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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
leistet, kann durch Anwendung gesetzlicher Zwangmaßregeln zu so-
fortiger Gestellung angehalten werden.

Jeder Militairpflichtige wird der Ersatzkommission einzeln vor-
gestellt; er muß sich einer körperlichen Untersuchung unterwerfen
und sich zu diesem Zwecke auf Verlangen des Arztes völlig ent-
blößen; er muß ferner behufs Vervollständigung und Berichtigung
der Grundlisten über seine bürgerlichen Verhältnisse Auskunft geben
und die erforderlichen Angaben machen behufs Feststellung, ob
Ausschließungsgründe vom Militairdienste vorhanden sind 1).

b) Die Gestellung zur Aushebung. Nach beendigter
Musterung werden die Militairpflichtigen dem Ausfall der Musterung
gemäß in Kategorien getheilt und für jede dieser Kategorien wird
eine Vorstellungsliste angelegt 2). Die vom Dienst im Heere aus-
zuschließenden Militairpflichtigen (Vorst.-Liste A), die wegen geistiger
oder körperlicher Gebrechen oder wegen Mindermaßes dauernd
untauglichen (Vorst.-Liste B), und die wegen zeitlicher Untauglich-
keit, wegen bedingter Tauglichkeit oder als überschüssig zur Ersatz-
reserve II. Kl. in Vorschlag gebrachten Militairpflichtigen (Vorst.-
Liste C lit. a, b, d) werden der Ober-Ersatzkomm. nur auf be-
sondere Anordnung derselben persönlich vorgestellt 3); für dieselben
hat daher die Militairpflicht nach geschehener Musterung in der
Regel keine praktische Bedeutung mehr. Dagegen sind die wegen
häuslicher Verhältnisse zur Ersatzreserve II. Kl. in Vorschlag ge-
brachten Militairpflichtigen (V.L. C lit. c), sämmtliche zur Ersatz-
reserve I. Kl. (V.L. D) und sämmtliche zur Aushebung (V.L. E)
in Vorschlag gebrachten Militairpflichtigen der Landbevölkerung,
sowie die Militairpflichtigen der seemännischen Bevölkerung (V.L. F),
wofern sie an der Musterung Theil genommen haben, endlich die
von den Truppen- oder Marinetheilen abgewiesenen Freiwilligen ver-
pflichtet, sich vor der Ober-Ersatzkommission zur Aushebung zu gestellen.


-- Wer durch Krankheit am Erscheinen im Musterungstermin verhindert ist,
hat ein ärztliches Attest einzureichen, welches von der Polizeibehörde zu be-
glaubigen ist, wenn der ausstellende Arzt nicht amtlich angestellt ist. Die Ers.-
Komm. darf seine außerterminliche Musterung veranlassen und sie kann Ge-
müthskranke, Blödsinnige, Krüppel etc. auf Grund eines derartigen Attestes von
der Gestellung überhaupt befreien.
1) W.O. I §. 62.
2) W.O. I §. 67 Z. 4 und §. 49.
3) W.O. I §. 68 Z. 3.

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
leiſtet, kann durch Anwendung geſetzlicher Zwangmaßregeln zu ſo-
fortiger Geſtellung angehalten werden.

Jeder Militairpflichtige wird der Erſatzkommiſſion einzeln vor-
geſtellt; er muß ſich einer körperlichen Unterſuchung unterwerfen
und ſich zu dieſem Zwecke auf Verlangen des Arztes völlig ent-
blößen; er muß ferner behufs Vervollſtändigung und Berichtigung
der Grundliſten über ſeine bürgerlichen Verhältniſſe Auskunft geben
und die erforderlichen Angaben machen behufs Feſtſtellung, ob
Ausſchließungsgründe vom Militairdienſte vorhanden ſind 1).

b) Die Geſtellung zur Aushebung. Nach beendigter
Muſterung werden die Militairpflichtigen dem Ausfall der Muſterung
gemäß in Kategorien getheilt und für jede dieſer Kategorien wird
eine Vorſtellungsliſte angelegt 2). Die vom Dienſt im Heere aus-
zuſchließenden Militairpflichtigen (Vorſt.-Liſte A), die wegen geiſtiger
oder körperlicher Gebrechen oder wegen Mindermaßes dauernd
untauglichen (Vorſt.-Liſte B), und die wegen zeitlicher Untauglich-
keit, wegen bedingter Tauglichkeit oder als überſchüſſig zur Erſatz-
reſerve II. Kl. in Vorſchlag gebrachten Militairpflichtigen (Vorſt.-
Liſte C lit. a, b, d) werden der Ober-Erſatzkomm. nur auf be-
ſondere Anordnung derſelben perſönlich vorgeſtellt 3); für dieſelben
hat daher die Militairpflicht nach geſchehener Muſterung in der
Regel keine praktiſche Bedeutung mehr. Dagegen ſind die wegen
häuslicher Verhältniſſe zur Erſatzreſerve II. Kl. in Vorſchlag ge-
brachten Militairpflichtigen (V.L. C lit. c), ſämmtliche zur Erſatz-
reſerve I. Kl. (V.L. D) und ſämmtliche zur Aushebung (V.L. E)
in Vorſchlag gebrachten Militairpflichtigen der Landbevölkerung,
ſowie die Militairpflichtigen der ſeemänniſchen Bevölkerung (V.L. F),
wofern ſie an der Muſterung Theil genommen haben, endlich die
von den Truppen- oder Marinetheilen abgewieſenen Freiwilligen ver-
pflichtet, ſich vor der Ober-Erſatzkommiſſion zur Aushebung zu geſtellen.


— Wer durch Krankheit am Erſcheinen im Muſterungstermin verhindert iſt,
hat ein ärztliches Atteſt einzureichen, welches von der Polizeibehörde zu be-
glaubigen iſt, wenn der ausſtellende Arzt nicht amtlich angeſtellt iſt. Die Erſ.-
Komm. darf ſeine außerterminliche Muſterung veranlaſſen und ſie kann Ge-
müthskranke, Blödſinnige, Krüppel ꝛc. auf Grund eines derartigen Atteſtes von
der Geſtellung überhaupt befreien.
1) W.O. I §. 62.
2) W.O. I §. 67 Z. 4 und §. 49.
3) W.O. I §. 68 Z. 3.
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[152/0162] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. leiſtet, kann durch Anwendung geſetzlicher Zwangmaßregeln zu ſo- fortiger Geſtellung angehalten werden. Jeder Militairpflichtige wird der Erſatzkommiſſion einzeln vor- geſtellt; er muß ſich einer körperlichen Unterſuchung unterwerfen und ſich zu dieſem Zwecke auf Verlangen des Arztes völlig ent- blößen; er muß ferner behufs Vervollſtändigung und Berichtigung der Grundliſten über ſeine bürgerlichen Verhältniſſe Auskunft geben und die erforderlichen Angaben machen behufs Feſtſtellung, ob Ausſchließungsgründe vom Militairdienſte vorhanden ſind 1). b) Die Geſtellung zur Aushebung. Nach beendigter Muſterung werden die Militairpflichtigen dem Ausfall der Muſterung gemäß in Kategorien getheilt und für jede dieſer Kategorien wird eine Vorſtellungsliſte angelegt 2). Die vom Dienſt im Heere aus- zuſchließenden Militairpflichtigen (Vorſt.-Liſte A), die wegen geiſtiger oder körperlicher Gebrechen oder wegen Mindermaßes dauernd untauglichen (Vorſt.-Liſte B), und die wegen zeitlicher Untauglich- keit, wegen bedingter Tauglichkeit oder als überſchüſſig zur Erſatz- reſerve II. Kl. in Vorſchlag gebrachten Militairpflichtigen (Vorſt.- Liſte C lit. a, b, d) werden der Ober-Erſatzkomm. nur auf be- ſondere Anordnung derſelben perſönlich vorgeſtellt 3); für dieſelben hat daher die Militairpflicht nach geſchehener Muſterung in der Regel keine praktiſche Bedeutung mehr. Dagegen ſind die wegen häuslicher Verhältniſſe zur Erſatzreſerve II. Kl. in Vorſchlag ge- brachten Militairpflichtigen (V.L. C lit. c), ſämmtliche zur Erſatz- reſerve I. Kl. (V.L. D) und ſämmtliche zur Aushebung (V.L. E) in Vorſchlag gebrachten Militairpflichtigen der Landbevölkerung, ſowie die Militairpflichtigen der ſeemänniſchen Bevölkerung (V.L. F), wofern ſie an der Muſterung Theil genommen haben, endlich die von den Truppen- oder Marinetheilen abgewieſenen Freiwilligen ver- pflichtet, ſich vor der Ober-Erſatzkommiſſion zur Aushebung zu geſtellen. 6) 1) W.O. I §. 62. 2) W.O. I §. 67 Z. 4 und §. 49. 3) W.O. I §. 68 Z. 3. 6) — Wer durch Krankheit am Erſcheinen im Muſterungstermin verhindert iſt, hat ein ärztliches Atteſt einzureichen, welches von der Polizeibehörde zu be- glaubigen iſt, wenn der ausſtellende Arzt nicht amtlich angeſtellt iſt. Die Erſ.- Komm. darf ſeine außerterminliche Muſterung veranlaſſen und ſie kann Ge- müthskranke, Blödſinnige, Krüppel ꝛc. auf Grund eines derartigen Atteſtes von der Geſtellung überhaupt befreien.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/162>, abgerufen am 25.11.2024.