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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 1, v. 10-12.
[Spaltenumbruch] Ferner 1 Tim. 1, 15. c. 3, 1. c. 4, 9. 2 Tim. 2, 11.
c. 3, 7.

2. Das Wörtlein dia, durch, wird al-
hier von GOtt dem Vater gesaget, und heißt
eben so viel, als von, also daß es so wol, als das
Wörtlein von, caussam efficientem, die wir-
ckende Ursache anzeiget. Daher man siehet,
daß, wenn das Wörtlein durch von Christo ge-
brauchet und gesaget wird, daß durch ihn die
Welt erschaffen sey, als Joh. 1, 3. Eph. 3, 9.
Col. 1, 16. Hebr. 5, 1. 2. es allerdings auf die
wirckende Ursache gehet. Denn an statt dessen,
daß es hätte heissen können: der Vater hat er-
schaffen, und der Sohn hat erschaffen, so heißt
es: der Vater hat durch den Sohn er-
schaffen:
um damit anzuzeigen, daß die
Schöpfung des Vaters von der Schöpfung
des Sohnes gar nicht unterschieden, sondern daß
es eine und eben dieselbe Actio, eine Handlung
des Vaters und des Sohnes sey, vermöge der
Einigkeit, die sie im göttlichen Wesen haben.
Man sehe auch Röm. 1, 15. da es heißt: Durch
welchen,
Christum, wir empfangen haben
Gnade und Apostel-Amt
etc. und klar ist, daß
durch so viel sey als von.

V. 10.

Jch ermahne euch aber lieben Brü-
der, durch den Namen unsers HErrn JE-
su Christi
(an seiner Statt, auf seinen Befehl,
und auf seine Autorität; als der durch uns ver-
mahnet 2 Cor. 5, 20. also daß ihr, vermöge eu-
res Glaubens und eurer Ehrerbietung gegen den
HErrn JEsum, schuldig seyd, meiner Ermah-
nung Folge zu leisten) daß ihr allzumal einer-
ley Rede führet
(zuvorderst eines Sinnes
seyd, und aus solcher Ubereinstimmung euch auch
befleißiget, in dem Vortrage des göttlichen
Worts und in der Erkäntniß der Hoffnung, die
in euch ist, übereinzukommen, was die Haupt-
Sache betrifft; da sonst eine Ubereinstimmung
in allen Worten und Redens-Arten nicht wol
müglich ist, ein solcher Unterscheid aber, der ei-
nen gantz andern und widrigen Verstand gebie-
ret, nur Zertrennung anrichtet) und lasset nicht
Spaltungen
(da der eine hie der andere da hin-
aus, und nur seinem Kopfe folgen und in äusser-
licher Ordnung was sonderliches machen und
dabey mehr diesem und jenem Lehrer, als Chri-
sto anhangen will) unter euch seyn, sondern
haltet vest an einander
(als Glieder an einem
Leibe, welche auch natürlicher Weise ihre Ve-
stigkeit und ihren Wohlstand in der genauesten
Verbindung und Harmonie haben) in einem
Sinn und in einerley Meynung
(womit die
Einigkeit des Sinnes ausgedrucket und bezeu-
get wird. Siehe auch Rom. 12, 16. cap. 15, 5.
Phil. 2, 2. c. 3, 15. 16. Eph. 4, 3. sqq. 1 Petr.
3, 8.)

Anmerckung.

Es ist zum guten Verständniß unter Leh-
rern, auch unter Zuhörern, in der Kirche viel dar-
an gelegen, daß man sich fein einstimmig an
dem Vorbilde der in der heiligen Schrift ent-
haltenen heilsamen Worte in der Lehre selbst
[Spaltenumbruch] und in derselben Vortrag mit den Redens-Ar-
ten halte. Dabey aber ist diese behutsame Be-
scheidenheit nöthig, daß einer dem andern keine
Norm und Form nach seinem Sinne vorschrei-
be, noch ihn lieblos beurtheile; zumal in Ne-
ben-Dingen, welche zum Grunde des Glau-
bens nicht gehören. Denn so wenig unter tau-
send Gesichtern auch nur ihrer zwey einander
völlig gleich sind, sondern es genug ist, daß sie
mit einander gesunde Stirn, Augen, Nasen und
so weiter haben: so wenig kan die Erkäntniß in
allen einerley seyn[:] sondern es ist genug, daß sie
in allen zum Grunde und zur Ordnung des Heils
gehörigen Stücken mit einander harmoniren.

V. 11.

Denn mir ist vorkommen lieben Brü-
der, durch die aus Chloes Gesinde
(upo ton
Khloes, von der Chloes ihren Angehörigen, oder
Hausgenossen, und also nicht eben von ihrem
Gesinde) daß Zanck unter euch sey.

Anmerckungen.

1. Es muß die Chloes eine ansehnliche und
Christliche Matrone zu Corinthus gewesen seyn,
ob sie noch gelebet, oder nicht, last sich nicht sa-
gen. Daß einige von ihren Angehörigen die
Sache an Paulum gebracht, dazu müssen sie wol
gantz besondere Ursachen gehabt haben. Viel-
leicht haben sie den Jrrungen zu Corinthen zu
steuren gesuchet, sind aber darüber ungleich be-
urtheilet worden. Und da der Apostel ihrer
gedencket, so muß er dazu solche Umstände ge-
funden haben, welche dieses erfordert. Viel-
leicht haben sie selbst zu Corinthen es der Gemei-
ne angezeiget, daß sie die Sache an Paulum be-
richten wolten. Sie können auch wol von den
übrigen wohlgesinneten hiezu die Commission
empfangen haben. Daher Paulus kein Be-
dencken getragen, sich darauf zu beziehen; zumal
da er der Sache auch aus dem Bericht anderer
gewiß war, und die Nachricht nicht für ein un-
gegründetes Angeben halten durfte, sondern für
ein auf die Besserung gerichtetes Werck der Lie-
be anzusehen hatte.

V. 12.

Jch sage aber davon, daß einer
spricht: Jch bin Paulisch; der andere:
ich bin Apollisch; der dritte: ich bin
Kephisch
(Petrisch); der vierte: ich bin
Christisch.

Anmerckungen.
1. Man siehet hieraus, daß die Corinthier
mit ihrer Anhänglichkeit zu sehr auf die Lehrer,
die doch nur blosse Werckzeuge waren, gefallen
sind; also, daß der eine mehr auf diesen, der
andere mehr auf jenen gesehen. Dadurch es
denn geschehen ist, daß einige zu hoch gesetzet, an-
dere aber zu gering geachtet worden. Und da-
bey ist es wol noch nicht geblieben, sondern, da
die äusserlichen Gaben bey den Lehrern nicht we-
nig unterschieden gewesen, so scheinet sich einer
in dieses, der andere in jenes seine Gabe sol-
chergestalt mehr verliebet zu haben, daß sie dafür
ge-

Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 1, v. 10-12.
[Spaltenumbruch] Ferner 1 Tim. 1, 15. c. 3, 1. c. 4, 9. 2 Tim. 2, 11.
c. 3, 7.

2. Das Woͤrtlein διὰ, durch, wird al-
hier von GOtt dem Vater geſaget, und heißt
eben ſo viel, als von, alſo daß es ſo wol, als das
Woͤrtlein von, cauſſam efficientem, die wir-
ckende Urſache anzeiget. Daher man ſiehet,
daß, wenn das Woͤrtlein durch von Chriſto ge-
brauchet und geſaget wird, daß durch ihn die
Welt erſchaffen ſey, als Joh. 1, 3. Eph. 3, 9.
Col. 1, 16. Hebr. 5, 1. 2. es allerdings auf die
wirckende Urſache gehet. Denn an ſtatt deſſen,
daß es haͤtte heiſſen koͤnnen: der Vater hat er-
ſchaffen, und der Sohn hat erſchaffen, ſo heißt
es: der Vater hat durch den Sohn er-
ſchaffen:
um damit anzuzeigen, daß die
Schoͤpfung des Vaters von der Schoͤpfung
des Sohnes gar nicht unterſchieden, ſondern daß
es eine und eben dieſelbe Actio, eine Handlung
des Vaters und des Sohnes ſey, vermoͤge der
Einigkeit, die ſie im goͤttlichen Weſen haben.
Man ſehe auch Roͤm. 1, 15. da es heißt: Durch
welchen,
Chriſtum, wir empfangen haben
Gnade und Apoſtel-Amt
ꝛc. und klar iſt, daß
durch ſo viel ſey als von.

