fremden Sprachen findet. Wir bemerken hiebey nur eine Anomalie in den gewöhnlichen Buchstaben unserer Sprachen. Denn für dh, gh, dhs, gs, bh, nehmen wir einfache Zeichen t, k, z, x, p, und hingegen für die einfachen Mitlauter der Griechen kh [kh] ph, nehmen wir ch, sch, ph. Letzteres vermuthlich aus Mangel eige- ner Zeichen, ersteres als eine ganz willkührliche Abkür- zung, die nach strengern Regeln entweder unterbleiben, oder auf jede andere zusammengeschlungene Consonan- ten, z. E. bl, br, bs, gl, gr, gs, st, spr, str etc. ausgedehnt werden müßte.
§. 78. Von diesen einfachen Consonanten kommen einige den Vocalen näher, und diese sind s, ch, sch, f, r, weil der Ton in der Aussprache, so lange man will, dar- auf ruhen kann, wie bey den Vocalen. Nach diesen haben die 3 Buchstaben l, m, n, noch etwas selbsttönen- des, d und g sind stummer, b und w fordern eine völli- ge Schließung der Lippen, und das h ist eine bloße Aspiration. Man könnte sie demnach in halblaute, flüßige, halbstumme, stumme und aspirirende abtheilen.
§. 79. Das Zusammenschlingen zweener oder meh- rerer Consonanten, um sie mit einem male auszuspre- chen, kömmt theils auf die von Jugend auf angewöhnte Biegsamkeit der Gliedmaßen der Sprache, theils auch darauf an, ob die Bewegung dieser Gliedmaßen bey der Aussprache eines Consonanten, näher an die Bewe- gung bey der Aussprache eines andern grenze. Das letztere macht nur die Aussprache mehr oder minder hart oder fließender, wie denn überhaupt eine Sprache, die fünf, sechs und etwa gar noch mehr Consonanten ohne eingemengten Vocal mit einem male und jeden vernehmlich auszusprechen vorgiebt, als eine härtere Sprache angesehen wird, und von Fremden, die sich nicht von Jugend auf darinn geübt haben, mühsam
oder
Lamb. Organon II B. D
Von der Sprache an ſich betrachtet.
fremden Sprachen findet. Wir bemerken hiebey nur eine Anomalie in den gewoͤhnlichen Buchſtaben unſerer Sprachen. Denn fuͤr dh, gh, dhs, gs, bh, nehmen wir einfache Zeichen t, k, z, x, p, und hingegen fuͤr die einfachen Mitlauter der Griechen χ [χ] φ, nehmen wir ch, ſch, ph. Letzteres vermuthlich aus Mangel eige- ner Zeichen, erſteres als eine ganz willkuͤhrliche Abkuͤr- zung, die nach ſtrengern Regeln entweder unterbleiben, oder auf jede andere zuſammengeſchlungene Conſonan- ten, z. E. bl, br, bs, gl, gr, gs, ſt, ſpr, ſtr ꝛc. ausgedehnt werden muͤßte.
§. 78. Von dieſen einfachen Conſonanten kommen einige den Vocalen naͤher, und dieſe ſind s, ch, ſch, f, r, weil der Ton in der Ausſprache, ſo lange man will, dar- auf ruhen kann, wie bey den Vocalen. Nach dieſen haben die 3 Buchſtaben l, m, n, noch etwas ſelbſttoͤnen- des, d und g ſind ſtummer, b und w fordern eine voͤlli- ge Schließung der Lippen, und das h iſt eine bloße Aſpiration. Man koͤnnte ſie demnach in halblaute, fluͤßige, halbſtumme, ſtumme und aſpirirende abtheilen.
§. 79. Das Zuſammenſchlingen zweener oder meh- rerer Conſonanten, um ſie mit einem male auszuſpre- chen, koͤmmt theils auf die von Jugend auf angewoͤhnte Biegſamkeit der Gliedmaßen der Sprache, theils auch darauf an, ob die Bewegung dieſer Gliedmaßen bey der Ausſprache eines Conſonanten, naͤher an die Bewe- gung bey der Ausſprache eines andern grenze. Das letztere macht nur die Ausſprache mehr oder minder hart oder fließender, wie denn uͤberhaupt eine Sprache, die fuͤnf, ſechs und etwa gar noch mehr Conſonanten ohne eingemengten Vocal mit einem male und jeden vernehmlich auszuſprechen vorgiebt, als eine haͤrtere Sprache angeſehen wird, und von Fremden, die ſich nicht von Jugend auf darinn geuͤbt haben, muͤhſam
oder
Lamb. Organon II B. D
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[49/0055]
Von der Sprache an ſich betrachtet.
fremden Sprachen findet. Wir bemerken hiebey nur
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Sprachen. Denn fuͤr dh, gh, dhs, gs, bh, nehmen
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zung, die nach ſtrengern Regeln entweder unterbleiben,
oder auf jede andere zuſammengeſchlungene Conſonan-
ten, z. E. bl, br, bs, gl, gr, gs, ſt, ſpr, ſtr ꝛc. ausgedehnt
werden muͤßte.
§. 78. Von dieſen einfachen Conſonanten kommen
einige den Vocalen naͤher, und dieſe ſind s, ch, ſch, f, r,
weil der Ton in der Ausſprache, ſo lange man will, dar-
auf ruhen kann, wie bey den Vocalen. Nach dieſen
haben die 3 Buchſtaben l, m, n, noch etwas ſelbſttoͤnen-
des, d und g ſind ſtummer, b und w fordern eine voͤlli-
ge Schließung der Lippen, und das h iſt eine bloße
Aſpiration. Man koͤnnte ſie demnach in halblaute,
fluͤßige, halbſtumme, ſtumme und aſpirirende
abtheilen.
§. 79. Das Zuſammenſchlingen zweener oder meh-
rerer Conſonanten, um ſie mit einem male auszuſpre-
chen, koͤmmt theils auf die von Jugend auf angewoͤhnte
Biegſamkeit der Gliedmaßen der Sprache, theils auch
darauf an, ob die Bewegung dieſer Gliedmaßen bey
der Ausſprache eines Conſonanten, naͤher an die Bewe-
gung bey der Ausſprache eines andern grenze. Das
letztere macht nur die Ausſprache mehr oder minder
hart oder fließender, wie denn uͤberhaupt eine Sprache,
die fuͤnf, ſechs und etwa gar noch mehr Conſonanten
ohne eingemengten Vocal mit einem male und jeden
vernehmlich auszuſprechen vorgiebt, als eine haͤrtere
Sprache angeſehen wird, und von Fremden, die ſich
nicht von Jugend auf darinn geuͤbt haben, muͤhſam
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/55>, abgerufen am 16.07.2024.
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