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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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IV. Hauptstück. Grundsätze
Verschiedenheit durchaus = 0, so vergleicht man nicht
zwey Dinge, sondern eine und eben dieselbe Sache
mit sich selbst, und so stellet man sie sich in Gedanken
doppelt vor. Jst aber die Verschiedenheit durch-
aus = 1, so vergleicht man wiederum nicht zwey Din-
ge, sondern etwas mit nichts. Dieses ist dadurch
offenbar, daß wenn es zwey in allen Stücken
und in allen Absichten durchaus verschiedene
Dinge geben sollte, von dem einen alles po-
sitive des andern verneint werden müßte, und
so wäre es z. E. nicht möglich, nicht gedenk-
bar etc. das will sagen, es wäre nichts.
Da es
demnach nicht zwey durchaus und in allen Absichten
verschiedene Dinge giebt, so ist der Fall, wo die Ver-
schiedenheit = 1 gesetzet wird, schlechthin nur ideal,
weil sich etwas mit nichts nur auf eine ideale und
bloß symbolische Art vergleichen läßt.

§. 147.

Ungeachtet aber diese beyden äußersten Stufen nur
ideal sind, so können sie dessen unerachtet zum Grunde
gelegt werden, um die übrigen oder die Mittelstufen
mit einander zu vergleichen. Von diesen haben wir
folgende Arten:

1°. Dinge, die nur der Zahl nach verschieden sind,
und folglich die absolute unterste Arten aus-
machen (§. 129. 132.). Diese sind, wenn sie
existiren, nicht zugleich an einem Orte (§. 129.).
2°. Dinge, die nur den Graden oder der Größe
nach verschieden sind. Diese sind zugleich auch
der Zahl nach verschieden, und gleichartig, und
absolute ähnlich.
3°. Dinge, die nur der Art der Zusammensetzung
nach verschieden sind. Diese sind gleichartig,
so

IV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze
Verſchiedenheit durchaus = 0, ſo vergleicht man nicht
zwey Dinge, ſondern eine und eben dieſelbe Sache
mit ſich ſelbſt, und ſo ſtellet man ſie ſich in Gedanken
doppelt vor. Jſt aber die Verſchiedenheit durch-
aus = 1, ſo vergleicht man wiederum nicht zwey Din-
ge, ſondern etwas mit nichts. Dieſes iſt dadurch
offenbar, daß wenn es zwey in allen Stuͤcken
und in allen Abſichten durchaus verſchiedene
Dinge geben ſollte, von dem einen alles po-
ſitive des andern verneint werden muͤßte, und
ſo waͤre es z. E. nicht moͤglich, nicht gedenk-
bar ꝛc. das will ſagen, es waͤre nichts.
Da es
demnach nicht zwey durchaus und in allen Abſichten
verſchiedene Dinge giebt, ſo iſt der Fall, wo die Ver-
ſchiedenheit = 1 geſetzet wird, ſchlechthin nur ideal,
weil ſich etwas mit nichts nur auf eine ideale und
bloß ſymboliſche Art vergleichen laͤßt.

§. 147.

Ungeachtet aber dieſe beyden aͤußerſten Stufen nur
ideal ſind, ſo koͤnnen ſie deſſen unerachtet zum Grunde
gelegt werden, um die uͤbrigen oder die Mittelſtufen
mit einander zu vergleichen. Von dieſen haben wir
folgende Arten:

1°. Dinge, die nur der Zahl nach verſchieden ſind,
und folglich die abſolute unterſte Arten aus-
machen (§. 129. 132.). Dieſe ſind, wenn ſie
exiſtiren, nicht zugleich an einem Orte (§. 129.).
2°. Dinge, die nur den Graden oder der Groͤße
nach verſchieden ſind. Dieſe ſind zugleich auch
der Zahl nach verſchieden, und gleichartig, und
abſolute aͤhnlich.
3°. Dinge, die nur der Art der Zuſammenſetzung
nach verſchieden ſind. Dieſe ſind gleichartig,
ſo
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[106/0142] IV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze Verſchiedenheit durchaus = 0, ſo vergleicht man nicht zwey Dinge, ſondern eine und eben dieſelbe Sache mit ſich ſelbſt, und ſo ſtellet man ſie ſich in Gedanken doppelt vor. Jſt aber die Verſchiedenheit durch- aus = 1, ſo vergleicht man wiederum nicht zwey Din- ge, ſondern etwas mit nichts. Dieſes iſt dadurch offenbar, daß wenn es zwey in allen Stuͤcken und in allen Abſichten durchaus verſchiedene Dinge geben ſollte, von dem einen alles po- ſitive des andern verneint werden muͤßte, und ſo waͤre es z. E. nicht moͤglich, nicht gedenk- bar ꝛc. das will ſagen, es waͤre nichts. Da es demnach nicht zwey durchaus und in allen Abſichten verſchiedene Dinge giebt, ſo iſt der Fall, wo die Ver- ſchiedenheit = 1 geſetzet wird, ſchlechthin nur ideal, weil ſich etwas mit nichts nur auf eine ideale und bloß ſymboliſche Art vergleichen laͤßt. §. 147. Ungeachtet aber dieſe beyden aͤußerſten Stufen nur ideal ſind, ſo koͤnnen ſie deſſen unerachtet zum Grunde gelegt werden, um die uͤbrigen oder die Mittelſtufen mit einander zu vergleichen. Von dieſen haben wir folgende Arten: 1°. Dinge, die nur der Zahl nach verſchieden ſind, und folglich die abſolute unterſte Arten aus- machen (§. 129. 132.). Dieſe ſind, wenn ſie exiſtiren, nicht zugleich an einem Orte (§. 129.). 2°. Dinge, die nur den Graden oder der Groͤße nach verſchieden ſind. Dieſe ſind zugleich auch der Zahl nach verſchieden, und gleichartig, und abſolute aͤhnlich. 3°. Dinge, die nur der Art der Zuſammenſetzung nach verſchieden ſind. Dieſe ſind gleichartig, ſo

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/142>, abgerufen am 21.11.2024.