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Lange, Helene: Die Frauen und das politische Leben. Berlin, 1909.

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dann in der Tat zum Ausschluß der Frauen von den Gewerbe-
gerichten und im Jahre 1904 auch von den Kaufmanns-
gerichten geführt. Aber die Entwicklung ist auch über diese
Rückständigkeit schon hinausgegangen. Das Arbeitskammer-
gesetz hat von vornherein mit einem Frauenwahlrecht gerechnet,
hat in seiner zweiten Modifikation die Frauen den Männern voll-
ständig gleichgestellt. Und der soeben erschienene Regierungs-
entwurf zur Vereinheitlichung des Versicherungswesens hat den
Frauen auch das Wahlrecht für die Berufsgenossenschaften, auf
denen die Unfallversicherung beruht, sowie für die unteren
Verwaltungsinstanzen der Jnvalidenversicherung in Aussicht
gestellt.

So hat sich hier Schritt für Schritt, ohne daß dazu eine
besonders energische Agitation notwendig gewesen wäre, einfach
aus der Folgerichtigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung heraus,
das Einrücken der Frauen in die Sphäre des öffentlichen Rechtes
vollzogen. Vergebens hat man, die tiefere symptomatische Be-
deutung dieser scheinbar kleinen Vorstöße ahnend, sie abzuwehren
versucht. Die Logik der Tatsachen war schließlich stärker als
alle Wünsche, Traditionen und Pietätswerte und wird sich auch
in der Zukunft als stärker erweisen. Keine Frage: die Frauen-
arbeit wird ein Krystallisationspunkt, um den sich in immer
weiterer Ausstrahlung in das Staatsleben hinein öffentliche
Frauenrechte schließen. Dieser Prozeß kann gehemmt, auf-
gehalten, in seinem organischen Fortschritt durch Willkür und
Vorurteile verkümmert werden: er wird sich dennoch fortsetzen;
denn ihn treiben die Kräfte, die unser Volksleben im tiefsten
Kern bestimmen.

Aber nicht nur innerhalb des relativ engen Bezirkes der
gesetzlichen Berufsvertretung hängen wirtschaftliche und politische
Jnteressen zusammen. Das soziale Leben unserer Zeit zeigt
sie in einer noch viel weitergreifenden und mannigfaltigeren
Verknüpfung. Die innere und äußere Politik der Gegenwart
bekommt geradezu ihr Gepräge dadurch, daß sich wirtschaftliche
Jnteressen immer fester zusammenballen und nach politischem
Einfluß und politischer Vertretung drängen. Es ist kaum noch

dann in der Tat zum Ausschluß der Frauen von den Gewerbe-
gerichten und im Jahre 1904 auch von den Kaufmanns-
gerichten geführt. Aber die Entwicklung ist auch über diese
Rückständigkeit schon hinausgegangen. Das Arbeitskammer-
gesetz hat von vornherein mit einem Frauenwahlrecht gerechnet,
hat in seiner zweiten Modifikation die Frauen den Männern voll-
ständig gleichgestellt. Und der soeben erschienene Regierungs-
entwurf zur Vereinheitlichung des Versicherungswesens hat den
Frauen auch das Wahlrecht für die Berufsgenossenschaften, auf
denen die Unfallversicherung beruht, sowie für die unteren
Verwaltungsinstanzen der Jnvalidenversicherung in Aussicht
gestellt.

So hat sich hier Schritt für Schritt, ohne daß dazu eine
besonders energische Agitation notwendig gewesen wäre, einfach
aus der Folgerichtigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung heraus,
das Einrücken der Frauen in die Sphäre des öffentlichen Rechtes
vollzogen. Vergebens hat man, die tiefere symptomatische Be-
deutung dieser scheinbar kleinen Vorstöße ahnend, sie abzuwehren
versucht. Die Logik der Tatsachen war schließlich stärker als
alle Wünsche, Traditionen und Pietätswerte und wird sich auch
in der Zukunft als stärker erweisen. Keine Frage: die Frauen-
arbeit wird ein Krystallisationspunkt, um den sich in immer
weiterer Ausstrahlung in das Staatsleben hinein öffentliche
Frauenrechte schließen. Dieser Prozeß kann gehemmt, auf-
gehalten, in seinem organischen Fortschritt durch Willkür und
Vorurteile verkümmert werden: er wird sich dennoch fortsetzen;
denn ihn treiben die Kräfte, die unser Volksleben im tiefsten
Kern bestimmen.

Aber nicht nur innerhalb des relativ engen Bezirkes der
gesetzlichen Berufsvertretung hängen wirtschaftliche und politische
Jnteressen zusammen. Das soziale Leben unserer Zeit zeigt
sie in einer noch viel weitergreifenden und mannigfaltigeren
Verknüpfung. Die innere und äußere Politik der Gegenwart
bekommt geradezu ihr Gepräge dadurch, daß sich wirtschaftliche
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[8/0014] dann in der Tat zum Ausschluß der Frauen von den Gewerbe- gerichten und im Jahre 1904 auch von den Kaufmanns- gerichten geführt. Aber die Entwicklung ist auch über diese Rückständigkeit schon hinausgegangen. Das Arbeitskammer- gesetz hat von vornherein mit einem Frauenwahlrecht gerechnet, hat in seiner zweiten Modifikation die Frauen den Männern voll- ständig gleichgestellt. Und der soeben erschienene Regierungs- entwurf zur Vereinheitlichung des Versicherungswesens hat den Frauen auch das Wahlrecht für die Berufsgenossenschaften, auf denen die Unfallversicherung beruht, sowie für die unteren Verwaltungsinstanzen der Jnvalidenversicherung in Aussicht gestellt. So hat sich hier Schritt für Schritt, ohne daß dazu eine besonders energische Agitation notwendig gewesen wäre, einfach aus der Folgerichtigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung heraus, das Einrücken der Frauen in die Sphäre des öffentlichen Rechtes vollzogen. Vergebens hat man, die tiefere symptomatische Be- deutung dieser scheinbar kleinen Vorstöße ahnend, sie abzuwehren versucht. Die Logik der Tatsachen war schließlich stärker als alle Wünsche, Traditionen und Pietätswerte und wird sich auch in der Zukunft als stärker erweisen. Keine Frage: die Frauen- arbeit wird ein Krystallisationspunkt, um den sich in immer weiterer Ausstrahlung in das Staatsleben hinein öffentliche Frauenrechte schließen. Dieser Prozeß kann gehemmt, auf- gehalten, in seinem organischen Fortschritt durch Willkür und Vorurteile verkümmert werden: er wird sich dennoch fortsetzen; denn ihn treiben die Kräfte, die unser Volksleben im tiefsten Kern bestimmen. Aber nicht nur innerhalb des relativ engen Bezirkes der gesetzlichen Berufsvertretung hängen wirtschaftliche und politische Jnteressen zusammen. Das soziale Leben unserer Zeit zeigt sie in einer noch viel weitergreifenden und mannigfaltigeren Verknüpfung. Die innere und äußere Politik der Gegenwart bekommt geradezu ihr Gepräge dadurch, daß sich wirtschaftliche Jnteressen immer fester zusammenballen und nach politischem Einfluß und politischer Vertretung drängen. Es ist kaum noch

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2022-03-24T10:53:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Dennis Dietrich: Bearbeitung der digitalen Edition. (2022-03-24T10:53:44Z)

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Die Frauen und das politische Leben. Berlin, 1909, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_frauen_1909/14>, abgerufen am 23.11.2024.