Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtswesens. staaten gerichtete Verbot findet seine rechtliche Garantie in der demReiche zustehenden Oberaufsicht und in der Verantwortlichkeit der Beamten für die Gesetzmäßigkeit ihrer amtlichen Handlungen. 4. Das Verbot ungestempelter Maße und Ge- a) Er erfordert eine Handlung. Es ist demnach nur ver- b) Der Begriff des Zumessens und Zuwägens erfordert 1) M.- u. G.-O. Art. 10 Abs. 1. 2) Die Bezeichnung einer solchen Quantität mit einem in der M.- u. Gew.-Ordn. definirten Ausdruck, welche in Wirklichkeit geringer ist als das reichsges. normirte Maß, kann den Thatbestand eines Betruges darstellen. R.-St.-G.-B. §. 263. 3) M.- u. G.-O. Art. 12. 4) Dem Empfänger steht derjenige gleich, der an der Feststellung der Quan- tität ein rechtliches Interesse hat, weil sich das Maß seiner Verpflichtungen oder Rechte darnach bestimmt. 5) Die Verpflichtung der Apotheker zum Gebrauch gestempelter Waagen
§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens. ſtaaten gerichtete Verbot findet ſeine rechtliche Garantie in der demReiche zuſtehenden Oberaufſicht und in der Verantwortlichkeit der Beamten für die Geſetzmäßigkeit ihrer amtlichen Handlungen. 4. Das Verbot ungeſtempelter Maße und Ge- a) Er erfordert eine Handlung. Es iſt demnach nur ver- b) Der Begriff des Zumeſſens und Zuwägens erfordert 1) M.- u. G.-O. Art. 10 Abſ. 1. 2) Die Bezeichnung einer ſolchen Quantität mit einem in der M.- u. Gew.-Ordn. definirten Ausdruck, welche in Wirklichkeit geringer iſt als das reichsgeſ. normirte Maß, kann den Thatbeſtand eines Betruges darſtellen. R.-St.-G.-B. §. 263. 3) M.- u. G.-O. Art. 12. 4) Dem Empfänger ſteht derjenige gleich, der an der Feſtſtellung der Quan- tität ein rechtliches Intereſſe hat, weil ſich das Maß ſeiner Verpflichtungen oder Rechte darnach beſtimmt. 5) Die Verpflichtung der Apotheker zum Gebrauch geſtempelter Waagen
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§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens.
ſtaaten gerichtete Verbot findet ſeine rechtliche Garantie in der dem
Reiche zuſtehenden Oberaufſicht und in der Verantwortlichkeit der
Beamten für die Geſetzmäßigkeit ihrer amtlichen Handlungen.
4. Das Verbot ungeſtempelter Maße und Ge-
wichte betrifft nur den Gebrauch derſelben zum Zuwägen und
Zumeſſen im öffentlichen Verkehr 1). Der Begriff des Zuwägens
und Zumeſſens hat aber folgende Vorausſetzungen:
a) Er erfordert eine Handlung. Es iſt demnach nur ver-
boten, bei dieſer Handlung ſich ungeſtempelter Maße und
Gewichte zu bedienen. Dagegen iſt es nicht unterſagt, Waaren
zu liefern, welche nach andern Qualitätsbeſtimmungen bereits ab-
gemeſſen oder abgewogen ſind 2). Dies findet namentlich Anwen-
dung auf Waaren, welche nach Handelsgebrauch in beſtimmter
Verpackung im Verkehr ſind; das durch dieſe Verpackung beſtimmte
Quantum braucht nicht nach Maßgabe des geſetzl. Maß- und Ge-
wichtsſyſtems feſtgeſtellt oder angegeben zu werden. Nur wenn
Wein in Fäſſern zum Verkauf kommt, muß die den Raum-
gehalt der Fäſſer bildende Zahl der Liter durch Stempelung be-
glaubigt ſein, ausgenommen wenn ausländiſcher Wein in den
Originalgebinden weiter verkauft wird 3).
b) Der Begriff des Zumeſſens und Zuwägens erfordert
zwei Perſonen wie die Zahlung. Zum Meſſen und Wägen kann
man ſich jedes beliebigen Hülfsmittels bedienen; wenn dagegen
dem Empfänger einer Waare gegenüber 4) Größe oder Gewicht
derſelben feſtgeſtellt oder abgegränzt werden ſoll, iſt der Gebrauch
ungeſtempelter Maße und Gewichte unterſagt. Auch hier giebt es
aber einen Fall, in welchem beim Wägen, obwohl es kein Zu-
wägen iſt, geſtempelte Waagen und Gewichte verwendet werden
müſſen; nämlich bei der Bereitung der Arzneien in den Apotheken 5).
1) M.- u. G.-O. Art. 10 Abſ. 1.
2) Die Bezeichnung einer ſolchen Quantität mit einem in der M.- u.
Gew.-Ordn. definirten Ausdruck, welche in Wirklichkeit geringer iſt als das
reichsgeſ. normirte Maß, kann den Thatbeſtand eines Betruges darſtellen.
R.-St.-G.-B. §. 263.
3) M.- u. G.-O. Art. 12.
4) Dem Empfänger ſteht derjenige gleich, der an der Feſtſtellung der Quan-
tität ein rechtliches Intereſſe hat, weil ſich das Maß ſeiner Verpflichtungen
oder Rechte darnach beſtimmt.
5) Die Verpflichtung der Apotheker zum Gebrauch geſtempelter Waagen
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