Den von den Einzelstaaten zur Bestreitung der Ausgaben des Reiches zu zahlenden "Beiträgen", stehen diejenigen Einnahmen gegenüber, "welche zur Reichskasse fließen". Man pflegt sie, "eigene" Einnahmen des Reiches zu nennen; im Art. 70 der R.V. selbst werden sie richtiger als "gemeinschaftliche Einnahmen" (der Bundes- staaten) bezeichnet. Als Einnahmen des Reiches kann man sie nur in dem Sinne charakterisiren, daß sie verfassungsmäßig oder reichs- gesetzlich zur Bestreitung von Ausgaben des Reiches bestimmt sind, von den Einzelstaaten diesem Zweck nicht entzogen werden können, vielmehr aus der Finanzwirthschaft der Einzelstaaten ganz aus- scheiden und von der Finanzgewalt des Reiches beherrscht werden; sowie man etwa die Erträgnisse des Gesellschaftsvermögens eigene Einnahmen der Societät im Gegensatz zu den Zuschüssen der Gesellschafter nennen kann und sowie man die Einlagen der Gesell- schafter als "eigenes Vermögen der Societät" im Gegensatz zum Privatvermögen der Sozii bezeichnen kann, weil die letzteren nicht befugt sind, ihre Einlagen den Gesellschaftszwecken zu entziehen.
Nicht alle Staaten nehmen aber an allen diesen Ein- nahmen Theil; es bestehen vielmehr unter ihnen folgende Ein- nahme-Gemeinschaften:
1. Allen Staaten gemeinsam sind die Erträge des Reichsvermögens, die Gebühren, welche für die Amtshandlungen der Reichsbehörden zu entrichten sind, die Erträge der Reichs- stempel-Abgaben mit Einschluß der statistischen Gebühr, die Er- träge der Zölle, der Salzsteuer, Rübenzuckersteuer und Tabaksteuer. Von den Zöllen, Verbrauchsabgaben und Stempelsteuern fließen in die Reichskasse nur diejenigen Erträge, welche sich nach Abzug der Ausfuhr-Vergütungen und anderen Rückerstattungen und der den Einzelstaaten verbleibenden Entschädigungen für die Erhebungs- und Verwaltungskosten ergeben 1). Die Einnahme-Gemeinschaft aus den Zöllen und den erwähnten Verbrauchsabgaben erstreckt sich auch auf die vom Zollgebiet ausgeschlossenen Gebietstheile, für welche von den betreffenden Staaten ein entsprechender Beitrag zu den Ausgaben des Reichs durch Zahlung eines Aversums
1) Vgl. Reichsverf. Art. 38 Abs. 2. Reichsstempelges. v. 1. Juli 1881 §. 32.
§. 120. Die Einnahmen.
§. 120. Die Einnahmen.
Den von den Einzelſtaaten zur Beſtreitung der Ausgaben des Reiches zu zahlenden „Beiträgen“, ſtehen diejenigen Einnahmen gegenüber, „welche zur Reichskaſſe fließen“. Man pflegt ſie, „eigene“ Einnahmen des Reiches zu nennen; im Art. 70 der R.V. ſelbſt werden ſie richtiger als „gemeinſchaftliche Einnahmen“ (der Bundes- ſtaaten) bezeichnet. Als Einnahmen des Reiches kann man ſie nur in dem Sinne charakteriſiren, daß ſie verfaſſungsmäßig oder reichs- geſetzlich zur Beſtreitung von Ausgaben des Reiches beſtimmt ſind, von den Einzelſtaaten dieſem Zweck nicht entzogen werden können, vielmehr aus der Finanzwirthſchaft der Einzelſtaaten ganz aus- ſcheiden und von der Finanzgewalt des Reiches beherrſcht werden; ſowie man etwa die Erträgniſſe des Geſellſchaftsvermögens eigene Einnahmen der Societät im Gegenſatz zu den Zuſchüſſen der Geſellſchafter nennen kann und ſowie man die Einlagen der Geſell- ſchafter als „eigenes Vermögen der Societät“ im Gegenſatz zum Privatvermögen der Sozii bezeichnen kann, weil die letzteren nicht befugt ſind, ihre Einlagen den Geſellſchaftszwecken zu entziehen.
