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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 83. Das stehende Heer.
Mannschaften beträgt für die Zeit vom 1. Januar 1875 bis zum
31. Dezember 1881 401,659 Mann. Die Einjährig-Freiwilligen
kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung."

Hiernach gelten folgende Rechtsregeln:

1. Nur die Gesammtstärke des ganzen Heeres steht fest und
demgemäß die antheilsmäßige Stärke des Bayerischen Kontingents 1).
Dagegen ist die Vertheilung dieser Gesammtmasse auf die einzelnen
Formationen gesetzlich nicht normirt. Nicht einmal das Verhältniß
der Waffengattungen zu einander ist bestimmt 2) und noch viel
weniger besteht eine gesetzliche Nöthigung, daß die einzelnen gleich-
namigen Kadres gleich stark sein müssen 3). In der gesetzlichen
Ziffer sind auch die "besonderen Formationen" mit inbegriffen; da-
gegen treten zu ihr hinzu die Offiziere, Aerzte und sämmtliche Mili-
tairbeamte aller Kategorien.

2. Die gesetzliche Ziffer der Friedenspräsenzstärke hat nicht
die Bedeutung, daß das Deutsche Heer in dieser Stärke wirklich
präsent gehalten werden müsse; sondern sie bezeichnet nur das
Maximum der Effectivpräsenzstärke. Zu keinem Zeitpunkt im
Jahre darf eine größere Zahl bei den Fahnen im activen Dienst
gehalten werden, abgesehen von der Einziehung der Reserve- und

1) Auf Bayern entfallen 48,244 Mann. Der Rest vertheilt sich in der
Art, daß das Preußische Heer nebst den mit ihm verbundenen Kontingenten
311,423 M., das Sächsische Kontingent 24,208 M., das Württemb. 17,784 M.
stark ist.
2) Indeß bieten die Ansätze des Etats indirect ein Hinderniß zu erheb-
lichen Schwankungen.
3) Es ist dies auch thatsächlich nicht der Fall; einzelne Regimenter, nament-
lich die Garde-Infanterie-Regimenter, haben eine höhere Etatsstärke als die
andern, und auch sonst kommen Abweichungen vor, die theils durch die Mili-
tair-Konventionen theils durch lokale Verhältnisse begründet sind. -- Als im
Jahre 1876 ein zweites Preußisches Eisenbahn-Bataillon formirt wurde, mußte
die Etatsstärke anderer Truppen entsprechend vermindert werden und so verlor
jedes Kavallerie-Regiment 2 Mann, ferner die Feld-Artillerie-Abtheilungen und
die nicht verstärkten reitenden Baterien zusammen 4 Unteroff., 4 Gefreite, 104
Kanoniere; endlich die Infanterie- und Jäger-Bataillone je 2 Mann, die
Mecklenburgischen, welche einen höheren Etat hatten, 5 Unteroff., 4 Gefreite,
39 Gemeine, 2 Handwerker. Diese Herabsetzungen boten außerdem das Mittel
zur Verstärkung der Unteroffizierschulen um 358 Mann u. s. w. Vgl. von
Löbell's Jahresberichte III S. 4. Aus diesem Beispiele ist zu entnehmen, daß
die Vertheilung der Gesammt-Kopfstärke der Armee nicht feststeht.

§. 83. Das ſtehende Heer.
Mannſchaften beträgt für die Zeit vom 1. Januar 1875 bis zum
31. Dezember 1881 401,659 Mann. Die Einjährig-Freiwilligen
kommen auf die Friedenspräſenzſtärke nicht in Anrechnung.“

Hiernach gelten folgende Rechtsregeln:

1. Nur die Geſammtſtärke des ganzen Heeres ſteht feſt und
demgemäß die antheilsmäßige Stärke des Bayeriſchen Kontingents 1).
Dagegen iſt die Vertheilung dieſer Geſammtmaſſe auf die einzelnen
Formationen geſetzlich nicht normirt. Nicht einmal das Verhältniß
der Waffengattungen zu einander iſt beſtimmt 2) und noch viel
weniger beſteht eine geſetzliche Nöthigung, daß die einzelnen gleich-
namigen Kadres gleich ſtark ſein müſſen 3). In der geſetzlichen
Ziffer ſind auch die „beſonderen Formationen“ mit inbegriffen; da-
gegen treten zu ihr hinzu die Offiziere, Aerzte und ſämmtliche Mili-
tairbeamte aller Kategorien.

