men. Beydes fällt bey einfachen Begriffen weg, weil diese sich selbst ihr eigenes und einiges inneres Merk- maal sind, und folglich nicht mehr als klar seyn kön- nen, eben deswegen, weil sie einfach sind. Da nun die Grundsätze gewisse Modificationen, die Postulata aber gewisse Möglichkeiten bey den einfachen Begrif- fen anzeigen, so ist offenbar, daß diese Modisicatio- nen und Möglichkeiten an sich auch einfach sind, und zugleich auch mit dem einfachen Begriffe klar und zu- gegeben werden.
§. 125.
Zu dem kömmt noch, daß, wenn man solche De- finitionen machen, und die Grundsätze daraus herlei- ten will, die Definitionen entweder nichts als Syno- nyma angeben, oder den einfachen und an sich klaren Begriff mehr verdunkeln als aufklären, und meh- rentheils so eingerichtet werden, daß sich der vorha- bende Grundsatz daraus herleiten lasse. Richtet man aber eine Definition gewissen Sätzen zu liebe viel- mehr so als anders ein, so kann der Leser allerdings ein Mißtrauen darauf setzen, und Definition und Sätze wegen des Zirkels, der in solchem Vortrage versteckt liegt, mit einem male verwerfen. Es ist immer mißlich, wenn man sieht, daß ein Satz bloß dadurch bewiesen wird, weil man die Definition dazu eingerichtet hat. Man verfällt dadurch in einen leeren Wortkram, der eben so schlecht ist, als der, den man so oft schon den Schullehrern vorgeworfen hat. Und in der That ist er auch nicht viel davon verschieden.
§. 126.
Uebrigens ist es unstreitig, daß die angezeigten Grundsätze und Forderungen, in den Wissenschaf- ten, dahin sie gehören, zugleich mit den einfachen
Be-
K k 4
von zuſammengeſetzten Begriffen.
men. Beydes faͤllt bey einfachen Begriffen weg, weil dieſe ſich ſelbſt ihr eigenes und einiges inneres Merk- maal ſind, und folglich nicht mehr als klar ſeyn koͤn- nen, eben deswegen, weil ſie einfach ſind. Da nun die Grundſaͤtze gewiſſe Modificationen, die Poſtulata aber gewiſſe Moͤglichkeiten bey den einfachen Begrif- fen anzeigen, ſo iſt offenbar, daß dieſe Modiſicatio- nen und Moͤglichkeiten an ſich auch einfach ſind, und zugleich auch mit dem einfachen Begriffe klar und zu- gegeben werden.
§. 125.
Zu dem koͤmmt noch, daß, wenn man ſolche De- finitionen machen, und die Grundſaͤtze daraus herlei- ten will, die Definitionen entweder nichts als Syno- nyma angeben, oder den einfachen und an ſich klaren Begriff mehr verdunkeln als aufklaͤren, und meh- rentheils ſo eingerichtet werden, daß ſich der vorha- bende Grundſatz daraus herleiten laſſe. Richtet man aber eine Definition gewiſſen Saͤtzen zu liebe viel- mehr ſo als anders ein, ſo kann der Leſer allerdings ein Mißtrauen darauf ſetzen, und Definition und Saͤtze wegen des Zirkels, der in ſolchem Vortrage verſteckt liegt, mit einem male verwerfen. Es iſt immer mißlich, wenn man ſieht, daß ein Satz bloß dadurch bewieſen wird, weil man die Definition dazu eingerichtet hat. Man verfaͤllt dadurch in einen leeren Wortkram, der eben ſo ſchlecht iſt, als der, den man ſo oft ſchon den Schullehrern vorgeworfen hat. Und in der That iſt er auch nicht viel davon verſchieden.
§. 126.
Uebrigens iſt es unſtreitig, daß die angezeigten Grundſaͤtze und Forderungen, in den Wiſſenſchaf- ten, dahin ſie gehoͤren, zugleich mit den einfachen
Be-
K k 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0541"n="519"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von zuſammengeſetzten Begriffen.</hi></fw><lb/>
men. Beydes faͤllt bey einfachen Begriffen weg, weil<lb/>
dieſe ſich ſelbſt ihr eigenes und einiges inneres Merk-<lb/>
maal ſind, und folglich nicht mehr als klar ſeyn koͤn-<lb/>
nen, eben deswegen, weil ſie einfach ſind. Da nun<lb/>
die Grundſaͤtze gewiſſe Modificationen, die <hirendition="#aq">Poſtulata</hi><lb/>
aber gewiſſe Moͤglichkeiten bey den einfachen Begrif-<lb/>
fen anzeigen, ſo iſt offenbar, daß dieſe Modiſicatio-<lb/>
nen und Moͤglichkeiten an ſich auch einfach ſind, und<lb/>
zugleich auch mit dem einfachen Begriffe klar und zu-<lb/>
gegeben werden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 125.</head><lb/><p>Zu dem koͤmmt noch, daß, wenn man ſolche De-<lb/>
finitionen machen, und die Grundſaͤtze daraus herlei-<lb/>
ten will, die Definitionen entweder nichts als <hirendition="#aq">Syno-<lb/>
nyma</hi> angeben, oder den einfachen und an ſich klaren<lb/>
Begriff mehr verdunkeln als aufklaͤren, und meh-<lb/>
rentheils ſo eingerichtet werden, daß ſich der vorha-<lb/>
bende Grundſatz daraus herleiten laſſe. Richtet<lb/>
man aber eine Definition gewiſſen Saͤtzen zu liebe viel-<lb/>
mehr ſo als anders ein, ſo kann der Leſer allerdings<lb/>
ein Mißtrauen darauf ſetzen, und Definition und<lb/>
Saͤtze wegen des Zirkels, der in ſolchem Vortrage<lb/>
verſteckt liegt, mit einem male verwerfen. Es iſt<lb/>
immer mißlich, wenn man ſieht, daß ein Satz bloß<lb/>
dadurch bewieſen wird, weil man die Definition dazu<lb/>
eingerichtet hat. Man verfaͤllt dadurch in einen<lb/>
leeren Wortkram, der eben ſo ſchlecht iſt, als der,<lb/>
den man ſo oft ſchon den Schullehrern vorgeworfen<lb/>
hat. Und in der That iſt er auch nicht viel davon<lb/>
verſchieden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 126.</head><lb/><p>Uebrigens iſt es unſtreitig, daß die angezeigten<lb/>
Grundſaͤtze und Forderungen, in den Wiſſenſchaf-<lb/>
ten, dahin ſie gehoͤren, zugleich mit den einfachen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K k 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Be-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[519/0541]
von zuſammengeſetzten Begriffen.
men. Beydes faͤllt bey einfachen Begriffen weg, weil
dieſe ſich ſelbſt ihr eigenes und einiges inneres Merk-
maal ſind, und folglich nicht mehr als klar ſeyn koͤn-
nen, eben deswegen, weil ſie einfach ſind. Da nun
die Grundſaͤtze gewiſſe Modificationen, die Poſtulata
aber gewiſſe Moͤglichkeiten bey den einfachen Begrif-
fen anzeigen, ſo iſt offenbar, daß dieſe Modiſicatio-
nen und Moͤglichkeiten an ſich auch einfach ſind, und
zugleich auch mit dem einfachen Begriffe klar und zu-
gegeben werden.
§. 125.
Zu dem koͤmmt noch, daß, wenn man ſolche De-
finitionen machen, und die Grundſaͤtze daraus herlei-
ten will, die Definitionen entweder nichts als Syno-
nyma angeben, oder den einfachen und an ſich klaren
Begriff mehr verdunkeln als aufklaͤren, und meh-
rentheils ſo eingerichtet werden, daß ſich der vorha-
bende Grundſatz daraus herleiten laſſe. Richtet
man aber eine Definition gewiſſen Saͤtzen zu liebe viel-
mehr ſo als anders ein, ſo kann der Leſer allerdings
ein Mißtrauen darauf ſetzen, und Definition und
Saͤtze wegen des Zirkels, der in ſolchem Vortrage
verſteckt liegt, mit einem male verwerfen. Es iſt
immer mißlich, wenn man ſieht, daß ein Satz bloß
dadurch bewieſen wird, weil man die Definition dazu
eingerichtet hat. Man verfaͤllt dadurch in einen
leeren Wortkram, der eben ſo ſchlecht iſt, als der,
den man ſo oft ſchon den Schullehrern vorgeworfen
hat. Und in der That iſt er auch nicht viel davon
verſchieden.
§. 126.
Uebrigens iſt es unſtreitig, daß die angezeigten
Grundſaͤtze und Forderungen, in den Wiſſenſchaf-
ten, dahin ſie gehoͤren, zugleich mit den einfachen
Be-
K k 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/541>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.