und gütigste ist, die in den Schätzen der Allwissenheit GOttes waren. Halten Sie sich immer an den gros- sen Satz? Die ganze Welt ist eine fortdaurende Wir- kung aller göttlichen Vollkommenheiten zusammen- genommen, was werden Sie dabey anders als Liebe, Güte, Allmacht, Weisheit, Vorsicht und Erhaltung des Ganzen, Ordnung, Dauer und Vollkommenheit heraus bringen? Werden Sie nicht nothwendig dar- aus folgern, daß die Dauer des Ganzen ewig fortwäh- ren, und die Erhaltung jeder Theile der Ewigkeit desto näher kommen müsse, je grösser sie sind, und je näher sie dem Ganzen kommen. Ist es nicht so, was sterb- lich ist, pflanzt sein Geschlecht fort, und was der Ver- änderung unterworfen ist, erneuert sich? Wo finden Sie Ausnahmen an diesen ewigen Gesetzen, und wenn Sie keine finden, wo wollen Sie denn auch nur Scheingründe für die Zerrüttung der Weltsystemen aufsuchen? Sie gebrauchen ja zu ihrem Weltbaue das Gesetz der Schwere, das irgend ein Genius dem New- ton in einer Entzückung geoffenbahrt hat, und die Bahnen der Weltkörper sind dabey nicht willkührlich, sondern gerade und umgekehrt erwiesen. Sollte ich noch unwahrscheinlichere Umstände zusammenträumen, um zu versuchen, ob ein Comet hätte ein Satellit wer- den können, und zehen Cometen just so laufen machen, daß sie endlich um den Saturn, Jupiter und unsere Erde alle in solchen Bahnen einhergehen konnten, die von Circuln so gar wenig unterschieden sind, wie die Bahnen der Hauptplaneten selbsten? Nein, mein Herr, gedenken Sie ja nicht, daß ich so weit ausschweifen
werde,
Coſmologiſche Briefe
und guͤtigſte iſt, die in den Schaͤtzen der Allwiſſenheit GOttes waren. Halten Sie ſich immer an den groſ- ſen Satz? Die ganze Welt iſt eine fortdaurende Wir- kung aller goͤttlichen Vollkommenheiten zuſammen- genommen, was werden Sie dabey anders als Liebe, Guͤte, Allmacht, Weisheit, Vorſicht und Erhaltung des Ganzen, Ordnung, Dauer und Vollkommenheit heraus bringen? Werden Sie nicht nothwendig dar- aus folgern, daß die Dauer des Ganzen ewig fortwaͤh- ren, und die Erhaltung jeder Theile der Ewigkeit deſto naͤher kommen muͤſſe, je groͤſſer ſie ſind, und je naͤher ſie dem Ganzen kommen. Iſt es nicht ſo, was ſterb- lich iſt, pflanzt ſein Geſchlecht fort, und was der Ver- aͤnderung unterworfen iſt, erneuert ſich? Wo finden Sie Ausnahmen an dieſen ewigen Geſetzen, und wenn Sie keine finden, wo wollen Sie denn auch nur Scheingruͤnde fuͤr die Zerruͤttung der Weltſyſtemen aufſuchen? Sie gebrauchen ja zu ihrem Weltbaue das Geſetz der Schwere, das irgend ein Genius dem New- ton in einer Entzuͤckung geoffenbahrt hat, und die Bahnen der Weltkoͤrper ſind dabey nicht willkuͤhrlich, ſondern gerade und umgekehrt erwieſen. Sollte ich noch unwahrſcheinlichere Umſtaͤnde zuſammentraͤumen, um zu verſuchen, ob ein Comet haͤtte ein Satellit wer- den koͤnnen, und zehen Cometen juſt ſo laufen machen, daß ſie endlich um den Saturn, Jupiter und unſere Erde alle in ſolchen Bahnen einhergehen konnten, die von Circuln ſo gar wenig unterſchieden ſind, wie die Bahnen der Hauptplaneten ſelbſten? Nein, mein Herr, gedenken Sie ja nicht, daß ich ſo weit ausſchweifen
werde,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0081"n="48"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/><p>und guͤtigſte iſt, die in den Schaͤtzen der Allwiſſenheit<lb/>
GOttes waren. Halten Sie ſich immer an den groſ-<lb/>ſen Satz? Die ganze Welt iſt eine fortdaurende Wir-<lb/>
