ist, oder gleiche Gewichter müßten ungleich seyn, wel- ches an sich ungereimt ist. Demnach folgert Archi- medes mit Rechte, daß keine Bewegung erfolge, weil keine erfolgen kann. Daß auch kein Grund des Wissens da sey, haben wir oben (§. 475.) der- gestalt gezeiget, daß einerley Vordersätze einerley Schlußsatz geben, und so wurde die Frage auf eine schlechthin logische reducirt.
§. 489.
Nach den erst angeführten Vieldeutigkeiten haben wir noch eine andere, welche in der Vermengung der Wörter Grund, Quelle, Ursache, Anfang, Ur- sprung,Principium, primordium, Caput rei etc. be- stehen. Diese Wörter können in der That zuweilen für einander genommen werden, wo man nämlich die Sache nur überhaupt anzeiget, wo sie Prädicate sind (§. 267.), und wo der Zusammenhang der Rede die Bedeutung vollends bestimmet, (Alethiol. §. 156. Semiot. §. 349. seqq.). So z. E. will Principium contradictionis so viel als der Grund oder der Grund- satz des Widerspruches sagen. Jn dem Horazischen Verse Scribendi recte sapere est et principium et fons kann durch Principium et fons, der Anfang und die Quelle, die Grundlage, die erste Anlage etc. verstan- den werden. Um aber diese Verwirrung zu entwickeln, merken wir an, daß diese Wörter hier sämmtlich in diejenige Classe gehören, die wir in dem §. 338. 343. u. f. der Semiotic betrachtet haben. Sie sind von der Körperwelt hergenommen und metaphorisch gemacht. Demnach wird ihre Bedeutung der Natur der Sache und der Sprache am gemäßesten bestimmet, wenn
man
XV. Hauptſtuͤck.
iſt, oder gleiche Gewichter muͤßten ungleich ſeyn, wel- ches an ſich ungereimt iſt. Demnach folgert Archi- medes mit Rechte, daß keine Bewegung erfolge, weil keine erfolgen kann. Daß auch kein Grund des Wiſſens da ſey, haben wir oben (§. 475.) der- geſtalt gezeiget, daß einerley Vorderſaͤtze einerley Schlußſatz geben, und ſo wurde die Frage auf eine ſchlechthin logiſche reducirt.
§. 489.
Nach den erſt angefuͤhrten Vieldeutigkeiten haben wir noch eine andere, welche in der Vermengung der Woͤrter Grund, Quelle, Urſache, Anfang, Ur- ſprung,Principium, primordium, Caput rei ꝛc. be- ſtehen. Dieſe Woͤrter koͤnnen in der That zuweilen fuͤr einander genommen werden, wo man naͤmlich die Sache nur uͤberhaupt anzeiget, wo ſie Praͤdicate ſind (§. 267.), und wo der Zuſammenhang der Rede die Bedeutung vollends beſtimmet, (Alethiol. §. 156. Semiot. §. 349. ſeqq.). So z. E. will Principium contradictionis ſo viel als der Grund oder der Grund- ſatz des Widerſpruches ſagen. Jn dem Horaziſchen Verſe Scribendi recte ſapere eſt et principium et fons kann durch Principium et fons, der Anfang und die Quelle, die Grundlage, die erſte Anlage ꝛc. verſtan- den werden. Um aber dieſe Verwirrung zu entwickeln, merken wir an, daß dieſe Woͤrter hier ſaͤmmtlich in diejenige Claſſe gehoͤren, die wir in dem §. 338. 343. u. f. der Semiotic betrachtet haben. Sie ſind von der Koͤrperwelt hergenommen und metaphoriſch gemacht. Demnach wird ihre Bedeutung der Natur der Sache und der Sprache am gemaͤßeſten beſtimmet, wenn
man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0114"n="106"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XV.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/>
iſt, oder gleiche Gewichter muͤßten ungleich ſeyn, wel-<lb/>
ches an ſich ungereimt iſt. Demnach folgert <hirendition="#fr">Archi-<lb/>
medes</hi> mit Rechte, daß keine Bewegung erfolge,<lb/>
weil keine erfolgen kann. Daß auch kein <hirendition="#fr">Grund<lb/>
