Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.Zusatz zum zwölften Hauptstücke. stimmet werden, wie sie sich combiniren lassen, undwas durch jede Combination erhalten wird. Bey den nachahmenden Künsten, kömmt es auf die Bestim- mung der in der Natur vorkommenden Verhältnisse an. Und da die Natur wegen der vielen durch einander laufenden Ursachen, von ihren eigentlichen Verhält- nissen immer mehr oder minder abweicht, so muß, wie es die Maler in Absicht auf die Verhältnisse der menschlichen Bildung gethan, aus mehrern Beobach- tungen das Mittel genommen werden, weil dadurch die Abweichungen im zu vielen und zu wenigen sich gegen einander aufheben. XXI. So fern nun die Anordnung und die Verhältnisse Zuſatz zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke. ſtimmet werden, wie ſie ſich combiniren laſſen, undwas durch jede Combination erhalten wird. Bey den nachahmenden Kuͤnſten, koͤmmt es auf die Beſtim- mung der in der Natur vorkommenden Verhaͤltniſſe an. Und da die Natur wegen der vielen durch einander laufenden Urſachen, von ihren eigentlichen Verhaͤlt- niſſen immer mehr oder minder abweicht, ſo muß, wie es die Maler in Abſicht auf die Verhaͤltniſſe der menſchlichen Bildung gethan, aus mehrern Beobach- tungen das Mittel genommen werden, weil dadurch die Abweichungen im zu vielen und zu wenigen ſich gegen einander aufheben. XXI. So fern nun die Anordnung und die Verhaͤltniſſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0412" n="376"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zuſatz zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke.</hi></fw><lb/> ſtimmet werden, wie ſie ſich combiniren laſſen, und<lb/> was durch jede Combination erhalten wird. Bey den<lb/> nachahmenden Kuͤnſten, koͤmmt es auf die Beſtim-<lb/> mung der in der Natur vorkommenden Verhaͤltniſſe an.<lb/> Und da die Natur wegen der vielen durch einander<lb/> laufenden Urſachen, von ihren eigentlichen Verhaͤlt-<lb/> niſſen immer mehr oder minder abweicht, ſo muß,<lb/> wie es die Maler in Abſicht auf die Verhaͤltniſſe der<lb/> menſchlichen Bildung gethan, aus mehrern Beobach-<lb/> tungen das Mittel genommen werden, weil dadurch<lb/> die Abweichungen im zu vielen und zu wenigen ſich<lb/> gegen einander aufheben.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXI.</hi> </head><lb/> <p>So fern nun die Anordnung und die Verhaͤltniſſe<lb/> auf Zahl und Maaß ankommen, und ſo fern Grade<lb/> oder Stufen dabey zu beſtimmen ſind; ſo fern gehoͤ-<lb/> ret die Theorie ins Gebieth der Mathematik, und ſo<lb/> fern bleibt ſie noch dermalen uͤberhaupt ſehr zuruͤcke.<lb/> Die Baukunſt, etwas von der Tonkunſt und die Per-<lb/> ſpective ſind faſt noch das einige, was wir in der Ma-<lb/> thematik davon haben. Es hat aber beſonders in<lb/> Abſicht auf die Perſpective den Erfolg, daß was<lb/> nach den Regeln der Perſpective gezeichnet iſt, noth-<lb/> wendig gut und richtig iſt, und auf das Urtheil des<lb/> Geſchmackes gar nicht ankoͤmmt. So unabhaͤngig<lb/> ſollte aber die Theorie zuſammengeſetzter Schoͤnheiten<lb/> durchaus ſeyn, und dann wuͤrde alles Gezaͤnke weg-<lb/> fallen. Dieſes wird aber freylich nicht ſobald durch-<lb/> aus geſchehen. Es wird aber inzwiſchen immer gut<lb/> ſeyn, wenn man wenigſtens einzele Theile ſo weit<lb/> wird bringen koͤnnen.</p> </div> </div> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><lb/> </body> <back> </back> </text> </TEI> [376/0412]
Zuſatz zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke.
ſtimmet werden, wie ſie ſich combiniren laſſen, und
was durch jede Combination erhalten wird. Bey den
nachahmenden Kuͤnſten, koͤmmt es auf die Beſtim-
mung der in der Natur vorkommenden Verhaͤltniſſe an.
Und da die Natur wegen der vielen durch einander
laufenden Urſachen, von ihren eigentlichen Verhaͤlt-
niſſen immer mehr oder minder abweicht, ſo muß,
wie es die Maler in Abſicht auf die Verhaͤltniſſe der
menſchlichen Bildung gethan, aus mehrern Beobach-
tungen das Mittel genommen werden, weil dadurch
die Abweichungen im zu vielen und zu wenigen ſich
gegen einander aufheben.
XXI.
So fern nun die Anordnung und die Verhaͤltniſſe
auf Zahl und Maaß ankommen, und ſo fern Grade
oder Stufen dabey zu beſtimmen ſind; ſo fern gehoͤ-
ret die Theorie ins Gebieth der Mathematik, und ſo
fern bleibt ſie noch dermalen uͤberhaupt ſehr zuruͤcke.
Die Baukunſt, etwas von der Tonkunſt und die Per-
ſpective ſind faſt noch das einige, was wir in der Ma-
thematik davon haben. Es hat aber beſonders in
Abſicht auf die Perſpective den Erfolg, daß was
nach den Regeln der Perſpective gezeichnet iſt, noth-
wendig gut und richtig iſt, und auf das Urtheil des
Geſchmackes gar nicht ankoͤmmt. So unabhaͤngig
ſollte aber die Theorie zuſammengeſetzter Schoͤnheiten
durchaus ſeyn, und dann wuͤrde alles Gezaͤnke weg-
fallen. Dieſes wird aber freylich nicht ſobald durch-
aus geſchehen. Es wird aber inzwiſchen immer gut
ſeyn, wenn man wenigſtens einzele Theile ſo weit
wird bringen koͤnnen.
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