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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XXVI. Hauptstück.
der Zerstreuung ist. Dieser letztere Umstand hängt
nun von der Figur der Theilchen und von den Kräf-
ten ab, womit dieselben in Verbindung bleiben.
Man verfiel aber auf diese Betrachtungen, die man
gleich anfangs und gleichsam a priori hätte machen
können, erst nachdem man gefunden, daß die Archi-
medische
Regel von der Vermischung der Materien
Ausnahmen litte, und daß sie dem Archimedes,
der eine Vermischung von Gold und Silber zu unter-
suchen hatte, glücklicher Weise zutraf, ohne daß er
vor angestellter Probe davon nothwendig hätte ver-
sichert seyn können.

§. 779.

Der Satz, daß die Wärme die Körper ausdehne,
und die Grade der Ausdehnung zugleich mit den Gra-
den der Wärme in gleicher Verhältniß wachse, ist
ähnlichen Einschränkungen unterworfen. Man kann
durch Versuche zeigen, daß ein Thermometer in Ver-
hältniß der Dichtigkeit der darauf fallenden Sonnen-
stralen steigt. Der Versuch bleibt allemal in ge-
wissen Schranken, und die Abweichungen lassen sich
folgender Maaßen vorstellen. Man setze den Grad
der Kälte viel größer als zum Gefrieren des Wein-
geistes nöthig ist, so wird sich bey abnehmender Kälte
oder zunehmenden Wärme der gefrorne Weingeist
ausdehnen, bis er entfriert. Nachgehends wird der
flüßig gewordene Weingeist weniger Raum einneh-
men, und folglich weniger ausgedehnet seyn, als er
vor dem Entfrieren war. Jndessen dehnet er sich
bey noch mehr zunehmender Wärme mehr aus, und
diese Ausdehnung nimmt zu, bis er anfängt zu sie-
den. Jst nun das Thermometer oder das Gefässe
offen, so mag der Raum eine Zeitlang bey dem Sie-

den

XXVI. Hauptſtuͤck.
der Zerſtreuung iſt. Dieſer letztere Umſtand haͤngt
nun von der Figur der Theilchen und von den Kraͤf-
ten ab, womit dieſelben in Verbindung bleiben.
Man verfiel aber auf dieſe Betrachtungen, die man
gleich anfangs und gleichſam a priori haͤtte machen
koͤnnen, erſt nachdem man gefunden, daß die Archi-
mediſche
Regel von der Vermiſchung der Materien
Ausnahmen litte, und daß ſie dem Archimedes,
der eine Vermiſchung von Gold und Silber zu unter-
ſuchen hatte, gluͤcklicher Weiſe zutraf, ohne daß er
vor angeſtellter Probe davon nothwendig haͤtte ver-
ſichert ſeyn koͤnnen.

§. 779.

Der Satz, daß die Waͤrme die Koͤrper ausdehne,
und die Grade der Ausdehnung zugleich mit den Gra-
den der Waͤrme in gleicher Verhaͤltniß wachſe, iſt
aͤhnlichen Einſchraͤnkungen unterworfen. Man kann
durch Verſuche zeigen, daß ein Thermometer in Ver-
haͤltniß der Dichtigkeit der darauf fallenden Sonnen-
ſtralen ſteigt. Der Verſuch bleibt allemal in ge-
wiſſen Schranken, und die Abweichungen laſſen ſich
folgender Maaßen vorſtellen. Man ſetze den Grad
der Kaͤlte viel groͤßer als zum Gefrieren des Wein-
geiſtes noͤthig iſt, ſo wird ſich bey abnehmender Kaͤlte
oder zunehmenden Waͤrme der gefrorne Weingeiſt
ausdehnen, bis er entfriert. Nachgehends wird der
fluͤßig gewordene Weingeiſt weniger Raum einneh-
men, und folglich weniger ausgedehnet ſeyn, als er
vor dem Entfrieren war. Jndeſſen dehnet er ſich
bey noch mehr zunehmender Waͤrme mehr aus, und
dieſe Ausdehnung nimmt zu, bis er anfaͤngt zu ſie-
den. Jſt nun das Thermometer oder das Gefaͤſſe
offen, ſo mag der Raum eine Zeitlang bey dem Sie-

den
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[402/0410] XXVI. Hauptſtuͤck. der Zerſtreuung iſt. Dieſer letztere Umſtand haͤngt nun von der Figur der Theilchen und von den Kraͤf- ten ab, womit dieſelben in Verbindung bleiben. Man verfiel aber auf dieſe Betrachtungen, die man gleich anfangs und gleichſam a priori haͤtte machen koͤnnen, erſt nachdem man gefunden, daß die Archi- mediſche Regel von der Vermiſchung der Materien Ausnahmen litte, und daß ſie dem Archimedes, der eine Vermiſchung von Gold und Silber zu unter- ſuchen hatte, gluͤcklicher Weiſe zutraf, ohne daß er vor angeſtellter Probe davon nothwendig haͤtte ver- ſichert ſeyn koͤnnen. §. 779. Der Satz, daß die Waͤrme die Koͤrper ausdehne, und die Grade der Ausdehnung zugleich mit den Gra- den der Waͤrme in gleicher Verhaͤltniß wachſe, iſt aͤhnlichen Einſchraͤnkungen unterworfen. Man kann durch Verſuche zeigen, daß ein Thermometer in Ver- haͤltniß der Dichtigkeit der darauf fallenden Sonnen- ſtralen ſteigt. Der Verſuch bleibt allemal in ge- wiſſen Schranken, und die Abweichungen laſſen ſich folgender Maaßen vorſtellen. Man ſetze den Grad der Kaͤlte viel groͤßer als zum Gefrieren des Wein- geiſtes noͤthig iſt, ſo wird ſich bey abnehmender Kaͤlte oder zunehmenden Waͤrme der gefrorne Weingeiſt ausdehnen, bis er entfriert. Nachgehends wird der fluͤßig gewordene Weingeiſt weniger Raum einneh- men, und folglich weniger ausgedehnet ſeyn, als er vor dem Entfrieren war. Jndeſſen dehnet er ſich bey noch mehr zunehmender Waͤrme mehr aus, und dieſe Ausdehnung nimmt zu, bis er anfaͤngt zu ſie- den. Jſt nun das Thermometer oder das Gefaͤſſe offen, ſo mag der Raum eine Zeitlang bey dem Sie- den

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/410>, abgerufen am 22.11.2024.