Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.VI. Hauptstück. aber noch weiter, und giebt in der Perspective Mittelan, den Schein der sichtbaren Dinge zu malen, oder ih- re scheinbare Gestalt so zu zeichnen, daß die Zeichnung eben so in das Auge falle, als die Gegenstände selbst, wenn beyde aus dem dazu gewählten Gesichtspunkt be- trachtet werden. Wir haben diesen Begriff der Per- spective bereits (§. 4.) allgemeiner genommen, und den- selben auf die ganze Phänomenologie ausgedehnt, und werden nun umständlicher bestimmen, was diese tran- scendente Perspective, in diesem weitläuftigen Um- fange genommen, für besondere Arten und Theile be- greift, und in dieser Absicht werden wir den Be- griff der optischen Perspective stuffenweise allgemeiner machen. §. 267. Wir merken demnach an, daß die perspe- §. 268. Noch weiter aber geht man in solchen Nach- Art
VI. Hauptſtuͤck. aber noch weiter, und giebt in der Perſpective Mittelan, den Schein der ſichtbaren Dinge zu malen, oder ih- re ſcheinbare Geſtalt ſo zu zeichnen, daß die Zeichnung eben ſo in das Auge falle, als die Gegenſtaͤnde ſelbſt, wenn beyde aus dem dazu gewaͤhlten Geſichtspunkt be- trachtet werden. Wir haben dieſen Begriff der Per- ſpective bereits (§. 4.) allgemeiner genommen, und den- ſelben auf die ganze Phaͤnomenologie ausgedehnt, und werden nun umſtaͤndlicher beſtimmen, was dieſe tran- ſcendente Perſpective, in dieſem weitlaͤuftigen Um- fange genommen, fuͤr beſondere Arten und Theile be- greift, und in dieſer Abſicht werden wir den Be- griff der optiſchen Perſpective ſtuffenweiſe allgemeiner machen. §. 267. Wir merken demnach an, daß die perſpe- §. 268. Noch weiter aber geht man in ſolchen Nach- Art
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0428" n="422"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VI.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/> aber noch weiter, und giebt in der Perſpective Mittel<lb/> an, den Schein der ſichtbaren Dinge zu malen, oder ih-<lb/> re ſcheinbare Geſtalt ſo zu zeichnen, daß die Zeichnung<lb/> eben ſo in das Auge falle, als die Gegenſtaͤnde ſelbſt,<lb/> wenn beyde aus dem dazu gewaͤhlten Geſichtspunkt be-<lb/> trachtet werden. Wir haben dieſen Begriff der Per-<lb/> ſpective bereits (§. 4.) allgemeiner genommen, und den-<lb/> ſelben auf die ganze Phaͤnomenologie ausgedehnt, und<lb/> werden nun umſtaͤndlicher beſtimmen, was dieſe <hi rendition="#fr">tran-<lb/> ſcendente Perſpective,</hi> in dieſem weitlaͤuftigen Um-<lb/> fange genommen, fuͤr beſondere Arten und Theile be-<lb/> greift, und in dieſer Abſicht werden wir den Be-<lb/> griff der optiſchen Perſpective ſtuffenweiſe allgemeiner<lb/> machen.</p><lb/> <p>§. 