kung aller goͤttlichen Vollkommenheiten zuſammen-<lb/>
genommen, was werden Sie dabey anders als Liebe,<lb/>
Guͤte, Allmacht, Weisheit, Vorſicht und Erhaltung<lb/>
des Ganzen, Ordnung, Dauer und Vollkommenheit<lb/>
heraus bringen? Werden Sie nicht nothwendig dar-<lb/>
aus folgern, daß die Dauer des Ganzen ewig fortwaͤh-<lb/>
ren, und die Erhaltung jeder Theile der Ewigkeit deſto<lb/>
naͤher kommen muͤſſe, je groͤſſer ſie ſind, und je naͤher<lb/>ſie dem Ganzen kommen. Iſt es nicht ſo, was ſterb-<lb/>
lich iſt, pflanzt ſein Geſchlecht fort, und was der Ver-<lb/>
aͤnderung unterworfen iſt, erneuert ſich? Wo finden<lb/>
Sie Ausnahmen an dieſen ewigen Geſetzen, und wenn<lb/>
Sie keine finden, wo wollen Sie denn auch nur<lb/>
Scheingruͤnde fuͤr die Zerruͤttung der Weltſyſtemen<lb/>
aufſuchen? Sie gebrauchen ja zu ihrem Weltbaue das<lb/>
Geſetz der Schwere, das irgend ein <hirendition="#aq">Genius</hi> dem <hirendition="#b">New-<lb/>
ton</hi> in einer Entzuͤckung geoffenbahrt hat, und die<lb/>
Bahnen der Weltkoͤrper ſind dabey nicht willkuͤhrlich,<lb/>ſondern gerade und umgekehrt erwieſen. Sollte ich<lb/>
noch unwahrſcheinlichere Umſtaͤnde zuſammentraͤumen,<lb/>
um zu verſuchen, ob ein Comet haͤtte ein Satellit wer-<lb/>
den koͤnnen, und zehen Cometen juſt ſo laufen machen,<lb/>
daß ſie endlich um den Saturn, Jupiter und unſere<lb/>
Erde alle in ſolchen Bahnen einhergehen konnten, die<lb/>
von Circuln ſo gar wenig unterſchieden ſind, wie die<lb/>
Bahnen der Hauptplaneten ſelbſten? Nein, mein Herr,<lb/>
gedenken Sie ja nicht, daß ich ſo weit ausſchweifen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">werde,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[48/0081]
Coſmologiſche Briefe
und guͤtigſte iſt, die in den Schaͤtzen der Allwiſſenheit
GOttes waren. Halten Sie ſich immer an den groſ-
ſen Satz? Die ganze Welt iſt eine fortdaurende Wir-
kung aller goͤttlichen Vollkommenheiten zuſammen-
genommen, was werden Sie dabey anders als Liebe,
Guͤte, Allmacht, Weisheit, Vorſicht und Erhaltung
des Ganzen, Ordnung, Dauer und Vollkommenheit
heraus bringen? Werden Sie nicht nothwendig dar-
aus folgern, daß die Dauer des Ganzen ewig fortwaͤh-
ren, und die Erhaltung jeder Theile der Ewigkeit deſto
naͤher kommen muͤſſe, je groͤſſer ſie ſind, und je naͤher
ſie dem Ganzen kommen. Iſt es nicht ſo, was ſterb-
lich iſt, pflanzt ſein Geſchlecht fort, und was der Ver-
aͤnderung unterworfen iſt, erneuert ſich? Wo finden
Sie Ausnahmen an dieſen ewigen Geſetzen, und wenn
Sie keine finden, wo wollen Sie denn auch nur
Scheingruͤnde fuͤr die Zerruͤttung der Weltſyſtemen
aufſuchen? Sie gebrauchen ja zu ihrem Weltbaue das
Geſetz der Schwere, das irgend ein Genius dem New-
ton in einer Entzuͤckung geoffenbahrt hat, und die
Bahnen der Weltkoͤrper ſind dabey nicht willkuͤhrlich,
ſondern gerade und umgekehrt erwieſen. Sollte ich
noch unwahrſcheinlichere Umſtaͤnde zuſammentraͤumen,
um zu verſuchen, ob ein Comet haͤtte ein Satellit wer-
den koͤnnen, und zehen Cometen juſt ſo laufen machen,
daß ſie endlich um den Saturn, Jupiter und unſere
Erde alle in ſolchen Bahnen einhergehen konnten, die
von Circuln ſo gar wenig unterſchieden ſind, wie die
Bahnen der Hauptplaneten ſelbſten? Nein, mein Herr,
gedenken Sie ja nicht, daß ich ſo weit ausſchweifen
werde,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/81>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.