Die particularbejahenden Sätze bleiben mehr zu- rück, weil in denselben das Prädicat entweder in der That nicht allen Indiuiduis des Subjectes zu- kömmt, oder weil wir es wenigstens nicht wissen. Kömmt es in der That nicht allen zu, so läßt sich etwann noch aus der Verbindung des Prädicats mit dem Subjecte ein zusammengesetzter Begriff heraus bringen. (§. 75.) Und dieses, nebst dem, daß sie uns warnen, das Prädicat nicht von allen Subjecten zu läugnen, ist vielleicht der einige Vortheil, den sie gewähren. Bey den particular verneinenden Sä- tzen bleibt das letzte allein: Sie zeigen uns nämlich an, das Prädicat könne von dem Subject nicht all- gemein bejaht werden. Wissen wir nun in besondern Fällen auch, daß es nicht allgemein geläugnet werden könne; so läßt sich aus dem Satze: EtlicheAsind nichtB, ebenfalls der Begriff derjenigen A, die B sind, oder derjenigen B, die A sind, daraus her- leiten. Man sieht aber leicht, daß dieses nur des- wegen angeht, weil man weis, daß nicht alle A nicht B sind.
§. 130.
Allgemein verneinende Sätze haben das bestimmte, daß sie allgemein sind. Sie dienen aber nur, ein- mal uns vor Jrrthümern zu hüten, und sodann läßt sich vermittelst derselben ausschliessungsweise öfters ein allgemein bejahender Satz herausbringen. Die- ses aber wird sich unten erklären lassen.
§. 131.
Dieses ist, was hier über die Natur, Unter- schied, Wirklichkeit und Erheblichkeit der vier Arten von Sätzen anzumerken war, welche man in der Vernunftlehre vorzüglich betrachtet, weil sie durch
ihre
F 2
von den Urtheilen und Fragen.
§. 129.
Die particularbejahenden Saͤtze bleiben mehr zu- ruͤck, weil in denſelben das Praͤdicat entweder in der That nicht allen Indiuiduis des Subjectes zu- koͤmmt, oder weil wir es wenigſtens nicht wiſſen. Koͤmmt es in der That nicht allen zu, ſo laͤßt ſich etwann noch aus der Verbindung des Praͤdicats mit dem Subjecte ein zuſammengeſetzter Begriff heraus bringen. (§. 75.) Und dieſes, nebſt dem, daß ſie uns warnen, das Praͤdicat nicht von allen Subjecten zu laͤugnen, iſt vielleicht der einige Vortheil, den ſie gewaͤhren. Bey den particular verneinenden Saͤ- tzen bleibt das letzte allein: Sie zeigen uns naͤmlich an, das Praͤdicat koͤnne von dem Subject nicht all- gemein bejaht werden. Wiſſen wir nun in beſondern Faͤllen auch, daß es nicht allgemein gelaͤugnet werden koͤnne; ſo laͤßt ſich aus dem Satze: EtlicheAſind nichtB, ebenfalls der Begriff derjenigen A, die B ſind, oder derjenigen B, die A ſind, daraus her- leiten. Man ſieht aber leicht, daß dieſes nur des- wegen angeht, weil man weis, daß nicht alle A nicht B ſind.
§. 130.
Allgemein verneinende Saͤtze haben das beſtimmte, daß ſie allgemein ſind. Sie dienen aber nur, ein- mal uns vor Jrrthuͤmern zu huͤten, und ſodann laͤßt ſich vermittelſt derſelben ausſchlieſſungsweiſe oͤfters ein allgemein bejahender Satz herausbringen. Die- ſes aber wird ſich unten erklaͤren laſſen.
§. 131.
