Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.

Grösse zu geben, und besonders hierinn scheint eine
ziemliche Dreistigkeit den Mangel schärferer Beweise
zu ersetzen. Ich kann es dem Leser ganz anheim stel-
len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn
sich nicht jemand die Mühe nimmt, die vorgeschlage-
nen Observationen und Berechnungen vorzunehmen,
oder wenn diese Bemühung fruchtlos seyn sollte.
Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, diese
gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, so sehr sie
noch eine blose Glaubenssache seyn mögen, und thei-
le die uns sichtbaren Fixsterne ohne Bedenken in be-
sondere System ein, die zusammen genommen, die
Milchstrasse ausmachen. Diese stellt mir ein ganzes
System vor, welches vermuthlich noch zu mehrern
andern gehört. Da ich indessen die Sache nur als
wahrscheinlich angeben kann, und überdiß die zweifel-
haftere Stücke unbestimmt lasse, so bleibt allerdings
noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmassungen, die
jeder Leser, der sie der Untersuchung nicht unwürdig
achtet, nach Belieben weiter treiben kann.

Hiezu gebe ich in den letzten Briefen solche Anläs-
se, die ich Anfangs selbsten nicht vermuthet hatte,
weil ich bey dem 14ten Briefe stehen zu bleiben ge-
dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit
hatte liegen lassen. Von der wirklich beobachteten

Ver-

Vorrede.

Groͤſſe zu geben, und beſonders hierinn ſcheint eine
ziemliche Dreiſtigkeit den Mangel ſchaͤrferer Beweiſe
zu erſetzen. Ich kann es dem Leſer ganz anheim ſtel-
len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn
ſich nicht jemand die Muͤhe nimmt, die vorgeſchlage-
nen Obſervationen und Berechnungen vorzunehmen,
oder wenn dieſe Bemuͤhung fruchtlos ſeyn ſollte.
Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, dieſe
gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, ſo ſehr ſie
noch eine bloſe Glaubensſache ſeyn moͤgen, und thei-
le die uns ſichtbaren Fixſterne ohne Bedenken in be-
ſondere Syſtem ein, die zuſammen genommen, die
Milchſtraſſe ausmachen. Dieſe ſtellt mir ein ganzes
Syſtem vor, welches vermuthlich noch zu mehrern
andern gehoͤrt. Da ich indeſſen die Sache nur als
wahrſcheinlich angeben kann, und uͤberdiß die zweifel-
haftere Stuͤcke unbeſtimmt laſſe, ſo bleibt allerdings
noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmaſſungen, die
jeder Leſer, der ſie der Unterſuchung nicht unwuͤrdig
achtet, nach Belieben weiter treiben kann.

Hiezu gebe ich in den letzten Briefen ſolche Anlaͤſ-
ſe, die ich Anfangs ſelbſten nicht vermuthet hatte,
weil ich bey dem 14ten Briefe ſtehen zu bleiben ge-
dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit
hatte liegen laſſen. Von der wirklich beobachteten

Ver-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <pb facs="#f0021" n="XVI"/><lb/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vorrede.</hi> </fw><lb/>
        <p>Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu geben, und be&#x017F;onders hierinn &#x017F;cheint eine<lb/>
ziemliche Drei&#x017F;tigkeit den Mangel &#x017F;cha&#x0364;rferer Bewei&#x017F;e<lb/>
zu er&#x017F;etzen. Ich kann es dem Le&#x017F;er ganz anheim &#x017F;tel-<lb/>
len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn<lb/>
&#x017F;ich nicht jemand die Mu&#x0364;he nimmt, die vorge&#x017F;chlage-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervation</hi>en und Berechnungen vorzunehmen,<lb/>
oder wenn die&#x017F;e Bemu&#x0364;hung fruchtlos &#x017F;eyn &#x017F;ollte.<lb/>
Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, die&#x017F;e<lb/>
gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, &#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;ie<lb/>
noch eine blo&#x017F;e Glaubens&#x017F;ache &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, und thei-<lb/>
le die uns &#x017F;ichtbaren Fix&#x017F;terne ohne Bedenken in be-<lb/>
&#x017F;ondere Sy&#x017F;tem ein, die zu&#x017F;ammen genommen, die<lb/>
Milch&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e ausmachen. Die&#x017F;e &#x017F;tellt mir ein ganzes<lb/>
Sy&#x017F;tem vor, welches vermuthlich noch zu mehrern<lb/>
andern geho&#x0364;rt. Da ich inde&#x017F;&#x017F;en die Sache nur als<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich angeben kann, und u&#x0364;berdiß die zweifel-<lb/>
haftere Stu&#x0364;cke unbe&#x017F;timmt la&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o bleibt allerdings<lb/>
noch ein weiteres Feld zu neuen Muthma&#x017F;&#x017F;ungen, die<lb/>
jeder Le&#x017F;er, der &#x017F;ie der Unter&#x017F;uchung nicht unwu&#x0364;rdig<lb/>
achtet, nach Belieben weiter treiben kann.</p><lb/>
        <p>Hiezu gebe ich in den letzten Briefen &#x017F;olche Anla&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e, die ich Anfangs &#x017F;elb&#x017F;ten nicht vermuthet hatte,<lb/>
weil ich bey dem 14ten Briefe &#x017F;tehen zu bleiben ge-<lb/>
dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit<lb/>
hatte liegen la&#x017F;&#x017F;en. Von der wirklich beobachteten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XVI/0021] Vorrede. Groͤſſe zu geben, und beſonders hierinn ſcheint eine ziemliche Dreiſtigkeit den Mangel ſchaͤrferer Beweiſe zu erſetzen. Ich kann es dem Leſer ganz anheim ſtel- len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn ſich nicht jemand die Muͤhe nimmt, die vorgeſchlage- nen Obſervationen und Berechnungen vorzunehmen, oder wenn dieſe Bemuͤhung fruchtlos ſeyn ſollte. Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, dieſe gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, ſo ſehr ſie noch eine bloſe Glaubensſache ſeyn moͤgen, und thei- le die uns ſichtbaren Fixſterne ohne Bedenken in be- ſondere Syſtem ein, die zuſammen genommen, die Milchſtraſſe ausmachen. Dieſe ſtellt mir ein ganzes Syſtem vor, welches vermuthlich noch zu mehrern andern gehoͤrt. Da ich indeſſen die Sache nur als wahrſcheinlich angeben kann, und uͤberdiß die zweifel- haftere Stuͤcke unbeſtimmt laſſe, ſo bleibt allerdings noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmaſſungen, die jeder Leſer, der ſie der Unterſuchung nicht unwuͤrdig achtet, nach Belieben weiter treiben kann. Hiezu gebe ich in den letzten Briefen ſolche Anlaͤſ- ſe, die ich Anfangs ſelbſten nicht vermuthet hatte, weil ich bey dem 14ten Briefe ſtehen zu bleiben ge- dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit hatte liegen laſſen. Von der wirklich beobachteten Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/21
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/21>, abgerufen am 18.12.2024.