Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XII. Hauptstück.
siebente sich auf die Beurtheilung beziehen, ob man
zur Erreichung einer oder mehrerer Absichten
die Mittel am schicklichsten gewählet und an-
geordnet habe?
Denn so sieht man es als einen
Fehler und Mangel der Vollkommenheit an, sowohl
wenn man aus einer Sache nicht allen Vortheil zieht,
der sich entweder so, wie sie ist, oder mit einer gerin-
gen Aenderung daraus ziehen ließe, als wenn man,
um nur eine bestimmte Absicht zu erreichen, über-
flüßiges unter die Mittel mit nimmt. Das Ein-
fache in den Mitteln und das Vielfältige in
den Absichten und Wirkungen wird hiebey zu-
gleich zum Augenmerke genommen,
und je
nach dem man das eine oder das andere zum Grunde
setzet, läßt sich bey dem andern ein Maximum oder
Minimum gedenken, so fern man nämlich zu vor-
gegebenen Absichten die wenigsten und ein-
fachsten Mittel,
oder hinwiederum zu vorgege-
benen Mitteln, die meisten und vielfältigsten
Absichten
zu suchen hat. Wo dieses eintrifft, da
erhält man wiederum eine Art von Vollkommenheit
die mehr real ist, und bey deren Betrachtung die
fünf letzten der vorhin (§. 352.) angeführten Redens-
arten vorkommen. Es geschieht aber nicht immer,
daß man die Mittel so nett haben kann, daß sie
schlechthin nur zu einer vorgegebenen Absicht die-
nen, und daß nichts fremdes oder nicht dahin dienen-
des mit untermenget sey. Daher kömmt es auch,
daß wenn man noch etwas mit hinzunimmt, und
die Mittel mehr oder minder anders anordnet, fast
immer noch einige Absichten mehr erreichet werden
können. Dadurch wird sodann der Grad der
Vollkommenheit höher hinauf gerücket, und
man bringt es in der Sache weiter.
Eben diese

Redens-

XII. Hauptſtuͤck.
ſiebente ſich auf die Beurtheilung beziehen, ob man
zur Erreichung einer oder mehrerer Abſichten
die Mittel am ſchicklichſten gewaͤhlet und an-
geordnet habe?
Denn ſo ſieht man es als einen
Fehler und Mangel der Vollkommenheit an, ſowohl
wenn man aus einer Sache nicht allen Vortheil zieht,
der ſich entweder ſo, wie ſie iſt, oder mit einer gerin-
gen Aenderung daraus ziehen ließe, als wenn man,
um nur eine beſtimmte Abſicht zu erreichen, uͤber-
fluͤßiges unter die Mittel mit nimmt. Das Ein-
fache in den Mitteln und das Vielfaͤltige in
den Abſichten und Wirkungen wird hiebey zu-
gleich zum Augenmerke genommen,
und je
nach dem man das eine oder das andere zum Grunde
ſetzet, laͤßt ſich bey dem andern ein Maximum oder
Minimum gedenken, ſo fern man naͤmlich zu vor-
gegebenen Abſichten die wenigſten und ein-
fachſten Mittel,
oder hinwiederum zu vorgege-
benen Mitteln, die meiſten und vielfaͤltigſten
Abſichten
zu ſuchen hat. Wo dieſes eintrifft, da
erhaͤlt man wiederum eine Art von Vollkommenheit
die mehr real iſt, und bey deren Betrachtung die
fuͤnf letzten der vorhin (§. 352.) angefuͤhrten Redens-
arten vorkommen. Es geſchieht aber nicht immer,
daß man die Mittel ſo nett haben kann, daß ſie
ſchlechthin nur zu einer vorgegebenen Abſicht die-
nen, und daß nichts fremdes oder nicht dahin dienen-
des mit untermenget ſey. Daher koͤmmt es auch,
daß wenn man noch etwas mit hinzunimmt, und
die Mittel mehr oder minder anders anordnet, faſt
immer noch einige Abſichten mehr erreichet werden
koͤnnen. Dadurch wird ſodann der Grad der
Vollkommenheit hoͤher hinauf geruͤcket, und
man bringt es in der Sache weiter.
Eben dieſe

