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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
mißbraucht werde, kann die Zurückstellung solcher Personen bis zum
fünften Militairpflichtjahre verlängert werden.

c) Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse.
Die Zurückstellung wird von den Ersatzehörden auf Antrag der
Militairpflichtigen oder deren Angehörigen auf Grund specieller
Prüfung der Umstände verfügt 1). Anspruch darauf haben 2):

a) "Die einzigen Ernährer hülfloser Familien, erwerbsunfähiger
"Eltern, Großeltern und Geschwister 3).
b) "Der Sohn eines zur Arbeit und Aufsicht unfähigen Grund-
"besitzers, Pächters oder Gewerbetreibenden, wenn dieser
"Sohn dessen einzige und unentbehrliche Stütze zur wirth-
"schaftlichen Erhaltung des Besitzes, der Pachtung oder des
"Gewerbes ist.
g) "Der nächstälteste Bruder eines vor dem Feinde gebliebenen
"oder an den erhaltenen Wunden gestorbenen oder in Folge
"derselben erwerbsunfähig gewordenen oder im Kriege an
"Krankheit gestorbenen Soldaten, sofern durch die Zurück-
"stellung den Angehörigen des letzteren eine wesentliche Er-
"leichterung gewährt werden kann.
d) "Militairpflichtige, welchen der Besitz oder die Pachtung von
"Grundstücken durch Erbschaft oder Vermächtniß zugefallen,
"sofern ihr Lebensunterhalt auf deren Bewirthschaftung an-
"gewiesen und die wirthschaftliche Erhaltung des Besitzes
"oder der Pachtung auf andere Weise nicht zu ermöglichen ist.
e) "Inhaber von Fabriken und anderen gewerblichen Etablisse-
"ments, in welchen mehrere Arbeiter beschäftigt sind, sofern
"der Betrieb ihnen erst innerhalb des dem Dienstpflichtjahre
"vorangehenden Jahres durch Erbschaft oder Vermächtniß
"zugefallen und deren wirthschaftliche Erhaltung auf andere
"Weise nicht möglich ist. Auf Inhaber von Handelshäusern
"entsprechenden Umfanges findet diese Vorschrift sinngemäße
"Anwendung 4).
z) "Militairpflichtige, welche in der Vorbereitung zu einem
1) Mil.Ges. §. 19.
2) Mil.Ges. §. 20.
3) Vgl. hiezu W.O. I §. 31 Ziff. 2 bis 5.
4) Ueber Motive und Bedeutung dieses Reclamations-Grundes vgl. Stenogr.
Berichte des Reichst. 1874 S. 853.

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
mißbraucht werde, kann die Zurückſtellung ſolcher Perſonen bis zum
fünften Militairpflichtjahre verlängert werden.

c) Berückſichtigung bürgerlicher Verhältniſſe.
Die Zurückſtellung wird von den Erſatzehörden auf Antrag der
Militairpflichtigen oder deren Angehörigen auf Grund ſpecieller
Prüfung der Umſtände verfügt 1). Anſpruch darauf haben 2):

α) „Die einzigen Ernährer hülfloſer Familien, erwerbsunfähiger
„Eltern, Großeltern und Geſchwiſter 3).
β) „Der Sohn eines zur Arbeit und Aufſicht unfähigen Grund-
„beſitzers, Pächters oder Gewerbetreibenden, wenn dieſer
„Sohn deſſen einzige und unentbehrliche Stütze zur wirth-
„ſchaftlichen Erhaltung des Beſitzes, der Pachtung oder des
„Gewerbes iſt.
γ) „Der nächſtälteſte Bruder eines vor dem Feinde gebliebenen
„oder an den erhaltenen Wunden geſtorbenen oder in Folge
„derſelben erwerbsunfähig gewordenen oder im Kriege an
„Krankheit geſtorbenen Soldaten, ſofern durch die Zurück-
„ſtellung den Angehörigen des letzteren eine weſentliche Er-
„leichterung gewährt werden kann.
δ) „Militairpflichtige, welchen der Beſitz oder die Pachtung von
„Grundſtücken durch Erbſchaft oder Vermächtniß zugefallen,
„ſofern ihr Lebensunterhalt auf deren Bewirthſchaftung an-
„gewieſen und die wirthſchaftliche Erhaltung des Beſitzes
„oder der Pachtung auf andere Weiſe nicht zu ermöglichen iſt.
ε) „Inhaber von Fabriken und anderen gewerblichen Etabliſſe-
„ments, in welchen mehrere Arbeiter beſchäftigt ſind, ſofern
„der Betrieb ihnen erſt innerhalb des dem Dienſtpflichtjahre
„vorangehenden Jahres durch Erbſchaft oder Vermächtniß
„zugefallen und deren wirthſchaftliche Erhaltung auf andere
„Weiſe nicht möglich iſt. Auf Inhaber von Handelshäuſern
„entſprechenden Umfanges findet dieſe Vorſchrift ſinngemäße
„Anwendung 4).
ζ) „Militairpflichtige, welche in der Vorbereitung zu einem
1) Mil.Geſ. §. 19.
2) Mil.Geſ. §. 20.
3) Vgl. hiezu W.O. I §. 31 Ziff. 2 bis 5.
4) Ueber Motive und Bedeutung dieſes Reclamations-Grundes vgl. Stenogr.
Berichte des Reichst. 1874 S. 853.
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[160/0170] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. mißbraucht werde, kann die Zurückſtellung ſolcher Perſonen bis zum fünften Militairpflichtjahre verlängert werden. c) Berückſichtigung bürgerlicher Verhältniſſe. Die Zurückſtellung wird von den Erſatzehörden auf Antrag der Militairpflichtigen oder deren Angehörigen auf Grund ſpecieller Prüfung der Umſtände verfügt 1). Anſpruch darauf haben 2): α) „Die einzigen Ernährer hülfloſer Familien, erwerbsunfähiger „Eltern, Großeltern und Geſchwiſter 3). β) „Der Sohn eines zur Arbeit und Aufſicht unfähigen Grund- „beſitzers, Pächters oder Gewerbetreibenden, wenn dieſer „Sohn deſſen einzige und unentbehrliche Stütze zur wirth- „ſchaftlichen Erhaltung des Beſitzes, der Pachtung oder des „Gewerbes iſt. γ) „Der nächſtälteſte Bruder eines vor dem Feinde gebliebenen „oder an den erhaltenen Wunden geſtorbenen oder in Folge „derſelben erwerbsunfähig gewordenen oder im Kriege an „Krankheit geſtorbenen Soldaten, ſofern durch die Zurück- „ſtellung den Angehörigen des letzteren eine weſentliche Er- „leichterung gewährt werden kann. δ) „Militairpflichtige, welchen der Beſitz oder die Pachtung von „Grundſtücken durch Erbſchaft oder Vermächtniß zugefallen, „ſofern ihr Lebensunterhalt auf deren Bewirthſchaftung an- „gewieſen und die wirthſchaftliche Erhaltung des Beſitzes „oder der Pachtung auf andere Weiſe nicht zu ermöglichen iſt. ε) „Inhaber von Fabriken und anderen gewerblichen Etabliſſe- „ments, in welchen mehrere Arbeiter beſchäftigt ſind, ſofern „der Betrieb ihnen erſt innerhalb des dem Dienſtpflichtjahre „vorangehenden Jahres durch Erbſchaft oder Vermächtniß „zugefallen und deren wirthſchaftliche Erhaltung auf andere „Weiſe nicht möglich iſt. Auf Inhaber von Handelshäuſern „entſprechenden Umfanges findet dieſe Vorſchrift ſinngemäße „Anwendung 4). ζ) „Militairpflichtige, welche in der Vorbereitung zu einem 1) Mil.Geſ. §. 19. 2) Mil.Geſ. §. 20. 3) Vgl. hiezu W.O. I §. 31 Ziff. 2 bis 5. 4) Ueber Motive und Bedeutung dieſes Reclamations-Grundes vgl. Stenogr. Berichte des Reichst. 1874 S. 853.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/170>, abgerufen am 22.11.2024.