Nicht alle Staaten nehmen aber an allen dieſen Ein- nahmen Theil; es beſtehen vielmehr unter ihnen folgende Ein- nahme-Gemeinſchaften:
1. Allen Staaten gemeinſam ſind die Erträge des Reichsvermögens, die Gebühren, welche für die Amtshandlungen der Reichsbehörden zu entrichten ſind, die Erträge der Reichs- ſtempel-Abgaben mit Einſchluß der ſtatiſtiſchen Gebühr, die Er- träge der Zölle, der Salzſteuer, Rübenzuckerſteuer und Tabakſteuer. Von den Zöllen, Verbrauchsabgaben und Stempelſteuern fließen in die Reichskaſſe nur diejenigen Erträge, welche ſich nach Abzug der Ausfuhr-Vergütungen und anderen Rückerſtattungen und der den Einzelſtaaten verbleibenden Entſchädigungen für die Erhebungs- und Verwaltungskoſten ergeben 1). Die Einnahme-Gemeinſchaft aus den Zöllen und den erwähnten Verbrauchsabgaben erſtreckt ſich auch auf die vom Zollgebiet ausgeſchloſſenen Gebietstheile, für welche von den betreffenden Staaten ein entſprechender Beitrag zu den Ausgaben des Reichs durch Zahlung eines Averſums
1) Vgl. Reichsverf. Art. 38 Abſ. 2. Reichsſtempelgeſ. v. 1. Juli 1881 §. 32.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0332"n="322"/><fwplace="top"type="header">§. 120. Die Einnahmen.</fw><lb/><divn="3"><head>§. 120. <hirendition="#b">Die Einnahmen.</hi></head><lb/><p>Den von den Einzelſtaaten zur Beſtreitung der Ausgaben des<lb/>
Reiches zu zahlenden „Beiträgen“, ſtehen diejenigen Einnahmen<lb/>
gegenüber, „welche zur Reichskaſſe fließen“. Man pflegt ſie, „eigene“<lb/>
Einnahmen des Reiches zu nennen; im Art. 70 der R.V. ſelbſt<lb/>
werden ſie richtiger als „gemeinſchaftliche Einnahmen“ (der Bundes-<lb/>ſtaaten) bezeichnet. Als Einnahmen des Reiches kann man ſie nur<lb/>
in dem Sinne charakteriſiren, daß ſie verfaſſungsmäßig oder reichs-<lb/>
geſetzlich zur Beſtreitung von Ausgaben des Reiches beſtimmt ſind,<lb/>
von den Einzelſtaaten dieſem Zweck nicht entzogen werden können,<lb/>
vielmehr aus der Finanzwirthſchaft der Einzelſtaaten ganz aus-<lb/>ſcheiden und von der Finanzgewalt des Reiches beherrſcht werden;<lb/>ſowie man etwa die Erträgniſſe des Geſellſchaftsvermögens eigene<lb/>
Einnahmen der Societät im Gegenſatz zu den Zuſchüſſen der<lb/>
Geſellſchafter nennen kann und ſowie man die Einlagen der Geſell-<lb/>ſchafter als „eigenes Vermögen der Societät“ im Gegenſatz zum<lb/>
Privatvermögen der Sozii bezeichnen kann, weil die letzteren nicht<lb/>
befugt ſind, ihre Einlagen den Geſellſchaftszwecken zu entziehen.</p><lb/><p>Nicht <hirendition="#g">alle</hi> Staaten nehmen aber an <hirendition="#g">allen</hi> dieſen Ein-<lb/>
nahmen Theil; es beſtehen vielmehr unter ihnen folgende Ein-<lb/>
nahme-Gemeinſchaften:</p><lb/><p>1. <hirendition="#g">Allen Staaten gemeinſam</hi>ſind die Erträge des<lb/>
Reichsvermögens, die Gebühren, welche für die Amtshandlungen<lb/>
der Reichsbehörden zu entrichten ſind, die Erträge der Reichs-<lb/>ſtempel-Abgaben mit Einſchluß der ſtatiſtiſchen Gebühr, die Er-<lb/>
träge der Zölle, der Salzſteuer, Rübenzuckerſteuer und Tabakſteuer.<lb/>
Von den Zöllen, Verbrauchsabgaben und Stempelſteuern fließen<lb/>
in die Reichskaſſe nur diejenigen Erträge, welche ſich nach Abzug<lb/>
der Ausfuhr-Vergütungen und anderen Rückerſtattungen und der<lb/>
den Einzelſtaaten verbleibenden Entſchädigungen für die Erhebungs-<lb/>
und Verwaltungskoſten ergeben <noteplace="foot"n="1)">Vgl. Reichsverf. Art. 38 Abſ. 2. Reichsſtempelgeſ. v. 1. Juli 1881 §. 32.</note>. Die Einnahme-Gemeinſchaft<lb/>
aus den Zöllen und den erwähnten Verbrauchsabgaben erſtreckt<lb/>ſich auch auf die vom Zollgebiet ausgeſchloſſenen Gebietstheile,<lb/>
für welche von den betreffenden Staaten ein entſprechender Beitrag<lb/>
zu den Ausgaben des Reichs durch Zahlung eines <hirendition="#g">Averſums</hi><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[322/0332]
§. 120. Die Einnahmen.
