Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Cosmologische Briefe
Nachts empfinden, weil wir auch da noch die Gegen-
stände sehen, so können wir daraus auf den Grad der
Empfindlichkeit der Gesichtsnerven einen Schluß ma-
chen. Wir würden einen Stern noch empfinden kön-
nen, wenn sein Licht vielfach schwächer wäre, als das
von einem Hause, oder von einem Papiere, auf wel-
ches der Mond scheint. Das Licht des Mondes ist
bey 500000mal schwächer als das von der Sonne
oder von einem Fixstern, und die Klarheit des Pa-
piers, so vom Monde beleuchtet wird, ist kaum der
100000te Theil von der Klarheit des Mondes. Al-
so könnte das Licht eines Fixsterns 50000. Millionen-
mal geschwächt werden, und es würde uns dennoch
noch eben so helle scheinen als ein Papier, das von
dem Vollmonde beleuchtet wird. Machen Sie nun,
mein Herr, den Ueberschlag, wie weit man den Si-
rius entfernen könnte, bis sein Bild, durch ein Fern-
rohr betrachtet, so schwach würde, als das Licht eines
solchen Papiers.

Sodann thun uns die Fernröhren nicht so fast
den Dienst, daß sie das fremde und zerstreute Licht
wegbrechen, welches uns das Bild der Sterne un-
deutlich macht. Denn auf diese Art würde nothwen-
dig der größte Theil des Lichtes wegfallen, und ein
Stern müßte gar nicht funkelnd erscheinen. Im Ge-
gentheil aber vereinigen sie alles dieses Licht in einen
Punct, und zwar desto genauer, je vollkommener sie
sind. Dadurch behält dieser Punct alle Klar-
heit, und diese muß nothwendig desto lebhafter

werden,

Coſmologiſche Briefe
Nachts empfinden, weil wir auch da noch die Gegen-
ſtaͤnde ſehen, ſo koͤnnen wir daraus auf den Grad der
Empfindlichkeit der Geſichtsnerven einen Schluß ma-
chen. Wir wuͤrden einen Stern noch empfinden koͤn-
nen, wenn ſein Licht vielfach ſchwaͤcher waͤre, als das
von einem Hauſe, oder von einem Papiere, auf wel-
ches der Mond ſcheint. Das Licht des Mondes iſt
bey 500000mal ſchwaͤcher als das von der Sonne
oder von einem Fixſtern, und die Klarheit des Pa-
piers, ſo vom Monde beleuchtet wird, iſt kaum der
100000te Theil von der Klarheit des Mondes. Al-
ſo koͤnnte das Licht eines Fixſterns 50000. Millionen-
mal geſchwaͤcht werden, und es wuͤrde uns dennoch
noch eben ſo helle ſcheinen als ein Papier, das von
dem Vollmonde beleuchtet wird. Machen Sie nun,
mein Herr, den Ueberſchlag, wie weit man den Si-
rius entfernen koͤnnte, bis ſein Bild, durch ein Fern-
rohr betrachtet, ſo ſchwach wuͤrde, als das Licht eines
ſolchen Papiers.

Sodann thun uns die Fernroͤhren nicht ſo faſt
den Dienſt, daß ſie das fremde und zerſtreute Licht
wegbrechen, welches uns das Bild der Sterne un-
deutlich macht. Denn auf dieſe Art wuͤrde nothwen-
dig der groͤßte Theil des Lichtes wegfallen, und ein
Stern muͤßte gar nicht funkelnd erſcheinen. Im Ge-
gentheil aber vereinigen ſie alles dieſes Licht in einen
Punct, und zwar deſto genauer, je vollkommener ſie
ſind. Dadurch behaͤlt dieſer Punct alle Klar-
heit, und dieſe muß nothwendig deſto lebhafter

