Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 8, v. 1. an die Römer. [Spaltenumbruch]
principium noch in mir finde und es leiden muß,daß es sich jenem herrschenden principio wider- setzet. Genug, daß es die Oberhand nicht mehr hat. Anmerckungen. 1. Bey dieser bisher gegebenen Auslegung scheinet zwar diß einzige bedencklich zu seyn, daß Paulus immer in seiner eigenen Person redet, da er doch nicht mehr unter dem Gesetze war, son- dern unter der Gnade. Es fällt aber diese Schwierigkeit hinweg, wenn man, wie oben angezeiget ist, erweget, daß Paulus ehemals selbst in solchem Stande wircklich gelebet hatte, und also aus eigner Erfahrung schreiben können: und daß er, ob er gleich nicht mehr der vorige war, doch die Vorstellung des Standes unter dem Gesetze in seiner eignen Person zu thun, so vielweniger Bedencken gehabt, so viel gewöhn- licher es auch sonst ist, daß man den sensum im- personalem mit der Rede in prima persona aus- drucket: wie uns die aus seinen eignen Briefen zuvor angeführten Exempel, darinnen er solche Art zu reden zum theil in einigen gantzen Versen fortsetzet, deutlich genug anzeigen. 2. Nachdem der Apostel v. 24. bezeuget hatte, wie sich der Mensch unter dem Gesetze nach einer Erlösung zu sehnen, und v. 25. wie er diese in Christo von GOtt mit Dancksagung an- zunehmen habe; so nimmt man die folgenden Worte von dem Dienste der mit dem Gemü- the dem Gesetze GOttes geleistet werde, billig an von dem Stande der Gnade, darinnen man der Erlösung schon theilhaftig worden ist. 3. Zwar lautet es darauf in den allerletzten Worten etwas hart, daß von einem Wieder- gebohrnen gesaget werden soll, er diene mit dem [Spaltenumbruch] Fleisch dem Gesetz der Sünden: allein, da der Apostel das Wort dienen um des Gegensatzes willen, den diese Worte mit dem vorhergehen- den haben, wiederholen wollen; so hat man es nicht nach der Schärfe des vorigen Satzes zu nehmen, sondern also, wie der Zustand eines Wiedergebohrnen es mit sich bringet: gleich- wie es auch alle diejenigen auslegen, welche den gantzen vorhergehenden Context von den Wie- dergebohrnen verstehen, und daher wider diese Explication so viel weniger etwas einwenden können. Wie aber mit gedachter Redens-Art so gar nicht ein herrschender Sünden-Dienst an- gezeiget werde, darüber erkläret sich der Apostel in dem, was unmittelbar darauf folget c. 8. Meiner geringen Einsicht nach gehören diese letz- tern Worte, vermöge der vorhergesetzten Danck- sagung, zu der Materie des achten Capitels. 4. Will aber iemand dieselben Worte lieber zu der vorhergehenden Materie von dem Zustande unter dem Gesetze rechnen; zumal, da der Apostel saget autos ego, so kan demselben zu desto mehrern Befugniß solches Verstandes dieses dienen, daß die Dancksagung kan angesehen werden, als stehe sie in parenthesi: wie wir denn der parenthetischen Reden in diesem Briefe schon mehrere gehabt haben. 5. Jm übrigen ist der Zusammenhang der bisher tractirten Materie mit der im achten Ca- pitel gantz deutlich. Nemlich er setzet darinnen den Stand der Gnade unter Christo und dem Evangelio dem Stande der herrschenden Sünde unter dem Gesetze entgegen, und zeiget an, was die Gläubigen unter dem Evangelio in der geist- lichen Vermählung mit Christo c. 7, 4. bey dem Wandel nach dem erneuerten Geiste, für grosse Vorrechte und Wohlthaten zu geniessen haben. Das achte Capitel. Darinnen die schon zum theil im fünften Capitel von v. 1. bis 12. angeführte Heils-Güter und Privilegia der Gläubigen in dem Stande der Gnade unter dem Evangelio mit mehrern vor- gestellet werden. V. 1. [Spaltenumbruch]
