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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
Abstand nur eine Secunde beträgt, seyen von uns
gleich weit entfernt, so ist ihr wahrer Abstand von ein-
ander der 200000te Theil ihres Abstandes von unse-
rer Sonne. Der nächste Stern mag 500000mal
weiter von uns weg seyn als die Sonne. Wenn ich
demnach diesen beyden Sternen einen solchen Abstand
gebe, so würden sie 21/2mal weiter von einander abste-
hen, als die Erde von der Sonnen. Da sie nun ge-
gen einander schwer sind, so müßten sie entweder schon
längsten zusammen gefallen seyn, oder da dieses nicht
ist, eine Kreyßbewegung um ihren gemeinsamen Mit-
telpunct haben. Diese Kreyßbewegung müßte uns
nothwendig durch Fernröhren sichtbar werden, weil sie
eine gar nicht lange Periode haben würde. Man
müßte demnach eine beständige Veränderung in der La-
ge dieser Sterne wahrnehmen, der eine müßte bald
vor, bald nach dem andern stehen. Von allem die-
sem bemerkt man nicht das geringste, und die Verän-
derung in der Lage der Fixsterne ist seit des Hipparchus
Zeiten bis auf unsere kaum zu erkennen. Hieraus
folgere ich demnach nothwendig, daß solche Sterne ei-
nen sehr ungleichen Abstand von unserer Sonne haben
müssen. Sie können leicht erachten, daß in der
Milchstrasse alles wimmeln müßte, wenn die Sterne
in derselben nicht in unbegreiflich langen Reihen hinter
einander lägen. Eben dieses würde man auch an
den sogenannten neblichten Sternen sehen.

Fügen Sie, mein Herr, diesem noch bey, daß
wir gar keinen Grund haben, in Ansehung des Rau-

mes

Coſmologiſche Briefe
Abſtand nur eine Secunde betraͤgt, ſeyen von uns
gleich weit entfernt, ſo iſt ihr wahrer Abſtand von ein-
ander der 200000te Theil ihres Abſtandes von unſe-
rer Sonne. Der naͤchſte Stern mag 500000mal
weiter von uns weg ſeyn als die Sonne. Wenn ich
demnach dieſen beyden Sternen einen ſolchen Abſtand
gebe, ſo wuͤrden ſie 2½mal weiter von einander abſte-
hen, als die Erde von der Sonnen. Da ſie nun ge-
gen einander ſchwer ſind, ſo muͤßten ſie entweder ſchon
laͤngſten zuſammen gefallen ſeyn, oder da dieſes nicht
iſt, eine Kreyßbewegung um ihren gemeinſamen Mit-
telpunct haben. Dieſe Kreyßbewegung muͤßte uns
nothwendig durch Fernroͤhren ſichtbar werden, weil ſie
eine gar nicht lange Periode haben wuͤrde. Man
muͤßte demnach eine beſtaͤndige Veraͤnderung in der La-
ge dieſer Sterne wahrnehmen, der eine muͤßte bald
vor, bald nach dem andern ſtehen. Von allem die-
ſem bemerkt man nicht das geringſte, und die Veraͤn-
derung in der Lage der Fixſterne iſt ſeit des Hipparchus
Zeiten bis auf unſere kaum zu erkennen. Hieraus
folgere ich demnach nothwendig, daß ſolche Sterne ei-
nen ſehr ungleichen Abſtand von unſerer Sonne haben
muͤſſen. Sie koͤnnen leicht erachten, daß in der
Milchſtraſſe alles wimmeln muͤßte, wenn die Sterne
in derſelben nicht in unbegreiflich langen Reihen hinter
einander laͤgen. Eben dieſes wuͤrde man auch an
den ſogenannten neblichten Sternen ſehen.

Fuͤgen Sie, mein Herr, dieſem noch bey, daß
wir gar keinen Grund haben, in Anſehung des Rau-

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[156/0189] Coſmologiſche Briefe Abſtand nur eine Secunde betraͤgt, ſeyen von uns gleich weit entfernt, ſo iſt ihr wahrer Abſtand von ein- ander der 200000te Theil ihres Abſtandes von unſe- rer Sonne. Der naͤchſte Stern mag 500000mal weiter von uns weg ſeyn als die Sonne. Wenn ich demnach dieſen beyden Sternen einen ſolchen Abſtand gebe, ſo wuͤrden ſie 2½mal weiter von einander abſte- hen, als die Erde von der Sonnen. Da ſie nun ge- gen einander ſchwer ſind, ſo muͤßten ſie entweder ſchon laͤngſten zuſammen gefallen ſeyn, oder da dieſes nicht iſt, eine Kreyßbewegung um ihren gemeinſamen Mit- telpunct haben. Dieſe Kreyßbewegung muͤßte uns nothwendig durch Fernroͤhren ſichtbar werden, weil ſie eine gar nicht lange Periode haben wuͤrde. Man muͤßte demnach eine beſtaͤndige Veraͤnderung in der La- ge dieſer Sterne wahrnehmen, der eine muͤßte bald vor, bald nach dem andern ſtehen. Von allem die- ſem bemerkt man nicht das geringſte, und die Veraͤn- derung in der Lage der Fixſterne iſt ſeit des Hipparchus Zeiten bis auf unſere kaum zu erkennen. Hieraus folgere ich demnach nothwendig, daß ſolche Sterne ei- nen ſehr ungleichen Abſtand von unſerer Sonne haben muͤſſen. Sie koͤnnen leicht erachten, daß in der Milchſtraſſe alles wimmeln muͤßte, wenn die Sterne in derſelben nicht in unbegreiflich langen Reihen hinter einander laͤgen. Eben dieſes wuͤrde man auch an den ſogenannten neblichten Sternen ſehen. Fuͤgen Sie, mein Herr, dieſem noch bey, daß wir gar keinen Grund haben, in Anſehung des Rau- mes

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/189>, abgerufen am 24.11.2024.