(§. 46. Alethiol.), und die Vollkommenheit der Zeich- nung besteht in der durchgängigen Allegorie zwischen den Zeichen und der Sache, und zwischen der Theorie von beyden (§. 23. 29.), weil beyde Theorien sollen ver- wechselt werden können.
§. 63. Die Zeichen sind ferner in einem höhern Grade wissenschaftlich, wenn sie, nachdem die gegebenen oder bestimmenden Stücke gezeichnet worden, das da- durch Bestimmte zugleich mit gezeichnet ist. So ist es ein Vorzug der Algeber, daß sie nicht nur antwortet, was gefragt wird, sondern wenn die Frage in der That mehrere Antworten leidet, so giebt sie mit einem mal alle an. Auf eine ähnliche Art bestimmt sie, wenn ein Umstand aus der Frage wegbleiben kann, oder wenn ein Datum überflüßig ist, und so auch, wenn nicht ge- nug Data sind, und ebenfalls, wenn die Frage unmög- lich ist, oder wo sie anfängt, unmöglich zu werden. Die- ses alles bestimmt sich durch eine der Algeber eigene Theorie, welche nicht von den Zeichen, sondern von der Natur der Größen hergenommen ist, weil die algebrai- schen Zeichen zuviel willkührlich sind, als daß sie diese Theorie unmittelbar angeben sollten (§. 58.).
§. 64. Uebrigens ist für sich klar, daß, wenn die Zeichnung mehr angeben soll, als wirklich gezeichnet worden, dieses mehrere nur in Verhältnissen bestehen könne. Denn wenn das, was man zeichnen wollte, ge- zeichnet ist, so kommen keine neue Zeichen mehr hinzu. Hingegen da aus zweyen Verhältnissen ein drittes an sich schon bestimmt seyn kann (§. 467. seq. Dianoiol.), so ist es auch möglich, daß die Zeichnung dieses dritte Verhältniß angebe, ohne daß es besonders gezeichnet werden müsse. Und dieses soll bey wissenschaftlichen Zeichen von Rechts wegen seyn, weil ihre Theorie statt der Theorie der Sache soll dienen können (§. 23.).
§. 65.
I. Hauptſtuͤck. Von der ſymboliſchen
(§. 46. Alethiol.), und die Vollkommenheit der Zeich- nung beſteht in der durchgaͤngigen Allegorie zwiſchen den Zeichen und der Sache, und zwiſchen der Theorie von beyden (§. 23. 29.), weil beyde Theorien ſollen ver- wechſelt werden koͤnnen.
§. 63. Die Zeichen ſind ferner in einem hoͤhern Grade wiſſenſchaftlich, wenn ſie, nachdem die gegebenen oder beſtimmenden Stuͤcke gezeichnet worden, das da- durch Beſtimmte zugleich mit gezeichnet iſt. So iſt es ein Vorzug der Algeber, daß ſie nicht nur antwortet, was gefragt wird, ſondern wenn die Frage in der That mehrere Antworten leidet, ſo giebt ſie mit einem mal alle an. Auf eine aͤhnliche Art beſtimmt ſie, wenn ein Umſtand aus der Frage wegbleiben kann, oder wenn ein Datum uͤberfluͤßig iſt, und ſo auch, wenn nicht ge- nug Data ſind, und ebenfalls, wenn die Frage unmoͤg- lich iſt, oder wo ſie anfaͤngt, unmoͤglich zu werden. Die- ſes alles beſtimmt ſich durch eine der Algeber eigene Theorie, welche nicht von den Zeichen, ſondern von der Natur der Groͤßen hergenommen iſt, weil die algebrai- ſchen Zeichen zuviel willkuͤhrlich ſind, als daß ſie dieſe Theorie unmittelbar angeben ſollten (§. 58.).
§. 64. Uebrigens iſt fuͤr ſich klar, daß, wenn die Zeichnung mehr angeben ſoll, als wirklich gezeichnet worden, dieſes mehrere nur in Verhaͤltniſſen beſtehen koͤnne. Denn wenn das, was man zeichnen wollte, ge- zeichnet iſt, ſo kommen keine neue Zeichen mehr hinzu. Hingegen da aus zweyen Verhaͤltniſſen ein drittes an ſich ſchon beſtimmt ſeyn kann (§. 467. ſeq. Dianoiol.), ſo iſt es auch moͤglich, daß die Zeichnung dieſes dritte Verhaͤltniß angebe, ohne daß es beſonders gezeichnet werden muͤſſe. Und dieſes ſoll bey wiſſenſchaftlichen Zeichen von Rechts wegen ſeyn, weil ihre Theorie ſtatt der Theorie der Sache ſoll dienen koͤnnen (§. 23.).
§. 65.
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I. Hauptſtuͤck. Von der ſymboliſchen
(§. 46. Alethiol.), und die Vollkommenheit der Zeich-
nung beſteht in der durchgaͤngigen Allegorie zwiſchen
den Zeichen und der Sache, und zwiſchen der Theorie
von beyden (§. 23. 29.), weil beyde Theorien ſollen ver-
wechſelt werden koͤnnen.
§. 63. Die Zeichen ſind ferner in einem hoͤhern
Grade wiſſenſchaftlich, wenn ſie, nachdem die gegebenen
oder beſtimmenden Stuͤcke gezeichnet worden, das da-
durch Beſtimmte zugleich mit gezeichnet iſt. So iſt es
ein Vorzug der Algeber, daß ſie nicht nur antwortet,
was gefragt wird, ſondern wenn die Frage in der That
mehrere Antworten leidet, ſo giebt ſie mit einem mal
alle an. Auf eine aͤhnliche Art beſtimmt ſie, wenn ein
Umſtand aus der Frage wegbleiben kann, oder wenn
ein Datum uͤberfluͤßig iſt, und ſo auch, wenn nicht ge-
nug Data ſind, und ebenfalls, wenn die Frage unmoͤg-
lich iſt, oder wo ſie anfaͤngt, unmoͤglich zu werden. Die-
ſes alles beſtimmt ſich durch eine der Algeber eigene
Theorie, welche nicht von den Zeichen, ſondern von der
Natur der Groͤßen hergenommen iſt, weil die algebrai-
ſchen Zeichen zuviel willkuͤhrlich ſind, als daß ſie dieſe
Theorie unmittelbar angeben ſollten (§. 58.).
§. 64. Uebrigens iſt fuͤr ſich klar, daß, wenn die
Zeichnung mehr angeben ſoll, als wirklich gezeichnet
worden, dieſes mehrere nur in Verhaͤltniſſen beſtehen
koͤnne. Denn wenn das, was man zeichnen wollte, ge-
zeichnet iſt, ſo kommen keine neue Zeichen mehr hinzu.
Hingegen da aus zweyen Verhaͤltniſſen ein drittes an
ſich ſchon beſtimmt ſeyn kann (§. 467. ſeq. Dianoiol.),
ſo iſt es auch moͤglich, daß die Zeichnung dieſes dritte
Verhaͤltniß angebe, ohne daß es beſonders gezeichnet
werden muͤſſe. Und dieſes ſoll bey wiſſenſchaftlichen
Zeichen von Rechts wegen ſeyn, weil ihre Theorie ſtatt
der Theorie der Sache ſoll dienen koͤnnen (§. 23.).
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/46>, abgerufen am 16.02.2025.
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