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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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Den bischof sach man wisen siner swester kint,
In und Eckewarten, zu Gotelinde sint.
Da wart vil michel grüzen an der selben stunt.
Do kuste du ellende an der Gotelinde munt.

Am dritten Tage reist Kriemhild von Bechlaren weiter;
und als sie endlich nach Mautern kommt, wird der lange
vergessene Bischof auch wieder erwähnt (Z. 5333 -- 5336):
Der bischof minnerliche von siner niftel schiet;
Daz si sich wol gehabte, wie vast er ir daz riet!
Und daz si ir ere koufte, als Helke het getan.
Hei, waz si grozer eren sit da zen Hunen gewan!

Ferner, Wärbel und Swemmel, Etzels Fiedeler, die
nach Burgund gesandt sind, um die Könige einzuladen,
kommen unterwegs, nachdem sie von Vechlaren gegangen
sind, auch zu dem Bischof (Z. 5721 -- 5728):
E daz die boten komen vol durch Beierlant,
Woerbel der vil snelle den guten bischof vant.

Der Dichter hat aber wenig Nachricht davon:
Waz er do sinen frunden ze Rine hin enbot,
Daz ist mir nicht gewizzen;

er gibt ihnen Geschenke, und sagt, er wünsche sehr seine
Schwestersöhne bei sich zu sehen. Und nun fängt die fol-
gende Strophe höchst auffallend an:
Welhe wege si füren ze Rine durch du lant,
Des kan ich niht bescheiden.

Denn bei Kriemhildens Reise wird ja auch wenigstens zwi-
schen der Donau und Worms kein Ort genannt; und Rü-
diger reiste, eben wie jene (Z. 5733), in zwölf Tagen von
Bechlaren nach Worms (Z. 4713), und es wurde von ihm

Den biſchof ſach man wiſen ſiner ſweſter kint,
In und Eckewarten, zů Gotelinde ſint.
Da wart vil michel grüzen an der ſelben ſtunt.
Do kuſte du̓ ellende an der Gotelinde munt.

Am dritten Tage reiſt Kriemhild von Bechlaren weiter;
und als ſie endlich nach Mautern kommt, wird der lange
vergeſſene Biſchof auch wieder erwähnt (Z. 5333 — 5336):
Der biſchof minnerliche von ſiner niftel ſchiet;
Daz ſi ſich wol gehabte, wie vaſt er ir daz riet!
Und daz ſi ir ere koͧfte, als Helke het getan.
Hei, waz ſi grozer eren ſit da zen Hu̓nen gewan!

Ferner, Wärbel und Swemmel, Etzels Fiedeler, die
nach Burgund geſandt ſind, um die Könige einzuladen,
kommen unterwegs, nachdem ſie von Vechlaren gegangen
ſind, auch zu dem Biſchof (Z. 5721 — 5728):
E daz die boten komen vol durch Beierlant,
Wœrbel der vil ſnelle den gůten biſchof vant.

Der Dichter hat aber wenig Nachricht davon:
Waz er do ſinen fru̓nden ze Rine hin enbot,
Daz iſt mir nicht gewizzen;

er gibt ihnen Geſchenke, und ſagt, er wünſche ſehr ſeine
Schweſterſöhne bei ſich zu ſehen. Und nun fängt die fol-
gende Strophe höchſt auffallend an:
Welhe wege ſi füren ze Rine durch du̓ lant,
Des kan ich niht beſcheiden.

Denn bei Kriemhildens Reiſe wird ja auch wenigſtens zwi-
ſchen der Donau und Worms kein Ort genannt; und Rü-
diger reiſte, eben wie jene (Z. 5733), in zwölf Tagen von
Bechlaren nach Worms (Z. 4713), und es wurde von ihm

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[9/0017] Den biſchof ſach man wiſen ſiner ſweſter kint, In und Eckewarten, zů Gotelinde ſint. Da wart vil michel grüzen an der ſelben ſtunt. Do kuſte du̓ ellende an der Gotelinde munt. Am dritten Tage reiſt Kriemhild von Bechlaren weiter; und als ſie endlich nach Mautern kommt, wird der lange vergeſſene Biſchof auch wieder erwähnt (Z. 5333 — 5336): Der biſchof minnerliche von ſiner niftel ſchiet; Daz ſi ſich wol gehabte, wie vaſt er ir daz riet! Und daz ſi ir ere koͧfte, als Helke het getan. Hei, waz ſi grozer eren ſit da zen Hu̓nen gewan! Ferner, Wärbel und Swemmel, Etzels Fiedeler, die nach Burgund geſandt ſind, um die Könige einzuladen, kommen unterwegs, nachdem ſie von Vechlaren gegangen ſind, auch zu dem Biſchof (Z. 5721 — 5728): E daz die boten komen vol durch Beierlant, Wœrbel der vil ſnelle den gůten biſchof vant. Der Dichter hat aber wenig Nachricht davon: Waz er do ſinen fru̓nden ze Rine hin enbot, Daz iſt mir nicht gewizzen; er gibt ihnen Geſchenke, und ſagt, er wünſche ſehr ſeine Schweſterſöhne bei ſich zu ſehen. Und nun fängt die fol- gende Strophe höchſt auffallend an: Welhe wege ſi füren ze Rine durch du̓ lant, Des kan ich niht beſcheiden. Denn bei Kriemhildens Reiſe wird ja auch wenigſtens zwi- ſchen der Donau und Worms kein Ort genannt; und Rü- diger reiſte, eben wie jene (Z. 5733), in zwölf Tagen von Bechlaren nach Worms (Z. 4713), und es wurde von ihm

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/17>, abgerufen am 29.03.2024.