Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 101. Die Gerichte. gerichte mehrere Senate gebildet werden müssen und daßregelmäßig besondere Senate für Civilsachen und besondere für Strafsachen zu errichten sind; indeß kann es nicht für geradezu ausgeschlossen erachtet werden, daß einem Senate die Erledigung von Civil- und Strafsachen übertragen wird 1). Ueber die Vertheilung des Vorsitzes und über die Zuweisung 4. Das Reichsgericht 3). Die Organisation des Reichs- Eigenthümlich ist dem Reichsgericht eine Einrichtung, welche 1) So bestimmt beispielsweise die elsaß-lothring. Verordn. vom 29. April 1880 (Gesetzbl. S. 121), daß bei dem Oberlandesgerichte in Colmar zur Er- ledigung der Civilsachen drei Senate bestehen und daß der dritte Senat zu- gleich Strafsenat ist. 2) §. 121 u. 122 a. a. O. 3) Vgl. den Artikel "Reichsgericht" von John im von Holtzendorff'schen Rechtslexicon. 3. Aufl. Bd. 3 S. 386 ff. 4) §. 132--134 a. a. O.
§. 101. Die Gerichte. gerichte mehrere Senate gebildet werden müſſen und daßregelmäßig beſondere Senate für Civilſachen und beſondere für Strafſachen zu errichten ſind; indeß kann es nicht für geradezu ausgeſchloſſen erachtet werden, daß einem Senate die Erledigung von Civil- und Strafſachen übertragen wird 1). Ueber die Vertheilung des Vorſitzes und über die Zuweiſung 4. Das Reichsgericht 3). Die Organiſation des Reichs- Eigenthümlich iſt dem Reichsgericht eine Einrichtung, welche 1) So beſtimmt beiſpielsweiſe die elſaß-lothring. Verordn. vom 29. April 1880 (Geſetzbl. S. 121), daß bei dem Oberlandesgerichte in Colmar zur Er- ledigung der Civilſachen drei Senate beſtehen und daß der dritte Senat zu- gleich Strafſenat iſt. 2) §. 121 u. 122 a. a. O. 3) Vgl. den Artikel „Reichsgericht“ von John im von Holtzendorff’ſchen Rechtslexicon. 3. Aufl. Bd. 3 S. 386 ff. 4) §. 132—134 a. a. O.
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§. 101. Die Gerichte.
gerichte mehrere Senate gebildet werden müſſen und daß
regelmäßig beſondere Senate für Civilſachen und beſondere für
Strafſachen zu errichten ſind; indeß kann es nicht für geradezu
ausgeſchloſſen erachtet werden, daß einem Senate die Erledigung
von Civil- und Strafſachen übertragen wird 1).
Ueber die Vertheilung des Vorſitzes und über die Zuweiſung
der Räthe zu den einzelnen Senaten, hinſichtlich der Geſchäfts-
vertheilung, und hinſichtlich der Ordnung der Vertretung im Falle
der Verhinderung gelten die für die Landgerichte gegebenen Vor-
ſchriften auch für die Oberlandesgerichte. Zu Hülfsrichtern
dürfen jedoch nur ſtändig angeſtellte Richter berufen wer-
den 2). Den Einzelſtaaten iſt im Uebrigen eine Beſchränkung nicht
auferlegt; die im §. 69 cit. enthaltenen Vorſchriften über die Hülfs-
richter bei den Landgerichten ſind auf die Oberlandesgerichte nicht
für anwendbar erklärt; den Einzelſtaaten iſt es jedoch freigeſtellt,
die Vorausſetzungen und Bedingungen der Verwendung von ſtändig
angeſtellten Hülfsrichtern bei den Oberlandesgerichten zu regeln
und auch dieſelbe gänzlich auszuſchließen.
4. Das Reichsgericht 3). Die Organiſation des Reichs-
gerichts iſt derjenigen der Oberlandesgerichte conform; es wird
mit einem Präſidenten und der erforderlichen Anzahl von Senats-
präſidenten und Räthen beſetzt; es werden Civil- und Strafſenate
gebildet, deren Anzahl der Reichskanzler beſtimmt. Zu dem
„Präſidium“ ſind die vier älteſten Mitglieder (Räthe) des Ge-
richts zuzuziehen; im Uebrigen finden die in den §§. 61—68 ge-
gebenen Vorſchriften über den Vorſitz in den Senaten, die Bildung
der letzteren, die Vertheilung der Geſchäfte, die Vertretung im
Falle der Verhinderung Anwendung. Dagegen iſt die Zuziehung
von Hülfsrichtern für unzuläſſig erklärt 4).
Eigenthümlich iſt dem Reichsgericht eine Einrichtung, welche
1) So beſtimmt beiſpielsweiſe die elſaß-lothring. Verordn. vom 29. April
1880 (Geſetzbl. S. 121), daß bei dem Oberlandesgerichte in Colmar zur Er-
ledigung der Civilſachen drei Senate beſtehen und daß der dritte Senat zu-
gleich Strafſenat iſt.
2) §. 121 u. 122 a. a. O.
3) Vgl. den Artikel „Reichsgericht“ von John im von Holtzendorff’ſchen
Rechtslexicon. 3. Aufl. Bd. 3 S. 386 ff.
4) §. 132—134 a. a. O.
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