Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.I. Hauptstück. Erfordernisse lich nur zween angegeben. 1°. Möglich sey, waskeinen Widerspruch in sich halte. Dieser Satz ist verneinend, und zeiget nur, wo das Mögliche nicht ist, nämlich, es ist da nicht, wo ein Widerspruch vorkömmt. Da wir aber nicht sogleich jede Wider- sprüche finden können, und widersprechende Dinge öfters Jahrhunderte durch geglaubt werden, so ist dieser Satz, in Absicht auf die positive Bestimmung des Möglichen, von wenigem Gebrauche. Der einige, den ich in dieser Absicht davon habe machen können, ist derjenige, den ich oben vorgetragen (§. 7.), daß nämlich, weil zum Widersprechen mehr als ein Stück erfordert wird, einfache Begriffe, wenn sie innere Widersprüche haben sollten, nicht einfach wären, und daß sie folglich schlechterdings und nothwendig möglich sind. Ein einfacher Begriff ist demnach an sich schon und dadurch möglich, weil er einfach ist; und so viele einfache Begriffe es giebt, so viele positive Möglichkeiten hat man, ohne daß man sie ferner be- weisen müßte. §. 20. Der andere Satz, den man zur Bestimmung der will.
I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe lich nur zween angegeben. 1°. Moͤglich ſey, waskeinen Widerſpruch in ſich halte. Dieſer Satz iſt verneinend, und zeiget nur, wo das Moͤgliche nicht iſt, naͤmlich, es iſt da nicht, wo ein Widerſpruch vorkoͤmmt. Da wir aber nicht ſogleich jede Wider- ſpruͤche finden koͤnnen, und widerſprechende Dinge oͤfters Jahrhunderte durch geglaubt werden, ſo iſt dieſer Satz, in Abſicht auf die poſitive Beſtimmung des Moͤglichen, von wenigem Gebrauche. Der einige, den ich in dieſer Abſicht davon habe machen koͤnnen, iſt derjenige, den ich oben vorgetragen (§. 7.), daß naͤmlich, weil zum Widerſprechen mehr als ein Stuͤck erfordert wird, einfache Begriffe, wenn ſie innere Widerſpruͤche haben ſollten, nicht einfach waͤren, und daß ſie folglich ſchlechterdings und nothwendig moͤglich ſind. Ein einfacher Begriff iſt demnach an ſich ſchon und dadurch moͤglich, weil er einfach iſt; und ſo viele einfache Begriffe es giebt, ſo viele poſitive Moͤglichkeiten hat man, ohne daß man ſie ferner be- weiſen muͤßte. §. 20. Der andere Satz, den man zur Beſtimmung der will.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0052" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Hauptſtuͤck. Erforderniſſe</hi></fw><lb/> lich nur zween angegeben. 1°. <hi rendition="#fr">Moͤglich ſey, was<lb/> keinen Widerſpruch in ſich halte.</hi> Dieſer Satz<lb/> iſt verneinend, und zeiget nur, wo das Moͤgliche nicht<lb/> iſt, naͤmlich, es iſt da nicht, wo ein Widerſpruch<lb/> vorkoͤmmt. Da wir aber nicht ſogleich jede Wider-<lb/> ſpruͤche finden koͤnnen, und widerſprechende Dinge<lb/> oͤfters Jahrhunderte durch geglaubt werden, ſo iſt<lb/> dieſer Satz, in Abſicht auf die <hi rendition="#fr">poſitive</hi> Beſtimmung<lb/> des Moͤglichen, von wenigem Gebrauche. Der einige,<lb/> den ich in dieſer Abſicht davon habe machen koͤnnen,<lb/> iſt derjenige, den ich oben vorgetragen (§. 