SO ist nun nichts Verdammli- nach M 3
Cap. 8, v. 1. an die Roͤmer. [Spaltenumbruch]
principium noch in mir finde und es leiden muß,daß es ſich jenem herrſchenden principio wider- ſetzet. Genug, daß es die Oberhand nicht mehr hat. Anmerckungen. 1. Bey dieſer bisher gegebenen Auslegung ſcheinet zwar diß einzige bedencklich zu ſeyn, daß Paulus immer in ſeiner eigenen Perſon redet, da er doch nicht mehr unter dem Geſetze war, ſon- dern unter der Gnade. Es faͤllt aber dieſe Schwierigkeit hinweg, wenn man, wie oben angezeiget iſt, erweget, daß Paulus ehemals ſelbſt in ſolchem Stande wircklich gelebet hatte, und alſo aus eigner Erfahrung ſchreiben koͤnnen: und daß er, ob er gleich nicht mehr der vorige war, doch die Vorſtellung des Standes unter dem Geſetze in ſeiner eignen Perſon zu thun, ſo vielweniger Bedencken gehabt, ſo viel gewoͤhn- licher es auch ſonſt iſt, daß man den ſenſum im- perſonalem mit der Rede in prima perſona aus- drucket: wie uns die aus ſeinen eignen Briefen zuvor angefuͤhrten Exempel, darinnen er ſolche Art zu reden zum theil in einigen gantzen Verſen fortſetzet, deutlich genug anzeigen. 2. Nachdem der Apoſtel v. 24. bezeuget hatte, wie ſich der Menſch unter dem Geſetze nach einer Erloͤſung zu ſehnen, und v. 25. wie er dieſe in Chriſto von GOtt mit Danckſagung an- zunehmen habe; ſo nimmt man die folgenden Worte von dem Dienſte der mit dem Gemuͤ- the dem Geſetze GOttes geleiſtet werde, billig an von dem Stande der Gnade, darinnen man der Erloͤſung ſchon theilhaftig worden iſt. 3. Zwar lautet es darauf in den allerletzten Worten etwas hart, daß von einem Wieder- gebohrnen geſaget werden ſoll, er diene mit dem [Spaltenumbruch] Fleiſch dem Geſetz der Suͤnden: allein, da der Apoſtel das Wort dienen um des Gegenſatzes willen, den dieſe Worte mit dem vorhergehen- den haben, wiederholen wollen; ſo hat man es nicht nach der Schaͤrfe des vorigen Satzes zu nehmen, ſondern alſo, wie der Zuſtand eines Wiedergebohrnen es mit ſich bringet: gleich- wie es auch alle diejenigen auslegen, welche den gantzen vorhergehenden Context von den Wie- dergebohrnen verſtehen, und daher wider dieſe Explication ſo viel weniger etwas einwenden koͤnnen. Wie aber mit gedachter Redens-Art ſo gar nicht ein herrſchender Suͤnden-Dienſt an- gezeiget werde, daruͤber erklaͤret ſich der Apoſtel in dem, was unmittelbar darauf folget c. 8. Meiner geringen Einſicht nach gehoͤren dieſe letz- tern Worte, vermoͤge der vorhergeſetzten Danck- ſagung, zu der Materie des achten Capitels. 4. Will aber iemand dieſelben Worte lieber zu der vorhergehenden Materie von dem Zuſtande unter dem Geſetze rechnen; zumal, da der Apoſtel ſaget ἀυτὸς ἐγὼ, ſo kan demſelben zu deſto mehrern Befugniß ſolches Verſtandes dieſes dienen, daß die Danckſagung kan angeſehen werden, als ſtehe ſie in parentheſi: wie wir denn der parenthetiſchen Reden in dieſem Briefe ſchon mehrere gehabt haben. 