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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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über die Einrichtung des Weltbaues.
Ordnung in dem ganzen Sonnen-System, und wel-
che mannigfaltige Verschiedenheit und Abwechslung
breitet dieses Gesetz durch die Welt aus. Dadurch er-
hellet die auserlesenste unter allen Ordnungen, die uns
nothwendig eine Unordnung zu seyn scheinen würde,
wenn wir ohne dieses Gesetz zu wissen, das Sonnen-
System mit einem Anblicke so übersehen könnten, daß
uns jede Planeten und Cometen in die Augen fielen.
In der That würde es uns nicht anders als ein ver-
wirrter und ohne Ordnung zerstreuter Haufe von Ku-
geln vorkommen, die ohne Rücksicht auf ihre Grösse
unter einander wären. Wir würden keinen Grund
finden können, warum ihre Entfernungen von ihrer
Lage unter einander so ungleich, und dem Anschein
nach unschicklich wäre. Ich kann mir die Einbildungs-
kraft nicht genug anstrengen, um mir die Lage dieser
Weltkugeln so vorzustellen, wie sie zum Exempel in
diesem Augenblicke ist, und jeden Cometen in seiner
Bahn aufzusuchen. So viel aber gedenke ich, daß es
mir vorkommen würde, als wenn sich alle verirrt hät-
ten, und an einem Orte viele beysammen, am andern
aber fast gar keiner wäre.

Nehme ich aber das Gesetz der Schwere, und die
daher rührende Ordnung in dem Laufe der Weltkör-
per, so um unsere Sonnen sind, so verschwindet diese
verwirrte Vorstellung auf einmal. Denn dieses leh-
ret mich, daß ich nicht die Weltkörper für sich, son-
dern zugleich auch ihre Laufbahn, und das Gesetz ihrer
Bewegung betrachten müsse, und dadurch finde ich al-

lerdings
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uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Ordnung in dem ganzen Sonnen-Syſtem, und wel-
che mannigfaltige Verſchiedenheit und Abwechslung
breitet dieſes Geſetz durch die Welt aus. Dadurch er-
hellet die auserleſenſte unter allen Ordnungen, die uns
nothwendig eine Unordnung zu ſeyn ſcheinen wuͤrde,
wenn wir ohne dieſes Geſetz zu wiſſen, das Sonnen-
Syſtem mit einem Anblicke ſo uͤberſehen koͤnnten, daß
uns jede Planeten und Cometen in die Augen fielen.
In der That wuͤrde es uns nicht anders als ein ver-
wirrter und ohne Ordnung zerſtreuter Haufe von Ku-
geln vorkommen, die ohne Ruͤckſicht auf ihre Groͤſſe
unter einander waͤren. Wir wuͤrden keinen Grund
finden koͤnnen, warum ihre Entfernungen von ihrer
Lage unter einander ſo ungleich, und dem Anſchein
nach unſchicklich waͤre. Ich kann mir die Einbildungs-
kraft nicht genug anſtrengen, um mir die Lage dieſer
Weltkugeln ſo vorzuſtellen, wie ſie zum Exempel in
dieſem Augenblicke iſt, und jeden Cometen in ſeiner
Bahn aufzuſuchen. So viel aber gedenke ich, daß es
mir vorkommen wuͤrde, als wenn ſich alle verirrt haͤt-
ten, und an einem Orte viele beyſammen, am andern
aber faſt gar keiner waͤre.

Nehme ich aber das Geſetz der Schwere, und die
daher ruͤhrende Ordnung in dem Laufe der Weltkoͤr-
per, ſo um unſere Sonnen ſind, ſo verſchwindet dieſe
verwirrte Vorſtellung auf einmal. Denn dieſes leh-
ret mich, daß ich nicht die Weltkoͤrper fuͤr ſich, ſon-
dern zugleich auch ihre Laufbahn, und das Geſetz ihrer
Bewegung betrachten muͤſſe, und dadurch finde ich al-

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[115/0148] uͤber die Einrichtung des Weltbaues. Ordnung in dem ganzen Sonnen-Syſtem, und wel- che mannigfaltige Verſchiedenheit und Abwechslung breitet dieſes Geſetz durch die Welt aus. Dadurch er- hellet die auserleſenſte unter allen Ordnungen, die uns nothwendig eine Unordnung zu ſeyn ſcheinen wuͤrde, wenn wir ohne dieſes Geſetz zu wiſſen, das Sonnen- Syſtem mit einem Anblicke ſo uͤberſehen koͤnnten, daß uns jede Planeten und Cometen in die Augen fielen. In der That wuͤrde es uns nicht anders als ein ver- wirrter und ohne Ordnung zerſtreuter Haufe von Ku- geln vorkommen, die ohne Ruͤckſicht auf ihre Groͤſſe unter einander waͤren. Wir wuͤrden keinen Grund finden koͤnnen, warum ihre Entfernungen von ihrer Lage unter einander ſo ungleich, und dem Anſchein nach unſchicklich waͤre. Ich kann mir die Einbildungs- kraft nicht genug anſtrengen, um mir die Lage dieſer Weltkugeln ſo vorzuſtellen, wie ſie zum Exempel in dieſem Augenblicke iſt, und jeden Cometen in ſeiner Bahn aufzuſuchen. So viel aber gedenke ich, daß es mir vorkommen wuͤrde, als wenn ſich alle verirrt haͤt- ten, und an einem Orte viele beyſammen, am andern aber faſt gar keiner waͤre. Nehme ich aber das Geſetz der Schwere, und die daher ruͤhrende Ordnung in dem Laufe der Weltkoͤr- per, ſo um unſere Sonnen ſind, ſo verſchwindet dieſe verwirrte Vorſtellung auf einmal. Denn dieſes leh- ret mich, daß ich nicht die Weltkoͤrper fuͤr ſich, ſon- dern zugleich auch ihre Laufbahn, und das Geſetz ihrer Bewegung betrachten muͤſſe, und dadurch finde ich al- lerdings H 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/148>, abgerufen am 01.05.2024.