werden,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0217" n="184"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Co&#x017F;mologi&#x017F;che Briefe</hi></fw><lb/>
Nachts empfinden, weil wir auch da noch die Gegen-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;ehen, &#x017F;o ko&#x0364;nnen wir daraus auf den Grad der<lb/>
Empfindlichkeit der Ge&#x017F;ichtsnerven einen Schluß ma-<lb/>
chen. Wir wu&#x0364;rden einen Stern noch empfinden ko&#x0364;n-<lb/>
nen, wenn &#x017F;ein Licht vielfach &#x017F;chwa&#x0364;cher wa&#x0364;re, als das<lb/>
von einem Hau&#x017F;e, oder von einem Papiere, auf wel-<lb/>
ches der Mond &#x017F;cheint. Das Licht des Mondes i&#x017F;t<lb/>
bey 500000mal &#x017F;chwa&#x0364;cher als das von der Sonne<lb/>
oder von einem Fix&#x017F;tern, und die Klarheit des Pa-<lb/>
piers, &#x017F;o vom Monde beleuchtet wird, i&#x017F;t kaum der<lb/>
100000te Theil von der Klarheit des Mondes. Al-<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;nnte das Licht eines Fix&#x017F;terns 50000. Millionen-<lb/>
mal ge&#x017F;chwa&#x0364;cht werden, und es wu&#x0364;rde uns dennoch<lb/>
noch eben &#x017F;o helle &#x017F;cheinen als ein Papier, das von<lb/>
dem Vollmonde beleuchtet wird. Machen Sie nun,<lb/>
mein Herr, den Ueber&#x017F;chlag, wie weit man den Si-<lb/>
rius entfernen ko&#x0364;nnte, bis &#x017F;ein Bild, durch ein Fern-<lb/>
rohr betrachtet, &#x017F;o &#x017F;chwach wu&#x0364;rde, als das Licht eines<lb/>
&#x017F;olchen Papiers.</p><lb/>
          <p>Sodann thun uns die Fernro&#x0364;hren nicht &#x017F;o fa&#x017F;t<lb/>
den Dien&#x017F;t, daß &#x017F;ie das fremde und zer&#x017F;treute Licht<lb/>
wegbrechen, welches uns das Bild der Sterne un-<lb/>
deutlich macht. Denn auf die&#x017F;e Art wu&#x0364;rde nothwen-<lb/>
dig der gro&#x0364;ßte Theil des Lichtes wegfallen, und ein<lb/>
Stern mu&#x0364;ßte gar nicht funkelnd er&#x017F;cheinen. Im Ge-<lb/>
gentheil aber vereinigen &#x017F;ie alles die&#x017F;es Licht in einen<lb/>
Punct, und zwar de&#x017F;to genauer, je vollkommener &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ind. Dadurch beha&#x0364;lt die&#x017F;er Punct alle Klar-<lb/>
heit, und die&#x017F;e muß nothwendig de&#x017F;to lebhafter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">werden,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0217] Coſmologiſche Briefe Nachts empfinden, weil wir auch da noch die Gegen- ſtaͤnde ſehen, ſo koͤnnen wir daraus auf den Grad der Empfindlichkeit der Geſichtsnerven einen Schluß ma- chen. Wir wuͤrden einen Stern noch empfinden koͤn- nen, wenn ſein Licht vielfach ſchwaͤcher waͤre, als das von einem Hauſe, oder von einem Papiere, auf wel- ches der Mond ſcheint. Das Licht des Mondes iſt bey 500000mal ſchwaͤcher als das von der Sonne oder von einem Fixſtern, und die Klarheit des Pa- piers, ſo vom Monde beleuchtet wird, iſt kaum der 100000te Theil von der Klarheit des Mondes. Al- ſo koͤnnte das Licht eines Fixſterns 50000. Millionen- mal geſchwaͤcht werden, und es wuͤrde uns dennoch noch eben ſo helle ſcheinen als ein Papier, das von dem Vollmonde beleuchtet wird. Machen Sie nun, mein Herr, den Ueberſchlag, wie weit man den Si- rius entfernen koͤnnte, bis ſein Bild, durch ein Fern- rohr betrachtet, ſo ſchwach wuͤrde, als das Licht eines ſolchen Papiers. Sodann thun uns die Fernroͤhren nicht ſo faſt den Dienſt, daß ſie das fremde und zerſtreute Licht wegbrechen, welches uns das Bild der Sterne un- deutlich macht. Denn auf dieſe Art wuͤrde nothwen- dig der groͤßte Theil des Lichtes wegfallen, und ein Stern muͤßte gar nicht funkelnd erſcheinen. Im Ge- gentheil aber vereinigen ſie alles dieſes Licht in einen Punct, und zwar deſto genauer, je vollkommener ſie ſind. Dadurch behaͤlt dieſer Punct alle Klar- heit, und dieſe muß nothwendig deſto lebhafter werden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/217
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/217>, abgerufen am 07.05.2024.