5. Jm uͤbrigen iſt der Zuſammenhang der bisher tractirten Materie mit der im achten Ca- pitel gantz deutlich. Nemlich er ſetzet darinnen den Stand der Gnade unter Chriſto und dem Evangelio dem Stande der herrſchenden Suͤnde unter dem Geſetze entgegen, und zeiget an, was die Glaͤubigen unter dem Evangelio in der geiſt- lichen Vermaͤhlung mit Chriſto c. 7, 4. bey dem Wandel nach dem erneuerten Geiſte, fuͤr groſſe Vorrechte und Wohlthaten zu genieſſen haben. Das achte Capitel. Darinnen die ſchon zum theil im fuͤnften Capitel von v. 1. bis 12. angefuͤhrte Heils-Guͤter und Privilegia der Glaͤubigen in dem Stande der Gnade unter dem Evangelio mit mehrern vor- geſtellet werden. V. 1. [Spaltenumbruch]
SO iſt nun nichts Verdammli- nach M 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0121" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 8, v. 1. an die Roͤmer.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#aq">principium</hi> noch in mir finde und es leiden muß,<lb/> daß es ſich jenem herrſchenden <hi rendition="#aq">principio</hi> wider-<lb/> ſetzet. Genug, daß es die Oberhand nicht<lb/> mehr hat.</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Bey dieſer bisher gegebenen Auslegung<lb/> ſcheinet zwar diß einzige bedencklich zu ſeyn, daß<lb/> Paulus immer in ſeiner eigenen Perſon redet, da<lb/> er doch nicht mehr unter dem Geſetze war, ſon-<lb/> dern unter der Gnade. Es faͤllt aber dieſe<lb/> Schwierigkeit hinweg, wenn man, wie oben<lb/> angezeiget iſt, erweget, daß Paulus ehemals<lb/> ſelbſt in ſolchem Stande wircklich gelebet hatte,<lb/> und alſo aus eigner Erfahrung ſchreiben koͤnnen:<lb/> und daß er, ob er gleich nicht mehr der vorige<lb/> war, doch die Vorſtellung des Standes unter<lb/> dem Geſetze in ſeiner eignen Perſon zu thun, ſo<lb/> vielweniger Bedencken gehabt, ſo viel gewoͤhn-<lb/> licher es auch ſonſt iſt, daß man den <hi rendition="#aq">ſenſum im-<lb/> perſonalem</hi> mit der Rede in <hi rendition="#aq">prima perſona</hi> aus-<lb/> drucket: wie uns die aus ſeinen eignen Briefen<lb/> zuvor angefuͤhrten Exempel, darinnen er ſolche<lb/> Art zu reden zum theil in einigen gantzen Verſen<lb/> fortſetzet, deutlich genug anzeigen.</item><lb/> <item>2. Nachdem der Apoſtel v. 24. bezeuget<lb/> hatte, wie ſich der Menſch unter dem Geſetze<lb/> nach einer Erloͤſung zu ſehnen, und v. 25. wie er<lb/> dieſe in Chriſto von GOtt mit Danckſagung an-<lb/> zunehmen habe; ſo nimmt man die folgenden<lb/> Worte von dem Dienſte der mit dem Gemuͤ-<lb/> the dem Geſetze GOttes geleiſtet werde, billig<lb/> an von dem Stande der Gnade, darinnen<lb/> man der Erloͤſung ſchon theilhaftig worden iſt.