267. Wir merken demnach an, daß die perſpe-<lb/> ctiviſche Zeichnung des Scheins jedesmal auf <hi rendition="#fr">einen</hi><lb/> Geſichtspunkt eingeſchraͤnkt iſt. Hierinn iſt nun die<lb/><hi rendition="#fr">Bildhauer-Modellir-</hi> und <hi rendition="#fr">Poßirkunſt</hi> allgemei-<lb/> ner, weil das Bild oder das Modell die abgebildete<lb/> oder modellirte Sache in jeden Geſichtspunkten eben ſo<lb/> vorſtellen ſoll, wie ſich in demſelben die Sache ſelbſt<lb/> zeigt, und uͤberdieß nicht nur dem <hi rendition="#fr">Auge,</hi> ſondern auch<lb/> dem <hi rendition="#fr">Gefuͤhl</hi> einerley Schein zeigen muß. Wir mer-<lb/> ken hiebey an, daß man in ſolcher <hi rendition="#fr">Nachahmung</hi> ei-<lb/> gentlich nur auf die <hi rendition="#fr">koͤrperliche Geſtalt</hi> ſieht, ſo fern<lb/> ſie ſichtbar und fuͤhlbar iſt, und daß hingegen dieſe Ge-<lb/> ſtalt der Groͤße nach von dem Original verſchieden ſeyn<lb/> koͤnne, wenn nur jede Theile in der Lage und Propor-<lb/> tion dem Original aͤhnlich bleiben.</p><lb/> <p>§. 268. Noch weiter aber geht man in ſolchen Nach-<lb/> ahmungen, wenn man ſelbſt auch den <hi rendition="#fr">Stoff</hi> eines<lb/> Koͤrpers durch Kunſt nachzumachen ſucht, wie z. E. bey<lb/> nachgemachten Perlen, Edelgeſteinen, Metallen, Mine-<lb/> ralien, Arzneyen, Speiſen, Getraͤnken ꝛc. wobey, wie<lb/> wir bereits oben (§. 76.) bey der Betrachtung dieſer<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Art</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0428]
VI. Hauptſtuͤck.
aber noch weiter, und giebt in der Perſpective Mittel
an, den Schein der ſichtbaren Dinge zu malen, oder ih-
re ſcheinbare Geſtalt ſo zu zeichnen, daß die Zeichnung
eben ſo in das Auge falle, als die Gegenſtaͤnde ſelbſt,
wenn beyde aus dem dazu gewaͤhlten Geſichtspunkt be-
trachtet werden. Wir haben dieſen Begriff der Per-
ſpective bereits (§. 4.) allgemeiner genommen, und den-
ſelben auf die ganze Phaͤnomenologie ausgedehnt, und
werden nun umſtaͤndlicher beſtimmen, was dieſe tran-
ſcendente Perſpective, in dieſem weitlaͤuftigen Um-
fange genommen, fuͤr beſondere Arten und Theile be-
greift, und in dieſer Abſicht werden wir den Be-
griff der optiſchen Perſpective ſtuffenweiſe allgemeiner
machen.
§. 267. Wir merken demnach an, daß die perſpe-
ctiviſche Zeichnung des Scheins jedesmal auf einen
Geſichtspunkt eingeſchraͤnkt iſt. Hierinn iſt nun die
Bildhauer-Modellir- und Poßirkunſt allgemei-
ner, weil das Bild oder das Modell die abgebildete
oder modellirte Sache in jeden Geſichtspunkten eben ſo
vorſtellen ſoll, wie ſich in demſelben die Sache ſelbſt
zeigt, und uͤberdieß nicht nur dem Auge, ſondern auch
dem Gefuͤhl einerley Schein zeigen muß. Wir mer-
ken hiebey an, daß man in ſolcher Nachahmung ei-
gentlich nur auf die koͤrperliche Geſtalt ſieht, ſo fern
ſie ſichtbar und fuͤhlbar iſt, und daß hingegen dieſe Ge-
ſtalt der Groͤße nach von dem Original verſchieden ſeyn
koͤnne, wenn nur jede Theile in der Lage und Propor-
tion dem Original aͤhnlich bleiben.
§. 268. Noch weiter aber geht man in ſolchen Nach-
ahmungen, wenn man ſelbſt auch den Stoff eines
Koͤrpers durch Kunſt nachzumachen ſucht, wie z. E. bey
nachgemachten Perlen, Edelgeſteinen, Metallen, Mine-
ralien, Arzneyen, Speiſen, Getraͤnken ꝛc. wobey, wie
wir bereits oben (§. 76.) bey der Betrachtung dieſer
Art
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |