Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 74. Die Verwaltung des Münzwesens. Der eine dieser Begriffe, den man mit dem Namen Münzho-heit bezeichnen kann, ist das in der Staatsgewalt enthaltene Recht, das Münzsystem zu regeln; der andere ist die Ausmünzung oder Münzprägung d. h. die Herstellung von Münzen, welche einem gewissen Münzsystem entsprechen. 1. Die Regelung des Münzsystems ist ein Hoheitsrecht, durch während die früheren Arbeiten darüber vollkommen veraltet sind. Die Darstellung in v. Rönne's Staatsrecht des D. R. II. 1. S. 248 ff. ist lediglich eine Sammlung von Excerpten aus den Münzgesetzen und dem Gesetzgebungsmaterial, zwischen welche auf S. 252 eine ziemlich wört- liche Abschrift des §. 198 des Staatsrechts von Zachariä (Bd. II. S. 372 ff.) eingeschaltet ist. 1) Damit hängt es unzertrennlich zusammen, daß Forderungen und Schul-
den nach dem Münzsystem bemessen d. h. quantitativ bestimmt werden. Daß das Geld zur "Abschätzung", als "Werthmaaßstab" dient, vgl. Gold- schmidt, Zeitschr. f. Handelsr. Bd. XIII. S. 317 ff. und Knies, Das Geld (Berlin 1873) S. 259 ff., ist juristisch nicht als eine selbstständige und eigenthümliche Funktion desselben anzuerkennen, sondern durch seine Eigen- schaft als gesetzliches Zahlungsmittel bereits implicite gegeben. Um eine Schuld irgend welcher Art in Geld zu tilgen, muß man sie, -- wenn sie nicht auf Geld schon lautet -- auf eine Geldschuld reduziren. Durch die Abschätzung wird die Verpflichtung zu einer zahlbaren Schuld gemacht. §. 74. Die Verwaltung des Münzweſens. Der eine dieſer Begriffe, den man mit dem Namen Münzho-heit bezeichnen kann, iſt das in der Staatsgewalt enthaltene Recht, das Münzſyſtem zu regeln; der andere iſt die Ausmünzung oder Münzprägung d. h. die Herſtellung von Münzen, welche einem gewiſſen Münzſyſtem entſprechen. 1. Die Regelung des Münzſyſtems iſt ein Hoheitsrecht, durch während die früheren Arbeiten darüber vollkommen veraltet ſind. Die Darſtellung in v. Rönne’s Staatsrecht des D. R. II. 1. S. 248 ff. iſt lediglich eine Sammlung von Excerpten aus den Münzgeſetzen und dem Geſetzgebungsmaterial, zwiſchen welche auf S. 252 eine ziemlich wört- liche Abſchrift des §. 198 des Staatsrechts von Zachariä (Bd. II. S. 372 ff.) eingeſchaltet iſt. 1) Damit hängt es unzertrennlich zuſammen, daß Forderungen und Schul-
den nach dem Münzſyſtem bemeſſen d. h. quantitativ beſtimmt werden. Daß das Geld zur „Abſchätzung“, als „Werthmaaßſtab“ dient, vgl. Gold- ſchmidt, Zeitſchr. f. Handelsr. Bd. XIII. S. 317 ff. und Knies, Das Geld (Berlin 1873) S. 259 ff., iſt juriſtiſch nicht als eine ſelbſtſtändige und eigenthümliche Funktion deſſelben anzuerkennen, ſondern durch ſeine Eigen- ſchaft als geſetzliches Zahlungsmittel bereits implicite gegeben. Um eine Schuld irgend welcher Art in Geld zu tilgen, muß man ſie, — wenn ſie nicht auf Geld ſchon lautet — auf eine Geldſchuld reduziren. Durch die Abſchätzung wird die Verpflichtung zu einer zahlbaren Schuld gemacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0426" n="412"/><fw place="top" type="header">§. 74. Die Verwaltung des Münzweſens.</fw><lb/> Der eine dieſer Begriffe, den man mit dem Namen <hi rendition="#g">Münzho-<lb/> heit</hi> bezeichnen kann, iſt das in der Staatsgewalt enthaltene Recht,<lb/> das Münzſyſtem zu regeln; der andere iſt die Ausmünzung oder<lb/><hi rendition="#g">Münzprägung</hi> d. h. die Herſtellung von Münzen, welche einem<lb/> gewiſſen Münzſyſtem entſprechen.</p><lb/> <p>1. Die Regelung des Münzſyſtems iſt ein Hoheitsrecht, durch<lb/> deſſen Ausübung ſich die Staatsgewalt bethätigt; denn es beſteht<lb/> in der <hi rendition="#g">Sanctionirung von Rechtsſätzen</hi>. Den Inhalt<lb/> dieſer Rechtsſätze darf man freilich nicht, wie dies bei oberfläch-<lb/> licher und unjuriſtiſcher Betrachtung zu geſchehen pflegt, darin<lb/> ſuchen, daß Goldſtücke oder Silberſtücke von dem oder jenem Ge-<lb/> wichte und Durchmeſſer unter dem oder jenem Namen fabrizirt<lb/> werden ſollen. Der Rechtsſatz beſteht vielmehr darin, daß der Ge-<lb/> ſetzgeber erklärt, die geſetzlich näher bezeichneten Münzen ſollen<lb/><hi rendition="#g">Zahlungsmittel</hi> ſein; ſie ſollen dazu dienen, Schulden zu<lb/> tilgen <note place="foot" n="1)">Damit hängt es unzertrennlich zuſammen, daß Forderungen und Schul-<lb/> den nach dem Münzſyſtem <hi rendition="#g">bemeſſen</hi> d. h. quantitativ beſtimmt werden.<lb/> Daß das Geld zur „Abſchätzung“, als „Werthmaaßſtab“ dient, vgl. <hi rendition="#g">Gold-<lb/> ſchmidt</hi>, Zeitſchr. f. Handelsr. Bd. <hi rendition="#aq">XIII.</hi> S. 317 ff. und <hi rendition="#g">Knies</hi>, Das Geld<lb/> (Berlin 1873) S. 259 ff., iſt juriſtiſch nicht als eine <hi rendition="#g">ſelbſtſtändige</hi> und<lb/><hi rendition="#g">eigenthümliche</hi> Funktion deſſelben anzuerkennen, ſondern durch ſeine Eigen-<lb/> ſchaft als geſetzliches Zahlungsmittel bereits <hi rendition="#aq">implicite</hi> gegeben. Um eine Schuld<lb/> irgend welcher Art in Geld zu tilgen, muß man ſie, — wenn ſie nicht auf<lb/> Geld ſchon lautet — auf eine Geldſchuld reduziren. Durch die Abſchätzung<lb/> wird die Verpflichtung zu einer <hi rendition="#g">zahlbaren</hi> Schuld gemacht.</note>. Die Regelung des Münzſyſtems beſteht darin, daß der<lb/> Geſetzgeber erklärt, was in dem ihm unterworfenen Gebiet <hi rendition="#g">Geld</hi><lb/> ſein ſoll. Im volkswirthſchaftlichen Sinn verſteht man unter dieſem<lb/> Ausdruck zwar ſehr verſchiedenartige Dinge; im juriſtiſchen Sinn<lb/> aber iſt Geld ganz gleichbedeutend mit geſetzlich anerkanntem Zah-<lb/> lungsmittel. Zahlen kann man allein mit Geld; alle anderen<lb/> Werthgegenſtände kann man nur zur Hingabe an Zahlungsſtatt<lb/> verwenden. Die Befriedigung mit Geld muß ſich jeder Gläubiger<lb/> von <hi rendition="#g">Rechts</hi>wegen gefallen laſſen; die Befriedigung mit anderen<lb/><note xml:id="seg2pn_62_3" prev="#seg2pn_62_2" place="foot" n="*)"><list><item>während die früheren Arbeiten darüber vollkommen veraltet ſind. Die<lb/> Darſtellung in v. <hi rendition="#g">Rönne</hi>’s Staatsrecht des D. R. <hi rendition="#aq">II.</hi> 1. S. 248 ff.<lb/> iſt lediglich eine Sammlung von Excerpten aus den Münzgeſetzen und dem<lb/> Geſetzgebungsmaterial, zwiſchen welche auf S. 252 eine ziemlich wört-<lb/> liche Abſchrift des §. 198 des Staatsrechts von Zachariä (Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> S.<lb/> 372 ff.) eingeſchaltet iſt.</item></list></note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [412/0426]
§. 74. Die Verwaltung des Münzweſens.
