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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
3--5 und 10--20 des Zollvereinsvertrages in diesem Staate oder
Gebietstheile in Wirksamkeit treten. Es ergiebt sich hieraus, daß
den in Betracht kommenden Einzelstaaten kein Widerspruchs-
recht
gegen die Einbeziehung ihrer Gebiete oder Gebietstheile zu-
steht 1) und daß ebensowenig ein Akt der Gesetzgebung zur Besei-
tigung oder Beschränkung einer Zollexclave erforderlich ist. An
die Stelle des Zollbundesrathes ist seit der Errichtung des Reiches
der Bundesrath getreten, dessen Kompetenz überdies durch Art. 7
Ziff. 2 der R.V. begründet ist. Nachdem verfassungsmäßig neben
dem Grundprinzip der Identität von Bundesgebiet und Zollgebiet
auch die Zulässigkeit des Ausschlusses von Gebietstheilen "wegen
ihrer Lage" anerkannt worden ist, handelt es sich bei jeder einzel-
nen Exclave nur um eine Anwendung dieser Regeln auf den
einzelnen Fall, also um eine Handhabung oder Ausführung des
Gesetzes, nicht um eine Abänderung desselben; und ebenso, wenn
in einem Falle, in welchem die Ausnahme bisher zugelassen war,
wegen veränderter Umstände die Grundregel in Anwendung ge-
bracht wird 2).

b) Art. 34 der R.V. lautet: "Die Hansestädte Bremen und
Hamburg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder
des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der
gemeinschaftlichen Zollgränze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe
beantragen." Da dieser Artikel Anlaß zu zahlreichen Streitfragen
gegeben hat, so scheint ein näheres Eingehen auf seinen Inhalt

1) Delbrück a. a. O. S. 43 ff. macht eine Ausnahme hiervon zu
Gunsten Hannovers (jetzt Preußens) und Oldenburgs wegen Geestemünde und
Brake. Allein vor Errichtung des Norddeutschen Bundes war in allen
Fällen zum Einschluß einer Exclave die allseitige Zustimmung der Ver-
einsstaaten erforderlich, für ein Sonder recht in dieser Beziehung also kein
Raum. Es war daher rechtlich gleichgültig, ob der vorläufige Ausschluß
jener beiden Orte auf finanziellen oder auf handelspolitischen Motiven be-
ruhte. Da weder in dem Zollvereinsvertrag von 1867 noch in der Nordd.
Bundesverf. für Geestemünde und Brake eine Abweichung von dem gemeinen
Recht festgesetzt wurde, sind auch diese beiden Exclaven dem letzteren unter-
worfen.
2) Ein Verzeichniß der gegenwärtig noch vorhandenen Zollexclaven siehe
bei v. Aufseß und Delbrück S. 42. Der Anschluß der Stadt Altona
ist vom Bundesrath am 22. Mai 1880 vorbehaltlich der näheren Modifikationen
beschlossen worden.

§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
3—5 und 10—20 des Zollvereinsvertrages in dieſem Staate oder
Gebietstheile in Wirkſamkeit treten. Es ergiebt ſich hieraus, daß
den in Betracht kommenden Einzelſtaaten kein Widerſpruchs-
recht
gegen die Einbeziehung ihrer Gebiete oder Gebietstheile zu-
ſteht 1) und daß ebenſowenig ein Akt der Geſetzgebung zur Beſei-
tigung oder Beſchränkung einer Zollexclave erforderlich iſt. An
die Stelle des Zollbundesrathes iſt ſeit der Errichtung des Reiches
der Bundesrath getreten, deſſen Kompetenz überdies durch Art. 7
Ziff. 2 der R.V. begründet iſt. Nachdem verfaſſungsmäßig neben
dem Grundprinzip der Identität von Bundesgebiet und Zollgebiet
auch die Zuläſſigkeit des Ausſchluſſes von Gebietstheilen „wegen
ihrer Lage“ anerkannt worden iſt, handelt es ſich bei jeder einzel-
nen Exclave nur um eine Anwendung dieſer Regeln auf den
einzelnen Fall, alſo um eine Handhabung oder Ausführung des
Geſetzes, nicht um eine Abänderung deſſelben; und ebenſo, wenn
in einem Falle, in welchem die Ausnahme bisher zugelaſſen war,
wegen veränderter Umſtände die Grundregel in Anwendung ge-
bracht wird 2).

b) Art. 34 der R.V. lautet: „Die Hanſeſtädte Bremen und
Hamburg mit einem dem Zweck entſprechenden Bezirke ihres oder
des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der
gemeinſchaftlichen Zollgränze, bis ſie ihren Einſchluß in dieſelbe
beantragen.“ Da dieſer Artikel Anlaß zu zahlreichen Streitfragen
gegeben hat, ſo ſcheint ein näheres Eingehen auf ſeinen Inhalt