V. 10.

Jch ermahne euch aber lieben Bruͤ-
der, durch den Namen unſers HErrn JE-
ſu Chriſti
(an ſeiner Statt, auf ſeinen Befehl,
und auf ſeine Autoritaͤt; als der durch uns ver-
mahnet 2 Cor. 5, 20. alſo daß ihr, vermoͤge eu-
res Glaubens und eurer Ehrerbietung gegen den
HErrn JEſum, ſchuldig ſeyd, meiner Ermah-
nung Folge zu leiſten) daß ihr allzumal einer-
ley Rede fuͤhret
(zuvorderſt eines Sinnes
ſeyd, und aus ſolcher Ubereinſtimmung euch auch
befleißiget, in dem Vortrage des goͤttlichen
Worts und in der Erkaͤntniß der Hoffnung, die
in euch iſt, uͤbereinzukommen, was die Haupt-
Sache betrifft; da ſonſt eine Ubereinſtimmung
in allen Worten und Redens-Arten nicht wol
muͤglich iſt, ein ſolcher Unterſcheid aber, der ei-
nen gantz andern und widrigen Verſtand gebie-
ret, nur Zertrennung anrichtet) und laſſet nicht
Spaltungen
(da der eine hie der andere da hin-
aus, und nur ſeinem Kopfe folgen und in aͤuſſer-
licher Ordnung was ſonderliches machen und
dabey mehr dieſem und jenem Lehrer, als Chri-
ſto anhangen will) unter euch ſeyn, ſondern
haltet veſt an einander
(als Glieder an einem
Leibe, welche auch natuͤrlicher Weiſe ihre Ve-
ſtigkeit und ihren Wohlſtand in der genaueſten
Verbindung und Harmonie haben) in einem
Sinn und in einerley Meynung
(womit die
Einigkeit des Sinnes ausgedrucket und bezeu-
get wird. Siehe auch Rom. 12, 16. cap. 15, 5.
Phil. 2, 2. c. 3, 15. 16. Eph. 4, 3. ſqq. 1 Petr.
3, 8.)

Anmerckung.

Es iſt zum guten Verſtaͤndniß unter Leh-
rern, auch unter Zuhoͤrern, in der Kirche viel dar-
an gelegen, daß man ſich fein einſtimmig an
dem Vorbilde der in der heiligen Schrift ent-
haltenen heilſamen Worte in der Lehre ſelbſt
[Spaltenumbruch] und in derſelben Vortrag mit den Redens-Ar-
ten halte. Dabey aber iſt dieſe behutſame Be-
ſcheidenheit noͤthig, daß einer dem andern keine
Norm und Form nach ſeinem Sinne vorſchrei-
be, noch ihn lieblos beurtheile; zumal in Ne-
ben-Dingen, welche zum Grunde des Glau-
bens nicht gehoͤren. Denn ſo wenig unter tau-
ſend Geſichtern auch nur ihrer zwey einander
voͤllig gleich ſind, ſondern es genug iſt, daß ſie
mit einander geſunde Stirn, Augen, Naſen und
ſo weiter haben: ſo wenig kan die Erkaͤntniß in
allen einerley ſeyn[:] ſondern es iſt genug, daß ſie
in allen zum Grunde und zur Ordnung des Heils
gehoͤrigen Stuͤcken mit einander harmoniren.

V. 11.

Denn mir iſt vorkommen lieben Bruͤ-
der, durch die aus Chloes Geſinde
(ὑπο τῶν
Χλόης, von der Chloes ihren Angehoͤrigen, oder
Hausgenoſſen, und alſo nicht eben von ihrem
Geſinde) daß Zanck unter euch ſey.

Anmerckungen.

1. Es muß die Chloes eine anſehnliche und
Chriſtliche Matrone zu Corinthus geweſen ſeyn,
ob ſie noch gelebet, oder nicht, laſt ſich nicht ſa-
gen. Daß einige von ihren Angehoͤrigen die
Sache an Paulum gebracht, dazu muͤſſen ſie wol
gantz beſondere Urſachen gehabt haben. Viel-
leicht haben ſie den Jrrungen zu Corinthen zu
ſteuren geſuchet, ſind aber daruͤber ungleich be-
urtheilet worden. Und da der Apoſtel ihrer
gedencket, ſo muß er dazu ſolche Umſtaͤnde ge-
funden haben, welche dieſes erfordert. Viel-
leicht haben ſie ſelbſt zu Corinthen es der Gemei-
ne angezeiget, daß ſie die Sache an Paulum be-
richten wolten. Sie koͤnnen auch wol von den
uͤbrigen wohlgeſinneten hiezu die Commiſſion
empfangen haben. Daher Paulus kein Be-
dencken getragen, ſich darauf zu beziehen; zumal
da er der Sache auch aus dem Bericht anderer
gewiß war, und die Nachricht nicht fuͤr ein un-
gegruͤndetes Angeben halten durfte, ſondern fuͤr
ein auf die Beſſerung gerichtetes Werck der Lie-
be anzuſehen hatte.

V. 12.

Jch ſage aber davon, daß einer
ſpricht: Jch bin Pauliſch; der andere:
ich bin Apolliſch; der dritte: ich bin
Kephiſch
(Petriſch); der vierte: ich bin
Chriſtiſch.

Anmerckungen.
1. Man ſiehet hieraus, daß die Corinthier
mit ihrer Anhaͤnglichkeit zu ſehr auf die Lehrer,
die doch nur bloſſe Werckzeuge waren, gefallen
ſind; alſo, daß der eine mehr auf dieſen, der
andere mehr auf jenen geſehen. Dadurch es
denn geſchehen iſt, daß einige zu hoch geſetzet, an-
dere aber zu gering geachtet worden. Und da-
bey iſt es wol noch nicht geblieben, ſondern, da
die aͤuſſerlichen Gaben bey den Lehrern nicht we-
nig unterſchieden geweſen, ſo ſcheinet ſich einer
in dieſes, der andere in jenes ſeine Gabe ſol-
chergeſtalt mehr verliebet zu haben, daß ſie dafuͤr
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[182/0210] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 1, v. 10-12. Ferner 1 Tim. 1, 15. c. 3, 1. c. 4, 9. 2 Tim. 2, 11. c. 3, 7. 2. Das Woͤrtlein διὰ, durch, wird al- hier von GOtt dem Vater geſaget, und heißt eben ſo viel, als von, alſo daß es ſo wol, als das Woͤrtlein von, cauſſam efficientem, die wir- ckende Urſache anzeiget. Daher man ſiehet, daß, wenn das Woͤrtlein durch von Chriſto ge- brauchet und geſaget wird, daß durch ihn die Welt erſchaffen ſey, als Joh. 1, 3. Eph. 3, 9. Col. 1, 16. Hebr. 5, 1. 2. es allerdings auf die wirckende Urſache gehet. Denn an ſtatt deſſen, daß es haͤtte heiſſen koͤnnen: der Vater hat er- ſchaffen, und der Sohn hat erſchaffen, ſo heißt es: der Vater hat durch den Sohn er- ſchaffen: um damit anzuzeigen, daß die Schoͤpfung des Vaters von der Schoͤpfung des Sohnes gar nicht unterſchieden, ſondern daß es eine und eben dieſelbe Actio, eine Handlung des Vaters und des Sohnes ſey, vermoͤge der Einigkeit, die ſie im goͤttlichen Weſen haben. Man ſehe auch Roͤm. 1, 15. da es heißt: Durch welchen, Chriſtum, wir empfangen haben Gnade und Apoſtel-Amt ꝛc. und klar iſt, daß durch ſo viel ſey als von. V. 10. Jch ermahne euch aber lieben Bruͤ- der, durch den Namen unſers HErrn JE- ſu Chriſti (an ſeiner Statt, auf ſeinen Befehl, und auf ſeine Autoritaͤt; als der durch uns ver- mahnet 2 Cor. 5, 20. alſo daß ihr, vermoͤge eu- res Glaubens und eurer Ehrerbietung gegen den HErrn JEſum, ſchuldig ſeyd, meiner Ermah- nung Folge zu leiſten) daß ihr allzumal einer- ley Rede fuͤhret (zuvorderſt eines Sinnes ſeyd, und aus ſolcher Ubereinſtimmung euch auch befleißiget, in dem Vortrage des goͤttlichen Worts und in der Erkaͤntniß der Hoffnung, die in euch iſt, uͤbereinzukommen, was die Haupt- Sache betrifft; da ſonſt eine Ubereinſtimmung in allen Worten und Redens-Arten nicht wol muͤglich iſt, ein ſolcher Unterſcheid aber, der ei- nen gantz andern und widrigen Verſtand gebie- ret, nur Zertrennung anrichtet) und laſſet nicht Spaltungen (da der eine hie der andere da hin- aus, und nur ſeinem Kopfe folgen und in aͤuſſer- licher Ordnung was ſonderliches machen und dabey mehr dieſem und jenem Lehrer, als Chri- ſto anhangen will) unter euch ſeyn, ſondern haltet veſt an einander (als Glieder an einem Leibe, welche auch natuͤrlicher Weiſe ihre Ve- ſtigkeit und ihren Wohlſtand in der genaueſten Verbindung und Harmonie haben) in einem Sinn und in einerley Meynung (womit die Einigkeit des Sinnes ausgedrucket und bezeu- get wird. Siehe auch Rom. 12, 16. cap. 15, 5. Phil. 2, 2. c. 3, 15. 16. Eph. 4, 3. ſqq. 1 Petr. 3, 8.) Anmerckung. Es iſt zum guten Verſtaͤndniß unter Leh- rern, auch unter Zuhoͤrern, in der Kirche viel dar- an gelegen, daß man ſich fein einſtimmig an dem Vorbilde der in der heiligen Schrift ent- haltenen heilſamen Worte in der Lehre ſelbſt und in derſelben Vortrag mit den Redens-Ar- ten halte. Dabey aber iſt dieſe behutſame Be- ſcheidenheit noͤthig, daß einer dem andern keine Norm und Form nach ſeinem Sinne vorſchrei- be, noch ihn lieblos beurtheile; zumal in Ne- ben-Dingen, welche zum Grunde des Glau- bens nicht gehoͤren. Denn ſo wenig unter tau- ſend Geſichtern auch nur ihrer zwey einander voͤllig gleich ſind, ſondern es genug iſt, daß ſie mit einander geſunde Stirn, Augen, Naſen und ſo weiter haben: ſo wenig kan die Erkaͤntniß in allen einerley ſeyn: ſondern es iſt genug, daß ſie in allen zum Grunde und zur Ordnung des Heils gehoͤrigen Stuͤcken mit einander harmoniren. V. 11. Denn mir iſt vorkommen lieben Bruͤ- der, durch die aus Chloes Geſinde (ὑπο τῶν Χλόης, von der Chloes ihren Angehoͤrigen, oder Hausgenoſſen, und alſo nicht eben von ihrem Geſinde) daß Zanck unter euch ſey. Anmerckungen. 1. Es muß die Chloes eine anſehnliche und Chriſtliche Matrone zu Corinthus geweſen ſeyn, ob ſie noch gelebet, oder nicht, laſt ſich nicht ſa- gen. Daß einige von ihren Angehoͤrigen die Sache an Paulum gebracht, dazu muͤſſen ſie wol gantz beſondere Urſachen gehabt haben. Viel- leicht haben ſie den Jrrungen zu Corinthen zu ſteuren geſuchet, ſind aber daruͤber ungleich be- urtheilet worden. Und da der Apoſtel ihrer gedencket, ſo muß er dazu ſolche Umſtaͤnde ge- funden haben, welche dieſes erfordert. Viel- leicht haben ſie ſelbſt zu Corinthen es der Gemei- ne angezeiget, daß ſie die Sache an Paulum be- richten wolten. Sie koͤnnen auch wol von den uͤbrigen wohlgeſinneten hiezu die Commiſſion empfangen haben. Daher Paulus kein Be- dencken getragen, ſich darauf zu beziehen; zumal da er der Sache auch aus dem Bericht anderer gewiß war, und die Nachricht nicht fuͤr ein un- gegruͤndetes Angeben halten durfte, ſondern fuͤr ein auf die Beſſerung gerichtetes Werck der Lie- be anzuſehen hatte. V. 12. Jch ſage aber davon, daß einer ſpricht: Jch bin Pauliſch; der andere: ich bin Apolliſch; der dritte: ich bin Kephiſch (Petriſch); der vierte: ich bin Chriſtiſch. Anmerckungen. 1. Man ſiehet hieraus, daß die Corinthier mit ihrer Anhaͤnglichkeit zu ſehr auf die Lehrer, die doch nur bloſſe Werckzeuge waren, gefallen ſind; alſo, daß der eine mehr auf dieſen, der andere mehr auf jenen geſehen. Dadurch es denn geſchehen iſt, daß einige zu hoch geſetzet, an- dere aber zu gering geachtet worden. Und da- bey iſt es wol noch nicht geblieben, ſondern, da die aͤuſſerlichen Gaben bey den Lehrern nicht we- nig unterſchieden geweſen, ſo ſcheinet ſich einer in dieſes, der andere in jenes ſeine Gabe ſol- chergeſtalt mehr verliebet zu haben, daß ſie dafuͤr ge-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/210>, abgerufen am 24.11.2024.