</item><lb/> <item>3. Zwar lautet es darauf in den allerletzten<lb/> Worten etwas hart, daß von einem Wieder-<lb/> gebohrnen geſaget werden ſoll, er diene mit dem<lb/><cb/> Fleiſch dem Geſetz der Suͤnden: allein, da der<lb/> Apoſtel das Wort <hi rendition="#fr">dienen</hi> um des Gegenſatzes<lb/> willen, den dieſe Worte mit dem vorhergehen-<lb/> den haben, wiederholen wollen; ſo hat man es<lb/> nicht nach der Schaͤrfe des vorigen Satzes zu<lb/> nehmen, ſondern alſo, wie der Zuſtand eines<lb/> Wiedergebohrnen es mit ſich bringet: gleich-<lb/> wie es auch alle diejenigen auslegen, welche den<lb/> gantzen vorhergehenden <hi rendition="#aq">Context</hi> von den Wie-<lb/> dergebohrnen verſtehen, und daher wider dieſe<lb/><hi rendition="#aq">Explication</hi> ſo viel weniger etwas einwenden<lb/> koͤnnen. Wie aber mit gedachter Redens-Art<lb/> ſo gar nicht ein herrſchender Suͤnden-Dienſt an-<lb/> gezeiget werde, daruͤber erklaͤret ſich der Apoſtel<lb/> in dem, was unmittelbar darauf folget c. 8.<lb/> Meiner geringen Einſicht nach gehoͤren dieſe letz-<lb/> tern Worte, vermoͤge der vorhergeſetzten Danck-<lb/> ſagung, zu der Materie des achten Capitels.</item><lb/> <item>4. Will aber iemand dieſelben Worte<lb/> lieber zu der vorhergehenden Materie von dem<lb/> Zuſtande unter dem Geſetze rechnen; zumal, da<lb/> der Apoſtel ſaget ἀυτὸς ἐγὼ, ſo kan demſelben<lb/> zu deſto mehrern Befugniß ſolches Verſtandes<lb/> dieſes dienen, daß die Danckſagung kan angeſehen<lb/> werden, als ſtehe ſie in <hi rendition="#aq">parentheſi:</hi> wie wir denn<lb/> der <hi rendition="#aq">parentheti</hi>ſchen Reden in dieſem Briefe ſchon<lb/> mehrere gehabt haben.</item><lb/> <item>5. Jm uͤbrigen iſt der Zuſammenhang der<lb/> bisher tractirten Materie mit der im achten Ca-<lb/> pitel gantz deutlich. Nemlich er ſetzet darinnen<lb/> den Stand der Gnade unter Chriſto und dem<lb/> Evangelio dem Stande der herrſchenden Suͤnde<lb/> unter dem Geſetze entgegen, und zeiget an, was<lb/> die Glaͤubigen unter dem Evangelio in der geiſt-<lb/> lichen Vermaͤhlung mit Chriſto c. 7, 4. bey dem<lb/> Wandel nach dem erneuerten Geiſte, fuͤr groſſe<lb/> Vorrechte und Wohlthaten zu genieſſen haben.</item> </list> </div> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das achte Capitel.<lb/> Darinnen die ſchon zum theil im fuͤnften Capitel von v. 1.<lb/> bis 12. angefuͤhrte Heils-Guͤter und <hi rendition="#aq">Privilegia</hi> der Glaͤubigen in dem<lb/> Stande der Gnade unter dem Evangelio mit mehrern vor-<lb/> geſtellet werden.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>V. 1.</head><lb/> <cb/> <p><hi rendition="#in">S</hi><hi rendition="#fr">O iſt nun nichts Verdammli-<lb/> ches</hi> (οὐδὲν κατάκριμα, keine<lb/> wuͤrckliche Verdammung: es<lb/> iſt das κρίμα, die Schuld und<lb/> alſo auch das κατάκριμα, die<lb/> Verdammniß, von ihnen hinweg genommen,<lb/> und ſind ſie dagegen gerecht geſprochen wor-<lb/> den cap. 5, 16. 18.) <hi rendition="#fr">an denen, die in Chri-<lb/> ſto ſind</hi> (die nicht allein durch Chriſtum er-<lb/> loͤſet ſind c. 3, 24. 25. c. 5, 6 8. 10. ſondern ihn<lb/> auch wuͤrcklich zur Erloͤſung angenommen haben,<lb/> in ſeinen Tod getaufet, und wie ſeines Todes<lb/> zur Verſoͤhnung, alſo auch ſeiner Auferſtehung<lb/> zum neuen Leben theilhaftig worden c. 6, 2. <hi rendition="#aq">ſqq.</hi><lb/><cb/> die ſchon wuͤrcklich gerechtfertiget ſind, und in<lb/> GOTT Friede mit GOTT und in GOTT,<lb/> auch einen freyen Zugang zu GOTT erlanget<lb/> haben, c. 5, 1. <hi rendition="#aq">ſeqq.