1) Delbrück a. a. O. S. 43 ff. macht eine Ausnahme hiervon zu
Gunſten Hannovers (jetzt Preußens) und Oldenburgs wegen Geeſtemünde und
Brake. Allein vor Errichtung des Norddeutſchen Bundes war in allen
Fällen zum Einſchluß einer Exclave die allſeitige Zuſtimmung der Ver-
einsſtaaten erforderlich, für ein Sonder recht in dieſer Beziehung alſo kein
Raum. Es war daher rechtlich gleichgültig, ob der vorläufige Ausſchluß
jener beiden Orte auf finanziellen oder auf handelspolitiſchen Motiven be-
ruhte. Da weder in dem Zollvereinsvertrag von 1867 noch in der Nordd.
Bundesverf. für Geeſtemünde und Brake eine Abweichung von dem gemeinen
Recht feſtgeſetzt wurde, ſind auch dieſe beiden Exclaven dem letzteren unter-
worfen.
2) Ein Verzeichniß der gegenwärtig noch vorhandenen Zollexclaven ſiehe
bei v. Aufſeß und Delbrück S. 42. Der Anſchluß der Stadt Altona
iſt vom Bundesrath am 22. Mai 1880 vorbehaltlich der näheren Modifikationen
beſchloſſen worden.
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[254/0264] §. 112. Die Einheit des Zollgebietes. 3—5 und 10—20 des Zollvereinsvertrages in dieſem Staate oder Gebietstheile in Wirkſamkeit treten. Es ergiebt ſich hieraus, daß den in Betracht kommenden Einzelſtaaten kein Widerſpruchs- recht gegen die Einbeziehung ihrer Gebiete oder Gebietstheile zu- ſteht 1) und daß ebenſowenig ein Akt der Geſetzgebung zur Beſei- tigung oder Beſchränkung einer Zollexclave erforderlich iſt. An die Stelle des Zollbundesrathes iſt ſeit der Errichtung des Reiches der Bundesrath getreten, deſſen Kompetenz überdies durch Art. 7 Ziff. 2 der R.V. begründet iſt. Nachdem verfaſſungsmäßig neben dem Grundprinzip der Identität von Bundesgebiet und Zollgebiet auch die Zuläſſigkeit des Ausſchluſſes von Gebietstheilen „wegen ihrer Lage“ anerkannt worden iſt, handelt es ſich bei jeder einzel- nen Exclave nur um eine Anwendung dieſer Regeln auf den einzelnen Fall, alſo um eine Handhabung oder Ausführung des Geſetzes, nicht um eine Abänderung deſſelben; und ebenſo, wenn in einem Falle, in welchem die Ausnahme bisher zugelaſſen war, wegen veränderter Umſtände die Grundregel in Anwendung ge- bracht wird 2). b) Art. 34 der R.V. lautet: „Die Hanſeſtädte Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck entſprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der gemeinſchaftlichen Zollgränze, bis ſie ihren Einſchluß in dieſelbe beantragen.“ Da dieſer Artikel Anlaß zu zahlreichen Streitfragen gegeben hat, ſo ſcheint ein näheres Eingehen auf ſeinen Inhalt 1) Delbrück a. a. O. S. 43 ff. macht eine Ausnahme hiervon zu Gunſten Hannovers (jetzt Preußens) und Oldenburgs wegen Geeſtemünde und Brake. Allein vor Errichtung des Norddeutſchen Bundes war in allen Fällen zum Einſchluß einer Exclave die allſeitige Zuſtimmung der Ver- einsſtaaten erforderlich, für ein Sonder recht in dieſer Beziehung alſo kein Raum. Es war daher rechtlich gleichgültig, ob der vorläufige Ausſchluß jener beiden Orte auf finanziellen oder auf handelspolitiſchen Motiven be- ruhte. Da weder in dem Zollvereinsvertrag von 1867 noch in der Nordd. Bundesverf. für Geeſtemünde und Brake eine Abweichung von dem gemeinen Recht feſtgeſetzt wurde, ſind auch dieſe beiden Exclaven dem letzteren unter- worfen. 2) Ein Verzeichniß der gegenwärtig noch vorhandenen Zollexclaven ſiehe bei v. Aufſeß und Delbrück S. 42. Der Anſchluß der Stadt Altona iſt vom Bundesrath am 22. Mai 1880 vorbehaltlich der näheren Modifikationen beſchloſſen worden.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/264>, abgerufen am 22.11.2024.