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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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III. Hauptstück.
änderlichen einer Sprache anzumerken, und werden es
hier nicht wiederholen. Man wird aber ohne viele
Mühe die Schicklichkeit finden, daß eben die
Wörter, bey welchen eine neuentstehende
Sprache anfangen muß, diejenigen sind, deren
Bedeutung am unveränderlichsten und zu-
gleich am kenntlichsten ist.
Man darf zu diesem
Ende nur die vorhin (§. 117.) angezeigten Classen der-
selben mit den im erstangezogenen §. 138. der Alethiolo-
gie gegen einander halten.

§. 122. Aus dieser Vergleichung wird auch mit er-
hellen, daß die ersten Urheber einer Sprache unmittel-
bar da anfangen, wohin man bey einer charakteristi-
schen oder wissenschaftlichen Sprache erst nach sehr weit-
läuftigen Zusammensetzungen einfacher Zeichen gelan-
gen würde, weil man endlich doch auf Abkürzungen
denken müßte, wie man es in der Algeber thut (§. 110.).
Denn ohne diese Abkürzungen müßten in der charakte-
ristischen Sprache, alle und jede Theile der Sache, ih-
re Verbindung und Verhältnisse gezeichnet werden.
Dieses kann nun für einfache Figuren allerdings gesche-
hen. Hingegen für die Dinge in der Natur wird es
so leicht nicht angehen, weil ihre Grundtheilchen uns
unempfindbar sind. Gienge es aber dennoch an, so
würde unstreitig die Bezeichnung so weitläuftig, daß
man sie nicht zu Ende bringen würde. Denn sollte
sie durchaus complet seyn, so würde sie uns die Anato-
mie der Körper, der Thiere und Pflanzen etc. ganz über-
flüßig machen, weil sie uns die Lage, Größe, Kraft,
Verbindung, Verhältniß etc. jeder kleinern und größern
Theile entwickelt vorstellen müßte.

§. 123. Die Urheber der wirklichen Sprachen ver-
fuhren aber ganz anders, und Natur und Nothwen-
digkeit verhalf ihnen dazu. Sie fiengen bey dem Gan-
zen
an. Sie benennten jedes Thier, jede Pflanze,

jeden

III. Hauptſtuͤck.
aͤnderlichen einer Sprache anzumerken, und werden es
hier nicht wiederholen. Man wird aber ohne viele
Muͤhe die Schicklichkeit finden, daß eben die
Woͤrter, bey welchen eine neuentſtehende
Sprache anfangen muß, diejenigen ſind, deren
Bedeutung am unveraͤnderlichſten und zu-
gleich am kenntlichſten iſt.
Man darf zu dieſem
Ende nur die vorhin (§. 117.) angezeigten Claſſen der-
ſelben mit den im erſtangezogenen §. 138. der Alethiolo-
gie gegen einander halten.

§. 122. Aus dieſer Vergleichung wird auch mit er-
hellen, daß die erſten Urheber einer Sprache unmittel-
bar da anfangen, wohin man bey einer charakteriſti-
ſchen oder wiſſenſchaftlichen Sprache erſt nach ſehr weit-
laͤuftigen Zuſammenſetzungen einfacher Zeichen gelan-
gen wuͤrde, weil man endlich doch auf Abkuͤrzungen
denken muͤßte, wie man es in der Algeber thut (§. 110.).
Denn ohne dieſe Abkuͤrzungen muͤßten in der charakte-
riſtiſchen Sprache, alle und jede Theile der Sache, ih-
re Verbindung und Verhaͤltniſſe gezeichnet werden.
Dieſes kann nun fuͤr einfache Figuren allerdings geſche-
hen. Hingegen fuͤr die Dinge in der Natur wird es
ſo leicht nicht angehen, weil ihre Grundtheilchen uns
unempfindbar ſind. Gienge es aber dennoch an, ſo
wuͤrde unſtreitig die Bezeichnung ſo weitlaͤuftig, daß
man ſie nicht zu Ende bringen wuͤrde. Denn ſollte
ſie durchaus complet ſeyn, ſo wuͤrde ſie uns die Anato-
mie der Koͤrper, der Thiere und Pflanzen ꝛc. ganz uͤber-
fluͤßig machen, weil ſie uns die Lage, Groͤße, Kraft,
Verbindung, Verhaͤltniß ꝛc. jeder kleinern und groͤßern
Theile entwickelt vorſtellen muͤßte.

§. 123. Die Urheber der wirklichen Sprachen ver-
fuhren aber ganz anders, und Natur und Nothwen-
digkeit verhalf ihnen dazu. Sie fiengen bey dem Gan-
zen
an. Sie benennten jedes Thier, jede Pflanze,

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[72/0078] III. Hauptſtuͤck. aͤnderlichen einer Sprache anzumerken, und werden es hier nicht wiederholen. Man wird aber ohne viele Muͤhe die Schicklichkeit finden, daß eben die Woͤrter, bey welchen eine neuentſtehende Sprache anfangen muß, diejenigen ſind, deren Bedeutung am unveraͤnderlichſten und zu- gleich am kenntlichſten iſt. Man darf zu dieſem Ende nur die vorhin (§. 117.) angezeigten Claſſen der- ſelben mit den im erſtangezogenen §. 138. der Alethiolo- gie gegen einander halten. §. 122. Aus dieſer Vergleichung wird auch mit er- hellen, daß die erſten Urheber einer Sprache unmittel- bar da anfangen, wohin man bey einer charakteriſti- ſchen oder wiſſenſchaftlichen Sprache erſt nach ſehr weit- laͤuftigen Zuſammenſetzungen einfacher Zeichen gelan- gen wuͤrde, weil man endlich doch auf Abkuͤrzungen denken muͤßte, wie man es in der Algeber thut (§. 110.). Denn ohne dieſe Abkuͤrzungen muͤßten in der charakte- riſtiſchen Sprache, alle und jede Theile der Sache, ih- re Verbindung und Verhaͤltniſſe gezeichnet werden. Dieſes kann nun fuͤr einfache Figuren allerdings geſche- hen. Hingegen fuͤr die Dinge in der Natur wird es ſo leicht nicht angehen, weil ihre Grundtheilchen uns unempfindbar ſind. Gienge es aber dennoch an, ſo wuͤrde unſtreitig die Bezeichnung ſo weitlaͤuftig, daß man ſie nicht zu Ende bringen wuͤrde. Denn ſollte ſie durchaus complet ſeyn, ſo wuͤrde ſie uns die Anato- mie der Koͤrper, der Thiere und Pflanzen ꝛc. ganz uͤber- fluͤßig machen, weil ſie uns die Lage, Groͤße, Kraft, Verbindung, Verhaͤltniß ꝛc. jeder kleinern und groͤßern Theile entwickelt vorſtellen muͤßte. §. 123. Die Urheber der wirklichen Sprachen ver- fuhren aber ganz anders, und Natur und Nothwen- digkeit verhalf ihnen dazu. Sie fiengen bey dem Gan- zen an. Sie benennten jedes Thier, jede Pflanze, jeden

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/78>, abgerufen am 23.11.2024.