Redens-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0382" n="346"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
&#x017F;iebente &#x017F;ich auf die Beurtheilung beziehen, <hi rendition="#fr">ob man<lb/>
zur Erreichung einer oder mehrerer Ab&#x017F;ichten<lb/>
die Mittel am &#x017F;chicklich&#x017F;ten gewa&#x0364;hlet und an-<lb/>
geordnet habe?</hi> Denn &#x017F;o &#x017F;ieht man es als einen<lb/>
Fehler und Mangel der Vollkommenheit an, &#x017F;owohl<lb/>
wenn man aus einer Sache nicht allen Vortheil zieht,<lb/>
der &#x017F;ich entweder &#x017F;o, wie &#x017F;ie i&#x017F;t, oder mit einer gerin-<lb/>
gen Aenderung daraus ziehen ließe, als wenn man,<lb/>
um nur eine be&#x017F;timmte Ab&#x017F;icht zu erreichen, u&#x0364;ber-<lb/>
flu&#x0364;ßiges unter die Mittel mit nimmt. <hi rendition="#fr">Das Ein-<lb/>
fache in den Mitteln und das Vielfa&#x0364;ltige in<lb/>
den Ab&#x017F;ichten und Wirkungen wird hiebey zu-<lb/>
gleich zum Augenmerke genommen,</hi> und je<lb/>
nach dem man das eine oder das andere zum Grunde<lb/>
&#x017F;etzet, la&#x0364;ßt &#x017F;ich bey dem andern ein <hi rendition="#aq">Maximum</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">Minimum</hi> gedenken, &#x017F;o fern man na&#x0364;mlich <hi rendition="#fr">zu vor-<lb/>
gegebenen Ab&#x017F;ichten die wenig&#x017F;ten und ein-<lb/>
fach&#x017F;ten Mittel,</hi> oder hinwiederum <hi rendition="#fr">zu vorgege-<lb/>
benen Mitteln, die mei&#x017F;ten und vielfa&#x0364;ltig&#x017F;ten<lb/>
Ab&#x017F;ichten</hi> zu &#x017F;uchen hat. Wo die&#x017F;es eintrifft, da<lb/>
erha&#x0364;lt man wiederum eine <hi rendition="#fr">Art</hi> von Vollkommenheit<lb/>
die mehr <hi rendition="#fr">real</hi> i&#x017F;t, und bey deren Betrachtung die<lb/>
fu&#x0364;nf letzten der vorhin (§. 352.) angefu&#x0364;hrten Redens-<lb/>
arten vorkommen. Es ge&#x017F;chieht aber nicht immer,<lb/>
daß man die Mittel &#x017F;o nett haben kann, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chlechthin nur zu einer vorgegebenen Ab&#x017F;icht die-<lb/>
nen, und daß nichts fremdes oder nicht dahin dienen-<lb/>
des mit untermenget &#x017F;ey. Daher ko&#x0364;mmt es auch,<lb/>
daß wenn man noch etwas mit hinzunimmt, und<lb/>
die Mittel mehr oder minder anders anordnet, fa&#x017F;t<lb/>
immer noch einige Ab&#x017F;ichten mehr erreichet werden<lb/>
ko&#x0364;nnen. Dadurch <hi rendition="#fr">wird &#x017F;odann der Grad der<lb/>
Vollkommenheit ho&#x0364;her hinauf geru&#x0364;cket, und<lb/>
man bringt es in der Sache weiter.</hi> Eben die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Redens-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346/0382] XII. Hauptſtuͤck. ſiebente ſich auf die Beurtheilung beziehen, ob man zur Erreichung einer oder mehrerer Abſichten die Mittel am ſchicklichſten gewaͤhlet und an- geordnet habe? Denn ſo ſieht man es als einen Fehler und Mangel der Vollkommenheit an, ſowohl wenn man aus einer Sache nicht allen Vortheil zieht, der ſich entweder ſo, wie ſie iſt, oder mit einer gerin- gen Aenderung daraus ziehen ließe, als wenn man, um nur eine beſtimmte Abſicht zu erreichen, uͤber- fluͤßiges unter die Mittel mit nimmt. Das Ein- fache in den Mitteln und das Vielfaͤltige in den Abſichten und Wirkungen wird hiebey zu- gleich zum Augenmerke genommen, und je nach dem man das eine oder das andere zum Grunde ſetzet, laͤßt ſich bey dem andern ein Maximum oder Minimum gedenken, ſo fern man naͤmlich zu vor- gegebenen Abſichten die wenigſten und ein- fachſten Mittel, oder hinwiederum zu vorgege- benen Mitteln, die meiſten und vielfaͤltigſten Abſichten zu ſuchen hat. Wo dieſes eintrifft, da erhaͤlt man wiederum eine Art von Vollkommenheit die mehr real iſt, und bey deren Betrachtung die fuͤnf letzten der vorhin (§. 352.) angefuͤhrten Redens- arten vorkommen. Es geſchieht aber nicht immer, daß man die Mittel ſo nett haben kann, daß ſie ſchlechthin nur zu einer vorgegebenen Abſicht die- nen, und daß nichts fremdes oder nicht dahin dienen- des mit untermenget ſey. Daher koͤmmt es auch, daß wenn man noch etwas mit hinzunimmt, und die Mittel mehr oder minder anders anordnet, faſt immer noch einige Abſichten mehr erreichet werden koͤnnen. Dadurch wird ſodann der Grad der Vollkommenheit hoͤher hinauf geruͤcket, und man bringt es in der Sache weiter. Eben dieſe Redens-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/382
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/382>, abgerufen am 16.06.2024.