Der eine dieſer Begriffe, den man mit dem Namen Münzho-
heit bezeichnen kann, iſt das in der Staatsgewalt enthaltene Recht,
das Münzſyſtem zu regeln; der andere iſt die Ausmünzung oder
Münzprägung d. h. die Herſtellung von Münzen, welche einem
gewiſſen Münzſyſtem entſprechen.
1. Die Regelung des Münzſyſtems iſt ein Hoheitsrecht, durch
deſſen Ausübung ſich die Staatsgewalt bethätigt; denn es beſteht
in der Sanctionirung von Rechtsſätzen. Den Inhalt
dieſer Rechtsſätze darf man freilich nicht, wie dies bei oberfläch-
licher und unjuriſtiſcher Betrachtung zu geſchehen pflegt, darin
ſuchen, daß Goldſtücke oder Silberſtücke von dem oder jenem Ge-
wichte und Durchmeſſer unter dem oder jenem Namen fabrizirt
werden ſollen. Der Rechtsſatz beſteht vielmehr darin, daß der Ge-
ſetzgeber erklärt, die geſetzlich näher bezeichneten Münzen ſollen
Zahlungsmittel ſein; ſie ſollen dazu dienen, Schulden zu
tilgen 1). Die Regelung des Münzſyſtems beſteht darin, daß der
Geſetzgeber erklärt, was in dem ihm unterworfenen Gebiet Geld
ſein ſoll. Im volkswirthſchaftlichen Sinn verſteht man unter dieſem
Ausdruck zwar ſehr verſchiedenartige Dinge; im juriſtiſchen Sinn
aber iſt Geld ganz gleichbedeutend mit geſetzlich anerkanntem Zah-
lungsmittel. Zahlen kann man allein mit Geld; alle anderen
Werthgegenſtände kann man nur zur Hingabe an Zahlungsſtatt
verwenden. Die Befriedigung mit Geld muß ſich jeder Gläubiger
von Rechtswegen gefallen laſſen; die Befriedigung mit anderen
*)
1) Damit hängt es unzertrennlich zuſammen, daß Forderungen und Schul-
den nach dem Münzſyſtem bemeſſen d. h. quantitativ beſtimmt werden.
Daß das Geld zur „Abſchätzung“, als „Werthmaaßſtab“ dient, vgl. Gold-
ſchmidt, Zeitſchr. f. Handelsr. Bd. XIII. S. 317 ff. und Knies, Das Geld
(Berlin 1873) S. 259 ff., iſt juriſtiſch nicht als eine ſelbſtſtändige und
eigenthümliche Funktion deſſelben anzuerkennen, ſondern durch ſeine Eigen-
ſchaft als geſetzliches Zahlungsmittel bereits implicite gegeben. Um eine Schuld
irgend welcher Art in Geld zu tilgen, muß man ſie, — wenn ſie nicht auf
Geld ſchon lautet — auf eine Geldſchuld reduziren. Durch die Abſchätzung
wird die Verpflichtung zu einer zahlbaren Schuld gemacht.
*) während die früheren Arbeiten darüber vollkommen veraltet ſind. Die
Darſtellung in v. Rönne’s Staatsrecht des D. R. II. 1. S. 248 ff.
iſt lediglich eine Sammlung von Excerpten aus den Münzgeſetzen und dem
Geſetzgebungsmaterial, zwiſchen welche auf S. 252 eine ziemlich wört-
liche Abſchrift des §. 198 des Staatsrechts von Zachariä (Bd. II. S.
372 ff.) eingeſchaltet iſt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |