Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
wohl in Absicht auf die Sachen, als in Absicht
auf die Buchstaben und ihre Ordnung, weg-
fallen. Da aber die wirklichen Sprachen so
philosophisch nicht sind, so bliebe in dem letzten
Hauptstücke fürnehmlich das hypothetische in
der Bedeutung der Wörter aufzusuchen,
und zugleich darauf zusehen, wie die Bedeu-
tung
festgesetzt werden könne, weil dieses bey
den sogenannten Nominaldefinitionen noth-
wendig wird, als welche nicht ins unendliche
können fortgesetzt werden. Jn dieser Absicht
ließen sich die sämmtlichen Wörter der Sprache
in drey Classen theilen, von welchen die erste
gar keine Definitionen fordert, weil man die
Sache selbst im Ganzen vorzeigen, und folglich
Wort, Begriff und Sache unmittelbar mit ein-
ander verbinden kann. Die andere Classe,
welche die Wörter der ersten metaphorisch
macht, gebraucht statt der Definition eine Be-
stimmung des tertii comparationis. Die dritte
begreift die Wörter, welche müssen definirt wer-
den, und zwar so fern man die Wörter der bey-
den ersten Classen dazu gebrauchen kann, und
so dann die Wörter der dritten Classe, die auf
diese Art definirt sind, selbst wiederum zu Defi-
nitionen gebraucht. Es ist für sich klar, daß
auch die Wörter der dritten Classe wiederum
metaphorisch werden können, und es großen-
theils an sich schon sind. Diese Betrachtungen
werden nun in bemeldtem Hauptstücke auf die
Theorie der Wortstreite angewandt. Man

weiß,

Vorrede.
wohl in Abſicht auf die Sachen, als in Abſicht
auf die Buchſtaben und ihre Ordnung, weg-
fallen. Da aber die wirklichen Sprachen ſo
philoſophiſch nicht ſind, ſo bliebe in dem letzten
Hauptſtuͤcke fuͤrnehmlich das hypothetiſche in
der Bedeutung der Woͤrter aufzuſuchen,
und zugleich darauf zuſehen, wie die Bedeu-
tung
feſtgeſetzt werden koͤnne, weil dieſes bey
den ſogenannten Nominaldefinitionen noth-
wendig wird, als welche nicht ins unendliche
koͤnnen fortgeſetzt werden. Jn dieſer Abſicht
ließen ſich die ſaͤmmtlichen Woͤrter der Sprache
in drey Claſſen theilen, von welchen die erſte
gar keine Definitionen fordert, weil man die
Sache ſelbſt im Ganzen vorzeigen, und folglich
Wort, Begriff und Sache unmittelbar mit ein-
ander verbinden kann. Die andere Claſſe,
welche die Woͤrter der erſten metaphoriſch
macht, gebraucht ſtatt der Definition eine Be-
ſtimmung des tertii comparationis. Die dritte
begreift die Woͤrter, welche muͤſſen definirt wer-
den, und zwar ſo fern man die Woͤrter der bey-
den erſten Claſſen dazu gebrauchen kann, und
ſo dann die Woͤrter der dritten Claſſe, die auf
dieſe Art definirt ſind, ſelbſt wiederum zu Defi-
nitionen gebraucht. Es iſt fuͤr ſich klar, daß
auch die Woͤrter der dritten Claſſe wiederum
metaphoriſch werden koͤnnen, und es großen-
theils an ſich ſchon ſind. Dieſe Betrachtungen
werden nun in bemeldtem Hauptſtuͤcke auf die
Theorie der Wortſtreite angewandt. Man

weiß,
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi></fw><lb/>
wohl in Ab&#x017F;icht auf die <hi rendition="#fr">Sachen,</hi> als in Ab&#x017F;icht<lb/>
auf die <hi rendition="#fr">Buch&#x017F;taben</hi> und ihre <hi rendition="#fr">Ordnung,</hi> weg-<lb/>
fallen. Da aber die wirklichen Sprachen &#x017F;o<lb/>
philo&#x017F;ophi&#x017F;ch nicht &#x017F;ind, &#x017F;o bliebe in dem letzten<lb/>
Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke fu&#x0364;rnehmlich das hypotheti&#x017F;che in<lb/>
der <hi rendition="#fr">Bedeutung der Wo&#x0364;rter</hi> aufzu&#x017F;uchen,<lb/>
und zugleich darauf zu&#x017F;ehen, wie die <hi rendition="#fr">Bedeu-<lb/>
tung</hi> fe&#x017F;tge&#x017F;etzt werden ko&#x0364;nne, weil die&#x017F;es bey<lb/>
den &#x017F;ogenannten Nominaldefinitionen noth-<lb/>
wendig wird, als welche nicht ins unendliche<lb/>
ko&#x0364;nnen fortge&#x017F;etzt werden. Jn die&#x017F;er Ab&#x017F;icht<lb/>
ließen &#x017F;ich die &#x017F;a&#x0364;mmtlichen Wo&#x0364;rter der Sprache<lb/>
in drey Cla&#x017F;&#x017F;en theilen, von welchen die er&#x017F;te<lb/>
gar keine Definitionen fordert, weil man die<lb/>
Sache &#x017F;elb&#x017F;t im Ganzen vorzeigen, und folglich<lb/>
Wort, Begriff und Sache unmittelbar mit ein-<lb/>
ander verbinden kann. Die andere Cla&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
welche die Wo&#x0364;rter der er&#x017F;ten metaphori&#x017F;ch<lb/>
macht, gebraucht &#x017F;tatt der Definition eine Be-<lb/>
&#x017F;timmung des <hi rendition="#aq">tertii comparationis.</hi> Die dritte<lb/>
begreift die Wo&#x0364;rter, welche mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en definirt wer-<lb/>
den, und zwar &#x017F;o fern man die Wo&#x0364;rter der bey-<lb/>
den er&#x017F;ten Cla&#x017F;&#x017F;en dazu gebrauchen kann, und<lb/>
&#x017F;o dann die Wo&#x0364;rter der dritten Cla&#x017F;&#x017F;e, die auf<lb/>
die&#x017F;e Art definirt &#x017F;ind, &#x017F;elb&#x017F;t wiederum zu Defi-<lb/>
nitionen gebraucht. Es i&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;ich klar, daß<lb/>
auch die Wo&#x0364;rter der dritten Cla&#x017F;&#x017F;e wiederum<lb/>
metaphori&#x017F;ch werden ko&#x0364;nnen, und es großen-<lb/>
theils an &#x017F;ich &#x017F;chon &#x017F;ind. Die&#x017F;e Betrachtungen<lb/>
werden nun in bemeldtem Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke auf die<lb/>
Theorie der <hi rendition="#fr">Wort&#x017F;treite</hi> angewandt. Man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weiß,</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0016] Vorrede. wohl in Abſicht auf die Sachen, als in Abſicht auf die Buchſtaben und ihre Ordnung, weg- fallen. Da aber die wirklichen Sprachen ſo philoſophiſch nicht ſind, ſo bliebe in dem letzten Hauptſtuͤcke fuͤrnehmlich das hypothetiſche in der Bedeutung der Woͤrter aufzuſuchen, und zugleich darauf zuſehen, wie die Bedeu- tung feſtgeſetzt werden koͤnne, weil dieſes bey den ſogenannten Nominaldefinitionen noth- wendig wird, als welche nicht ins unendliche koͤnnen fortgeſetzt werden. Jn dieſer Abſicht ließen ſich die ſaͤmmtlichen Woͤrter der Sprache in drey Claſſen theilen, von welchen die erſte gar keine Definitionen fordert, weil man die Sache ſelbſt im Ganzen vorzeigen, und folglich Wort, Begriff und Sache unmittelbar mit ein- ander verbinden kann. Die andere Claſſe, welche die Woͤrter der erſten metaphoriſch macht, gebraucht ſtatt der Definition eine Be- ſtimmung des tertii comparationis. Die dritte begreift die Woͤrter, welche muͤſſen definirt wer- den, und zwar ſo fern man die Woͤrter der bey- den erſten Claſſen dazu gebrauchen kann, und ſo dann die Woͤrter der dritten Claſſe, die auf dieſe Art definirt ſind, ſelbſt wiederum zu Defi- nitionen gebraucht. Es iſt fuͤr ſich klar, daß auch die Woͤrter der dritten Claſſe wiederum metaphoriſch werden koͤnnen, und es großen- theils an ſich ſchon ſind. Dieſe Betrachtungen werden nun in bemeldtem Hauptſtuͤcke auf die Theorie der Wortſtreite angewandt. Man weiß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/16
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/16>, abgerufen am 24.11.2024.