</hi> die als eine reine Braut<lb/> Chriſto zugefuͤhret ſind, und mit ihm in der geiſt-<lb/> lichen Ehe leben, c. 7, 2. 3. 4. ja ihme, wie die<lb/> Pfropf-Reiſer, σύμφυτοι & ἔμφυτοι, dem<lb/> Stamme einverleibet ſind c. 6, 5. die ſich auch<lb/> ſonderlich damit <hi rendition="#aq">characteriſir</hi>en, und von denen,<lb/> welche noch unter dem Geſetze und unter der<lb/> Suͤnde ſind, unterſcheiden, daß ſie ſolche ſind)<lb/><hi rendition="#fr">die nicht nach dem Fleiſche</hi> (nach dem <hi rendition="#aq">princi-<lb/> pio</hi> und Triebe der in ihnen noch uͤbrigen Erb-<lb/> Suͤnde) <hi rendition="#fr">wandeln, ſondern nach dem Geiſt</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">M 3</fw><fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0121]
Cap. 8, v. 1. an die Roͤmer.
principium noch in mir finde und es leiden muß,
daß es ſich jenem herrſchenden principio wider-
ſetzet. Genug, daß es die Oberhand nicht
mehr hat.
Anmerckungen.
1. Bey dieſer bisher gegebenen Auslegung
ſcheinet zwar diß einzige bedencklich zu ſeyn, daß
Paulus immer in ſeiner eigenen Perſon redet, da
er doch nicht mehr unter dem Geſetze war, ſon-
dern unter der Gnade. Es faͤllt aber dieſe
Schwierigkeit hinweg, wenn man, wie oben
angezeiget iſt, erweget, daß Paulus ehemals
ſelbſt in ſolchem Stande wircklich gelebet hatte,
und alſo aus eigner Erfahrung ſchreiben koͤnnen:
und daß er, ob er gleich nicht mehr der vorige
war, doch die Vorſtellung des Standes unter
dem Geſetze in ſeiner eignen Perſon zu thun, ſo
vielweniger Bedencken gehabt, ſo viel gewoͤhn-
licher es auch ſonſt iſt, daß man den ſenſum im-
perſonalem mit der Rede in prima perſona aus-
drucket: wie uns die aus ſeinen eignen Briefen
zuvor angefuͤhrten Exempel, darinnen er ſolche
Art zu reden zum theil in einigen gantzen Verſen
fortſetzet, deutlich genug anzeigen.
2. Nachdem der Apoſtel v. 24. bezeuget
hatte, wie ſich der Menſch unter dem Geſetze
nach einer Erloͤſung zu ſehnen, und v. 25. wie er
dieſe in Chriſto von GOtt mit Danckſagung an-
zunehmen habe; ſo nimmt man die folgenden
Worte von dem Dienſte der mit dem Gemuͤ-
the dem Geſetze GOttes geleiſtet werde, billig
an von dem Stande der Gnade, darinnen
man der Erloͤſung ſchon theilhaftig worden iſt.
3. Zwar lautet es darauf in den allerletzten
Worten etwas hart, daß von einem Wieder-
gebohrnen geſaget werden ſoll, er diene mit dem
Fleiſch dem Geſetz der Suͤnden: allein, da der
Apoſtel das Wort dienen um des Gegenſatzes
willen, den dieſe Worte mit dem vorhergehen-
den haben, wiederholen wollen; ſo hat man es
nicht nach der Schaͤrfe des vorigen Satzes zu
nehmen, ſondern alſo, wie der Zuſtand eines
Wiedergebohrnen es mit ſich bringet: gleich-
wie es auch alle diejenigen auslegen, welche den
gantzen vorhergehenden Context von den Wie-
dergebohrnen verſtehen, und daher wider dieſe
Explication ſo viel weniger etwas einwenden
koͤnnen. Wie aber mit gedachter Redens-Art
ſo gar nicht ein herrſchender Suͤnden-Dienſt an-
gezeiget werde, daruͤber erklaͤret ſich der Apoſtel
in dem, was unmittelbar darauf folget c. 8.