2. Die geſetzliche Ziffer der Friedenspräſenzſtärke hat nicht
die Bedeutung, daß das Deutſche Heer in dieſer Stärke wirklich
präſent gehalten werden müſſe; ſondern ſie bezeichnet nur das
Maximum der Effectivpräſenzſtärke. Zu keinem Zeitpunkt im
Jahre darf eine größere Zahl bei den Fahnen im activen Dienſt
gehalten werden, abgeſehen von der Einziehung der Reſerve- und

1) Auf Bayern entfallen 48,244 Mann. Der Reſt vertheilt ſich in der
Art, daß das Preußiſche Heer nebſt den mit ihm verbundenen Kontingenten
311,423 M., das Sächſiſche Kontingent 24,208 M., das Württemb. 17,784 M.
ſtark iſt.
2) Indeß bieten die Anſätze des Etats indirect ein Hinderniß zu erheb-
lichen Schwankungen.
3) Es iſt dies auch thatſächlich nicht der Fall; einzelne Regimenter, nament-
lich die Garde-Infanterie-Regimenter, haben eine höhere Etatsſtärke als die
andern, und auch ſonſt kommen Abweichungen vor, die theils durch die Mili-
tair-Konventionen theils durch lokale Verhältniſſe begründet ſind. — Als im
Jahre 1876 ein zweites Preußiſches Eiſenbahn-Bataillon formirt wurde, mußte
die Etatsſtärke anderer Truppen entſprechend vermindert werden und ſo verlor
jedes Kavallerie-Regiment 2 Mann, ferner die Feld-Artillerie-Abtheilungen und
die nicht verſtärkten reitenden Baterien zuſammen 4 Unteroff., 4 Gefreite, 104
Kanoniere; endlich die Infanterie- und Jäger-Bataillone je 2 Mann, die
Mecklenburgiſchen, welche einen höheren Etat hatten, 5 Unteroff., 4 Gefreite,
39 Gemeine, 2 Handwerker. Dieſe Herabſetzungen boten außerdem das Mittel
zur Verſtärkung der Unteroffizierſchulen um 358 Mann u. ſ. w. Vgl. von
Löbell’s Jahresberichte III S. 4. Aus dieſem Beiſpiele iſt zu entnehmen, daß
die Vertheilung der Geſammt-Kopfſtärke der Armee nicht feſtſteht.
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[87/0097] §. 83. Das ſtehende Heer. Mannſchaften beträgt für die Zeit vom 1. Januar 1875 bis zum 31. Dezember 1881 401,659 Mann. Die Einjährig-Freiwilligen kommen auf die Friedenspräſenzſtärke nicht in Anrechnung.“ Hiernach gelten folgende Rechtsregeln: 1. Nur die Geſammtſtärke des ganzen Heeres ſteht feſt und demgemäß die antheilsmäßige Stärke des Bayeriſchen Kontingents 1). Dagegen iſt die Vertheilung dieſer Geſammtmaſſe auf die einzelnen Formationen geſetzlich nicht normirt. Nicht einmal das Verhältniß der Waffengattungen zu einander iſt beſtimmt 2) und noch viel weniger beſteht eine geſetzliche Nöthigung, daß die einzelnen gleich- namigen Kadres gleich ſtark ſein müſſen 3). In der geſetzlichen Ziffer ſind auch die „beſonderen Formationen“ mit inbegriffen; da- gegen treten zu ihr hinzu die Offiziere, Aerzte und ſämmtliche Mili- tairbeamte aller Kategorien. 2. Die geſetzliche Ziffer der Friedenspräſenzſtärke hat nicht die Bedeutung, daß das Deutſche Heer in dieſer Stärke wirklich präſent gehalten werden müſſe; ſondern ſie bezeichnet nur das Maximum der Effectivpräſenzſtärke. Zu keinem Zeitpunkt im Jahre darf eine größere Zahl bei den Fahnen im activen Dienſt gehalten werden, abgeſehen von der Einziehung der Reſerve- und 1) Auf Bayern entfallen 48,244 Mann. Der Reſt vertheilt ſich in der Art, daß das Preußiſche Heer nebſt den mit ihm verbundenen Kontingenten 311,423 M., das Sächſiſche Kontingent 24,208 M., das Württemb. 17,784 M. ſtark iſt. 2) Indeß bieten die Anſätze des Etats indirect ein Hinderniß zu erheb- lichen Schwankungen. 3) Es iſt dies auch thatſächlich nicht der Fall; einzelne Regimenter, nament- lich die Garde-Infanterie-Regimenter, haben eine höhere Etatsſtärke als die andern, und auch ſonſt kommen Abweichungen vor, die theils durch die Mili- tair-Konventionen theils durch lokale Verhältniſſe begründet ſind. — Als im Jahre 1876 ein zweites Preußiſches Eiſenbahn-Bataillon formirt wurde, mußte die Etatsſtärke anderer Truppen entſprechend vermindert werden und ſo verlor jedes Kavallerie-Regiment 2 Mann, ferner die Feld-Artillerie-Abtheilungen und die nicht verſtärkten reitenden Baterien zuſammen 4 Unteroff., 4 Gefreite, 104 Kanoniere; endlich die Infanterie- und Jäger-Bataillone je 2 Mann, die Mecklenburgiſchen, welche einen höheren Etat hatten, 5 Unteroff., 4 Gefreite, 39 Gemeine, 2 Handwerker. Dieſe Herabſetzungen boten außerdem das Mittel zur Verſtärkung der Unteroffizierſchulen um 358 Mann u. ſ. w. Vgl. von Löbell’s Jahresberichte III S. 4. Aus dieſem Beiſpiele iſt zu entnehmen, daß die Vertheilung der Geſammt-Kopfſtärke der Armee nicht feſtſteht.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/97>, abgerufen am 03.05.2024.