, ſo unbereitet und bey meinem ſo feindſe-
ligen Sinne, unwuͤrdig dazu gekommen) der
geringſte unter den Apoſteln, als der ich
nicht werth bin, daß ich ein Apoſtel heiſſe,
darum, daß ich die Gemeine GOttes ver-
folget habe.
(Welches Lucas erzehlet Apoſt.
Geſch. 8, 3. 9, 1. ſqq. und Paulus ſelbſt mit
ſonderlicher Wehmuth mehrmal anfuͤhret; als
Ap. Geſch. 22, 4. ſqq. 26, 9. ſq. Gal. 1, 13.
1 Tim. 1, 13. dahin auch gehoͤret, wenn er Eph.
3, 8. ſpricht: Mir, dem allergeringſten un-
ter allen Heiligen iſt gegeben dieſe Gnade,
unter die Heiden zu verkuͤndigen den un-
ausforſchlichen Reichthum Chriſti
ꝛc.)

Anmerckungen.

1. Die vor der Bekehrung begangene
Suͤnden werden zwar vergeben, alſo, daß man
wegen der Gewißheit der geſchehenen Verge-
bung zur groſſen Glaubens-Freudigkeit mit
Paulo gelangen kan: allein ſie laſſen dabey
doch noch immer ein betruͤbtes Andencken zur
beſondern Demuͤthigung zuruͤck: wie wir an
Paulo ſehen: zumal wenn ſie von ſolcher Be-
ſchaffenheit geweſen, daß damit andere ſehr ge-
aͤrgert worden ſind.

2. Man hat ſich demnach vor ſolchen Ver-
gehungen auch im Stande der Suͤnde zu huͤten:
und wo man ſich derſelben ſchuldig weiß, die Be-
kehrung ſo viel weniger aufzuſchieben, und nach
Pauli Exempel die gegebene Aergerniſſe mit ei-
nem deſto erbaulichern Exempel deſto mehr wie-
der abzuthun.

V. 10.

Aber von GOttes Gnaden bin ich,
das ich bin,
(aus einem reiſſenden Wolfe
nicht allein ein Schaf, ſondern auch ein Hirte
der Schafe, und dazu ein ſolcher, der hie und da
die Heerden anleget, und die Hirten darinnen
ſetzet) und ſeine Gnade (die Gnade der Be-
rufung, Bekehrung, Gerechtmachung und Hei-
ligung ſamt den vielen zum Amte geſchenckten
Gnaden-Gaben) an mir iſt nicht vergeblich
(ohne Frucht) geweſen; ſondern ich habe

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[320/0348] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 15, v. 8-10. 15, 40. welcher ein Schweſter Sohn der Jung- frauen Marien war, und daher ein Bruder des HErrn genennet wird. Gal. 1, 10. Die- ſer ſtunde ſonderlich der Kirche zu Jeruſalem vor Apoſt. Geſch. 12, 17. 15, 13. 21, 18. u. f. Gal. 1, 19. 2, 9. Und dieſer iſt es, von dem wir die Epiſtel haben. 2. Welchem aber von den beyden die Er- ſcheinung Chriſti, welche die neunte in der Ordnung geweſen, beſonders wiederfahren, das laͤßt ſich nicht ſagen: ſintemal die Evange- liſten derſelben nicht gedencken; damals muß es aus der glaubwuͤrdigen Erzehlung Jacobi be- kannt genug geweſen ſeyn. Jſts der erſte, ſo mag ihm unſer Heiland vielleicht ſeinen vor an- dern zuerſt bevorſtehenden Tod mit einer Auf- munterung angekuͤndiget haben. Jſt es aber der letzte, ſo kan es ſeyn, daß er ihm die Aufſicht uͤber die Jeruſalemſche Kirche beſonders aufge- tragen, und daneben geoffenbaret hat, wie es daſelbſt mit der Juͤdiſchen Kirche bald nach ſei- nem Tode, als der zur Zeit des Landpflegers Albini kurtz vor der Verſtoͤrung, nach Joſephi und Euſebii Zeugniß, erfolget iſt, fuͤr ein er- ſchreckliches Ende nehmen wuͤrde. 3. Die zehnte und letzte Erſcheinung iſt denn endlich dieſe, welcher Paulus alhier geden- cket, und davon auch zeuget Marcus c. 16, 14. ſqq. da denn gar wohl ſeyn kan, daß der HErr, nach dem Zeugniſſe Marci, erſt zu Jeruſalem mit ſeinen Juͤngern zu Tiſche geſeſſen, und die ſchon in Galilaͤa gegebene Inſtruction: gehet hin ꝛc. wiederholet hat: darauf er ſie denn mit der Gabe Wunder zu thun aufs neue ausgeruͤſtet, ſie hinaus nach Bethanien gefuͤhret, ihnen die Verheiſſung gegeben von der nechſt zu empfan- genden Wunder-vollen Salbung des H. Gei- ſtes, ihnen auch mit Auflegung der Haͤnde den hohenprieſterlichen Segen ertheilet, und vor ih- ren Augen ſichtbar gen Himmel gefahren. Luc. 24, 49. ſqq. Act. 1, 4. V. 8. Am letzten nach allen iſt er auch von mir, als einer unzeitigen Geburt, geſehen worden. Anmerckungen. 1. An einer unzeitigen Geburt findet man dieſe Eigenſchaften, daß ſie gantz auſſeror- dentlich, fruͤh, unvermuthet, und als unreif, gemeiniglich auch todt, ans Licht kommt. Und damit vergleichet ſich der Apoſtel in Anſehung deſſen, daß er nicht vorher, ehe er zum Apoſtel- Amt beſtellet worden, wie die andern Apoſtel dazu erſt in der Schul und Diſciplin Chriſti zu- bereitet worden; als welche erſtlich nur zu Juͤn- gern, und aus Juͤngern, derer der HErr 70 hatte, zu Apoſteln berufen ſind. Er hingegen kam dazu gantz unvermuthet, als eine von der Juͤdiſchen Chriſtum verfolgenden Synagoge gekommene noch ungeſtalte und todte Frucht. Wie ihn denn der HErr auf dem Wege nach Damaſcus, als er ihn gantz auſſerordentlicher Weiſe von ſeiner Juͤdiſchen Mutter, oder Kir- che, brachte, als einen geiſtlich Todten, und dazu bisher gleichſam recht grimmigen Baͤren und Loͤwen fand. 2. Gleichwie nun dieſes der Apoſtel zu ſei- ner Demuͤthigung ſelbſt anfuͤhret: alſo geden- cket er doch dabey auch nicht weniger der groſſen und auſſerordentlichen Gnade, welche ihm zur Bekehrung und Berufung wiederfahren war. Denn da es die Eigenſchaft eines Apoſtels war, von Chriſto ſelbſt unmittelbar berufen zu ſeyn, ſo konte er dieſes auch mit aller Wahrheit von ſich ſagen, daß auch ihm der HErr erſchie- nen, zwar dazumal noch als einem geiſtlich todten, aber doch mit ſolcher Gnaden-Kraft, daß er ihn zum geiſtlichen Leben gebracht, und nach ſeinem Sinne gebildet, und auf einmal, wie zu ſeinem Schafe, alſo auch zugleich zum Hirten der Schafe, ja zum Aufſeher der Hirten gemachet habe. V. 9. Denn ich bin (in Anſehung deſſen, daß ich ſo ſpaͤt, ſo unbereitet und bey meinem ſo feindſe- ligen Sinne, unwuͤrdig dazu gekommen) der geringſte unter den Apoſteln, als der ich nicht werth bin, daß ich ein Apoſtel heiſſe, darum, daß ich die Gemeine GOttes ver- folget habe. (Welches Lucas erzehlet Apoſt. Geſch. 8, 3. 9, 1. ſqq. und Paulus ſelbſt mit ſonderlicher Wehmuth mehrmal anfuͤhret; als Ap. Geſch. 22, 4. ſqq. 26, 9. ſq. Gal. 1, 13. 1 Tim. 1, 13. dahin auch gehoͤret, wenn er Eph. 3, 8. ſpricht: Mir, dem allergeringſten un- ter allen Heiligen iſt gegeben dieſe Gnade, unter die Heiden zu verkuͤndigen den un- ausforſchlichen Reichthum Chriſti ꝛc.) Anmerckungen. 1. Die vor der Bekehrung begangene Suͤnden werden zwar vergeben, alſo, daß man wegen der Gewißheit der geſchehenen Verge- bung zur groſſen Glaubens-Freudigkeit mit Paulo gelangen kan: allein ſie laſſen dabey doch noch immer ein betruͤbtes Andencken zur beſondern Demuͤthigung zuruͤck: wie wir an Paulo ſehen: zumal wenn ſie von ſolcher Be- ſchaffenheit geweſen, daß damit andere ſehr ge- aͤrgert worden ſind. 2. Man hat ſich demnach vor ſolchen Ver- gehungen auch im Stande der Suͤnde zu huͤten: und wo man ſich derſelben ſchuldig weiß, die Be- kehrung ſo viel weniger aufzuſchieben, und nach Pauli Exempel die gegebene Aergerniſſe mit ei- nem deſto erbaulichern Exempel deſto mehr wie- der abzuthun. V. 10. Aber von GOttes Gnaden bin ich, das ich bin, (aus einem reiſſenden Wolfe nicht allein ein Schaf, ſondern auch ein Hirte der Schafe, und dazu ein ſolcher, der hie und da die Heerden anleget, und die Hirten darinnen ſetzet) und ſeine Gnade (die Gnade der Be- rufung, Bekehrung, Gerechtmachung und Hei- ligung ſamt den vielen zum Amte geſchenckten Gnaden-Gaben) an mir iſt nicht vergeblich (ohne Frucht) geweſen; ſondern ich habe viel-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/348>, abgerufen am 24.11.2024.