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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
Grund von der Copernicanischen abweichen. Sie ist
viel zu bequem zu diesen Rechnungen. Eben so kön-
nen wir es bey einer Cycloide vom ersten Grade be-
wenden lassen, wenn wir nur unser Fixsternensystem
genauer bestimmen wollen. In etlichen tausend Jahr-
hunderten mag es vielleicht Zeit seyn, an eine Cycloi-
de
vom zweyten Grade zu denken, um die Systemen,
so die Milchstrasse ansmachen, in Ordnung zu bringen.
So unerschöpflich ist die Astronomie, daß wir uns
nothwendig mit Hypothesen begnügen müssen, und nun
nur so viel einsehen, wie diese Hypothesen nach und
nach weiter ausgebreitet und zusammengesetzter ge-
macht werden müssen. Sie gehen durch unzählige
Stuffen näher zum Wahren, und mit jeder Stuffe
fängt ein neuer Maaßstab von Raum und Zeit an.
Unser dermaliger Maaßstab ist für den Raum der
Halbmesser der Erdbahn in der Copernicanischen Hy-
pothese,
für die Zeit aber ein Jahr, oder die Dauer
des Umlaufes der Erde. Da wir Hoffnung haben,
nun bald zur zweyten Hypothese zu gelangen, so wer-
den wir den Abstand der Sonne von dem Mittelpunct
des Fixsternensystems und die Zeit ihres Umlaufes um
denselben als Maaßstäbe annehmen können. Die
dritte Epoche, die noch grössere Maaßstäbe erfordert,
bestimme ich nicht, und noch viel weniger die darauf
folgenden.

Wie bequem ist uns indessen diese Auswahl der
Hypothesen, da wir die zusammengesetztern immer in
die einfachern auflösen können. So thun wir es be-

reits

Coſmologiſche Briefe
Grund von der Copernicaniſchen abweichen. Sie iſt
viel zu bequem zu dieſen Rechnungen. Eben ſo koͤn-
nen wir es bey einer Cycloide vom erſten Grade be-
wenden laſſen, wenn wir nur unſer Fixſternenſyſtem
genauer beſtimmen wollen. In etlichen tauſend Jahr-
hunderten mag es vielleicht Zeit ſeyn, an eine Cycloi-
de
vom zweyten Grade zu denken, um die Syſtemen,
ſo die Milchſtraſſe ansmachen, in Ordnung zu bringen.
So unerſchoͤpflich iſt die Aſtronomie, daß wir uns
nothwendig mit Hypotheſen begnuͤgen muͤſſen, und nun
nur ſo viel einſehen, wie dieſe Hypotheſen nach und
nach weiter ausgebreitet und zuſammengeſetzter ge-
macht werden muͤſſen. Sie gehen durch unzaͤhlige
Stuffen naͤher zum Wahren, und mit jeder Stuffe
faͤngt ein neuer Maaßſtab von Raum und Zeit an.
Unſer dermaliger Maaßſtab iſt fuͤr den Raum der
Halbmeſſer der Erdbahn in der Copernicaniſchen Hy-
potheſe,
fuͤr die Zeit aber ein Jahr, oder die Dauer
des Umlaufes der Erde. Da wir Hoffnung haben,
nun bald zur zweyten Hypotheſe zu gelangen, ſo wer-
den wir den Abſtand der Sonne von dem Mittelpunct
des Fixſternenſyſtems und die Zeit ihres Umlaufes um
denſelben als Maaßſtaͤbe annehmen koͤnnen. Die
dritte Epoche, die noch groͤſſere Maaßſtaͤbe erfordert,
beſtimme ich nicht, und noch viel weniger die darauf
folgenden.

Wie bequem iſt uns indeſſen dieſe Auswahl der
Hypotheſen, da wir die zuſammengeſetztern immer in
die einfachern aufloͤſen koͤnnen. So thun wir es be-

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[264/0297] Coſmologiſche Briefe Grund von der Copernicaniſchen abweichen. Sie iſt viel zu bequem zu dieſen Rechnungen. Eben ſo koͤn- nen wir es bey einer Cycloide vom erſten Grade be- wenden laſſen, wenn wir nur unſer Fixſternenſyſtem genauer beſtimmen wollen. In etlichen tauſend Jahr- hunderten mag es vielleicht Zeit ſeyn, an eine Cycloi- de vom zweyten Grade zu denken, um die Syſtemen, ſo die Milchſtraſſe ansmachen, in Ordnung zu bringen. So unerſchoͤpflich iſt die Aſtronomie, daß wir uns nothwendig mit Hypotheſen begnuͤgen muͤſſen, und nun nur ſo viel einſehen, wie dieſe Hypotheſen nach und nach weiter ausgebreitet und zuſammengeſetzter ge- macht werden muͤſſen. Sie gehen durch unzaͤhlige Stuffen naͤher zum Wahren, und mit jeder Stuffe faͤngt ein neuer Maaßſtab von Raum und Zeit an. Unſer dermaliger Maaßſtab iſt fuͤr den Raum der Halbmeſſer der Erdbahn in der Copernicaniſchen Hy- potheſe, fuͤr die Zeit aber ein Jahr, oder die Dauer des Umlaufes der Erde. Da wir Hoffnung haben, nun bald zur zweyten Hypotheſe zu gelangen, ſo wer- den wir den Abſtand der Sonne von dem Mittelpunct des Fixſternenſyſtems und die Zeit ihres Umlaufes um denſelben als Maaßſtaͤbe annehmen koͤnnen. Die dritte Epoche, die noch groͤſſere Maaßſtaͤbe erfordert, beſtimme ich nicht, und noch viel weniger die darauf folgenden. Wie bequem iſt uns indeſſen dieſe Auswahl der Hypotheſen, da wir die zuſammengeſetztern immer in die einfachern aufloͤſen koͤnnen. So thun wir es be- reits

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/297>, abgerufen am 23.11.2024.