7.), daß<lb/> naͤmlich, weil zum Widerſprechen mehr als ein Stuͤck<lb/> erfordert wird, einfache Begriffe, wenn ſie <hi rendition="#fr">innere<lb/> Widerſpruͤche</hi> haben ſollten, nicht einfach waͤren,<lb/> und daß ſie folglich ſchlechterdings und nothwendig<lb/> moͤglich ſind. Ein einfacher Begriff iſt demnach an<lb/> ſich ſchon und dadurch moͤglich, weil er einfach iſt;<lb/> und ſo viele einfache Begriffe es giebt, ſo viele poſitive<lb/> Moͤglichkeiten hat man, ohne daß man ſie ferner be-<lb/> weiſen muͤßte.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 20.</head><lb/> <p>Der andere Satz, den man zur Beſtimmung der<lb/> Moͤglichkeit angegeben, iſt dieſer: <hi rendition="#fr">Was iſt, das<lb/> iſt an ſich moͤglich,</hi> oder: vom <hi rendition="#fr">Seyn</hi> kann man<lb/> auf das <hi rendition="#fr">moͤglich Seyn</hi> ſchluͤßen. Dieſer Satz die-<lb/> net, wenn man <hi rendition="#aq">a poſteriori</hi> oder vermittelſt der <hi rendition="#fr">Er-<lb/> fahrung</hi> Moͤglichkeiten finden will, und daher aller-<lb/> dings auch bey zuſammengeſetzten Begriffen. Auf<lb/> dieſe Art dienet jedes <hi rendition="#fr">Beyſpiel</hi> zum Beweiſe einer<lb/> oder mehrerer Moͤglichkeiten. Allein Erfahrungen<lb/> und Beyſpiele zeigen nicht ſo gleich, wie weit ſich<lb/> die Moͤglichkeit erſtreckt. Dazu gehoͤren <hi rendition="#aq">Poſtulata,</hi><lb/> wenn man die Moͤglichkeit der Zuſammenſetzung der<lb/> Begriffe <hi rendition="#aq">a priori,</hi> allgemein und genau beſtimmen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">will.</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0052]
I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
lich nur zween angegeben. 1°. Moͤglich ſey, was
keinen Widerſpruch in ſich halte. Dieſer Satz
iſt verneinend, und zeiget nur, wo das Moͤgliche nicht
iſt, naͤmlich, es iſt da nicht, wo ein Widerſpruch
vorkoͤmmt. Da wir aber nicht ſogleich jede Wider-
ſpruͤche finden koͤnnen, und widerſprechende Dinge
oͤfters Jahrhunderte durch geglaubt werden, ſo iſt
dieſer Satz, in Abſicht auf die poſitive Beſtimmung
des Moͤglichen, von wenigem Gebrauche. Der einige,
den ich in dieſer Abſicht davon habe machen koͤnnen,
iſt derjenige, den ich oben vorgetragen (§. 7.), daß
naͤmlich, weil zum Widerſprechen mehr als ein Stuͤck
erfordert wird, einfache Begriffe, wenn ſie innere
Widerſpruͤche haben ſollten, nicht einfach waͤren,
und daß ſie folglich ſchlechterdings und nothwendig
moͤglich ſind. Ein einfacher Begriff iſt demnach an
ſich ſchon und dadurch moͤglich, weil er einfach iſt;
und ſo viele einfache Begriffe es giebt, ſo viele poſitive
Moͤglichkeiten hat man, ohne daß man ſie ferner be-
weiſen muͤßte.
§. 20.
Der andere Satz, den man zur Beſtimmung der
Moͤglichkeit angegeben, iſt dieſer: Was iſt, das
iſt an ſich moͤglich, oder: vom Seyn kann man
auf das moͤglich Seyn ſchluͤßen. Dieſer Satz die-
net, wenn man a poſteriori oder vermittelſt der Er-
fahrung Moͤglichkeiten finden will, und daher aller-
dings auch bey zuſammengeſetzten Begriffen. Auf
dieſe Art dienet jedes Beyſpiel zum Beweiſe einer
oder mehrerer Moͤglichkeiten. Allein Erfahrungen
und Beyſpiele zeigen nicht ſo gleich, wie weit ſich
die Moͤglichkeit erſtreckt. Dazu gehoͤren Poſtulata,
wenn man die Moͤglichkeit der Zuſammenſetzung der
Begriffe a priori, allgemein und genau beſtimmen
will.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |