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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 76 Die Verwaltung des Gewerbewesens.
Schutz neuer Erfindungen von gewerblicher Verwerthbarkeit in
jedem einzelnen Falle von der Ertheilung eines Patentes, also
einem Verwaltungsakt, abhängig gemacht und zur Führung dieser
Geschäfte eine besondere Reichsbehörde, das Patentamt, errichtet
worden.

2. Die Organisation des Patentamtes. Das Pa-
tentamt ist eine ständige Reichsbehörde, welche ihren Sitz in
Berlin hat. Es besteht aus Mitgliedern, welche vom Kaiser er-
nannt werden, und aus Büreau- und Unterbeamten, deren Ernen-
nung dem Reichskanzler übertragen ist. Die Mitglieder zerfallen
in zwei Klassen, ständige und nicht ständige 1). Die ständigen
Mitglieder werden auf Vorschlag des Bundesrathes ernannt und
zwar, wenn sie im Reichs- oder Staatsdienste ein Amt bekleiden,
auf die Dauer dieses Amtes, anderen Falls auf Lebenszeit; min-
destens drei derselben müssen die Befähigung zum Richteramte oder
zum höheren Verwaltungsdienste besitzen. Die nicht ständigen
Mitglieder werden auf fünf Jahre ernannt 2); sie müssen in einem
Zweige der Technik sachverständig sein; sie sind zwar Reichsbeamte
und den Vorschriften des Reichsbeamten-Gesetzes v. 13. März 1873
unterworfen, aber von dem im §. 16 dieses Gesetzes enthaltenen
Verbot, ohne vorgängige Genehmigung der obersten Reichsbehörde
ein Nebenamt oder eine mit fortlaufender Remuneration verbun-
dene Nebenbeschäftigung zu übernehmen oder ein Gewerbe zu be-
treiben 3), ausgenommen 4).

Das Patentamt besteht aus mehreren Abtheilungen,
welche im Voraus auf mindestens ein Jahr gebildet werden. Ein
Mitglied kann mehreren Abtheilungen angehören 5). Die Bildung
der Abtheilungen, die Bestimmung ihres Geschäftskreises, die For-
men des Verfahrens und der Geschäftsgang des Patentamtes

Reichskanzleramt zu erlassen. Sie sind am 29. Febr. 1876 ergangen
und im Centralblatt von 1876 S. 123 ff. veröffentlicht.
1) Außerdem können zu den Berathungen Sachverständige, welche
nicht Mitglieder sind, zugezogen werden; an den Abstimmungen dürfen
dieselben aber nicht Theil nehmen. Patentgesetz. §. 14 Abs. 5.
2) Nach Ablauf der 5 Jahre können sie von Neuem berufen werden.
Motive S. 29.
3) Vgl. Bd. I. S. 431.
4) Patentges. §. 13 Abs. 2.
5) Patentges. §. 14 Abs. 1.

§. 76 Die Verwaltung des Gewerbeweſens.
Schutz neuer Erfindungen von gewerblicher Verwerthbarkeit in
jedem einzelnen Falle von der Ertheilung eines Patentes, alſo
einem Verwaltungsakt, abhängig gemacht und zur Führung dieſer
Geſchäfte eine beſondere Reichsbehörde, das Patentamt, errichtet
worden.

2. Die Organiſation des Patentamtes. Das Pa-
tentamt iſt eine ſtändige Reichsbehörde, welche ihren Sitz in
Berlin hat. Es beſteht aus Mitgliedern, welche vom Kaiſer er-
nannt werden, und aus Büreau- und Unterbeamten, deren Ernen-
nung dem Reichskanzler übertragen iſt. Die Mitglieder zerfallen
in zwei Klaſſen, ſtändige und nicht ſtändige 1). Die ſtändigen
Mitglieder werden auf Vorſchlag des Bundesrathes ernannt und
zwar, wenn ſie im Reichs- oder Staatsdienſte ein Amt bekleiden,
auf die Dauer dieſes Amtes, anderen Falls auf Lebenszeit; min-
deſtens drei derſelben müſſen die Befähigung zum Richteramte oder
zum höheren Verwaltungsdienſte beſitzen. Die nicht ſtändigen
Mitglieder werden auf fünf Jahre ernannt 2); ſie müſſen in einem
Zweige der Technik ſachverſtändig ſein; ſie ſind zwar Reichsbeamte
und den Vorſchriften des Reichsbeamten-Geſetzes v. 13. März 1873
unterworfen, aber von dem im §. 16 dieſes Geſetzes enthaltenen
Verbot, ohne vorgängige Genehmigung der oberſten Reichsbehörde
ein Nebenamt oder eine mit fortlaufender Remuneration verbun-
dene Nebenbeſchäftigung zu übernehmen oder ein Gewerbe zu be-
treiben 3), ausgenommen 4).

Das Patentamt beſteht aus mehreren Abtheilungen,
welche im Voraus auf mindeſtens ein Jahr gebildet werden. Ein
Mitglied kann mehreren Abtheilungen angehören 5). Die Bildung
der Abtheilungen, die Beſtimmung ihres Geſchäftskreiſes, die For-
men des Verfahrens und der Geſchäftsgang des Patentamtes

Reichskanzleramt zu erlaſſen. Sie ſind am 29. Febr. 1876 ergangen
und im Centralblatt von 1876 S. 123 ff. veröffentlicht.
1) Außerdem können zu den Berathungen Sachverſtändige, welche
nicht Mitglieder ſind, zugezogen werden; an den Abſtimmungen dürfen
dieſelben aber nicht Theil nehmen. Patentgeſetz. §. 14 Abſ. 5.
2) Nach Ablauf der 5 Jahre können ſie von Neuem berufen werden.
Motive S. 29.
3) Vgl. Bd. I. S. 431.
4) Patentgeſ. §. 13 Abſ. 2.
5) Patentgeſ. §. 14 Abſ. 1.
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[471/0485] §. 76 Die Verwaltung des Gewerbeweſens. Schutz neuer Erfindungen von gewerblicher Verwerthbarkeit in jedem einzelnen Falle von der Ertheilung eines Patentes, alſo einem Verwaltungsakt, abhängig gemacht und zur Führung dieſer Geſchäfte eine beſondere Reichsbehörde, das Patentamt, errichtet worden. 2. Die Organiſation des Patentamtes. Das Pa- tentamt iſt eine ſtändige Reichsbehörde, welche ihren Sitz in Berlin hat. Es beſteht aus Mitgliedern, welche vom Kaiſer er- nannt werden, und aus Büreau- und Unterbeamten, deren Ernen- nung dem Reichskanzler übertragen iſt. Die Mitglieder zerfallen in zwei Klaſſen, ſtändige und nicht ſtändige 1). Die ſtändigen Mitglieder werden auf Vorſchlag des Bundesrathes ernannt und zwar, wenn ſie im Reichs- oder Staatsdienſte ein Amt bekleiden, auf die Dauer dieſes Amtes, anderen Falls auf Lebenszeit; min- deſtens drei derſelben müſſen die Befähigung zum Richteramte oder zum höheren Verwaltungsdienſte beſitzen. Die nicht ſtändigen Mitglieder werden auf fünf Jahre ernannt 2); ſie müſſen in einem Zweige der Technik ſachverſtändig ſein; ſie ſind zwar Reichsbeamte und den Vorſchriften des Reichsbeamten-Geſetzes v. 13. März 1873 unterworfen, aber von dem im §. 16 dieſes Geſetzes enthaltenen Verbot, ohne vorgängige Genehmigung der oberſten Reichsbehörde ein Nebenamt oder eine mit fortlaufender Remuneration verbun- dene Nebenbeſchäftigung zu übernehmen oder ein Gewerbe zu be- treiben 3), ausgenommen 4). Das Patentamt beſteht aus mehreren Abtheilungen, welche im Voraus auf mindeſtens ein Jahr gebildet werden. Ein Mitglied kann mehreren Abtheilungen angehören 5). Die Bildung der Abtheilungen, die Beſtimmung ihres Geſchäftskreiſes, die For- men des Verfahrens und der Geſchäftsgang des Patentamtes 2) 1) Außerdem können zu den Berathungen Sachverſtändige, welche nicht Mitglieder ſind, zugezogen werden; an den Abſtimmungen dürfen dieſelben aber nicht Theil nehmen. Patentgeſetz. §. 14 Abſ. 5. 2) Nach Ablauf der 5 Jahre können ſie von Neuem berufen werden. Motive S. 29. 3) Vgl. Bd. I. S. 431. 4) Patentgeſ. §. 13 Abſ. 2. 5) Patentgeſ. §. 14 Abſ. 1. 2) Reichskanzleramt zu erlaſſen. Sie ſind am 29. Febr. 1876 ergangen und im Centralblatt von 1876 S. 123 ff. veröffentlicht.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/485>, abgerufen am 23.11.2024.