Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Cosmologische Briefe
und Planeten richten. Sie haben mir selbst ange-
merkt, daß ich aus diesem Grunde ihre Anzahl nicht
wie die Cubos, sondern nur wie die Quadrate des Ab-
standes der Perihelien anwachsen ließe. Nun werde
ich beweisen, warum die circulare Bahnen die unschick-
lichsten sind.

Das Gesetz der Schwere bringt als eine noth-
wendige Folge mit sich, daß, wenn Cometen oder Pla-
neten in einem Circul um die Sonne laufen sollen,
diese nothwendig in dem Mittelpunct des Circuls seyn
müsse. Sezten Sie demnach, alle Cometen sollen in
Circuln um die Sonne laufen, so sind diese Circul ein-
ander concentrisch. Da die Cometen ferner einander
ausweichen sollen, so erinnern Sie sich aus ihrem
Schreiben, daß diese Circul nicht als geometrische Li-
nien müssen angesehen, sondern zu jedem der stärkere
Theil des Wirkungskreyses des Cometen mitgenommen
werden. Verwandeln Sie demnach Ihre Stangen in
Circul von solcher Größe, daß einer in den ander[n]
passe, und alle concentrisch bleiben. Ihr System wird
ungefehr aussehen, wie eine Sphaera armillaris, mit
dem Unterschiede, daß Sie nicht mehrere gleichgrosse
Circul beybehalten können. Wie nimmt nun hier die
Anzahl ihrer Circul zu? Nicht wahr, schlechthin wie
ihr Abstand vom gemeinsamen Mittelpunct, weil sie
um jeden Circul den nächst grössern anlegen? Es ist
hier gleich viel, ob Sie die Circul in eine Fläche setzen,
oder denselben verschiedene Neigungswinkel gegeneinan-
der geben. Denn da sie concentrisch bleiben müssen, so

werden

Coſmologiſche Briefe
und Planeten richten. Sie haben mir ſelbſt ange-
merkt, daß ich aus dieſem Grunde ihre Anzahl nicht
wie die Cubos, ſondern nur wie die Quadrate des Ab-
ſtandes der Perihelien anwachſen ließe. Nun werde
ich beweiſen, warum die circulare Bahnen die unſchick-
lichſten ſind.

Das Geſetz der Schwere bringt als eine noth-
wendige Folge mit ſich, daß, wenn Cometen oder Pla-
neten in einem Circul um die Sonne laufen ſollen,
dieſe nothwendig in dem Mittelpunct des Circuls ſeyn
muͤſſe. Sezten Sie demnach, alle Cometen ſollen in
Circuln um die Sonne laufen, ſo ſind dieſe Circul ein-
ander concentriſch. Da die Cometen ferner einander
ausweichen ſollen, ſo erinnern Sie ſich aus ihrem
Schreiben, daß dieſe Circul nicht als geometriſche Li-
nien muͤſſen angeſehen, ſondern zu jedem der ſtaͤrkere
Theil des Wirkungskreyſes des Cometen mitgenommen
werden. Verwandeln Sie demnach Ihre Stangen in
Circul von ſolcher Groͤße, daß einer in den ander[n]
paſſe, und alle concentriſch bleiben. Ihr Syſtem wird
ungefehr ausſehen, wie eine Sphæra armillaris, mit
dem Unterſchiede, daß Sie nicht mehrere gleichgroſſe
Circul beybehalten koͤnnen. Wie nimmt nun hier die
Anzahl ihrer Circul zu? Nicht wahr, ſchlechthin wie
ihr Abſtand vom gemeinſamen Mittelpunct, weil ſie
um jeden Circul den naͤchſt groͤſſern anlegen? Es iſt
hier gleich viel, ob Sie die Circul in eine Flaͤche ſetzen,
oder denſelben verſchiedene Neigungswinkel gegeneinan-
der geben. Denn da ſie concentriſch bleiben muͤſſen, ſo