Meiner geringen Einſicht nach gehoͤren dieſe letz-
tern Worte, vermoͤge der vorhergeſetzten Danck-
ſagung, zu der Materie des achten Capitels.
4. Will aber iemand dieſelben Worte
lieber zu der vorhergehenden Materie von dem
Zuſtande unter dem Geſetze rechnen; zumal, da
der Apoſtel ſaget ἀυτὸς ἐγὼ, ſo kan demſelben
zu deſto mehrern Befugniß ſolches Verſtandes
dieſes dienen, daß die Danckſagung kan angeſehen
werden, als ſtehe ſie in parentheſi: wie wir denn
der parenthetiſchen Reden in dieſem Briefe ſchon
mehrere gehabt haben.
5. Jm uͤbrigen iſt der Zuſammenhang der
bisher tractirten Materie mit der im achten Ca-
pitel gantz deutlich. Nemlich er ſetzet darinnen
den Stand der Gnade unter Chriſto und dem
Evangelio dem Stande der herrſchenden Suͤnde
unter dem Geſetze entgegen, und zeiget an, was
die Glaͤubigen unter dem Evangelio in der geiſt-
lichen Vermaͤhlung mit Chriſto c. 7, 4. bey dem
Wandel nach dem erneuerten Geiſte, fuͤr groſſe
Vorrechte und Wohlthaten zu genieſſen haben.
Das achte Capitel.
Darinnen die ſchon zum theil im fuͤnften Capitel von v. 1.
bis 12. angefuͤhrte Heils-Guͤter und Privilegia der Glaͤubigen in dem
Stande der Gnade unter dem Evangelio mit mehrern vor-
geſtellet werden.
V. 1.
SO iſt nun nichts Verdammli-
ches (οὐδὲν κατάκριμα, keine
wuͤrckliche Verdammung: es
iſt das κρίμα, die Schuld und
alſo auch das κατάκριμα, die
Verdammniß, von ihnen hinweg genommen,
und ſind ſie dagegen gerecht geſprochen wor-
den cap. 5, 16. 18.) an denen, die in Chri-
ſto ſind (die nicht allein durch Chriſtum er-
loͤſet ſind c. 3, 24. 25. c. 5, 6 8. 10. ſondern ihn
auch wuͤrcklich zur Erloͤſung angenommen haben,
in ſeinen Tod getaufet, und wie ſeines Todes
zur Verſoͤhnung, alſo auch ſeiner Auferſtehung
zum neuen Leben theilhaftig worden c. 6, 2. ſqq.
die ſchon wuͤrcklich gerechtfertiget ſind, und in
GOTT Friede mit GOTT und in GOTT,
auch einen freyen Zugang zu GOTT erlanget
haben, c. 5, 1. ſeqq. die als eine reine Braut
Chriſto zugefuͤhret ſind, und mit ihm in der geiſt-
lichen Ehe leben, c. 7, 2. 3. 4. ja ihme, wie die
Pfropf-Reiſer, σύμφυτοι & ἔμφυτοι, dem
Stamme einverleibet ſind c. 6, 5. die ſich auch
ſonderlich damit characteriſiren, und von denen,
welche noch unter dem Geſetze und unter der
Suͤnde ſind, unterſcheiden, daß ſie ſolche ſind)
die nicht nach dem Fleiſche (nach dem princi-
pio und Triebe der in ihnen noch uͤbrigen Erb-
Suͤnde) wandeln, ſondern nach dem Geiſt
nach
M 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |