Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.III. Hauptstück. Eindruck machen. Wir haben daher auch Wörter inder Sprache, die sich auf die Gegenstände mehrerer Sinnen erstrecken, dergleichen z. E. das Wort schön ist, welches Farben, Figur, Gestalt, Ton, Musik, Ge- danken, Geist etc. als ein Beywort zugesetzt wird, und in so ferne transcendent ist. §. 103. Hierüber können wir anmerken, daß, wo §. 104. Das Wahre in den Begriffen kömmt dar- wir
III. Hauptſtuͤck. Eindruck machen. Wir haben daher auch Woͤrter inder Sprache, die ſich auf die Gegenſtaͤnde mehrerer Sinnen erſtrecken, dergleichen z. E. das Wort ſchoͤn iſt, welches Farben, Figur, Geſtalt, Ton, Muſik, Ge- danken, Geiſt ꝛc. als ein Beywort zugeſetzt wird, und in ſo ferne tranſcendent iſt. §. 103. Hieruͤber koͤnnen wir anmerken, daß, wo §. 104. Das Wahre in den Begriffen koͤmmt dar- wir
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0288" n="282"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/> Eindruck machen. Wir haben daher auch Woͤrter in<lb/> der Sprache, die ſich auf die Gegenſtaͤnde mehrerer<lb/> Sinnen erſtrecken, dergleichen z. E. das Wort <hi rendition="#fr">ſchoͤn</hi><lb/> iſt, welches Farben, Figur, Geſtalt, Ton, Muſik, Ge-<lb/> danken, Geiſt ꝛc. als ein Beywort zugeſetzt wird, und<lb/> in ſo ferne tranſcendent iſt.</p><lb/> <p>§. 103. Hieruͤber koͤnnen wir anmerken, daß, wo<lb/> Woͤrter von ſo weitlaͤuſtiger Ausdehnung zu definiren<lb/> ſind, es viel darauf ankomme, ob die Sprache mehr<lb/> andere Woͤrter von gleicher Ausdehnung habe? Wo<lb/> dieſes nicht iſt, da iſt man gleichſam genoͤthigt, den Be-<lb/> griff in Claſſen zu theilen, und jede beſonders zu defini-<lb/> ren. Sodann koͤnnen wir hier den Begriff der <hi rendition="#fr">Va-<lb/> rietaͤt</hi> allgemeiner machen, den man bisher in der<lb/> Kraͤuterkunde gebraucht hat, um dadurch die Abwechs-<lb/> lungen anzuzeigen, die bey einer gleichen Art von Pflan-<lb/> zen vorkommen, dergleichen z. E. die Farben bey den<lb/> Tulpen, Nelken ꝛc. ſind. Dieſer Begriff laͤßt ſich eben-<lb/> falls auf Handlungen ausdehnen, die von ihrer Abſicht,<lb/> Urſache, Wirkung ꝛc. her benennt, und daher, aller uͤbri-<lb/> gen Unterſchiede und Abaͤnderungen ungeacht, in eine<lb/> Claſſe geſetzt werden.</p><lb/> <p>§. 104. Das Wahre in den Begriffen koͤmmt dar-<lb/> auf an, daß ſie moͤglich ſeyen, und ein fuͤr ſich gedenkba-<lb/> res Ganzes vorſtellen. Dieſes macht ſie richtig und<lb/> vollſtaͤndig. Die Merkmale, die man zuſammennimmt,<lb/> muͤſſen ſich koͤnnen zuſammennehmen laſſen, und es<lb/> muß keines wegbleiben, das zu den uͤbrigen mit gehoͤrt,<lb/> damit keine <hi rendition="#fr">Luͤcke</hi> in dem Begriff bleibe. Was hie-<lb/> bey uͤberſehen oder aus der Acht gelaſſen wird, das<lb/> macht den Begriff nur <hi rendition="#fr">ſcheinbar,</hi> oder dem <hi rendition="#fr">Schein</hi><lb/> nach richtig, und es iſt ein bloßer Schein, ſo oft in dem<lb/> Begriffe noch entweder unbemerkte <hi rendition="#fr">Widerſpruͤche</hi><lb/> oder unbemerkte <hi rendition="#fr">Luͤcken</hi> ſind, oder gar beydes vor-<lb/> koͤmmt. Jſt hingegen der Begriff an ſich richtig, aber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wir</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0288]
III. Hauptſtuͤck.
Eindruck machen. Wir haben daher auch Woͤrter in
der Sprache, die ſich auf die Gegenſtaͤnde mehrerer
Sinnen erſtrecken, dergleichen z. E. das Wort ſchoͤn
iſt, welches Farben, Figur, Geſtalt, Ton, Muſik, Ge-
danken, Geiſt ꝛc. als ein Beywort zugeſetzt wird, und
in ſo ferne tranſcendent iſt.
§. 103. Hieruͤber koͤnnen wir anmerken, daß, wo
Woͤrter von ſo weitlaͤuſtiger Ausdehnung zu definiren
ſind, es viel darauf ankomme, ob die Sprache mehr
andere Woͤrter von gleicher Ausdehnung habe? Wo
dieſes nicht iſt, da iſt man gleichſam genoͤthigt, den Be-
griff in Claſſen zu theilen, und jede beſonders zu defini-
ren. Sodann koͤnnen wir hier den Begriff der Va-
rietaͤt allgemeiner machen, den man bisher in der
Kraͤuterkunde gebraucht hat, um dadurch die Abwechs-
lungen anzuzeigen, die bey einer gleichen Art von Pflan-
zen vorkommen, dergleichen z. E. die Farben bey den
Tulpen, Nelken ꝛc. ſind. Dieſer Begriff laͤßt ſich eben-
falls auf Handlungen ausdehnen, die von ihrer Abſicht,
Urſache, Wirkung ꝛc. her benennt, und daher, aller uͤbri-
gen Unterſchiede und Abaͤnderungen ungeacht, in eine
Claſſe geſetzt werden.
§. 104. Das Wahre in den Begriffen koͤmmt dar-
auf an, daß ſie moͤglich ſeyen, und ein fuͤr ſich gedenkba-
res Ganzes vorſtellen. Dieſes macht ſie richtig und
vollſtaͤndig. Die Merkmale, die man zuſammennimmt,
muͤſſen ſich koͤnnen zuſammennehmen laſſen, und es
muß keines wegbleiben, das zu den uͤbrigen mit gehoͤrt,
damit keine Luͤcke in dem Begriff bleibe. Was hie-
bey uͤberſehen oder aus der Acht gelaſſen wird, das
macht den Begriff nur ſcheinbar, oder dem Schein
nach richtig, und es iſt ein bloßer Schein, ſo oft in dem
Begriffe noch entweder unbemerkte Widerſpruͤche
oder unbemerkte Luͤcken ſind, oder gar beydes vor-
koͤmmt. Jſt hingegen der Begriff an ſich richtig, aber
wir
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |