Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.Erkenntniß überhaupt. System von solchen Wörtern und Sätzen, einen leerenWortkram. Die Schulweisheit der Anhänger des Aristoteles wird eines solchen Wortkrams beschuldiget, und man hat sich bisher Mühe gegeben, die Weltweis- heit davon zu reinigen. Uebrigens ist es sehr wohl möglich, unvermerkt in solchen Wortkram zu fallen, wenn man sich nicht die Mühe nimmt, die Begriffe, die die Wörter vorstellen, durch wirkliche Empfindung der Sache, neuerdings klar zu machen. Baco hat dieses eingesehen, weil er die Erfahrung und Versuche als ei- nen Probierstein der Bedeutung der Wörter und der Begriffe vorgeschlagen. Und dieses hat die Wirkung gehabt, daß unter allen Theilen der Weltweisheit die Naturlehre am meisten und am sichtbarsten von dem leeren Wortkram befreyt worden, und noch immer mehr daran gearbeitet wird. Man sehe auch Dianoiol. §. 585. §. 22. Man nennt die symbolische Erkenntniß auch §. 23.
Erkenntniß uͤberhaupt. Syſtem von ſolchen Woͤrtern und Saͤtzen, einen leerenWortkram. Die Schulweisheit der Anhaͤnger des Ariſtoteles wird eines ſolchen Wortkrams beſchuldiget, und man hat ſich bisher Muͤhe gegeben, die Weltweis- heit davon zu reinigen. Uebrigens iſt es ſehr wohl moͤglich, unvermerkt in ſolchen Wortkram zu fallen, wenn man ſich nicht die Muͤhe nimmt, die Begriffe, die die Woͤrter vorſtellen, durch wirkliche Empfindung der Sache, neuerdings klar zu machen. Baco hat dieſes eingeſehen, weil er die Erfahrung und Verſuche als ei- nen Probierſtein der Bedeutung der Woͤrter und der Begriffe vorgeſchlagen. Und dieſes hat die Wirkung gehabt, daß unter allen Theilen der Weltweisheit die Naturlehre am meiſten und am ſichtbarſten von dem leeren Wortkram befreyt worden, und noch immer mehr daran gearbeitet wird. Man ſehe auch Dianoiol. §. 585. §. 22. Man nennt die ſymboliſche Erkenntniß auch §. 23.
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Erkenntniß uͤberhaupt.
Syſtem von ſolchen Woͤrtern und Saͤtzen, einen leeren
Wortkram. Die Schulweisheit der Anhaͤnger des
Ariſtoteles wird eines ſolchen Wortkrams beſchuldiget,
und man hat ſich bisher Muͤhe gegeben, die Weltweis-
heit davon zu reinigen. Uebrigens iſt es ſehr wohl
moͤglich, unvermerkt in ſolchen Wortkram zu fallen,
wenn man ſich nicht die Muͤhe nimmt, die Begriffe, die
die Woͤrter vorſtellen, durch wirkliche Empfindung der
Sache, neuerdings klar zu machen. Baco hat dieſes
eingeſehen, weil er die Erfahrung und Verſuche als ei-
nen Probierſtein der Bedeutung der Woͤrter und der
Begriffe vorgeſchlagen. Und dieſes hat die Wirkung
gehabt, daß unter allen Theilen der Weltweisheit die
Naturlehre am meiſten und am ſichtbarſten von dem
leeren Wortkram befreyt worden, und noch immer mehr
daran gearbeitet wird. Man ſehe auch Dianoiol. §. 585.
§. 22. Man nennt die ſymboliſche Erkenntniß auch
figuͤrlich, und zwar vornehmlich in ſo fern die Zeichen,
wodurch ſie vorgeſtellt wird, ſichtbar oder Figuren
ſind, wie z. E. die Schriften, Zahlen, Noten ꝛc. Uebri-
gens iſt das Wort figuͤrlich vieldeutig, und wird uͤber-
haupt von den Metaphern oder verbluͤmten Aus-
druͤcken gebraucht, beſonders aber auch, ſo fern wir
die abſtracten Begriffe und die Dinge der Jntellectual-
welt, wegen Aehnlichkeit des Eindruckes, uns unter ſinn-
lichen Bildern vorſtellen, wovon wir in der Alethiologie
§. 47. Beyſpiele geben. Jn dieſen letztern Faͤllen iſt
die ſymboliſche Erkenntniß auf eine gedoppelte Art figuͤr-
lich, weil man von der eigenen Bedeutung des Worts
abgeht, und ſich die Sache unter dem ſinnlichen Bilde
vorſtellt. Auf dieſe Art haben wir in der Dianoiologie
erwieſen, wie man die Lehre von den Schluͤſſen durch-
aus und im eigentlichſten Verſtande figuͤrlich machen
koͤnne, indem wir gezeigt haben, wie ſie ſich zeichnen laſſe.
§. 23.
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