Dieſes iſt, was hier uͤber die Natur, Unter- ſchied, Wirklichkeit und Erheblichkeit der vier Arten von Saͤtzen anzumerken war, welche man in der Vernunftlehre vorzuͤglich betrachtet, weil ſie durch
ihre
F 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0105"n="83"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Urtheilen und Fragen.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 129.</head><lb/><p>Die particularbejahenden Saͤtze bleiben mehr zu-<lb/>
ruͤck, weil in denſelben das Praͤdicat entweder in<lb/>
der That nicht allen <hirendition="#aq">Indiuiduis</hi> des Subjectes zu-<lb/>
koͤmmt, oder weil wir es wenigſtens nicht wiſſen.<lb/>
Koͤmmt es in der That nicht allen zu, ſo laͤßt ſich<lb/>
etwann noch aus der Verbindung des Praͤdicats mit<lb/>
dem Subjecte ein zuſammengeſetzter Begriff heraus<lb/>
bringen. (§. 75.) Und dieſes, nebſt dem, daß ſie<lb/>
uns warnen, das Praͤdicat nicht von allen Subjecten<lb/>
zu laͤugnen, iſt vielleicht der einige Vortheil, den ſie<lb/>
gewaͤhren. Bey den particular verneinenden Saͤ-<lb/>
tzen bleibt das letzte allein: Sie zeigen uns naͤmlich<lb/>
an, das Praͤdicat koͤnne von dem Subject nicht all-<lb/>
gemein bejaht werden. Wiſſen wir nun in beſondern<lb/>
Faͤllen auch, daß es nicht allgemein gelaͤugnet werden<lb/>
koͤnne; ſo laͤßt ſich aus dem Satze: <hirendition="#fr">Etliche</hi><hirendition="#aq">A</hi><hirendition="#fr">ſind<lb/>
nicht</hi><hirendition="#aq">B,</hi> ebenfalls der Begriff derjenigen <hirendition="#aq">A,</hi> die <hirendition="#aq">B</hi><lb/>ſind, oder derjenigen <hirendition="#aq">B,</hi> die <hirendition="#aq">A</hi>ſind, daraus her-<lb/>
leiten. Man ſieht aber leicht, daß dieſes nur des-<lb/>
wegen angeht, weil man weis, daß nicht alle <hirendition="#aq">A</hi> nicht<lb/><hirendition="#aq">B</hi>ſind.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 130.</head><lb/><p>Allgemein verneinende Saͤtze haben das beſtimmte,<lb/>
daß ſie allgemein ſind. Sie dienen aber nur, ein-<lb/>
mal uns vor Jrrthuͤmern zu huͤten, und ſodann laͤßt<lb/>ſich vermittelſt derſelben ausſchlieſſungsweiſe oͤfters<lb/>
ein allgemein bejahender Satz herausbringen. Die-<lb/>ſes aber wird ſich unten erklaͤren laſſen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 131.</head><lb/><p>Dieſes iſt, was hier uͤber die Natur, Unter-<lb/>ſchied, Wirklichkeit und Erheblichkeit der vier Arten<lb/>
von Saͤtzen anzumerken war, welche man in der<lb/>
Vernunftlehre vorzuͤglich betrachtet, weil ſie durch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">ihre</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[83/0105]
von den Urtheilen und Fragen.
§. 129.
Die particularbejahenden Saͤtze bleiben mehr zu-
ruͤck, weil in denſelben das Praͤdicat entweder in
der That nicht allen Indiuiduis des Subjectes zu-
koͤmmt, oder weil wir es wenigſtens nicht wiſſen.
Koͤmmt es in der That nicht allen zu, ſo laͤßt ſich
etwann noch aus der Verbindung des Praͤdicats mit
dem Subjecte ein zuſammengeſetzter Begriff heraus
bringen. (§. 75.) Und dieſes, nebſt dem, daß ſie
uns warnen, das Praͤdicat nicht von allen Subjecten
zu laͤugnen, iſt vielleicht der einige Vortheil, den ſie
gewaͤhren. Bey den particular verneinenden Saͤ-
tzen bleibt das letzte allein: Sie zeigen uns naͤmlich
an, das Praͤdicat koͤnne von dem Subject nicht all-
gemein bejaht werden. Wiſſen wir nun in beſondern
Faͤllen auch, daß es nicht allgemein gelaͤugnet werden
koͤnne; ſo laͤßt ſich aus dem Satze: Etliche A ſind
nicht B, ebenfalls der Begriff derjenigen A, die B
ſind, oder derjenigen B, die A ſind, daraus her-
leiten. Man ſieht aber leicht, daß dieſes nur des-
wegen angeht, weil man weis, daß nicht alle A nicht
B ſind.
§. 130.
Allgemein verneinende Saͤtze haben das beſtimmte,
daß ſie allgemein ſind. Sie dienen aber nur, ein-
mal uns vor Jrrthuͤmern zu huͤten, und ſodann laͤßt
ſich vermittelſt derſelben ausſchlieſſungsweiſe oͤfters
ein allgemein bejahender Satz herausbringen. Die-
ſes aber wird ſich unten erklaͤren laſſen.
§. 131.
Dieſes iſt, was hier uͤber die Natur, Unter-
ſchied, Wirklichkeit und Erheblichkeit der vier Arten
von Saͤtzen anzumerken war, welche man in der
Vernunftlehre vorzuͤglich betrachtet, weil ſie durch
ihre
F 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/105>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.