Es ist ferner die Bedingung, die den Philosophen bey dem Zusammennehmen, einfacher Bestimmun- gen einschränket, wenn er a priori geht, von derje- nigen einiger Maßen verschieden, die der Mathema- tiker zu erfüllen hat. Der Philosoph kann nicht meh- rere zusammen nehmen, als zum existiren können er- fordert werden, und nimmt er so viele, so ist der Be- griff des ganzen, den er bilden will, vollständig. Nimmt er aber weniger zusammen, so geschieht die- ses nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und dabey müssen immer die zusammengenommenen nicht an sich schon andere nach sich ziehen oder erfordern, weil diese ebenfalls auch mit angenommen werden kön- nen. Hiebey ist nun die Regel, nach welcher der Mathematiker solche einfache Bestimmungen zusam- men nimmt, wo nicht die einige, doch eine sicher und zuverläßige Richtschnur. Denn dieser nimmt allemal so viele solcher einfachen Bestimmungen zu- sammen, als erfordert werden, die Größe der einen durch die Größe der übrigen zu bestimmen, und die- ses ist allemal eine Anzeige, daß unter solchen Be- stimmungen eine gemeinsame Verbindung ist, wel- che macht, daß sie zusammen genommen als ein gan- zes angesehen werden können. Dabey giebt es nun unstreitig vielerley Combinationen, aber mit densel- ben zugleich auch eben so viele Begriffe, die ein für sich gedenkbares Ganzes vorstellen, in welchem die dazu genommenen Theile eine gemeinsame, genaue und gleichsam für sich bestehende Verbindung haben. Wie nun hiebey verschiedene Verwirrungen, die sich gar leicht in philosophische Definitionen und Sätze ein- schleichen, am sichersten vermieden werden, das haben wir bereits oben (§. 453-461.) ausführlich angezeiget.
§. 830.
XXVIII. Hauptſtuͤck.
§. 829.
Es iſt ferner die Bedingung, die den Philoſophen bey dem Zuſammennehmen, einfacher Beſtimmun- gen einſchraͤnket, wenn er a priori geht, von derje- nigen einiger Maßen verſchieden, die der Mathema- tiker zu erfuͤllen hat. Der Philoſoph kann nicht meh- rere zuſammen nehmen, als zum exiſtiren koͤnnen er- fordert werden, und nimmt er ſo viele, ſo iſt der Be- griff des ganzen, den er bilden will, vollſtaͤndig. Nimmt er aber weniger zuſammen, ſo geſchieht die- ſes nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und dabey muͤſſen immer die zuſammengenommenen nicht an ſich ſchon andere nach ſich ziehen oder erfordern, weil dieſe ebenfalls auch mit angenommen werden koͤn- nen. Hiebey iſt nun die Regel, nach welcher der Mathematiker ſolche einfache Beſtimmungen zuſam- men nimmt, wo nicht die einige, doch eine ſicher und zuverlaͤßige Richtſchnur. Denn dieſer nimmt allemal ſo viele ſolcher einfachen Beſtimmungen zu- ſammen, als erfordert werden, die Groͤße der einen durch die Groͤße der uͤbrigen zu beſtimmen, und die- ſes iſt allemal eine Anzeige, daß unter ſolchen Be- ſtimmungen eine gemeinſame Verbindung iſt, wel- che macht, daß ſie zuſammen genommen als ein gan- zes angeſehen werden koͤnnen. Dabey giebt es nun unſtreitig vielerley Combinationen, aber mit denſel- ben zugleich auch eben ſo viele Begriffe, die ein fuͤr ſich gedenkbares Ganzes vorſtellen, in welchem die dazu genommenen Theile eine gemeinſame, genaue und gleichſam fuͤr ſich beſtehende Verbindung haben. Wie nun hiebey verſchiedene Verwirrungen, die ſich gar leicht in philoſophiſche Definitionen und Saͤtze ein- ſchleichen, am ſicherſten vermieden werden, das haben wir bereits oben (§. 453-461.) ausfuͤhrlich angezeiget.
