Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli [Spaltenumbruch]
nothwendiger Weise daher entstehen, und da-gegen alle und jede Ausflüchte, so scheinbar sie auch immer seyn mögen, gantz nichtig sind: so erwege man bey so gestalten Sachen, ob es mög- lich sey, nach dem gesunden Lichte der Natur, oder der Vernunft, auch nur zu gedencken, daß die Jüdischen Ehescheidungen mit der Vielweiberey dem Rechte der Natur ge- mäß sind? §. IX. Da nun erwiesen ist, daß die Poly- Die zweyte Frage: Ob nicht die Polygamie nebst den willkührlichen oder doch weiter zu ex- tendirenden Ehe-Scheidungen einen guten Grund der Berechtigung in einigen Sprüchen und auch Exempeln des alten Testaments vor sich habe? Jnnhalt. Die Polygamie ist auch im alten Testament bey der Erdul- [Spaltenumbruch]
dung verboten §. I. Welchem Verbot nicht entgegen stehet der Ort 5 B. Mos. 21, 15. 16. 17. §. II. Noch der 2 Sam. 12, 8. §. III. Auch der nicht 5 B. Mos. 17, 17. §. IV. Die Ehe-Scheidung findet auch keinen Vorschub 5 B. Mos. 24, 1. u. f. §. V. Es folget auch aus der göttlichen Dispensation nicht, als wenn die Polygamie und Ehe-Scheidungen nicht wider das Recht der Natur seynd §. VI. §. I. [Spaltenumbruch]VOn der Polygamie ist bekannt, wie der §. II. Nun sind zwar im alten Testament als
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli [Spaltenumbruch]
nothwendiger Weiſe daher entſtehen, und da-gegen alle und jede Ausfluͤchte, ſo ſcheinbar ſie auch immer ſeyn moͤgen, gantz nichtig ſind: ſo erwege man bey ſo geſtalten Sachen, ob es moͤg- lich ſey, nach dem geſunden Lichte der Natur, oder der Vernunft, auch nur zu gedencken, daß die Juͤdiſchen Eheſcheidungen mit der Vielweiberey dem Rechte der Natur ge- maͤß ſind? §. IX. Da nun erwieſen iſt, daß die Poly- Die zweyte Frage: Ob nicht die Polygamie nebſt den willkuͤhrlichen oder doch weiter zu ex- tendirenden Ehe-Scheidungen einen guten Grund der Berechtigung in einigen Spruͤchen und auch Exempeln des alten Teſtaments vor ſich habe? Jnnhalt. Die Polygamie iſt auch im alten Teſtament bey der Erdul- [Spaltenumbruch]
dung verboten §. I. Welchem Verbot nicht entgegen ſtehet der Ort 5 B. Moſ. 21, 15. 16. 17. §. II. Noch der 2 Sam. 12, 8. §. III. Auch der nicht 5 B. Moſ. 17, 17. §. IV. Die Ehe-Scheidung findet auch keinen Vorſchub 5 B. Moſ. 24, 1. u. f. §. V. Es folget auch aus der goͤttlichen Dispenſation nicht, als wenn die Polygamie und Ehe-Scheidungen nicht wider das Recht der Natur ſeynd §. VI. §. I. [Spaltenumbruch]VOn der Polygamie iſt bekannt, wie der §. II. Nun ſind zwar im alten Teſtament als
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli
nothwendiger Weiſe daher entſtehen, und da-
gegen alle und jede Ausfluͤchte, ſo ſcheinbar ſie
auch immer ſeyn moͤgen, gantz nichtig ſind: ſo
erwege man bey ſo geſtalten Sachen, ob es moͤg-
lich ſey, nach dem geſunden Lichte der Natur,
oder der Vernunft, auch nur zu gedencken, daß
die Juͤdiſchen Eheſcheidungen mit der
Vielweiberey dem Rechte der Natur ge-
maͤß ſind?
§. IX. Da nun erwieſen iſt, daß die Poly-
gamie mit den Divortiis im Ehe-Stande, und
dadurch auch in allen andern Staͤnden eine un-
ſaͤgliche Verwirrung anrichtet; ſo iſt es gar ein
kaler und alberner Behelf, wenn man dagegen
einwendet und ſpricht, man rathe doch deswegen
die Einfuͤhrung deſſen nicht, was man erlaubet
zu ſeyn erachte. Allein was heißt diß anders,
als gleichſam vorſetzlicher weiſe ein Haus in den
Brand ſtecken, und denn einen Finger-Hut voll
Waſſer zum Loͤſchen herzu bringen: oder einem
Hauſe ſeine Grund-Stuͤtzen nehmen, und dafuͤr
Rohr-Staͤbe hinſetzen? Denn lieget erſt die
Obligation, die man aus dem Rechte der Natur,
und noch deutlicher und nachdruͤcklicher aus der
heiligen Schrift, in ſeinem Gewiſſen haben kan
und ſoll, uͤber einen Haufen; als darauf die
argen Hypotheſes gehen: ſo iſt die wahre Lehre
von der Monogamie und ihrer Indiſſolubilitaͤt ei-
ner Veſtung gleich, um welcher die Auſſen-Wer-
cke nebſt den Waͤllen, ja auch Mauren, ſchon
ruiniret und demoliret ſind. Und reiſſet denn
gleich die Praxis, da noch ſo viel andere Hinderun-
gen im Wege ſtehen, nicht uͤberall ein, ſo aͤuſſert
ſie ſich doch hie und da theils heimlich, theis of-
fenbar genug, ſonderlich bey groſſen Herren,
welche an die buͤrgerlichen Geſetze nicht gebunden
ſeyn wollen. Und wenn auch nur durch ſolche
principia ein eintziger groſſer Herr, oder eine Per-
ſon niedrigen Standes verleitet wird, auf ſo
mancherley Art, wie gedacht, an ſeinem recht-
maͤßigen Ehegatten untreu zu werden, und ſich
zugleich mit Verluſt ſeiner Seligkeit (da GOtt
die Hurer und Ehebrecher richten wird Hebr. 13.)
an GOtt zu verſuͤndigen; iſt das nicht ſchon Ge-
fahr und Schaden genug? Und was kan leichter
geſchehen, wenn man groſſen Herren nicht allein
fuͤr ſich, ſondern auch fuͤr andere ein Recht ein-
raͤumet, und ihre Gewiſſen auſſer der Obliga-
tion ſetzet?
Die zweyte Frage:
Ob nicht die Polygamie nebſt den willkuͤhrlichen oder doch weiter zu ex-
tendirenden Ehe-Scheidungen einen guten Grund der Berechtigung in
einigen Spruͤchen und auch Exempeln des alten Teſtaments
vor ſich habe?
Jnnhalt.
Die Polygamie iſt auch im alten Teſtament bey der Erdul-
dung verboten §. I.
Welchem Verbot nicht entgegen ſtehet der Ort 5 B. Moſ.
21, 15. 16. 17. §. II.
Noch der 2 Sam. 12, 8. §. III.
Auch der nicht 5 B. Moſ. 17, 17. §. IV.
Die Ehe-Scheidung findet auch keinen Vorſchub 5 B.
Moſ. 24, 1. u. f. §. V.
Es folget auch aus der goͤttlichen Dispenſation nicht, als
wenn die Polygamie und Ehe-Scheidungen nicht wider
das Recht der Natur ſeynd §. VI.
§. I.
VOn der Polygamie iſt bekannt, wie der
gottloſe Moͤrder, Lamech, unter den
Cainiten bey die 600 Jahre nach Er-
ſchaffung der Welt zuerſt darauf gefallen, und
wie hernach die beyden Patriarchen, Abraham
und Jacob, ohne allen ihren Vorſatz, und ohne
die unreine Abſicht, welche ſonſt die Polygami
zu haben pflegen, zwar nicht ohne menſchliche
Schwachheit, iedoch ohne herrſchende Bosheit,
auf eine noch ziemlich unſchuldige Weiſe dazu
gekommen. Und da hernach andere ihrem Exem-
pel auf eine ſtraͤfliche Art gefolget; ſo iſt es ihnen
auch zu groͤſſerer Suͤnde gerechnet worden, ie-
doch daß GOTT darinnen mit dem halsſtarri-
gen Volcke der juͤdiſchen Nation mehrere Geduld
getragen: unter deſſen aber doch nicht unterlaſ-
ſen, die Polygamie zu mißbilligen, ja zu verbie-
ten. Denn ietzo davon nicht zu ſagen, daß der
Ort 3 B. Moſ. 18, 18. Du ſolt deines Weibes
Schweſter (nach dem Hebraiſmo, ein Weib
zu dem andern) nicht nehmen neben ihr,
ihre Schaam zu bloͤſſen, ihr zuwider, weil
ſie noch lebet, gar wohl, als ein Verbot, wi-
der die Polygamie kan angehen, und dagegen die
ſucceſſive Ehe mit zween leiblichen Schweſtern
durch eine richtige Folge, vermoͤge des v. 16. fuͤr
unzulaͤßig erklaͤret werden: ſo hatten und behiel-
ten ja die Jſraeliten in den Schriften Moſis ſo
wol das erſte Grund-Geſetze vom Ehe-Stande
1 B. Moſ. 2. als auch das ſechſte Gebot vor ſich.
Und gleichwie der wahre Sinn davon zur Appli-
cation wider die Polygamie an ſich ſchon deutlich
war, alſo daß, in Anſehung deſſen und des viel-
fachen Ubels, ſo aus der Vielweiberey entſtun-
de, ſich die allermeiſten davon enthielten: ſo iſt
kein Zweifel, daß ihnen derſelbe Verſtand des
Gebots nicht auch von den Propheten muͤndlich
ſolte eingeſchaͤrfet worden ſeyn.
§. II. Nun ſind zwar im alten Teſtament
ein paar Oerter, darauf man ſich zur Schmuͤ-
ckung des irrigen Satzes von der gar wohl be-
rechtigten Polygamie ſonderlich zu ſteifen pfleget,
als
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