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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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über die Einrichtung des Weltbaues.
einzele Tage vorbey eilen, so zählen sie Myriaden von
unsern Jahren. Sie sind bestimmt, den Grundriß des
Weltbaues zu bewundern, und in seiner Grundlage
und Anordnung die Reyhen der göttlichen Rathschlüsse
über ihre Bestimmung einzusehen. Unsere größte
Maaße sind ihre Differentialien, und unsere Millionen
mögen kaum ihr Einmal eins seyn. Sie kennen die
Wärme und die Klarheit jeder Sonnen, und mit einem
Schlusse bestimmen sie die allgemeine Beschaffenheit
der Einwohner jeder Planeten, die in jedem Abstande
um dieselben herum sind. Ihr Jahr ist die Zeit von
einer Sonne zur andern. Ihr Winter fällt in die Mit-
te des Zwischenraumes oder des Weges, den sie dahin
machen, und sie feyern den Zeitpunct, wo die vorige
Bahn sich in eine neue umwendet. Das Perihelium
von jeder Bahn ist ihr Sommer. Ihr Wohnort ist zu
jedem Abstande von den Sonnen geschaffen, und jede
Stuffen der Wärme wirkt auf ihm das Herfürwachsen
von solchen Pflanzen, die ihnen zum Muster derjenigen
dienen, so auf Planeten und Cometen bey gleichem Ab-
stande von den Sonnen herfürkommen. Jeder Ein-
tritt in ein neues Sonnensystem ist ihr Frühling, und
den Herbst feyern sie, wenn sie es wieder verlassen.

Doch ich muß abbrechen, weil ich mich eben so,
wie Sie, mein Herr, bey der Betrachtung dieser Welt-
körper, sehr lange aufhalten könnte. Es freuet mich
ungemein, daß es doch auch solche Geschöpfe giebt, die
das Ganze in dem Weltbaue übersehen, und ich wünsch-
te mit der Zeit den Weg um etliche Millionen von

Sonnen
D 5

uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
einzele Tage vorbey eilen, ſo zaͤhlen ſie Myriaden von
unſern Jahren. Sie ſind beſtimmt, den Grundriß des
Weltbaues zu bewundern, und in ſeiner Grundlage
und Anordnung die Reyhen der goͤttlichen Rathſchluͤſſe
uͤber ihre Beſtimmung einzuſehen. Unſere groͤßte
Maaße ſind ihre Differentialien, und unſere Millionen
moͤgen kaum ihr Einmal eins ſeyn. Sie kennen die
Waͤrme und die Klarheit jeder Sonnen, und mit einem
Schluſſe beſtimmen ſie die allgemeine Beſchaffenheit
der Einwohner jeder Planeten, die in jedem Abſtande
um dieſelben herum ſind. Ihr Jahr iſt die Zeit von
einer Sonne zur andern. Ihr Winter faͤllt in die Mit-
te des Zwiſchenraumes oder des Weges, den ſie dahin
machen, und ſie feyern den Zeitpunct, wo die vorige
Bahn ſich in eine neue umwendet. Das Perihelium
von jeder Bahn iſt ihr Sommer. Ihr Wohnort iſt zu
jedem Abſtande von den Sonnen geſchaffen, und jede
Stuffen der Waͤrme wirkt auf ihm das Herfuͤrwachſen
von ſolchen Pflanzen, die ihnen zum Muſter derjenigen
dienen, ſo auf Planeten und Cometen bey gleichem Ab-
ſtande von den Sonnen herfuͤrkommen. Jeder Ein-
tritt in ein neues Sonnenſyſtem iſt ihr Fruͤhling, und
den Herbſt feyern ſie, wenn ſie es wieder verlaſſen.

Doch ich muß abbrechen, weil ich mich eben ſo,
wie Sie, mein Herr, bey der Betrachtung dieſer Welt-
koͤrper, ſehr lange aufhalten koͤnnte. Es freuet mich
ungemein, daß es doch auch ſolche Geſchoͤpfe giebt, die
das Ganze in dem Weltbaue uͤberſehen, und ich wuͤnſch-
te mit der Zeit den Weg um etliche Millionen von

Sonnen
D 5
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[57/0090] uͤber die Einrichtung des Weltbaues. einzele Tage vorbey eilen, ſo zaͤhlen ſie Myriaden von unſern Jahren. Sie ſind beſtimmt, den Grundriß des Weltbaues zu bewundern, und in ſeiner Grundlage und Anordnung die Reyhen der goͤttlichen Rathſchluͤſſe uͤber ihre Beſtimmung einzuſehen. Unſere groͤßte Maaße ſind ihre Differentialien, und unſere Millionen moͤgen kaum ihr Einmal eins ſeyn. Sie kennen die Waͤrme und die Klarheit jeder Sonnen, und mit einem Schluſſe beſtimmen ſie die allgemeine Beſchaffenheit der Einwohner jeder Planeten, die in jedem Abſtande um dieſelben herum ſind. Ihr Jahr iſt die Zeit von einer Sonne zur andern. Ihr Winter faͤllt in die Mit- te des Zwiſchenraumes oder des Weges, den ſie dahin machen, und ſie feyern den Zeitpunct, wo die vorige Bahn ſich in eine neue umwendet. Das Perihelium von jeder Bahn iſt ihr Sommer. Ihr Wohnort iſt zu jedem Abſtande von den Sonnen geſchaffen, und jede Stuffen der Waͤrme wirkt auf ihm das Herfuͤrwachſen von ſolchen Pflanzen, die ihnen zum Muſter derjenigen dienen, ſo auf Planeten und Cometen bey gleichem Ab- ſtande von den Sonnen herfuͤrkommen. Jeder Ein- tritt in ein neues Sonnenſyſtem iſt ihr Fruͤhling, und den Herbſt feyern ſie, wenn ſie es wieder verlaſſen. Doch ich muß abbrechen, weil ich mich eben ſo, wie Sie, mein Herr, bey der Betrachtung dieſer Welt- koͤrper, ſehr lange aufhalten koͤnnte. Es freuet mich ungemein, daß es doch auch ſolche Geſchoͤpfe giebt, die das Ganze in dem Weltbaue uͤberſehen, und ich wuͤnſch- te mit der Zeit den Weg um etliche Millionen von Sonnen D 5

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/90>, abgerufen am 22.11.2024.