werden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0105" n="72"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Co&#x017F;mologi&#x017F;che Briefe</hi></fw><lb/>
und Planeten richten. Sie haben mir &#x017F;elb&#x017F;t ange-<lb/>
merkt, daß ich aus die&#x017F;em Grunde ihre Anzahl nicht<lb/>
wie die <hi rendition="#aq">Cubos,</hi> &#x017F;ondern nur wie die Quadrate des Ab-<lb/>
&#x017F;tandes der <hi rendition="#aq">Periheli</hi>en anwach&#x017F;en ließe. Nun werde<lb/>
ich bewei&#x017F;en, warum die circulare Bahnen die un&#x017F;chick-<lb/>
lich&#x017F;ten &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Das Ge&#x017F;etz der Schwere bringt als eine noth-<lb/>
wendige Folge mit &#x017F;ich, daß, wenn Cometen oder Pla-<lb/>
neten in einem Circul um die Sonne laufen &#x017F;ollen,<lb/>
die&#x017F;e nothwendig in dem Mittelpunct des Circuls &#x017F;eyn<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Sezten Sie demnach, alle Cometen &#x017F;ollen in<lb/>
Circuln um die Sonne laufen, &#x017F;o &#x017F;ind die&#x017F;e Circul ein-<lb/>
ander concentri&#x017F;ch. Da die Cometen ferner einander<lb/>
ausweichen &#x017F;ollen, &#x017F;o erinnern Sie &#x017F;ich aus ihrem<lb/>
Schreiben, daß die&#x017F;e Circul nicht als geometri&#x017F;che Li-<lb/>
nien mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ange&#x017F;ehen, &#x017F;ondern zu jedem der &#x017F;ta&#x0364;rkere<lb/>
Theil des Wirkungskrey&#x017F;es des Cometen mitgenommen<lb/>
werden. Verwandeln Sie demnach Ihre Stangen in<lb/>
Circul von &#x017F;olcher Gro&#x0364;ße, daß einer in den ander<supplied>n</supplied><lb/>
pa&#x017F;&#x017F;e, und alle concentri&#x017F;ch bleiben. Ihr Sy&#x017F;tem wird<lb/>
ungefehr aus&#x017F;ehen, wie eine <hi rendition="#aq">Sphæra armillaris,</hi> mit<lb/>
dem Unter&#x017F;chiede, daß Sie nicht mehrere gleichgro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Circul beybehalten ko&#x0364;nnen. Wie nimmt nun hier die<lb/>
Anzahl ihrer Circul zu? Nicht wahr, &#x017F;chlechthin wie<lb/>
ihr Ab&#x017F;tand vom gemein&#x017F;amen Mittelpunct, weil &#x017F;ie<lb/>
um jeden Circul den na&#x0364;ch&#x017F;t gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern anlegen? Es i&#x017F;t<lb/>
hier gleich viel, ob Sie die Circul in eine Fla&#x0364;che &#x017F;etzen,<lb/>
oder den&#x017F;elben ver&#x017F;chiedene Neigungswinkel gegeneinan-<lb/>
der geben. Denn da &#x017F;ie concentri&#x017F;ch bleiben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">werden</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0105] Coſmologiſche Briefe und Planeten richten. Sie haben mir ſelbſt ange- merkt, daß ich aus dieſem Grunde ihre Anzahl nicht wie die Cubos, ſondern nur wie die Quadrate des Ab- ſtandes der Perihelien anwachſen ließe. Nun werde ich beweiſen, warum die circulare Bahnen die unſchick- lichſten ſind. Das Geſetz der Schwere bringt als eine noth- wendige Folge mit ſich, daß, wenn Cometen oder Pla- neten in einem Circul um die Sonne laufen ſollen, dieſe nothwendig in dem Mittelpunct des Circuls ſeyn muͤſſe. Sezten Sie demnach, alle Cometen ſollen in Circuln um die Sonne laufen, ſo ſind dieſe Circul ein- ander concentriſch. Da die Cometen ferner einander ausweichen ſollen, ſo erinnern Sie ſich aus ihrem Schreiben, daß dieſe Circul nicht als geometriſche Li- nien muͤſſen angeſehen, ſondern zu jedem der ſtaͤrkere Theil des Wirkungskreyſes des Cometen mitgenommen werden. Verwandeln Sie demnach Ihre Stangen in Circul von ſolcher Groͤße, daß einer in den andern paſſe, und alle concentriſch bleiben. Ihr Syſtem wird ungefehr ausſehen, wie eine Sphæra armillaris, mit dem Unterſchiede, daß Sie nicht mehrere gleichgroſſe Circul beybehalten koͤnnen. Wie nimmt nun hier die Anzahl ihrer Circul zu? Nicht wahr, ſchlechthin wie ihr Abſtand vom gemeinſamen Mittelpunct, weil ſie um jeden Circul den naͤchſt groͤſſern anlegen? Es iſt hier gleich viel, ob Sie die Circul in eine Flaͤche ſetzen, oder denſelben verſchiedene Neigungswinkel gegeneinan- der geben. Denn da ſie concentriſch bleiben muͤſſen, ſo werden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/105
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/105>, abgerufen am 01.05.2024.