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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Wortfügung.

als ein Muster des Lebens in den Ausdrücken an, und
man müßte den Charakter der Juno wenig kennen, um
nicht unvermerkt gleichsam nachzumachen, was

Flammato secum dea corde volutat.

§. 304. Die drey andern Stücke, nämlich die Be-
deutung jeder Worte, ihre Ordnung und der Zusam-
menhang der Redensart mit den vor und nachgehenden,
helfen sowohl im mündlichen als im schriftlichen Vor-
trage zur Bestimmung des Verstandes. Der mündli-
che hat hierinn in so ferne einen Vorzug, als der Zuhö-
rer um Erläuterung fragen kann, wo er irgend einen
Anstand findet. Der schriftliche aber, daß man der
Sache länger nachdenken, und sowohl im Schreiben als
im Lesen alles genauer erwägen kann. Die Fälle, die
hiebey vorkommen, sind, wo eine Redensart einen richti-
gen oder einen ganz verkehrten oder gar keinen Ver-
stand hat, oder wo sie wenigstens keinen zu haben
scheint. Jn allen diesen Fällen wird der Zusammen-
hang nur in so ferne mitgenommen, als der der Re-
densart eigene Verstand dadurch erörtert werden muß.
Es sind aber auch noch Fälle, wo die Schwierigkeit auf
die Bestimmung des Zusammenhanges ankömmt.
Diese haben wir bereits bey der Betrachtung der Bind-
wörter (§. 229 - 245.) und eben so auch das Bedeutende
in der Wortordnung (§. 296. seqq.) untersucht. Wir
werden demnach hier noch die erstern Fälle betrachten.

§. 305. Man kann nicht sagen, daß man eine Re-
densart verstehe, so bald man jedes Wort derselben ver-
steht. Denn da die Redensart die Wörter mit einan-
der verbindet, so kann sie nur alsdann einen Verstand
haben, wenn sich die Begriffe, die jedes Wort vorstellt,
auf eben die Art mit einander verbinden lassen. So
z. E. müssen die Beywörter in der That Eigenschaften
der Dinge anzeigen, die die Hauptwörter anzeigen, de-
nen sie beygesetzt werden. Eben so müssen die Zuwör-

ter
M 3
Von der Wortfuͤgung.

als ein Muſter des Lebens in den Ausdruͤcken an, und
man muͤßte den Charakter der Juno wenig kennen, um
nicht unvermerkt gleichſam nachzumachen, was

Flammato ſecum dea corde volutat.

§. 304. Die drey andern Stuͤcke, naͤmlich die Be-
deutung jeder Worte, ihre Ordnung und der Zuſam-
menhang der Redensart mit den vor und nachgehenden,
helfen ſowohl im muͤndlichen als im ſchriftlichen Vor-
trage zur Beſtimmung des Verſtandes. Der muͤndli-
che hat hierinn in ſo ferne einen Vorzug, als der Zuhoͤ-
rer um Erlaͤuterung fragen kann, wo er irgend einen
Anſtand findet. Der ſchriftliche aber, daß man der
Sache laͤnger nachdenken, und ſowohl im Schreiben als
im Leſen alles genauer erwaͤgen kann. Die Faͤlle, die
hiebey vorkommen, ſind, wo eine Redensart einen richti-
gen oder einen ganz verkehrten oder gar keinen Ver-
ſtand hat, oder wo ſie wenigſtens keinen zu haben
ſcheint. Jn allen dieſen Faͤllen wird der Zuſammen-
hang nur in ſo ferne mitgenommen, als der der Re-
densart eigene Verſtand dadurch eroͤrtert werden muß.
Es ſind aber auch noch Faͤlle, wo die Schwierigkeit auf
die Beſtimmung des Zuſammenhanges ankoͤmmt.
Dieſe haben wir bereits bey der Betrachtung der Bind-
woͤrter (§. 229 ‒ 245.) und eben ſo auch das Bedeutende
in der Wortordnung (§. 296. ſeqq.) unterſucht. Wir
werden demnach hier noch die erſtern Faͤlle betrachten.

§. 305. Man kann nicht ſagen, daß man eine Re-
densart verſtehe, ſo bald man jedes Wort derſelben ver-
ſteht. Denn da die Redensart die Woͤrter mit einan-
der verbindet, ſo kann ſie nur alsdann einen Verſtand
haben, wenn ſich die Begriffe, die jedes Wort vorſtellt,
auf eben die Art mit einander verbinden laſſen. So
z. E. muͤſſen die Beywoͤrter in der That Eigenſchaften
der Dinge anzeigen, die die Hauptwoͤrter anzeigen, de-
nen ſie beygeſetzt werden. Eben ſo muͤſſen die Zuwoͤr-

ter
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[181/0187] Von der Wortfuͤgung. als ein Muſter des Lebens in den Ausdruͤcken an, und man muͤßte den Charakter der Juno wenig kennen, um nicht unvermerkt gleichſam nachzumachen, was Flammato ſecum dea corde volutat. §. 304. Die drey andern Stuͤcke, naͤmlich die Be- deutung jeder Worte, ihre Ordnung und der Zuſam- menhang der Redensart mit den vor und nachgehenden, helfen ſowohl im muͤndlichen als im ſchriftlichen Vor- trage zur Beſtimmung des Verſtandes. Der muͤndli- che hat hierinn in ſo ferne einen Vorzug, als der Zuhoͤ- rer um Erlaͤuterung fragen kann, wo er irgend einen Anſtand findet. Der ſchriftliche aber, daß man der Sache laͤnger nachdenken, und ſowohl im Schreiben als im Leſen alles genauer erwaͤgen kann. Die Faͤlle, die hiebey vorkommen, ſind, wo eine Redensart einen richti- gen oder einen ganz verkehrten oder gar keinen Ver- ſtand hat, oder wo ſie wenigſtens keinen zu haben ſcheint. Jn allen dieſen Faͤllen wird der Zuſammen- hang nur in ſo ferne mitgenommen, als der der Re- densart eigene Verſtand dadurch eroͤrtert werden muß. Es ſind aber auch noch Faͤlle, wo die Schwierigkeit auf die Beſtimmung des Zuſammenhanges ankoͤmmt. Dieſe haben wir bereits bey der Betrachtung der Bind- woͤrter (§. 229 ‒ 245.) und eben ſo auch das Bedeutende in der Wortordnung (§. 296. ſeqq.) unterſucht. Wir werden demnach hier noch die erſtern Faͤlle betrachten. §. 305. Man kann nicht ſagen, daß man eine Re- densart verſtehe, ſo bald man jedes Wort derſelben ver- ſteht. Denn da die Redensart die Woͤrter mit einan- der verbindet, ſo kann ſie nur alsdann einen Verſtand haben, wenn ſich die Begriffe, die jedes Wort vorſtellt, auf eben die Art mit einander verbinden laſſen. So z. E. muͤſſen die Beywoͤrter in der That Eigenſchaften der Dinge anzeigen, die die Hauptwoͤrter anzeigen, de- nen ſie beygeſetzt werden. Eben ſo muͤſſen die Zuwoͤr- ter M 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/187>, abgerufen am 27.11.2024.