§. 830.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0464"n="456"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XXVIII.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 829.</head><lb/><p>Es iſt ferner die Bedingung, die den Philoſophen<lb/>
bey dem Zuſammennehmen, einfacher Beſtimmun-<lb/>
gen einſchraͤnket, wenn er <hirendition="#aq">a priori</hi> geht, von derje-<lb/>
nigen einiger Maßen verſchieden, die der Mathema-<lb/>
tiker zu erfuͤllen hat. Der Philoſoph kann nicht meh-<lb/>
rere zuſammen nehmen, als zum exiſtiren koͤnnen er-<lb/>
fordert werden, und nimmt er ſo viele, ſo iſt der Be-<lb/>
griff des ganzen, den er bilden will, vollſtaͤndig.<lb/>
Nimmt er aber weniger zuſammen, ſo geſchieht die-<lb/>ſes nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und<lb/>
dabey muͤſſen immer die zuſammengenommenen nicht<lb/>
an ſich ſchon andere nach ſich ziehen oder erfordern,<lb/>
weil dieſe ebenfalls auch mit angenommen werden koͤn-<lb/>
nen. Hiebey iſt nun die Regel, nach welcher der<lb/>
Mathematiker ſolche einfache Beſtimmungen zuſam-<lb/>
men nimmt, wo nicht die einige, doch eine ſicher<lb/>
und zuverlaͤßige Richtſchnur. Denn dieſer nimmt<lb/>
allemal ſo viele ſolcher einfachen Beſtimmungen zu-<lb/>ſammen, als erfordert werden, die Groͤße der einen<lb/>
durch die Groͤße der uͤbrigen zu beſtimmen, und die-<lb/>ſes iſt allemal eine Anzeige, daß unter ſolchen Be-<lb/>ſtimmungen eine gemeinſame Verbindung iſt, wel-<lb/>
che macht, daß ſie zuſammen genommen als ein gan-<lb/>
zes angeſehen werden koͤnnen. Dabey giebt es nun<lb/>
unſtreitig vielerley Combinationen, aber mit denſel-<lb/>
ben zugleich auch eben ſo viele Begriffe, die ein fuͤr<lb/>ſich gedenkbares Ganzes vorſtellen, in welchem die<lb/>
dazu genommenen Theile eine gemeinſame, genaue<lb/>
und gleichſam fuͤr ſich beſtehende Verbindung haben.<lb/>
Wie nun hiebey verſchiedene Verwirrungen, die ſich<lb/>
gar leicht in philoſophiſche Definitionen und Saͤtze ein-<lb/>ſchleichen, am ſicherſten vermieden werden, das haben<lb/>
wir bereits oben (§. 453-461.) ausfuͤhrlich angezeiget.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 830.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[456/0464]
XXVIII. Hauptſtuͤck.
§. 829.
Es iſt ferner die Bedingung, die den Philoſophen
bey dem Zuſammennehmen, einfacher Beſtimmun-
gen einſchraͤnket, wenn er a priori geht, von derje-
nigen einiger Maßen verſchieden, die der Mathema-
tiker zu erfuͤllen hat. Der Philoſoph kann nicht meh-
rere zuſammen nehmen, als zum exiſtiren koͤnnen er-
fordert werden, und nimmt er ſo viele, ſo iſt der Be-
griff des ganzen, den er bilden will, vollſtaͤndig.
Nimmt er aber weniger zuſammen, ſo geſchieht die-
ſes nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und
dabey muͤſſen immer die zuſammengenommenen nicht
an ſich ſchon andere nach ſich ziehen oder erfordern,
weil dieſe ebenfalls auch mit angenommen werden koͤn-
nen. Hiebey iſt nun die Regel, nach welcher der
Mathematiker ſolche einfache Beſtimmungen zuſam-
men nimmt, wo nicht die einige, doch eine ſicher
und zuverlaͤßige Richtſchnur. Denn dieſer nimmt
allemal ſo viele ſolcher einfachen Beſtimmungen zu-
ſammen, als erfordert werden, die Groͤße der einen
durch die Groͤße der uͤbrigen zu beſtimmen, und die-
ſes iſt allemal eine Anzeige, daß unter ſolchen Be-
ſtimmungen eine gemeinſame Verbindung iſt, wel-
che macht, daß ſie zuſammen genommen als ein gan-
zes angeſehen werden koͤnnen. Dabey giebt es nun
unſtreitig vielerley Combinationen, aber mit denſel-
ben zugleich auch eben ſo viele Begriffe, die ein fuͤr
ſich gedenkbares Ganzes vorſtellen, in welchem die
dazu genommenen Theile eine gemeinſame, genaue
und gleichſam fuͤr ſich beſtehende Verbindung haben.
Wie nun hiebey verſchiedene Verwirrungen, die ſich
gar leicht in philoſophiſche Definitionen und Saͤtze ein-
ſchleichen, am ſicherſten vermieden werden, das haben
wir bereits oben (§. 453-461.) ausfuͤhrlich angezeiget.
§. 830.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/464>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.