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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Hypothetischen der Sprache.
hin um sie von einander zu unterscheiden und kurz vor-
zustellen. Unterläßt man aber solche Definitionen, so
daß der genaue Verstand des Wortes aus dem Zusam-
menhange bestimmt werden muß, so gilt hier, was wir
bereits oben (§. 307-312.) angemerkt haben.

§. 350. Läßt man aber einem Worte einen noch
unbestimmten Umfang der Bedeutung, so gebraucht es
allerdings einige Behutsamkeit, wenn man dasselbe zum
Mittelgliede von Schlüssen macht. Denn da könnte
leicht der Obersatz in einem ganz andern Umfange wahr
seyn, als der Untersatz, und so hätte man in der Schluß-
rede nicht drey, sondern vier wirklich verschiedene Glie-
der, und der Schlußsatz könnte ganz oder zum Theile
falsch seyn, oder seine Glieder werden metaphorisch, und
da muß seine Richtigkeit für sich geprüft werden. Auf
diese Art lassen sich Allegorien fortsetzen, aber solche
Schlüsse sind nur die Veranlassung dazu. So z. E.
wenn man den Verstand unter dem Bilde eines Lichtes
vorstellt, so läßt sich allerdings viel von dem, was man
von einem Lichte sagen kann, metaphorisch von dem
Verstande sagen, und die Allegorie kann weit fortgesetzt
werden. Der Untersatz in diesen Schlüssen ist immer,
daß der Verstand ein Licht sey, aber das Prädicat des
Obersatzes wird im Schlußsatze metaphorisch, und muß
geprüft werden, ob es als eine Metapher vom Verstan-
de könne gesagt werden. Denn da in solchen Schlüs-
sen fünf Glieder sind, so dienen sie nur als Anlässe zu
Vermuthungen, die dessen uneracht öfters glücklich aus-
fallen. Es ist unstreitig, daß von den so genannten
glücklichen und unerwarteten Einfällen viele auf diese
Art veranlaßt werden.

§. 351. Die ziemlich bestimmte und in Vergleichung
der Menge von Begriffen geringe Anzahl der Wörter
einer Sprache macht ferner das Definiren der Begriffe
und Wörter in vielen Fällen schwer und großentheils
unmöglich. Denn es kömmt immer darauf an, ob die

Sprache
O 3

Von dem Hypothetiſchen der Sprache.
hin um ſie von einander zu unterſcheiden und kurz vor-
zuſtellen. Unterlaͤßt man aber ſolche Definitionen, ſo
daß der genaue Verſtand des Wortes aus dem Zuſam-
menhange beſtimmt werden muß, ſo gilt hier, was wir
bereits oben (§. 307-312.) angemerkt haben.

§. 350. Laͤßt man aber einem Worte einen noch
unbeſtimmten Umfang der Bedeutung, ſo gebraucht es
allerdings einige Behutſamkeit, wenn man daſſelbe zum
Mittelgliede von Schluͤſſen macht. Denn da koͤnnte
leicht der Oberſatz in einem ganz andern Umfange wahr
ſeyn, als der Unterſatz, und ſo haͤtte man in der Schluß-
rede nicht drey, ſondern vier wirklich verſchiedene Glie-
der, und der Schlußſatz koͤnnte ganz oder zum Theile
falſch ſeyn, oder ſeine Glieder werden metaphoriſch, und
da muß ſeine Richtigkeit fuͤr ſich gepruͤft werden. Auf
dieſe Art laſſen ſich Allegorien fortſetzen, aber ſolche
Schluͤſſe ſind nur die Veranlaſſung dazu. So z. E.
wenn man den Verſtand unter dem Bilde eines Lichtes
vorſtellt, ſo laͤßt ſich allerdings viel von dem, was man
von einem Lichte ſagen kann, metaphoriſch von dem
Verſtande ſagen, und die Allegorie kann weit fortgeſetzt
werden. Der Unterſatz in dieſen Schluͤſſen iſt immer,
daß der Verſtand ein Licht ſey, aber das Praͤdicat des
Oberſatzes wird im Schlußſatze metaphoriſch, und muß
gepruͤft werden, ob es als eine Metapher vom Verſtan-
de koͤnne geſagt werden. Denn da in ſolchen Schluͤſ-
ſen fuͤnf Glieder ſind, ſo dienen ſie nur als Anlaͤſſe zu
Vermuthungen, die deſſen uneracht oͤfters gluͤcklich aus-
fallen. Es iſt unſtreitig, daß von den ſo genannten
gluͤcklichen und unerwarteten Einfaͤllen viele auf dieſe
Art veranlaßt werden.

§. 351. Die ziemlich beſtimmte und in Vergleichung
der Menge von Begriffen geringe Anzahl der Woͤrter
einer Sprache macht ferner das Definiren der Begriffe
und Woͤrter in vielen Faͤllen ſchwer und großentheils
unmoͤglich. Denn es koͤmmt immer darauf an, ob die

Sprache
O 3
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[213/0219] Von dem Hypothetiſchen der Sprache. hin um ſie von einander zu unterſcheiden und kurz vor- zuſtellen. Unterlaͤßt man aber ſolche Definitionen, ſo daß der genaue Verſtand des Wortes aus dem Zuſam- menhange beſtimmt werden muß, ſo gilt hier, was wir bereits oben (§. 307-312.) angemerkt haben. §. 350. Laͤßt man aber einem Worte einen noch unbeſtimmten Umfang der Bedeutung, ſo gebraucht es allerdings einige Behutſamkeit, wenn man daſſelbe zum Mittelgliede von Schluͤſſen macht. Denn da koͤnnte leicht der Oberſatz in einem ganz andern Umfange wahr ſeyn, als der Unterſatz, und ſo haͤtte man in der Schluß- rede nicht drey, ſondern vier wirklich verſchiedene Glie- der, und der Schlußſatz koͤnnte ganz oder zum Theile falſch ſeyn, oder ſeine Glieder werden metaphoriſch, und da muß ſeine Richtigkeit fuͤr ſich gepruͤft werden. Auf dieſe Art laſſen ſich Allegorien fortſetzen, aber ſolche Schluͤſſe ſind nur die Veranlaſſung dazu. So z. E. wenn man den Verſtand unter dem Bilde eines Lichtes vorſtellt, ſo laͤßt ſich allerdings viel von dem, was man von einem Lichte ſagen kann, metaphoriſch von dem Verſtande ſagen, und die Allegorie kann weit fortgeſetzt werden. Der Unterſatz in dieſen Schluͤſſen iſt immer, daß der Verſtand ein Licht ſey, aber das Praͤdicat des Oberſatzes wird im Schlußſatze metaphoriſch, und muß gepruͤft werden, ob es als eine Metapher vom Verſtan- de koͤnne geſagt werden. Denn da in ſolchen Schluͤſ- ſen fuͤnf Glieder ſind, ſo dienen ſie nur als Anlaͤſſe zu Vermuthungen, die deſſen uneracht oͤfters gluͤcklich aus- fallen. Es iſt unſtreitig, daß von den ſo genannten gluͤcklichen und unerwarteten Einfaͤllen viele auf dieſe Art veranlaßt werden. §. 351. Die ziemlich beſtimmte und in Vergleichung der Menge von Begriffen geringe Anzahl der Woͤrter einer Sprache macht ferner das Definiren der Begriffe und Woͤrter in vielen Faͤllen ſchwer und großentheils unmoͤglich. Denn es koͤmmt immer darauf an, ob die Sprache O 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/219>, abgerufen am 23.11.2024.