§. 120. Die Einnahmen.
Den von den Einzelſtaaten zur Beſtreitung der Ausgaben des
Reiches zu zahlenden „Beiträgen“, ſtehen diejenigen Einnahmen
gegenüber, „welche zur Reichskaſſe fließen“. Man pflegt ſie, „eigene“
Einnahmen des Reiches zu nennen; im Art. 70 der R.V. ſelbſt
werden ſie richtiger als „gemeinſchaftliche Einnahmen“ (der Bundes-
ſtaaten) bezeichnet. Als Einnahmen des Reiches kann man ſie nur
in dem Sinne charakteriſiren, daß ſie verfaſſungsmäßig oder reichs-
geſetzlich zur Beſtreitung von Ausgaben des Reiches beſtimmt ſind,
von den Einzelſtaaten dieſem Zweck nicht entzogen werden können,
vielmehr aus der Finanzwirthſchaft der Einzelſtaaten ganz aus-
ſcheiden und von der Finanzgewalt des Reiches beherrſcht werden;
ſowie man etwa die Erträgniſſe des Geſellſchaftsvermögens eigene
Einnahmen der Societät im Gegenſatz zu den Zuſchüſſen der
Geſellſchafter nennen kann und ſowie man die Einlagen der Geſell-
ſchafter als „eigenes Vermögen der Societät“ im Gegenſatz zum
Privatvermögen der Sozii bezeichnen kann, weil die letzteren nicht
befugt ſind, ihre Einlagen den Geſellſchaftszwecken zu entziehen.
Nicht alle Staaten nehmen aber an allen dieſen Ein-
nahmen Theil; es beſtehen vielmehr unter ihnen folgende Ein-
nahme-Gemeinſchaften:
1. Allen Staaten gemeinſam ſind die Erträge des
Reichsvermögens, die Gebühren, welche für die Amtshandlungen
der Reichsbehörden zu entrichten ſind, die Erträge der Reichs-
ſtempel-Abgaben mit Einſchluß der ſtatiſtiſchen Gebühr, die Er-
träge der Zölle, der Salzſteuer, Rübenzuckerſteuer und Tabakſteuer.
Von den Zöllen, Verbrauchsabgaben und Stempelſteuern fließen
in die Reichskaſſe nur diejenigen Erträge, welche ſich nach Abzug
der Ausfuhr-Vergütungen und anderen Rückerſtattungen und der
den Einzelſtaaten verbleibenden Entſchädigungen für die Erhebungs-
und Verwaltungskoſten ergeben 1). Die Einnahme-Gemeinſchaft
aus den Zöllen und den erwähnten Verbrauchsabgaben erſtreckt
ſich auch auf die vom Zollgebiet ausgeſchloſſenen Gebietstheile,
für welche von den betreffenden Staaten ein entſprechender Beitrag
zu den Ausgaben des Reichs durch Zahlung eines Averſums
1) Vgl. Reichsverf. Art. 38 Abſ. 2. Reichsſtempelgeſ. v. 1. Juli 1881 §. 32.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/332>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.