Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

über die Einrichtung des Weltbaues.
ten, daß ich Sie führen sollte, und, sehen Sie, nun
bringen Sie mich unvermerkt zu dem Mittelpunct des
ganzen Reiches der Wirklichkeit. Entzückt über die
Pracht, Grösse, Majestät und Schönheit dieser Stel-
le, die Ordnung und Gesetze durch die ganze Schöp-
fung ausbreitet, wohin jede einzele Theile zielen, und
um welchen sie sämtlich ihren Lauf richten, und in ge-
setzten Bahnen zurück gehalten werden, fordern Sie
einen Dichter auf, der seine Farben darleihe, uns die-
se Stelle reizend genug zu schildern, wo das erste
Triebrad jeder Bewegung der Weltsystemen ist. Von
da aus schwingen Sie sich gegen die äussersten Grenzen
des Weltbaues, und überdenken die Zeit des Umlau-
fes der entferntesten Systemen um diesen Ort, der je-
de einzeln Theile durch allgemeine Kräfte verbindet,
und sie zum Ganzen macht.

Allein ich kehre mit Ihnen wieder zu philosophi-
schen Untersuchungen zurücke. Sie erstaunen über
die ungeheure Grösse solcher Körper, die ganze Fixster-
nensystemen, ganze Milchstrassen, und kurz, die gan-
ze Schöpfung in Ordnung halten sollen. Ungeacht
dieses Erstaunen Sie bald dahin verleitet, daß Sie
gerne etwas dergleichen sehen möchten, so glaube ich
doch, daß Sie es nicht aus Gründen thun, wie die,
die in viel leichtern Sachen zum Glauben die Autopsie
fordern. Sie wollen deßwegen sehen, weil Sie ver-
muthen, es werde möglich seyn, und Körper von so
ungeheurer Grösse, wenn sie auch nicht mehr erleuch-
tet wären, als es Jupiter oder Saturn ist, müßten

noch

uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
ten, daß ich Sie fuͤhren ſollte, und, ſehen Sie, nun
bringen Sie mich unvermerkt zu dem Mittelpunct des
ganzen Reiches der Wirklichkeit. Entzuͤckt uͤber die
Pracht, Groͤſſe, Majeſtaͤt und Schoͤnheit dieſer Stel-
le, die Ordnung und Geſetze durch die ganze Schoͤp-
fung ausbreitet, wohin jede einzele Theile zielen, und
um welchen ſie ſaͤmtlich ihren Lauf richten, und in ge-
ſetzten Bahnen zuruͤck gehalten werden, fordern Sie
einen Dichter auf, der ſeine Farben darleihe, uns die-
ſe Stelle reizend genug zu ſchildern, wo das erſte
Triebrad jeder Bewegung der Weltſyſtemen iſt. Von
da aus ſchwingen Sie ſich gegen die aͤuſſerſten Grenzen
des Weltbaues, und uͤberdenken die Zeit des Umlau-
fes der entfernteſten Syſtemen um dieſen Ort, der je-
de einzeln Theile durch allgemeine Kraͤfte verbindet,
und ſie zum Ganzen macht.

Allein ich kehre mit Ihnen wieder zu philoſophi-
ſchen Unterſuchungen zuruͤcke. Sie erſtaunen uͤber
die ungeheure Groͤſſe ſolcher Koͤrper, die ganze Fixſter-
nenſyſtemen, ganze Milchſtraſſen, und kurz, die gan-
ze Schoͤpfung in Ordnung halten ſollen. Ungeacht
dieſes Erſtaunen Sie bald dahin verleitet, daß Sie
gerne etwas dergleichen ſehen moͤchten, ſo glaube ich
doch, daß Sie es nicht aus Gruͤnden thun, wie die,
die in viel leichtern Sachen zum Glauben die Autopſie
fordern. Sie wollen deßwegen ſehen, weil Sie ver-
muthen, es werde moͤglich ſeyn, und Koͤrper von ſo
ungeheurer Groͤſſe, wenn ſie auch nicht mehr erleuch-
tet waͤren, als es Jupiter oder Saturn iſt, muͤßten

noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0286" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber die Einrichtung des Weltbaues.</hi></fw><lb/>
ten, daß ich Sie fu&#x0364;hren &#x017F;ollte, und, &#x017F;ehen Sie, nun<lb/>
bringen Sie mich unvermerkt zu dem Mittelpunct des<lb/>
ganzen Reiches der Wirklichkeit. Entzu&#x0364;ckt u&#x0364;ber die<lb/>
Pracht, Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, Maje&#x017F;ta&#x0364;t und Scho&#x0364;nheit die&#x017F;er Stel-<lb/>
le, die Ordnung und Ge&#x017F;etze durch die ganze Scho&#x0364;p-<lb/>
fung ausbreitet, wohin jede einzele Theile zielen, und<lb/>
um welchen &#x017F;ie &#x017F;a&#x0364;mtlich ihren Lauf richten, und in ge-<lb/>
&#x017F;etzten Bahnen zuru&#x0364;ck gehalten werden, fordern Sie<lb/>
einen Dichter auf, der &#x017F;eine Farben darleihe, uns die-<lb/>
&#x017F;e Stelle reizend genug zu &#x017F;childern, wo das er&#x017F;te<lb/>
Triebrad jeder Bewegung der Welt&#x017F;y&#x017F;temen i&#x017F;t. Von<lb/>
da aus &#x017F;chwingen Sie &#x017F;ich gegen die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Grenzen<lb/>
des Weltbaues, und u&#x0364;berdenken die Zeit des Umlau-<lb/>
fes der entfernte&#x017F;ten Sy&#x017F;temen um die&#x017F;en Ort, der je-<lb/>
de einzeln Theile durch allgemeine Kra&#x0364;fte verbindet,<lb/>
und &#x017F;ie zum Ganzen macht.</p><lb/>
          <p>Allein ich kehre mit Ihnen wieder zu philo&#x017F;ophi-<lb/>
&#x017F;chen Unter&#x017F;uchungen zuru&#x0364;cke. Sie er&#x017F;taunen u&#x0364;ber<lb/>
die ungeheure Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;olcher Ko&#x0364;rper, die ganze Fix&#x017F;ter-<lb/>
nen&#x017F;y&#x017F;temen, ganze Milch&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;en, und kurz, die gan-<lb/>
ze Scho&#x0364;pfung in Ordnung halten &#x017F;ollen. Ungeacht<lb/>
die&#x017F;es Er&#x017F;taunen Sie bald dahin verleitet, daß Sie<lb/>
gerne etwas dergleichen &#x017F;ehen mo&#x0364;chten, &#x017F;o glaube ich<lb/>
doch, daß Sie es nicht aus Gru&#x0364;nden thun, wie die,<lb/>
die in viel leichtern Sachen zum Glauben die <hi rendition="#aq">Autop&#x017F;ie</hi><lb/>
fordern. Sie wollen deßwegen &#x017F;ehen, weil Sie ver-<lb/>
muthen, es werde mo&#x0364;glich &#x017F;eyn, und Ko&#x0364;rper von &#x017F;o<lb/>
ungeheurer Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, wenn &#x017F;ie auch nicht mehr erleuch-<lb/>
tet wa&#x0364;ren, als es Jupiter oder Saturn i&#x017F;t, mu&#x0364;ßten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0286] uͤber die Einrichtung des Weltbaues. ten, daß ich Sie fuͤhren ſollte, und, ſehen Sie, nun bringen Sie mich unvermerkt zu dem Mittelpunct des ganzen Reiches der Wirklichkeit. Entzuͤckt uͤber die Pracht, Groͤſſe, Majeſtaͤt und Schoͤnheit dieſer Stel- le, die Ordnung und Geſetze durch die ganze Schoͤp- fung ausbreitet, wohin jede einzele Theile zielen, und um welchen ſie ſaͤmtlich ihren Lauf richten, und in ge- ſetzten Bahnen zuruͤck gehalten werden, fordern Sie einen Dichter auf, der ſeine Farben darleihe, uns die- ſe Stelle reizend genug zu ſchildern, wo das erſte Triebrad jeder Bewegung der Weltſyſtemen iſt. Von da aus ſchwingen Sie ſich gegen die aͤuſſerſten Grenzen des Weltbaues, und uͤberdenken die Zeit des Umlau- fes der entfernteſten Syſtemen um dieſen Ort, der je- de einzeln Theile durch allgemeine Kraͤfte verbindet, und ſie zum Ganzen macht. Allein ich kehre mit Ihnen wieder zu philoſophi- ſchen Unterſuchungen zuruͤcke. Sie erſtaunen uͤber die ungeheure Groͤſſe ſolcher Koͤrper, die ganze Fixſter- nenſyſtemen, ganze Milchſtraſſen, und kurz, die gan- ze Schoͤpfung in Ordnung halten ſollen. Ungeacht dieſes Erſtaunen Sie bald dahin verleitet, daß Sie gerne etwas dergleichen ſehen moͤchten, ſo glaube ich doch, daß Sie es nicht aus Gruͤnden thun, wie die, die in viel leichtern Sachen zum Glauben die Autopſie fordern. Sie wollen deßwegen ſehen, weil Sie ver- muthen, es werde moͤglich ſeyn, und Koͤrper von ſo ungeheurer Groͤſſe, wenn ſie auch nicht mehr erleuch- tet waͤren, als es Jupiter oder Saturn iſt, muͤßten noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/286
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/286>, abgerufen am 23.11.2024.