des Wiſſens</hi> da ſey, haben wir oben (§. 475.) der-<lb/>
geſtalt gezeiget, daß einerley Vorderſaͤtze einerley<lb/>
Schlußſatz geben, und ſo wurde die Frage auf eine<lb/>ſchlechthin logiſche reducirt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 489.</head><lb/><p>Nach den erſt angefuͤhrten Vieldeutigkeiten haben<lb/>
wir noch eine andere, welche in der Vermengung der<lb/>
Woͤrter <hirendition="#fr">Grund, Quelle, Urſache, Anfang, Ur-<lb/>ſprung,</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Principium, primordium, Caput rei</hi></hi>ꝛc. be-<lb/>ſtehen. Dieſe Woͤrter koͤnnen in der That zuweilen<lb/>
fuͤr einander genommen werden, wo man naͤmlich<lb/>
die Sache nur uͤberhaupt anzeiget, wo ſie Praͤdicate<lb/>ſind (§. 267.), und wo der Zuſammenhang der Rede<lb/>
die Bedeutung vollends beſtimmet, (Alethiol. §. 156.<lb/>
Semiot. §. 349. <hirendition="#aq">ſeqq.</hi>). So z. E. will <hirendition="#aq">Principium<lb/>
contradictionis</hi>ſo viel als der Grund oder der Grund-<lb/>ſatz des Widerſpruches ſagen. Jn dem Horaziſchen<lb/>
Verſe<lb/><citrendition="#c"><quote><hirendition="#aq">Scribendi recte ſapere eſt et principium et fons</hi></quote><bibl/></cit><lb/>
kann durch <hirendition="#aq">Principium et fons,</hi> der Anfang und die<lb/>
Quelle, die Grundlage, die erſte Anlage ꝛc. verſtan-<lb/>
den werden. Um aber dieſe Verwirrung zu entwickeln,<lb/>
merken wir an, daß dieſe Woͤrter hier ſaͤmmtlich in<lb/>
diejenige Claſſe gehoͤren, die wir in dem §. 338. 343. u. f.<lb/>
der Semiotic betrachtet haben. Sie ſind von der<lb/>
Koͤrperwelt hergenommen und metaphoriſch gemacht.<lb/>
Demnach wird ihre Bedeutung der Natur der Sache<lb/>
und der Sprache am gemaͤßeſten beſtimmet, wenn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">man</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[106/0114]
XV. Hauptſtuͤck.
iſt, oder gleiche Gewichter muͤßten ungleich ſeyn, wel-
ches an ſich ungereimt iſt. Demnach folgert Archi-
medes mit Rechte, daß keine Bewegung erfolge,
weil keine erfolgen kann. Daß auch kein Grund
des Wiſſens da ſey, haben wir oben (§. 475.) der-
geſtalt gezeiget, daß einerley Vorderſaͤtze einerley
Schlußſatz geben, und ſo wurde die Frage auf eine
ſchlechthin logiſche reducirt.
§. 489.
Nach den erſt angefuͤhrten Vieldeutigkeiten haben
wir noch eine andere, welche in der Vermengung der
Woͤrter Grund, Quelle, Urſache, Anfang, Ur-
ſprung, Principium, primordium, Caput rei ꝛc. be-
ſtehen. Dieſe Woͤrter koͤnnen in der That zuweilen
fuͤr einander genommen werden, wo man naͤmlich
die Sache nur uͤberhaupt anzeiget, wo ſie Praͤdicate
ſind (§. 267.), und wo der Zuſammenhang der Rede
die Bedeutung vollends beſtimmet, (Alethiol. §. 156.
Semiot. §. 349. ſeqq.). So z. E. will Principium
contradictionis ſo viel als der Grund oder der Grund-
ſatz des Widerſpruches ſagen. Jn dem Horaziſchen
Verſe
Scribendi recte ſapere eſt et principium et fons
kann durch Principium et fons, der Anfang und die
Quelle, die Grundlage, die erſte Anlage ꝛc. verſtan-
den werden. Um aber dieſe Verwirrung zu entwickeln,
merken wir an, daß dieſe Woͤrter hier ſaͤmmtlich in
diejenige Claſſe gehoͤren, die wir in dem §. 338. 343. u. f.
der Semiotic betrachtet haben. Sie ſind von der
Koͤrperwelt hergenommen und metaphoriſch gemacht.
Demnach wird ihre Bedeutung der Natur der Sache
und der Sprache am gemaͤßeſten beſtimmet, wenn
man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/114>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.