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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
Die Berücksichtigung der Klassifikationsgründe findet in der Art
statt, daß Reservisten hinter die letzte Jahresklasse der Reserve
ihrer Waffe oder Dienstkategorie, Landwehrmannschaften aber, sowie
in besonders dringenden Fällen auch einzelne Reservisten, hinter
die letzte Jahresklasse der Landwehr ihrer Waffe oder Dienst-
kategorie zeitweise zurückgestellt werden 1). Die Zurückstellungen
behalten ihre Gültigkeit nur bis zum nächsten Klassifikationstermin
und erlöschen, wenn Mannschaften aus einem Aushebungsbezirk in
einen andern verziehen 2). In keinem Aushebungsbezirk darf die
Zahl der hinter den letzten Jahrgang der Reserve zurückgestellten
Mannschaften zwei Prozent der Reserve, die Zahl der hinter den
letzten Jahrgang der Landwehr zurückgestellten Mannschaften drei
Prozent der Reserve und Landwehr übersteigen 3).

b) Das Unabkömmlichkeits-Verfahren. Als unab-
kömmlich können reklamirt werden Reichs- Staats- und Kommunal-
beamte, ferner Angestellte der Eisenbahnen 4) und endlich Personen,
welche ein geistliches Amt in einer mit Korporationsrechten inner-
halb des Bundesgebietes bestehenden Religionsgesellschaft bekleiden.
Unabkömmlich sind dieselben nur dann, wenn ihre Stellen selbst
vorübergehend nicht offen gelassen werden können und eine geeignete
Vertretung nicht zu ermöglichen ist 5); unter ihnen dürfen in erster
Reihe nur solche Beamte berücksichtigt werden, welche in ihren
Civilverhältnissen für militairische Zwecke wirksam sind. Die Be-
scheinigung der Unabkömmlichkeit erfolgt nach näherer Bestimmung
der Landesregierungen durch den Chef derjenigen Civilbehörde, bei
oder unter welcher der Civilbeamte angestellt ist 6). Jede zur Er-
theilung solcher Atteste berechtigte Behörde trägt die für unabkömm-
lich erklärten Beamten in eine Liste ein und theilt zum 1. Dezember
jedes Jahres diese Liste, sowie zum 1. Juni eine Nachtragsliste,
dem Provinzial-Generalkommando mit, in dessen Bezirk die Be-

1) Mil.Ges. §. 64 Abs. 1.
2) W.O. II §. 18 Ziff. 5, 6. Ueber außerterminliche Klassifikation vgl.
W.O. II §. 19.
3) Mil.Ges. §. 64 Abs. 2.
4) Ueber die Zurückstellung des dienstpflichtigen Eisenbahn-Personals vom
Waffendienst sind detaillirte Vorschriften in der W.O. II §. 23 erlassen.
5) Mil.Ges. §. 65 Abs. 1.
6) W.O. II §. 20 Ziff. 1.

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
Die Berückſichtigung der Klaſſifikationsgründe findet in der Art
ſtatt, daß Reſerviſten hinter die letzte Jahresklaſſe der Reſerve
ihrer Waffe oder Dienſtkategorie, Landwehrmannſchaften aber, ſowie
in beſonders dringenden Fällen auch einzelne Reſerviſten, hinter
die letzte Jahresklaſſe der Landwehr ihrer Waffe oder Dienſt-
kategorie zeitweiſe zurückgeſtellt werden 1). Die Zurückſtellungen
behalten ihre Gültigkeit nur bis zum nächſten Klaſſifikationstermin
und erlöſchen, wenn Mannſchaften aus einem Aushebungsbezirk in
einen andern verziehen 2). In keinem Aushebungsbezirk darf die
Zahl der hinter den letzten Jahrgang der Reſerve zurückgeſtellten
Mannſchaften zwei Prozent der Reſerve, die Zahl der hinter den
letzten Jahrgang der Landwehr zurückgeſtellten Mannſchaften drei
Prozent der Reſerve und Landwehr überſteigen 3).

β) Das Unabkömmlichkeits-Verfahren. Als unab-
kömmlich können reklamirt werden Reichs- Staats- und Kommunal-
beamte, ferner Angeſtellte der Eiſenbahnen 4) und endlich Perſonen,
welche ein geiſtliches Amt in einer mit Korporationsrechten inner-
halb des Bundesgebietes beſtehenden Religionsgeſellſchaft bekleiden.
Unabkömmlich ſind dieſelben nur dann, wenn ihre Stellen ſelbſt
vorübergehend nicht offen gelaſſen werden können und eine geeignete
Vertretung nicht zu ermöglichen iſt 5); unter ihnen dürfen in erſter
Reihe nur ſolche Beamte berückſichtigt werden, welche in ihren
Civilverhältniſſen für militairiſche Zwecke wirkſam ſind. Die Be-
ſcheinigung der Unabkömmlichkeit erfolgt nach näherer Beſtimmung
der Landesregierungen durch den Chef derjenigen Civilbehörde, bei
oder unter welcher der Civilbeamte angeſtellt iſt 6). Jede zur Er-
theilung ſolcher Atteſte berechtigte Behörde trägt die für unabkömm-
lich erklärten Beamten in eine Liſte ein und theilt zum 1. Dezember
jedes Jahres dieſe Liſte, ſowie zum 1. Juni eine Nachtragsliſte,
dem Provinzial-Generalkommando mit, in deſſen Bezirk die Be-

1) Mil.Geſ. §. 64 Abſ. 1.
2) W.O. II §. 18 Ziff. 5, 6. Ueber außerterminliche Klaſſifikation vgl.
W.O. II §. 19.
3) Mil.Geſ. §. 64 Abſ. 2.
4) Ueber die Zurückſtellung des dienſtpflichtigen Eiſenbahn-Perſonals vom
Waffendienſt ſind detaillirte Vorſchriften in der W.O. II §. 23 erlaſſen.
5) Mil.Geſ. §. 65 Abſ. 1.
6) W.O. II §. 20 Ziff. 1.
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[185/0195] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. Die Berückſichtigung der Klaſſifikationsgründe findet in der Art ſtatt, daß Reſerviſten hinter die letzte Jahresklaſſe der Reſerve ihrer Waffe oder Dienſtkategorie, Landwehrmannſchaften aber, ſowie in beſonders dringenden Fällen auch einzelne Reſerviſten, hinter die letzte Jahresklaſſe der Landwehr ihrer Waffe oder Dienſt- kategorie zeitweiſe zurückgeſtellt werden 1). Die Zurückſtellungen behalten ihre Gültigkeit nur bis zum nächſten Klaſſifikationstermin und erlöſchen, wenn Mannſchaften aus einem Aushebungsbezirk in einen andern verziehen 2). In keinem Aushebungsbezirk darf die Zahl der hinter den letzten Jahrgang der Reſerve zurückgeſtellten Mannſchaften zwei Prozent der Reſerve, die Zahl der hinter den letzten Jahrgang der Landwehr zurückgeſtellten Mannſchaften drei Prozent der Reſerve und Landwehr überſteigen 3). β) Das Unabkömmlichkeits-Verfahren. Als unab- kömmlich können reklamirt werden Reichs- Staats- und Kommunal- beamte, ferner Angeſtellte der Eiſenbahnen 4) und endlich Perſonen, welche ein geiſtliches Amt in einer mit Korporationsrechten inner- halb des Bundesgebietes beſtehenden Religionsgeſellſchaft bekleiden. Unabkömmlich ſind dieſelben nur dann, wenn ihre Stellen ſelbſt vorübergehend nicht offen gelaſſen werden können und eine geeignete Vertretung nicht zu ermöglichen iſt 5); unter ihnen dürfen in erſter Reihe nur ſolche Beamte berückſichtigt werden, welche in ihren Civilverhältniſſen für militairiſche Zwecke wirkſam ſind. Die Be- ſcheinigung der Unabkömmlichkeit erfolgt nach näherer Beſtimmung der Landesregierungen durch den Chef derjenigen Civilbehörde, bei oder unter welcher der Civilbeamte angeſtellt iſt 6). Jede zur Er- theilung ſolcher Atteſte berechtigte Behörde trägt die für unabkömm- lich erklärten Beamten in eine Liſte ein und theilt zum 1. Dezember jedes Jahres dieſe Liſte, ſowie zum 1. Juni eine Nachtragsliſte, dem Provinzial-Generalkommando mit, in deſſen Bezirk die Be- 1) Mil.Geſ. §. 64 Abſ. 1. 2) W.O. II §. 18 Ziff. 5, 6. Ueber außerterminliche Klaſſifikation vgl. W.O. II §. 19. 3) Mil.Geſ. §. 64 Abſ. 2. 4) Ueber die Zurückſtellung des dienſtpflichtigen Eiſenbahn-Perſonals vom Waffendienſt ſind detaillirte Vorſchriften in der W.O. II §. 23 erlaſſen. 5) Mil.Geſ. §. 65 Abſ. 1. 6) W.O. II §. 20 Ziff. 1.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/195>, abgerufen am 26.06.2024.