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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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XI. Hauptstück.
so groß sie seyn kann, das will sagen in ihrer Art ab-
solut. Man hat diese Güte die metaphysische genen-
net, um sie von der moralischen zu unterscheiden, weil
diese letztere mehr auf Verhältniße geht, jene aber in
den Dingen selbst ist. Es erhellet übrigens aus den
angeführten Betrachtungen, daß die alten Metaphy-
siker sich unter den Begriffen der Einheit, Wahr-
heit
und Güte eines Dinges in der That etwas ha-
ben vorstellen können. Ein Ding ist weder mehr
noch minder als ein Ding, oder es ist ein in seinen
Theilen verbundenes Ganzes, und es muß existiren,
und fortdauern können, und daher alles haben, was
hiezu erfordert wird, folglich ein behöriges Eben-
maaß der Theile und Kräfte, und die zum Behar-
rungsstande erforderliche Anordnung der Theile. So
vielerley Abwechslungen und Mannichfaltigkeiten
nun noch bey diesen an sich nothwendigen Bedingun-
gen und Erfordernissen übrig bleiben, so vielerley
Arten von Dingen giebt es auch an sich, oder im
Reiche der Wahrheit und der Möglichkeit, und so
viele können auch für sich betrachtet, existiren. Wir ha-
ben diese drey Begriffe hier auf die Begriffe des So-
liden und der Kräfte reducirt, und werden außer
dem, was wir oben (§. 201-231.) in Absicht auf das
Einerley bleiben gesaget haben, noch im folgenden
Anläße haben, das Ebenmaaß der Theile und Kräfte,
und die Bedingungen und Eigenschaften des Behar-
rungsstandes umständlicher zu betrachten. Wir mer-
ken hier nur noch an, daß man die Einheit, Wahr-
heit
und Güte als innere und allgemeine Eigen-
schaften eines Dinges angesehen, so fern sie den Dis-
junctiven und den Verhältnissen entgegengesetzt wer-
den können. Die Absicht, in der Metaphysic, das-
jenige alles in eine Theorie zu bringen, was jeden

Dingen

XI. Hauptſtuͤck.
ſo groß ſie ſeyn kann, das will ſagen in ihrer Art ab-
ſolut. Man hat dieſe Guͤte die metaphyſiſche genen-
net, um ſie von der moraliſchen zu unterſcheiden, weil
dieſe letztere mehr auf Verhaͤltniße geht, jene aber in
den Dingen ſelbſt iſt. Es erhellet uͤbrigens aus den
angefuͤhrten Betrachtungen, daß die alten Metaphy-
ſiker ſich unter den Begriffen der Einheit, Wahr-
heit
und Guͤte eines Dinges in der That etwas ha-
ben vorſtellen koͤnnen. Ein Ding iſt weder mehr
noch minder als ein Ding, oder es iſt ein in ſeinen
Theilen verbundenes Ganzes, und es muß exiſtiren,
und fortdauern koͤnnen, und daher alles haben, was
hiezu erfordert wird, folglich ein behoͤriges Eben-
maaß der Theile und Kraͤfte, und die zum Behar-
rungsſtande erforderliche Anordnung der Theile. So
vielerley Abwechslungen und Mannichfaltigkeiten
nun noch bey dieſen an ſich nothwendigen Bedingun-
gen und Erforderniſſen uͤbrig bleiben, ſo vielerley
Arten von Dingen giebt es auch an ſich, oder im
Reiche der Wahrheit und der Moͤglichkeit, und ſo
viele koͤnnen auch fuͤr ſich betrachtet, exiſtiren. Wir ha-
ben dieſe drey Begriffe hier auf die Begriffe des So-
liden und der Kraͤfte reducirt, und werden außer
dem, was wir oben (§. 201-231.) in Abſicht auf das
Einerley bleiben geſaget haben, noch im folgenden
Anlaͤße haben, das Ebenmaaß der Theile und Kraͤfte,
und die Bedingungen und Eigenſchaften des Behar-
rungsſtandes umſtaͤndlicher zu betrachten. Wir mer-
ken hier nur noch an, daß man die Einheit, Wahr-
heit
und Guͤte als innere und allgemeine Eigen-
ſchaften eines Dinges angeſehen, ſo fern ſie den Dis-
junctiven und den Verhaͤltniſſen entgegengeſetzt wer-
den koͤnnen. Die Abſicht, in der Metaphyſic, das-
jenige alles in eine Theorie zu bringen, was jeden

Dingen
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[340/0376] XI. Hauptſtuͤck. ſo groß ſie ſeyn kann, das will ſagen in ihrer Art ab- ſolut. Man hat dieſe Guͤte die metaphyſiſche genen- net, um ſie von der moraliſchen zu unterſcheiden, weil dieſe letztere mehr auf Verhaͤltniße geht, jene aber in den Dingen ſelbſt iſt. Es erhellet uͤbrigens aus den angefuͤhrten Betrachtungen, daß die alten Metaphy- ſiker ſich unter den Begriffen der Einheit, Wahr- heit und Guͤte eines Dinges in der That etwas ha- ben vorſtellen koͤnnen. Ein Ding iſt weder mehr noch minder als ein Ding, oder es iſt ein in ſeinen Theilen verbundenes Ganzes, und es muß exiſtiren, und fortdauern koͤnnen, und daher alles haben, was hiezu erfordert wird, folglich ein behoͤriges Eben- maaß der Theile und Kraͤfte, und die zum Behar- rungsſtande erforderliche Anordnung der Theile. So vielerley Abwechslungen und Mannichfaltigkeiten nun noch bey dieſen an ſich nothwendigen Bedingun- gen und Erforderniſſen uͤbrig bleiben, ſo vielerley Arten von Dingen giebt es auch an ſich, oder im Reiche der Wahrheit und der Moͤglichkeit, und ſo viele koͤnnen auch fuͤr ſich betrachtet, exiſtiren. Wir ha- ben dieſe drey Begriffe hier auf die Begriffe des So- liden und der Kraͤfte reducirt, und werden außer dem, was wir oben (§. 201-231.) in Abſicht auf das Einerley bleiben geſaget haben, noch im folgenden Anlaͤße haben, das Ebenmaaß der Theile und Kraͤfte, und die Bedingungen und Eigenſchaften des Behar- rungsſtandes umſtaͤndlicher zu betrachten. Wir mer- ken hier nur noch an, daß man die Einheit, Wahr- heit und Guͤte als innere und allgemeine Eigen- ſchaften eines Dinges angeſehen, ſo fern ſie den Dis- junctiven und den Verhaͤltniſſen entgegengeſetzt wer- den koͤnnen. Die Abſicht, in der Metaphyſic, das- jenige alles in eine Theorie zu bringen, was jeden Dingen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/376>, abgerufen am 01.06.2024.